Erdumfang

Erdumfang

Der Erdradius ist eine astronomische Maßeinheit und auch eine fundamentale Größe für viele Wissensgebiete – insbesondere für die Geowissenschaften – und für die Technik. Er beträgt rund 6.370 Kilometer.

Inhaltsverzeichnis

Da aber die Erde bzw. der Meeresspiegel (Geoid) keine exakte Kugelform besitzt, sondern an ihren Polen um etwa 21 km (0,335 Prozent) abgeplattet ist, muss für genauere Angaben ihres Radius der Begriff „Erdkugel“ näher definiert werden. Am häufigsten werden folgende Werte verwendet:

Häufig verwendete Werte

  1. Äquatorradius RA = 6.378.137 m des mittleren Erdellipsoids (international festgelegter Wert der großen Halbachse a des GRS 80)
  2. Äquatorradius RA = 6.378.388 m des (älteren) Hayford-Ellipsoids von 1924
  3. Mittlerer Radius R0 = 6.371.000,785 m (volumengleiche Kugel, Kubikwurzel aus a·a·b, den Halbachsen des GRS 80-Ellipsoids)
    • Gerundeter Wert R = 6.371,0 km zu oben, bzw.
    • der ältere Wert 6.371,2 km (Hayford-Ellipsoid 1924)
  4. Arithmet. Mittel R = (2a+b)/3 = 6.371.008,767 m bzw.
    • flächengleiche Kugel 6.371.007,176 m (GRS 80-Ellipsoid)

Radien einiger wichtiger Erdellipsoide

Ellipsoid           Jahr   Äquatorachse a    Pol-Achse b       Mittelwert R0
GRS 80, WGS84       1979    6.378.137,0 m    6.356.752,314 m    6.371.000,8 m
        WGS72       1972    6.378.135,0 m    6.356.750,5 m      6.370.998,9 m
Internat. Ellips.   1967    6.378.165,0 m    6.356.779,702      6.371.028,6 m
Internat.,Hayford  1910/24  6.378.388,0 m    6.356.911,946 m    6.371.221 m
Bessel-Ellipsoid    1841    6.377.397,155 m  6.356.078,962 m    6.370.283 m
Peru/Lappland       1740    6.379.500 m      6.349.800 m        6.369.600 m

Geschichtliches

Von der Antike bis zu Kolumbus

Der Gedanke, dass die Erde kugelförmig sei, tauchte bereits um 600 v. Chr. in der ionischen Naturphilosophie auf (Thales von Milet, Anaximander). Im 4. Jahrhundert v. Chr. gab Aristoteles drei astronomische Beweise für diese Tatsache an.

Die erste Bestimmung des Erdradius ist von Eratosthenes (um 240 v. Chr.) überliefert, dem Erfinder der Gradmessungs-Methode. Er verglich die Winkelhöhen des Sonnenhöchststandes in Ägypten zwischen Alexandria und Syene (heutiges Assuan), die sich um 7,2 Grad unterscheiden. Daraus berechnete er den Erdumfang zu 250.000 Stadien. Aus dem Erdumfang ergibt sich der Erdradius als abgeleitete Größe. Da die Länge eines Stadions zwischen ca. 150 und 200 Metern variiert, beträgt der von Eratosthenes bestimmte Erdradius zwischen ca. 6.000 und 8.000 km.

Im frühen Mittelalter ermittelten die Araber die Länge eines Grades zu 56 2/3 arabischen Meilen. Da diese ca. 2.000 m misst, ergibt sich R = 6.500 km auf bereits 2 Prozent genau. Der Mathematiker Al-Biruni ermittelte im Jahr 1023 mit einem von ihm erfundenen neuen Messverfahren den Radius der Erdkugel auf 6339,6 km.

Im 15. Jahrhundert waren diese Werte in Europa sicherlich bekannt, doch wurde den arabischen Werten teilweise die um 25 Prozent kürzere italienische Meile zugewiesen. Auf dieser Basis und bei gleichzeitiger Überschätzung der Länge Asiens kam Kolumbus zu dem Schluss, dass man auf Westkurs in wenigen Wochen nach Ostasien gelangen müsste.

Erdmessung in der Neuzeit

Die tatsächliche Größe der Erde war erst am Ende der Entdeckerzeit auf einige Prozent genau bekannt. Ihre Abweichung von der Kugelform bestimmten französische Wissenschaftler des 17. Jahrhunderts durch Gradmessungen über einige Hundert Kilometer, was aber noch unsicher war und teilweise sogar zu einem verlängerten Polradius führte. Demgegenüber berechnete Isaac Newton, dass die Erdrotation wegen der entstehenden Fliehkraft eine Abplattung der Erde verursachen müsse.

Die Klärung dieser Frage erfolgte durch die Erdmessung der französischen Akademie mit ihren zwei Expeditionen nach Lappland und Peru (1736 bis 1741). Sie dienten gleichzeitig zur Meter-Definition (postulierter Erdumfang über die Pole = 40.000 km) und erbrachte eine Genauigkeit von 0,02 Prozent oder 1,5 km (Meridianquadrant = 10.002.250 m, mittlerer Erdradius R0 = 6.369,6 km).

