Ernst Jäckh

Ernst Jäckh

Ernst Friedrich Wilhelm Jäckh (* 22. Februar 1875 in Urach; † 17. August 1959 in New York City) war Journalist, Geschäftsführer des Deutschen Werkbundes, Publizist, und Hochschullehrer an der Deutschen Hochschule für Politik in Berlin, dem New Commonwealth Institute in London und der Columbia University in New York City. Bekannt wurde Jäckh v. a. für sein Engagement für eine liberale parlamentarische Demokratie in Deutschland nach 1918 und für seine propagandistische Unterstützung der jungtürkischen Revolution in deutschen Medien.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach seiner Promotion 1902 war Jäckh bis 1912 Chefredakteur der Heilbronner Neckar-Zeitung. Auf eine Reise ins Osmanische Reich 1909, die er auf Anregung von Friedrich Naumann und Alfred von Kiderlen-Waechter unternahm, folgte die Veröffentlichung des Buches Der aufsteigende Halbmond. Auf dem Weg zum deutsch-türkischen Bündnis, mit dem Plädoyer für eine ökonomische und kulturelle Expansion Deutschlands im Orient. Jäckh gründete gemeinsam mit Peter Bruckmann den Heilbronner Goethebund, mit dessen Unterstützung 1911–1913 das Stadttheater Heilbronn entstand.

1912 folgte Jäckh Bruckmann nach Berlin und engagierte sich beim Deutschen Werkbund, dessen Vorsitzender er 1932 als Nachfolger Bruckmanns wurde. Ab 1914 war er auch Herausgeber der Zeitungen Das Größere Deutschland und Deutsche Politik (gemeinsam mit Paul Rohrbach), sowie der Deutschen Orientbücherei, zu deren Autoren u.a. der junge Zionist Nahum Goldmann und der deutsch-türkische Journalist Friedrich Schrader zählten.

1920 gründete Jäckh mit zahlreichen demokratisch gesinnten Intellektuellen, u. a. dem jungen Theodor Heuss, dem Historiker Friedrich Meinecke und dem preußischen Kultusminister und Islamwissenschaftler Carl Heinrich Becker, die Deutsche Hochschule für Politik in Berlin, und engagierte sich mit ihnen für einen Beitritt Deutschlands in den Völkerbund, sowie für die junge Weimarer Republik. 1930 veröffentlichte er die Schrift Politik als Wissenschaft.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 emigrierte Jäckh nach London, wo er von 1933 bis 1940 am New Commonwealth Institute tätig war und ein transatlantisches Bündnis gegen die kommunistische Sowjetunion konzipierte. 1940 folgte Jäckh dem Ruf an die Columbia University in New York City; daneben ging er einer diplomatischen Tätigkeit für Großbritannien nach. An der Columbia University war er 1948 an der Gründung von deren Middle East Institute beteiligt.

1954 veröffentlichte Jäckh seine Memoiren unter dem Titel Der goldene Pflug. Lebensernte eines Weltbürgers.

1914: Für eine Djihadisierung des Islam

Wolfgang G. Schwanitz hat Jäckhs Rolle 1914 beleuchtet: Zum Beginn des Ersten Weltkriegs gab es in Deutschland ein sog. Türkenfieber, Kaiser und Auswärtiges Amt hofften, das Osmanische Reich an ihre Seite ziehen zu können. Im allgemeinen Kriegsrausch sahen viele Deutsche den Islam als rettende Macht an. Das betonte Max von Oppenheims Gesinnungsgenosse Jäckh. Dieser Orientkenner schrieb in Aufgehender Halbmond Anfang November 1914, knapp eine Woche vor dem Kriegseintritt der Türkei:

Wer in diesen Tagen in Konstantinopel in die Räume des Generalissimus Enver Pascha hineinblicken konnte, der konnte dort die Abgesandten der fernsten und wildesten Stämme aus Afrika und aus Asien sehen, freudig bereit zum Schwur auf das Schwert des Kalifen, das gegen Rußland, gegen England und gegen Frankreich ausholt für Deutschland; der musste aber auch über die weitreichende Organisation staunen, die den Islam bereits belebt und stärkt.

Mit „Organisation“ meint Jäckh die geheimdienstlichen Aktivitäten, die er und Oppenheim als Protagonisten in Arabien entfalteten, um Aufstände gegen die Kolonialmächte zu schüren.[1]

Werke

  • Der aufsteigende Halbmond. 1909
  • Politik als Wissenschaft. 1930
  • The Rising Crescent, New York-Toronto: Farrar & Rinehart, 1944.
  • Der goldene Pflug. Lebensernte eines Weltbürgers. 1954

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Schwanitz Seite 8

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