Fliegerhorst Venlo-Herongen

Fliegerhorst Venlo-Herongen
Fliegerhorst Venlo-Herongen
Typ Fliegerhorst
Lage des Fliegerhorstes in Deutschland
Betreiber ehemals Deutsche Luftwaffe, ehemals US Air Force
Eröffnung Baubeginn Oktober 1940, Eröffnung März 1941
Stadt Venlo (NL), Nettetal (D), Straelen (D)

Der ehemalige Fliegerhorst Venlo liegt grenzüberschreitend in den Niederlanden und in Deutschland. Er befindet sich auf dem Gebiet der Orte Venlo, Nettetal-Leuth und Straelen-Herongen. Das Gelände liegt unmittelbar südlich der heutigen Autobahn (A 40 auf deutscher bzw. A 67 auf niederländischer Seite).

Die Anlagen werden nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form genutzt. Ein Teil des Geländes auf deutscher Seite dient der Bundeswehr als Langzeitdepot, andere Teile werden vom NATO-Ländern zeitweise als Truppenübungsplatz benutzt. Auf niederländischer Seite nutzt ein Segelflugverein Teile der Start- und Landebahnen. Der größte Teil der Anlage ist frei zugänglich und darf betreten werden. Ruinenreste sind überall auf dem Gelände zu finden.

Inhaltsverzeichnis

Technische Daten

Rundbogenhangar
  • 1800 ha Größe (Jahr 1941)
  • 3 befestigte Start-/Landebahnen (2x 1450m, 1x 1200m)
  • elektrische Startbahnbefeuerung ( ca. 2000 Lampen)
  • Radarführung
  • mehr als 48km Straßen
  • später mit KZ-Außenlager vom Konzentrationslager Kamp Vught

Zahlen

Baumaßnahmen

  • Kosten der Baumaßnahmen - bis März 1943 62.316.000 niederländische Gulden (umgerechnet 335.000.000 Euro Kaufkraft 2004) zu Lasten der Niederlande.

Bauarbeiter

  • Anfang 1940 bis zu 15000 Arbeiter, zumeist gut bezahlte niederländische Arbeiter und Bauunternehmen.

Zwangsarbeit durch KZ-Häftlinge

  • ab August 1943 erst 200 dann 700 jüdische KZ-Häftlinge aus dem Konzentrationslager Kamp Vught zur Zwangsarbeit
  • ab Oktober 1943 durch nichtjüdische KZ-Häftlinge abgelöst, bis September 1944 verblieben 200 KZ-Häftlinge dort zur Zwangsarbeit

Flugzeuge

9. Januar 1944:

  • I.NJG 1 mit 37 Flugzeugen (1 Do217N, 1 Fw190A-4, 4 He219A-0, 2 Ju88R-2, 2 Bf110G-2, 20 Bf110G-4, 1 Bf110B, 1 Fw58C, 1 Fi156, 1 Kl35A, 1 Ar66C, 1 Bf108D-1, 1 Bü131D)
  • Aufklärungsstaffel NJG 1 mit 5 Flugzeugen (5 Ju88C-6)
  • Luftdienstkommando 2/3 mit 23 Flugzeugen (2 Bf109D, 1 He70F, 6 Do17E, 11 Do17F, 1 Do17Z, 2 Ju88A)

Personal

  • 350 Niederländer
  • 1800 Deutsche

Hallen

  • 1 Werfthalle,
  • 99 Flugzeughallen (20 Wärmehallen, 37 unbeheizte Backsteinhallen, 42 unbeheizte Rundbogenhallen)

Abschüsse und Verluste

  • von diesem Fliegerhorst aus wurden ca. 585 alliierte Flugzeuge abgeschossen
  • 2500 Tote und Kriegsgefangene auf alliierter Seite
  • 170 Tote und Verwundete auf deutscher Seite

Geschichtliches zum Gelände

Vorkriegszeit 1911-1940

Schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts war ein flacher Teil der „Groote Heide“ östlich von Venlo im heutigen Naturpark Maas-Schwalm-Nette als Schieß- und Übungsgelände angelegt worden. 1913 wurde dort ein Hilfslandeplatz für die in Entstehung befindlichen niederländische Luftwaffe angelegt. Die militärische Bedeutung dieses Hilfslandeplatzes war wegen der nahen Grenze zu Deutschland gering. Besser bekannt wurde der Platz bei der Bevölkerung durch öffentliche Flugvorführungen, bei denen man die Luftfahrt hautnah miterleben konnte. Hervorzuheben ist ein Besuch des Luftschiffes LZ 127 Graf Zeppelin im November 1930. Während des deutschen Einmarsches in die neutralen Niederlande wurde der kleine Flugplatz nicht in die Gefechte einbezogen, obwohl in der Nähe auf deutscher Seite Anlagen des Westwalles lagen.

