François Fillon

François Fillon
François Fillon (2010)

François Fillon [fʀɑ̃ˈswa fiˈjõ] (* 4. März 1954 in Le Mans, Sarthe) ist ein französischer Politiker (UMP) und ist seit dem 17. Mai 2007 Premierminister Frankreichs. Von 2002 bis 2004 war er Minister für Arbeit und Sozialwesen. Anschließend war er bis 2005 Minister für Bildung und Forschung.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Ausbildung

Als ältester Sohn des Notars Michel Fillon und der Historikerin Anne Soulet, wächst François gemeinsam mit seinen drei Brüdern in Cérans-Foulletourte, einem im Département Sarthe gelegenem Dorf auf. Seine schulische Laufbahn setzte er am Collège Saint-Michel-des-Perrais in Parigné-le-Pôlin fort. Er wird in dieser Zeit für drei Tage der Schule verwiesen, als er während eines Aufsatzes aus Langeweile Reizgas versprüht. Später wechselt er auf das von den Jesuiten geleitete Lycée Notre-Dame de Sainte-Croix in Le Mans. Hier kommt es 1971 zum Eklat, als - unter Führung von Fillon - eine Gruppe von Schülern ihre Englischlehrerin zur Kündigung auffordert. Fillon wird der Schule verwiesen, darf aber nach einer Solidaritätskundgebung seiner Klassenkameraden wieder am Unterricht teilnehmen. Ein Jahr später, 1972, legt er sein Abitur ab.[1]

Nach seinem Abitur studiert Fillon öffentliches Recht an der Universität du Maine (in Le Mans), das er 1976 mit der Magister-Prüfung (Maîtrise) abschließt. Daran schließen sich 1977 in Paris der jeweils höhere Abschluss (DEA) in Öffentlichem Recht an der Universität Paris V (Universität René Descartes) und Politikwissenschaften am Institut d’études politiques an. Während dieser Jahre arbeitet er mehrmals als Praktikant bei der Nachrichtenagentur AFP und erwägt eine Berufslaufbahn als Journalist.

Politische Laufbahn

Anfänge in Parlament und Ministerien

Fillons politische Laufbahn begann 1976 als Parlamentsassistent beim Abgeordneten seines Heimatdépartements Sarthe, Joël Le Theule. Mit dessen Berufung zum Verkehrsminister 1977 folgte Fillon ihm als stellvertretender Büroleiter des Ministers (chef adjoint du cabinet), 1980 in derselben Funktion ins Verteidigungsministerium. 1981 wurde er Abteilungsleiter (chef du Service) für gesetzgeberische und parlamentarische Arbeit bei Industrieminister Michel Giraud.

Mandatsträger

Nach dem Tode seines Mentors Joël Le Theule wurde Fillon 1981 im Département Sarthe in die Nationalversammlung gewählt. Bei allen folgenden Wahlen wurde er als Deputierter zur Nationalversammlung wiedergewählt. Im Parlament war er Mitglied des Verteidigungsausschusses, von 1986 bis 1988 Ausschussvorsitzender.

Parallel dazu übernahm er 1981 Wahlämter auf lokaler und regionaler Ebene:

  • in der Stadt Sablé-sur-Sarthe 1981 bis 1986 als Gemeinderat, von März 1983 bis 2001 als Bürgermeister; ab 2001 Gemeinderat im Vorort Solesmes
  • im Generalrat des Départments Sarthe als Abgeordneter, ab 1985 als Vizepräsident und von 1992 bis 1998 als dessen Präsident
  • später (ab 1988) im Rat der Region Pays de la Loire als dessen Präsident, bis Mai 2004

Parteifunktionen

Ab 1997 fungierte er als Parteisekretär in der von Jacques Chirac gegründeten Partei RPR, verantwortlich für Verbandsarbeit. Im folgenden Jahr wurde er Pressesprecher der Exekutivkommission seiner Partei.

2002 war er Gründungsmitglied des UMP, der als bürgerliche Sammlungsbewegung vergleichbar der deutschen CDU neu formiert wurde, und hauptverantwortlich für das Parteiprogramm. Fillon gilt als Vertreter des linksgaullistischen Flügels um Philippe Séguin innerhalb der „Präsidentenpartei“ (UMP).

Kabinettsmitglied

Als Minister im Kabinett von Jean-Pierre Raffarin von 2002 bis 2005 übernahm er zunächst das Sozialministerium und initiierte die stark umstrittene Rentenreform. Trotz erheblicher Proteste und Demonstrationen der Bevölkerung, hielt die Regierung an dem Projekt fest. Parallel dazu kam es zu einer Reform der Arbeitszeitregelung zur 35-Stunden-Woche.

Mit seinem Wechsel in das Bildungsministerium als Nachfolger von Luc Ferry im März 2004, nahm er eine weitere Reform in Angriff, die diesmal eine nicht unbedeutende Zahl von Schülern der Abschlussklassen zu Protesten und auf die Straßen trieb. Im Frühling 2005 kam es sogar zu einer Blockadebewegung, so dass die Reform des Baccalauréat, der Abiturprüfungen, aufgegeben werden musste. Daraufhin legte Fillon nur den übrigen Teil des Gesetzentwurfes dem Parlament zur Ratifizierung vor.

