Festung Luxemburg

Festung Luxemburg
Der Bockfelsen

Die Festung Luxemburg, im Großherzogtum auch Gibraltar vum Norde genannt, war bis zu ihrer Schleifung im Jahre 1867 eine beeindruckende Wehranlage um die Stadt Luxemburg von großer strategischer Bedeutung.

Inhaltsverzeichnis

Römerkastell

In der Römerzeit haben sich auf einem Plateau oberhalb Alzette und Petruss zwei Straßen gekreuzt, eine, die von Arlon nach Trier, und eine, die nach Thionville führte. Um diese Kreuzung wurde eine kreisförmig verlaufende hölzerne Palisade errichtet, hinter die sich die Bauern der Umgebung bei einem Überfall zurückziehen konnten. Nicht weit davon, am Bockfelsen, existierte das kleine römische Kastell Lucilinburhuc - aus diesem Namen entwickelte sich über Lützelburg der spätere Name Luxemburg.

Burg

Nach dem Rückzug der Römer verfiel das verlassene Kastell, bis sich im Jahre 963 der Ardennengraf Siegfried I., als Graf im Moselgau den Bockfels die Rechte am Kastell gegen Ländereien in Feulen bei Ettelbrück (Sauer) mit dem Kloster St. Maximin, Trier, eintauschte. Oberhalb des Kastells ließ er eine kleine Burg errichten, die über eine Zugbrücke mit dem Plateau verbunden war. Mit der Zeit bildete sich auf dem Plateau eine Siedlung, die nach etwa 200 Jahren zu einer kleinen Stadt anwuchs. Mitte des 12. Jahrhunderts schützte eine feste Stadtmauer auf der Höhe der heutigen Rue du fossé die Stadt. Im 14. Jahrhundert erfolgte der Bau einer zweiten Stadtmauer, die das Gebiet des Rham-Plateau mit einschloss, eine dritte weitere umschloss später das Stadtgebiet bis auf Höhe des heutigen Boulevard royal.

Festung

1443 nahm Philipp der Gute die Stadt Luxemburg durch einen nächtlichen Überraschungsangriff ein. Damit begann für Luxemburg eine Zeit der Fremdherrschaft durch die Franzosen, die Burgunder, die spanischen sowie die österreichischen Habsburger. Während dieser Zeit wurde die Festung kontinuierlich ausgebaut und den militärischen Erfordernissen der Zeit angepasst. Bemerkenswert sind die von den spanischen Habsburgern angelegten Kasematten.

Schlussendlich bestand die Festung Luxemburg aus drei Festungswällen, auf einer Fläche von 180 ha (Fläche der Stadt: ca. 120 ha). Im Innern der Festung gab es eine Vielzahl von Bastionen, im Zentrum 15 Forts, außerhalb noch einmal 9.[1] Ein Netz von 23 km unterirdischer Galerien (Kasematten) war verbunden mit über 40.000 m² bombensicheren Räumen.

Daher der Spitzname: Gibraltar des Nordens, als Anspielung auf den unbezwungenen Fels Gibraltar an der Südspitze der iberischen Halbinsel. Die Festung Luxemburg ist tatsächlich nie militärisch bezwungen worden. 1443 hatte Philippe der Gute die Stadt ohne Gegenwehr übernommen und später wurde die Festung lediglich durch Aushungern bezwungen.

Das Ende der Festung

Die Schlossbrücke

Nach dem preußischen Sieg im Deutschen Krieg von 1866 löste sich der Deutsche Bund auf. Unter der Führung Preußens wurde der Norddeutsche Bund als Bundesstaat gegründet, der jedoch nicht Luxemburg umfasste; die preußischen Truppen blieben gleichwohl vorerst in der Festung Luxemburg. Vor dem Krieg hatte der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck der französischen Regierung unter Napoléon III. signalisiert, sie könne Luxemburg annektieren, falls sie Preußen gegen Österreich freie Hand lasse. Nach dem Krieg wusste er dies jedoch zu verhindern. 1867 wurde Luxemburg im Londoner Protokoll für neutral erklärt, sowie festgelegt, dass Preußen seine Garnison auflöste und die Festung geschleift werden sollte.

Die vollständige Unabhängigkeit erreichte Luxemburg nach dem Tod des niederländischen Königs Wilhelm III. im Jahr 1890. Da ihm in den Niederlanden seine Tochter Wilhelmina auf den Thron folgte, in Luxemburg aber das männliche Erbfolgerecht galt, wurde die Personalunion aufgelöst. Die Luxemburger wählten den deutschen Herzog Adolf aus dem Hause Nassau-Weilburg zum Großherzog.

Ganze 16 Jahre, von 1867 bis 1883, sollte es dauern, bis das Schleifen der Festung endlich abgeschlossen war. Das Schleifen verlief mehr oder weniger chaotisch, vielfach wurden Teile der Festung einfach gesprengt, die brauchbaren Materialien von Anwohnern fortgeschafft und der verbliebene Rest mit Erde zugeschüttet. Dennoch beschloss man, einige Bauwerke als Wahrzeichen der Stadt der Nachwelt zu erhalten. Darunter befinden sich die Vaubanstürme im Pfaffenthal, drei Türme aus der zweiten Stadtmauer, der Eingang des Fort Thüngen, der Jakobsturm mit den Türmen an den Kasernen auf dem Rham-Plateau, die Heiliggeist-Zitadelle, die Schlossbrücke und einzelne der Spanischen Türmchen.

Was heute als Zerstörung eines historischen Bauwerks gelten mag, war damals für die Luxemburger ein Akt der Befreiung. Denn die Festung war das weithin sichtbare Symbol der Fremdherrschaft und außerdem verboten die verschiedenen Herren der Festung in der Regel den Bau neuer Häuser, um die der Festung zugrunde liegende militärische Strategie nicht zu beeinflussen. Als das Korsett der Festungsanlagen wegfiel, konnte sich die Stadt erstmalig seit dem 14. Jahrhundert weiterentwickeln. Im Süden erschloss die neue Adolphe-Brücke das Plateau Bourbon, in Westen wurde der Boulevard royal mit einem anschließenden großen Park gebaut.

Nachdem ein Stein mit der Jahresinschrift 1673 von den Berlaimont-Kasematten neben der Fondation Pescatore verschwunden war, richtete die DP-Abgeordnete Anne Brasseur am 18. Februar 2010 eine parlamentarische Anfrage an die zuständige Ministerin.[2]

Literatur

  • Michel Pauly, Martin Uhrmacher: Burg, Stadt, Festung, Großstadt: Die Entwicklung der Stadt Luxemburg. / Isabelle Yegles-Becker, Michel Pauly: Le démantelement de la forteresse. In: Der Luxemburg Atlas - Atlas du Luxembourg. Hrg.: Patrick Bousch, Tobias Chilla, Philippe Gerber, Olivier Klein, Christian Schulz, Christophe Sohn und Dorothea Wiktorin. Fotos: Andrés Lejona. Kartographie: Udo Beha, Marie-Line Glaesener, Olivier Klein. Emons Verlag : Köln 2009. ISBN 978-3-89705-692-3.

Einzelnachweise

  1. Raphael Zwank: Teile des „Fort Olizy“ frei gelegt. Luxemburger Wort, 21. März 2010.
  2. Ein Stein schreibt Geschichte. Lëtzebuerger Journal, 24. März 2010. (online: http://www.journal.lu/index.php?id=8&tx_m65xml2db_pi1[uid]=9721&type=98).

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