Seitdem hat sich die Genauigkeit, mit der die mathematische Erdfigur bekannt ist, zunächst alle 50 Jahre verdoppelt. Um 1965 bewirkte die Satellitengeodäsie eine enorme Genauigkeitssteigerung auf 20 Meter und stößt nun bereits in den Zentimeter-Bereich vor. Neu entwickelte Gradiometrie-Satelliten wie GRACE (2004) und GOCE zielen sogar auf die Änderungen der Erdfigur, die im Bereich von einigen Millimetern pro Jahr vermutet werden.

Regionale und örtliche Details der Erdgestalt

Die Abweichungen der Erde von der Kugelform wären zwar an einem idealen Globus noch nicht sichtbar, doch die Hochgebirge könnte man anhand ihrer „Rauhigkeit“ ertasten. Die Erdabplattung (Abflachung an den Polen um 21 km oder 0,3 Prozent) muss hingegen in jeder genauen Landkarte berücksichtigt werden, oft auch der typische Verlauf der Erdkrümmung jedes Kontinents („Wellen“ im Geoid bis +/- 100 Meter). Der Krümmungsradius kann regional zwischen etwa 6.330 km und 6.400 km variieren, lokal sogar zwischen 5.000 und 8.000 m.

Insgesamt bedeutet die regionale Veränderlichkeit des Erdradius eine Änderung des Maßstabs von Karten und Rechenmodellen bis zu einigen Kilometern auf 1.000 km und ist in fast allen Anwendungen zu berücksichtigen. Bei der millimetergenauen Vermessung heutiger technischer Projekte wirken sich diese Effekte schon auf 100 Meter Distanz aus.

Die Höhenlage bzw. Form des Geländes wird hingegen nicht dem Erdradius zugeschlagen, sondern - etwa in Geoinformationssystemen - den Datenbanken als Attribut hinzugefügt. Bei Aufgabenstellungen mit physikalischem Hintergrund ist auch die Veränderlichkeit der Schwerkraft zu berücksichtigen, die global Werte von 9,76 bis 9,94 m/s² annimmt.

Bei Aufgabenstellungen der Astronomie oder der Raumfahrt wird häufig der Abstand eines Punktes vom Erdmittelpunkt benötigt, der sogenannte geozentrische Radius. Er lässt sich aus dem verwendeten Erdellipsoid berechnen und beträgt zum Beispiel in Mitteleuropa 6.365 bis 6.368 km, wozu noch die Meereshöhe des Punktes kommt. Davon ist jedoch der Krümmungsradius von Niveauflächen und bei Höhenmessungen zu unterscheiden, der bis 30 km größer sein kann.

Physikalische Einflüsse

Der Erdradius und seine Variation ist nicht nur eine fundamentale Größe bei geometrischen Aufgabenstellungen, sondern auch in der Physik und verschiedenen Geowissenschaften. Hier tritt er etwa als Abstand vom Erdzentrum oder von der Erdachse auf (R.cos(Breite)), als Krümmungsradius in Bewegungen oder bei Messstrahlen, als Gauß'sches Krümmungsmaß (1/R²) oder in der Wirkung von Gradienten verschiedener Kräfte.

Die mittlere Schwerkraft auf der Erdoberfläche hängt ebenso mit dem Radius und der Erdmasse zusammen wie die mittlere Dichte des Erdkörpers. Ihr Wert von 5,52 g/cm³ gibt der Geophysik - im Vergleich mit üblichen Gesteinsdichten von 2,5-2,8 g/cm³ - einen klaren Hinweis, dass die Dichte des Erdinneren wesentlich höher sein muss. Seit über 100 Jahren erforscht man den inneren Schalenaufbau der Erde unter anderem durch Gravimetrie, mathematische und seismische Modelle.

Resümee

Die genaue Erdfigur ist heute bereits auf wenige Zentimeter bekannt, obwohl ihr Höhenverlauf um 10 bis 15 km nach beiden Seiten variiert:

  • Mittlerer (volumengleicher) Erdradius = 6.371 km
  • geozentrischer Mittelwert, Variation = 6.368 km ±11 km
  • Achsen des Erdellipsoids = 6.378,1 bzw. 6.356,7 km
  • kontinentale Krümmungsradien (Nord-Süd) = 6.330 bis 6.400 km
  • „Erdkugel“ daher nur bis 0,5 % Genauigkeit ausreichend.

Vielfach ist unbekannt, dass wegen der Erdabplattung nicht nur der Erdradius variiert, sondern auch ein „Breitenproblem“ besteht: die geografischen und die geozentrischen Breiten unterscheiden sich um bis zu 0,19° oder 22 Kilometer. Wegen weiterer lokaler Abweichungen der Form der Erde von einer Kugel wurde daher für die Landesvermessung die Erdoberfläche durch lokal optimal passende Referenzellipsoide approximiert, von denen weltweit über hundert verschiedene in Gebrauch sind. Die Angabe von geographischen Koordinaten eines Ortes bezieht sich immer auf ein bestimmtes Bezugssystem (Geodätisches Datum).

Das bedeutet, dass ein unter unseren Füßen verlängert gedachtes Lot bis zu 20 km am Erdmittelpunkt vorbeigeht. Fachgebiete wie die Erdmessung, Geophysik und Satellitengeodäsie müssen sich täglich mit den damit zusammenhängenden Tatsachen auseinandersetzen.

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