Fordistisch

Fordistisch

Als Fordismus bezeichnet man eine nach dem Ersten Weltkrieg etablierte Form der Warenproduktion. Geprägt wurde der Begriff unter anderem durch den marxistischen Intellektuellen Antonio Gramsci.[1] Er ist benannt nach dem US-amerikanischen Industriellen Henry Ford, dessen Organisation von Arbeit und Kapital als typisch für die gesamte Epoche angesehen wird. Mit der Theorie des Fordismus soll ausgehend von marxistischen Grundsätzen erklärt werden, wie es zur Entwicklung des Wohlfahrtsstaats anstelle des eigentlich zu erwartenden krisenhaften Zusammenbruchs des Kapitalismus kam.

Inhaltsverzeichnis

Charakterisierung

Der Fordismus basiert auf stark standardisierter Massenproduktion und -konsumtion von Konsumgütern, mit Hilfe hoch spezialisierter, monofunktionaler Maschinen, Fließbandfertigung, dem Taylorismus, durch den eine Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitern und Unternehmern angestrebt wird. Relativ hohe Arbeitnehmerlöhne, welche die Nachfrage ankurbeln, sind ebenfalls charakteristisch. Im Jahre 1914 verdoppelte Henry Ford etwa den Tageslohn seiner Arbeiter auf fünf Dollar. Somit zahlte er seinen Arbeitern in drei Monaten soviel, wie eines seiner T-Modell-Autos kostete.[2]) Diese und andere Maßnahmen sollten das Einverständnis der Arbeiter mit den neuen Produktionsmethoden erhöhen, indem es eine instrumentelle Arbeitshaltung förderte. Die fordistische Lohnentwicklung wurde seit Ende der 1960er Jahre zu einem Hemmschuh der kapitalistischen Entwicklung. Folglich begann im Postfordismus die Lohnquote als Anteil des BIP in den meisten Industrieländern zu sinken.

Der Fordismus beruht auf den Entwicklungen des New Deals bzw. allgemeiner des Korporatismus, der „Konzertierten Aktion“ und der Sozialpartnerschaft, das heißt auf sozialen Sicherungssystemen, lebenslanger Anstellung bei einem Arbeitgeber und einer weitgehenden Vollbeschäftigung. Die Entwicklungen des Sozialstaats werden als Abkommen zwischen Arbeitern und Kapital verstanden: die Arbeiter werden am Wohlstand beteiligt, Frauen leisten die notwendige Reproduktionsarbeit, durch beides steigt der Absatz und die kapitalistische Akkumulation kann sich fortsetzen.

Die Krise des Fordismus begann in den späten 1960er Jahren und wurde durch die Verschärfung sozialer Konflikte vorangetrieben. Auch konnte die standardisierte Produktpalette die zunehmend individualisierte Nachfrage nicht zufriedenstellen. Nicht zuletzt auf Grund der Ölkrise 1973 ging die Güternachfrage in weiten Teilen der Industrie zurück. Die starre fordistische Massenproduktion nahm diese Entwicklung zu spät wahr, was zu Überproduktion und letztlich sinkenden Gewinnen führte. In vielen Ländern wollte der Staat durch deficit spending dieser Entwicklung entgegenwirken. Die Folge war eine steigende Verschuldung vieler Staaten (vor allem in Westeuropa und den USA) in den 1970er Jahren. Dem Fordismus folgten Entwicklungen, die man als Toyotismus oder Postfordismus bezeichnet. Die Krise des Fordismus führte allerdings nicht zur kompletten Aufgabe aller seiner Elemente.

Die dystopische Zukunftsvision im Roman Schöne neue Welt von Aldous Huxley baut auf dem Fordismus auf.

Siehe auch

Literatur

  • Friedrich von Gottl-Ottlilienfeld: Fordismus. Über Industrie und Technische Vernunft. Jena 1924
  • Joachim Hirsch / Roland Roth: Das neue Gesicht des Kapitalismus. Vom Fordismus zum Post-Fordismus. Hamburg, VSA-Verlag, 1986
  • Ferruccio Gambino: Kritik am Begriff des Fordismus, wie ihn die Regulationsschule benutzt. In: Wildcat-Zirkular, Nr. 28/29, Oktober 1996, S. 139-160
  • Ulrich Brand, Nach der Krise des Fordismus. Global Governance als möglicher hegemonialer Diskurs des internationalen Politischen, in: Zeitschrift für internationale Beziehungen10(2003), Heft 1, S.143-166.

Einzelnachweise

  1. P. Cloke, M. Goodwin: Conceptualizing countryside change: from post-Fordism to rural structured coherence. In: Transactions of the Institute of British Geographers, 1992
  2. "Martin, Hans-Peter, Schumann, Harald: Die Globalisierungsfalle, Hamburg 2003, Seite 170"

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