Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland

Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland

Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland ist der von der 1. Verfassunggebenden Synode am 31. Oktober 2010 beschlossene[1] Name der zum 27. Mai 2012 (Pfingsten) zu bildenden Landeskirche der Evangelischen Kirche in Deutschland für weite Gebiete in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. Die auch Nordkirche genannte Landeskirche soll zu diesem Termin aus der Fusion der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche (NEK), der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs (ELLM) und der Pommerschen Evangelischen Kirche (PEK) entstehen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Im Oktober 2006 erklärte die pommersche Synode nach langen Verhandlungen über eine Fusion mit der Landeskirche Mecklenburg, ein Zusammengehen mit Berlin-Brandenburg prüfen zu wollen. Im Februar 2007 bot die Nordelbische Kirche den Kirchen Mecklenburgs und Pommerns Gespräche über die Bildung einer Nordkirche an. Die Pommersche Kirche erklärte am 17. März 2007, Weiteres mit Nordelbien sondieren zu wollen. Am 31. März 2007 fasste die Mecklenburgische Synode in Plau am See den Beschluss, sich ebenfalls an den Gesprächen zu beteiligen. Am 14. Juni 2007 nahm eine gemeinsame Steuerungsgruppe in Lübeck Sondierungsgespräche auf. Am 26. November 2007 begannen in Schwerin die Verhandlungen über eine Kirchenfusion. Nach einer Sitzung in Ratzeburg gaben die Kirchenleitungen am 28. April 2008 bekannt, dass Lübeck Sitz des Kirchenamtes und des Landesbischofs der Nordkirche werden solle.[2]

Der Fusionsvertrag wurde am 5. Februar 2009 im Ratzeburger Dom durch Vertreter der drei Landeskirchen unterzeichnet.[3] Noch kurz vor der Unterzeichnung einigten sich die Vertreter darauf, dass Kiel und nicht Lübeck der Sitz des Landeskirchenamtes sein solle. Als Außenstelle wurde Schwerin festgelegt.[4]

Am 28. März 2009 stimmten die drei zeitgleich tagenden Synoden in Rendsburg, Plau am See und Züssow jeweils mit der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit dem Fusionsvertrag zu: Die Synode Nordelbiens in Rendsburg stimmte mit 102 Stimmen der 128 Synodalen, die Synode Pommerns in Züssow mit 44 Mitgliedern von 58 und die Mecklenburger Synode in Plau am See mit 39 Stimmen von 56 für die Fusion.[5]

Nach dem Vertragsabschluss wird zunächst ein Verband die Verfassung erarbeiten und beschließen; der Verband ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Dazu wird eine gemeinsame Kirchenleitung und eine verfassungsgebende Synode gebildet. Die Synode kam am 31. Oktober (Reformationstag) 2010 zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen.

War zunächst der 1. Januar 2012 als Fusionsdatum festgelegt worden, wurde auf der konstituierenden Sitzung der Kirchenleitung des Verbandes der Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Norddeutschland (VELKN) am 26. Mai 2009 in Hamburg der Beginn der neuen Kirche auf Pfingstsonntag, den 27. Mai 2012, festgelegt, um die Gründung mit dem Datum eines kirchlichen Feiertages zu verbinden. Um die Mitglieder der drei Kirchen in Kontakt zu bringen, soll zu thematischen Studientagen und Begegnungen eingeladen werden; zudem wurden zehn Arbeitsgruppen zu Themen wie Theologie, Verfassung, Finanzen, Verwaltung, Dienste und Werke sowie der Standortumsetzung gebildet.[6] Vorsitzender des Gremiums ist Gerhard Ulrich; Hans-Jürgen Abromeit wurde zum ersten Stellvertreter und Andreas von Maltzahn zum zweiten Stellvertreter gewählt.