Präsidentschaftswahl 2007

Fillon galt als Anhänger von Jacques Chirac, wobei er zugleich die Ambitionen von Nicolas Sarkozy auf das Präsidentenamt im Jahr 2007 unterstützte. Nach dem deutlichen Scheitern des Referendums über die Europäische Verfassung am 29. Mai 2005 löste Staatspräsident Chirac das Kabinett auf; Fillon sah sich bei der Neubildung übergangen. Aufgebracht trat er mit deutlicher Kritik an Chirac vor die Presse und ergriff Partei für eine Kandidatur Sarkozys bei den Präsidentschaftswahlen 2007.

Seit den Wahlen zum französischen Senat im September 2005 vertrat er den Wahlkreis Sablé-sur-Sarthe.

Am 17. Mai 2007, einen Tag nach seiner Amtseinführung, ernannte der neue Staatschef Nicolas Sarkozy seinen engsten Vertrauten während der Präsidentschaftskampagne zum Premierminister. Am 13. November 2010 legte Fillon zusammen mit seinem gesamten Kabinett das Amt nieder.[2] Einen Tag darauf ernannte Präsident Sarkozy ihn erneut zum Premierminister.[3] Durch diesen Schritt wurde eine umfassende Kabinettsumbildung ermöglicht, die Beobachter auch als Weichenstellung für die Präsidentschaftswahl im Jahr 2012 betrachteten.[4] Sarkozy und Fillon hatten angesichts der weltweiten Finanzkrise ein umfassendes Reformprogramm initiiert, das von Protesten und Streiks begleitet wurde und Sarkozys Popularität sinken ließ.

Privates

Er ist seit 1980 verheiratet. Aus der Ehe gingen fünf gemeinsame Kinder hervor.

Im privaten Bereich engagiert er sich insbesondere im Bereich des Motorsports und gehört dem Direktionskomitee an, das für die Austragung des 24-Stunden-Rennens von Le Mans verantwortlich ist.

Korruptionsvorwürfe

Am 7. Februar 2011 musste Fillon eingestehen, dass er sich einen Luxusurlaub mit Familie von dem damaligen, inzwischen gestürzten ägyptischen Diktator Hosni Mubarak hat bezahlen lassen, eine Nilkreuzfahrt, den Flug mit einer ägyptischen Regierungsmaschine zu den Tempelanlagen in Abu Simbel und die exklusive Unterkunft auf der Nilinsel Elephantine inklusive. Dabei kam es auch zu einer Begegnung mit Mubarak, den Fillon am 30. Dezember im Ferienort Assuan traf.[5] Seither sieht er sich mit harscher Kritik und sogar Rücktrittsforderungen aus Kreisen der Opposition konfrontiert.

Wahlmandate

Auf lokaler Ebene
  • 1981–2001 : Mitglied im Gemeinderat von Sablé-sur-Sarthe; dort Stellvertretender Bürgermeister in wirtschaftlichen Angelegenheiten
  • 1983–2001 : Bürgermeister von Sablé-sur-Sarthe
  • 1981–1998 : Mitglied im Generalrat für den Bezirk Sablé-sur-Sarthe
  • 1985-1992 : Stellvertretender Vorsitzender des Generalrates, verantwortlich für wirtschaftliche Fragen
  • 1992–1998 : Vorsitzender des Generalrates Sarthe
  • 1998-2007 : Mitglied im Regionalrat der Region Pays de la Loire
  • 1998–2004 : Vorsitzender des Regionalrates der Region Pays de la Loire
  • Seit 2001 : Mitglied im Gemeinderat von Solesmes (Sarthe)
  • Seit 2001 : Vorsitzender des Gemeindeverbandes des Bezirkes Sablé-sur-Sarthe
Für das Parlament und den Senat
  • 1981, 1986, 1988, 1993, 1997, 2002 und 2007 : Wahl und Wiederwahl zum Abgeordneten des RPR für das Département Sarthe
  • Mitglied des Verteidigungsausschusses
  • Vorsitzender der parlamentarischen Gruppe zur Pflege freundschaftlicher Beziehungen zwischen Frankreich und Thailand
  • 2005-2007 : Mitglied des französischen Senats.

Laufbahn als Minister

  • 1993–1995: Minister für Hochschulwesen und Forschung (Kabinett Édouard Balladur)
  • 1995–1997: Minister für Informationstechnologie und Postwesen, später delegierter Minister für Postwesen, Telekommunikation und Raumfahrt (Kabinett Alain Juppé I/II)
  • 2002–2004: Minister für Soziales, Arbeit und Solidarität (Kabinett Jean-Pierre Raffarin I/II)
  • 2004–2005: Minister für Bildung, Hochschulwesen und Forschung (Kabinett Jean-Pierre Raffarin III)
  • Seit Mai 2007: Premierminister, nominiert und bestellt von Präsident Sarkozy

Einzelnachweise

  1. Christophe Barbier: François Fillon: Secrets de jeunesse (fr), lexpress.fr. 15. November 2007. Abgerufen am 14. November 2010. 
  2. Frankreich: Fillon abermals zum Premierminister ernannt, Frankfurter Allgemeine Zeitung. 14. November 2010. 
  3. Frankreichs Regierung: Fillon ist alter und neuer Premierminister, stern.de. 14. November 2010. 
  4. Frankreichs Regierung: Sarkozy beruft Fillon ins Amt zurück, Spiegel Online. 14. November 2010. 
  5. Bericht der süddeutschen Zeitung vom 9. Februar 2011 über die Vorwürfe gegenüber Fillon

Weblinks


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