Vom Hilfslandeplatz zum Luftwaffenstützpunkt

Erst als im Herbst 1940 eine deutsche Luftverteidigung in den Niederlanden organisiert wurde, wurden auch Einsatzhäfen für die im Aufbau befindlichen Nachtjagdverbände benötigt. Ab Oktober 1940 ließ die zuständige Bauleitung der Luftwaffe den Venloer Hilfslandeplatz zu einem Fliegerhorst erweitern. Der Bau wurde hauptsächlich durch niederländische Bauunternehmen und Tausende von niederländischen Arbeitern durchgeführt, welche in Venlo und Umgebung einquartiert wurden. Der fast 1800 Hektar große Fliegerhorst wurde noch vor der Fertigstellung im März 1941 mit schwarz getarnten Nachtjägern des I. Nachtjagdgeschwader (NJG) 1 belegt. Diese Einheit stand unter Führung von Hauptmann Werner Streib.

März 1941 bis Juli 1943

Die Nachtjäger verteidigten einen Abschnitt in der sogenannten „Kammhuber-Linie“, einem Gürtel von Flakscheinwerfern und Nachtjagdflughäfen. Erst als Anfang 1942 die Nachtjäger durch Radartechnik (Würzburg-Riese) unterstützt wurden, stiegen die Erfolge an. Am 5. März 1943 startete eine Reihe von britischen Luftangriffen gegen das Ruhrgebiet.

He219

In diesen Monaten hatten die Venloer Nachtjäger ihre größten Erfolge, auch weil die Gruppe durch erfahrene Besatzungen aus anderen Einheiten verstärkt wurde. Auch das speziell für die Nachtjagd entwickelte Nachtjagdflugzeug Heinkel He 219 kam erstmals von Venlo aus zum Fronteinsatz. Ab Juli 1943 blieben Erfolge aus und das I. NJG 1 bekam einen weiteren Gegner hinzu - die amerikanische 8th Air Force USAAF. Der zum Fliegerhorst zugehörige Scheinflugplatz hieß "Schandelo" und befand sich 8 km nördlich von Venlo.

Juli 1943 bis Februar 1944

Im August 1943 fiel die Entscheidung, sämtliche luftgefährdete Flugplätze in den Niederlanden zu erweitern. In Venlo wurden dazu einige hunderte KZ-Häftlinge aus dem holländischen Konzentrationslager „Camp Vught“ eingesetzt. Im Dezember 1943 wurden zwei Luftbeobachtungsstaffeln in Venlo aufgestellt. Diese Staffeln sollten die Luftwaffenführung über die oft verwirrende nächtliche Luftlage in diesem Gebiet informieren. Im Februar 1944 war das IV. Jagdgeschwader (JG) 3 in Venlo stationiert. Die Bf 109-Jagdflugzeuge wurden mit mehr Verlusten als Erfolgen in der „Tagjagd“ eingesetzt. Am 25. Februar flogen Marauder Bomber (Martin B-26) der 9th USAAF den ersten Großangriff gegen den Flugplatz Venlo.