Bei einer Tagung der gemeinsamen Kirchenleitung des Verbandes der evangelischen Kirchen in Norddeutschland am 17. und 18. September 2010 in Ludwigslust wurden Vorlagen für die Verfassunggebende Synode erarbeitet. Zudem legte sich das Gremium auf den Namensvorschlag Evangelische Kirche im Norden fest, bis dahin war auch der Name Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland genannt worden. Der Verfassungsentwurf enthält 129 Artikel, beraten wurde auch das so genannte Einführungsgesetz.

Auf der ersten Verfassunggebenden Synode vom 29. bis 31. Oktober 2010 in Lübeck-Travemünde war die erste Lesung des Entwurfs. Diese bestätigte mit großer Mehrheit den ersten Entwurf der Verfassung. Nach heftigen Diskussionen einigten sich die Synodalen mehrheitlich auf den Namen Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland.[7] Es soll jetzt ein breit angelegter Beteiligungsprozess beginnen, der es den kirchlichen Gremien und Gruppen bis Sommer 2011 ermöglicht, zum Verfassungsentwurf Stellung zu nehmen.[8]

Zu Pfingsten 2012 soll die Fusion rechtlich vollzogen sein.

Verfassung

Die Verfassung der gemeinsamen Kirche soll die theologischen und rechtlichen Grundlagen festlegen. Der Entwurf enthält die Bestandteile Grundartikel, Kirchengemeinde, Kirchenkreis, Landeskirche, Dienste und Werke, Finanzverfassung, Rechtsschutz und Schlussbestimmungen.

Aufbau

Der Verwaltungsaufbau ist von den drei Ebenen Kirchengemeinde, Kirchenkreis und Landeskirche bestimmt, die jeweils den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit dem Recht zur Selbstverwaltung im Rahmen der Verfassung der Nordkirche und der gesetzlichen Bestimmungen haben. Überregionale Dienste und Werke wie Diakonie, Frauenwerk und Jugendarbeit sollen nach dem Zwei-Säulen-Modell gleichberechtigt zur Ortsgemeinde stehen. Die mögliche Einrichtung von Regional- oder Kirchengemeindeverbänden, ein Thema, das auch die Zukunft der mecklenburgischen Propsteien betrifft, wird hingegen kontrovers diskutiert.[9]

Für die Nordkirche sind 13 Kirchenkreise geplant: Auf dem Gebiet der bisherigen Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs entsteht der Kirchenkreis Mecklenburg als Rechtsnachfolger der auf diesem Gebiet bestehenden fünf Kirchenkreise, auf dem Gebiet der bisherigen Pommerschen Evangelischen Kirche entsteht der Kirchenkreis Pommern als Rechtsnachfolger der auf diesem Gebiet bestehenden vier Kirchenkreise. Die elf Kirchenkreise auf dem Gebiet der nordelbischen Kirche bleiben bestehen.[10]

Als geistliche Aufsichtsbereiche sollen drei Sprengel mit jeweils einem Bischof oder einer Bischöfin im Sprengel gebildet werden: Schleswig und Holstein (Sitz Schleswig), Hamburg und Lübeck (Hamburg) und Mecklenburg-Pommern (Greifswald).[11]

Dem Landesbischof mit Sitz in Schwerin soll der leitende geistliche Dienst und die Vertretung der Nordkirche gegenüber den Bundesländern und anderen Kirchen obliegen.[12] Das Landeskirchenamt als oberste Verwaltungsbehörde wird seinen Sitz in Kiel mit einer Außenstelle in Schwerin haben.[13]

Die gemeinsame Kirche wird auf der landeskirchlichen Ebene in gemeinsamer Verantwortung geleitet durch die Synode, die Kirchenleitung, die Landesbischöfin bzw. den Landesbischof und die Bischöfinnen bzw. Bischöfe in den Sprengeln.[14]

Die Gemeinsame Kirchenleitung beschloss auf einer Sitzung am 28. und 29. Mai 2010 in Greifswald, in den Verfassungsentwurf für die Ebenen der Gemeinden und Kirchenkreise die Bezeichnungen Kirchengemeinde mit Kirchengemeinderat und Kirchenkreissynode mit dem Kirchenkreisrat aufzunehmen. Zudem wurden die Bezeichnung Pastor bzw. Pastorin und für die geistliche Leitung des Kirchenkreises die Bezeichnung Propst bzw. Pröpstin vorgeschlagen; in Kirchenkreisen mit mehreren Pröpsten sollen Propsteien als Unterstrukturen gebildet werden.[15]

Mitgliedschaften

Die Nordkirche soll laut Verfassungsentwurf an der weltweiten Zusammenarbeit der christlichen Kirchen teilnehmen. Innerhalb Deutschlands soll sie Gliedkirche der Vereinigten Evangelischen-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) sowie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sein.