Februar 1944 bis September 1944

Flugleitleitturm

Bis zur Schließung des Flugplatzes sind noch drei Einheiten aus luftfahrthistorischer Perspektive interessant: das Erprobungskommando 410 (Me410 als Nachtjäger); die 2./JG 400 (mit Raketenjäger Me163) und III. KG 3 (He111 als Träger von V1-Marschflugkörpern). Die Einsätze dieser Verbände hatten kaum Einfluss auf die weiteren Kriegsereignisse, die alliierte Luftüberlegenheit war zu groß. Am 15. August und 3. September 1944 wurde der Flugplatz bombardiert und schwer beschädigt. Die I. NJG 1 wurde am 5. September nach Münster-Handorf verlegt. Die alliierten Luftlandungen (Operation Market Garden) bei Eindhoven, Nimwegen und Arnheim bedeuteten das Ende des Flugplatzes Venlo. Der größte Teil der Anlagen wurde von der Wehrmacht gesprengt. Das KZ-Außenlager wurde aufgelöst. Die KZ-Häftlinge wurden mit Viehwaggons in das Konzentrationslager Sachsenhausen transportiert. Die Fahrt dauerte zwei Tage ohne Wasser. Von Sachsenhausen aus wurden die bis dahin Überlebenden auf die "Todesmärsche", die noch unendlich viele Opfer forderten, Richtung Schwerin getrieben, bevor mit der Befreiung das Ende der Leiden kam.

Das Ende des Flugplatzes

Ab dem 1. März 1945 erfolgte die Befreiung von Venlo durch die alliierten Streitkräfte und das Fluggelände wurde als Flugplatz „Yankee 55“ instandgesetzt. Amerikanische Aufklärer und Jagdbomber der 9. Luftflotte flogen Einsätze, um die alliierte Rheinüberquerung zu ermöglichen. Zu den besonderen Besuchern in Venlo gehörten Berühmtheiten wie Königin Wilhelmina, Eisenhower oder Churchill. Ab Ende April warteten zwei Bombergruppen auf ihre Demobilisierung. Als der Flugplatz im September 1945 verlassen wurde, sind Millionen von Backsteinen aus den Start- und Landebahnen wiederverwendet worden, um Kriegsschäden zu beheben. Seit 1946 benutzt der Venloer Segelflugverein einen Teil des früheren Rollfeldes als Segelfluggelände. Der alte Flugleitungsturm wurde im Jahr 2005 zum offiziellen Denkmal erklärt.

Förderverein Ehemaliger Fliegerhorst Venlo e.V.

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Der Verein ist eine Initiative von Deutschen und Niederländern beiderseits der Grenze und möchte die historischen Bau- und Bodendenkmäler im Bereich des ehemaligen Fliegerhorstes Venlo-Herongen schützen und bewahren. Sie sollen als ein Mahnmal der Stille die Erinnerung an Kriegsleiden, an das KZ-Außenlager und an die Luftfahrtgeschichte wachhalten. Ziel ist die Förderung der wissenschaftlichen Erforschung der Geschichte des ehemaligen Fliegerhorstes Venlo und die Weitergabe von Erkenntnissen und Ergebnissen an Bildungseinrichtungen für die Öffentlichkeit, insbesondere für die friedenspädagogische Erziehung und historische Bildung nachgeborener Generationen, sowie die Förderung des Gedenkens an die zivilen und militärischen Opfer aller Nationen in der Zeit des Zweiten Weltkriegs.

Initiativen

  • Regelmäßige Rundführungen über das Gelände mit Pkw oder Fahrrad.
  • Fachvorträge extern oder auf dem Gelände.
  • Erhaltungs- und Restaurierungsarbeiten.
  • Aufbau eines Informationszentrums

Literatur

  • Rheinischen Landesamt für Bodendenkmalpflege (Hg.): Der Westwall. Vom Denkmalswert des Unerfreulichen, Führer zu den archäologischen Denkmälern im Rheinland, Text und Karten 1:50.000, 2. Ausgabe 1998 ISBN 3-7927-1668-2 Eine ausführliche Beschreibung der Reste des Westwalls in Nordrhein-Westfalen mit Zusammenfassungen in englischer und französischer Sprache. Im Anhang 6 Topografische Karten im Maßstab 1:50.000.
Im Führer ist der Flugplatz ab Seite 297 eingehend gewürdigt.
  • Kreis Kleve: Der Zweite Weltkrieg zwischen Rhein und Maas, Heinz Bosch, 4. Ausgabe 1977, ISBN 3-921760-00-3, Seite 122-134
  • M.Hogenhuis, Fliegerhorst Venlo - De rol van Luftwaffe-vliegveld Venlo in de Duitse luchtverdediging in WO-II (nicht veröffentlichte Diplomarbeit, niederländische Sprache, Amsterdam 1995)
  • Hub Groenveld, Vliegveld Venlo: van bevrijding tot ontmanteling, niederländische Sprache, Venlo 2005

Weblinks

Einzelnachweise


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