Ferner bestehen Mitgliedschaften im Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK), im Lutherischen Weltbund (LWB), der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE).

In der Tradition der Kirchengemeinschaft der Pommerschen Evangelischen Kirche soll zudem eine Gastmitgliedschaft in der Union Evangelischer Kirchen (UEK) bestehen. Unbeschadet der Gastmitgliedschaft in der UEK gilt das Recht der VELKD in der gemeinsamen Kirche. Die Bewahrung regionaler liturgischer Traditionen im Rahmen des Gottesdienstbuches bleibt möglich (Punkt I.4.1 des Fusionsvertrags).

Die gemeinsame Kirche bestellt am Sitz der Regierungen von Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein jeweils theologisch oder juristisch ausgebildete Beauftragte (Punkt IV.9.1 Fusionsvertrag).

Mitglieder

Die drei Landeskirchen bringen in die Nordkirche, die Gesamtrechtsnachfolgerin der vertragschließenden Kirchen wird, ein (Stand: 31. Dezember 2006):

Landeskirche Fläche Mitglieder Anteil an der Bevölkerung Sprengel Kirchenkreise Kirchengemeinden Kirchengebäude
Nordelbien 16.525 km² 2.109.960 46 % 2 11 595 812
Mecklenburg 15.473 km² 0208.532 18 % 05 302 734
Pommern 08.686 km² 0102.752 19 % 04 240 448

Weblinks

Belege

  1. Synode beschließt für Nordkirche anderen Namen
  2. Der Weg zur Kirchenfusion im Norden. ndr.de, 28. März 2009
  3. Kirchenleitungen unterzeichnen Fusionsvertrag. Pressemitteilung der Nordelbischen Kirche vom 6. Februar 2009, abgerufen am 7. Februar 2009
  4. Punkt IV.6.3, Fusionsvertrag, Änderung des Sitzes, abgerufen am 24. Januar 2011
  5. Synoden sagen „Ja“ zur gemeinsamen Nordkirche. ndr.de, 28. März 2009
  6. Bischof Ulrich Vorsitzender der Kirchenleitung – Fusion Pfingsten 2012. Auf www.kirche-im-norden.de, abgerufen am 1. Juni 2009
  7. Bericht des Norddeutschen Rundfunks mit den Ergebnissen der Verfassungsgebenen Synode, 31. Oktober 2010
  8. Pressemitteilung auf www.kirche-im-norden.de: Gemeinsame Kirchenleitung bringt Vorlagen für Verfassungssynode auf den Weg, 21. September 2010
  9. Stand von Januar 2011, Verfassungsentwurf und Einführungsgesetz ergänzend beraten Pressemitteilung vom 16. Januar 2011, abgerufen am 21. Januar 2011
  10. Kirchenkreise und Gemeinden, abgerufen am 21. Januar 2011
  11. §§ 93–98 des Entwurfs zur Verfassung der Nordkirche, abgerufen am 24. Januar 2011
  12. § 94 des Entwurfs zur Verfassung der Nordkirche, abgerufen am 24. Januar 2011
  13. § 102 des Entwurfs zur Verfassung der Nordkirche, abgerufen am 24. Januar 2011
  14. Punkt IV.4 des Fusionsvertrags, Kommentar zum Fusionsvertrag
  15. Pressemitteilung auf www.kirche-im-norden.de: Erste Bezeichnungen für Kirche im Norden, 30. Mai 2010

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