Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia

Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia
Flagge der FARC
Logo der FARC

Die FARC, eigentlich F.A.R.C.-E.P. (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia – Ejército del Pueblo – Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens / Volksarmee), sind eine linksgerichtete, sich selbst als marxistisch bezeichnende kolumbianische Guerillabewegung, die seit 1964 einen bewaffneten Kampf gegen staatliche und nichtstaatliche Akteure führt. Sie sind gegenwärtig die größte Guerillaorganisation Lateinamerikas.

31 Länder bezeichnen die FARC offiziell als terroristische Organisation (Kolumbien, Perú, USA,[1] Kanada[2] und die EU-Mitgliedsstaaten[3]), Nachbarstaaten wie Brasilien[4], Ecuador[5] oder Venezuela[6] hingegen nicht.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Ideologie

Die FARC entstanden im Kontext der seit 1948 andauernden gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der linken und der konservativen Partei Kolumbiens (La Violencia). Im Laufe dieser Auseinandersetzungen wurden 1949 die sogenannten unabhängigen Republiken (repúblicas independientes) von der Kommunistischen Partei Kolumbiens sowie linken und radikalen Bauern in Teilen des Landes gegründet. 1964 eroberte das kolumbianische Militär die República de Marquetalia. Die überlebenden Bewohner um Manuel Marulanda und Jacobo Arenas hielten am 20. Juli desselben Jahres in Marquetalia eine Konferenz ab, auf der sie die Guerillaorganisation Bloque Sur gründeten. 1966 ging der Bloque Sur in den FARC auf, die am 5. Mai offiziell als militärischer Arm der Kommunistischen Partei Kolumbiens gegründet wurden. Sie verstanden sich als bäuerliche Selbstverteidigungsgruppe gegen die von Großgrundbesitzern und Militär ausgehende Gewalt und hatten sich eine „revolutionäre Landreform“ zum Ziel gesetzt. Bis heute bezeichnen die FARC sich selbst als marxistisch-leninistisch und bolivarisch.[7]

Seit 1996 betreiben die FARC den Untergrundradiosender Cadena Radial Bolivariana, Voz de la Resistencia auf UKW und auf Kurzwelle.[8]

Entwicklung bis 1980

Während sich die Aktivitäten der FARC bis Ende der 1970er Jahre ausschließlich auf ländliche Gebiete beschränkten und die Organisation fast ausschließlich aus Bauern bestand, reisten einige Mitglieder durch Lateinamerika, um sich über die Strategien anderer kommunistisch orientierter Guerillaorganisationen zu informieren und um die Ausbildung der FARC-Kämpfer zu verbessern. Ende der 1960er Jahre wurde eine Schulungsstätte für Ideologie ins Leben gerufen, 1973 wurde das Generalkommando der FARC gegründet, dem Manuel Marulanda bis zu seinem Tod angehörte. Trotzdem ging das politische Programm bis 1980 nicht über Agrarthemen hinaus.

Modernisierung und Internationalisierung (1980–1996)

Beeinflusst durch die sandinistische Revolution in Nicaragua 1979, wurden ab diesem Zeitpunkt zunehmend Studenten aus den größeren Städten Mitglieder der FARC. Dadurch geriet die Beschränkung der FARC auf ausschließlich landwirtschaftliche Forderungen etwas in den Hintergrund, und die ideologischen Grundlagen der Gruppierung wurden ausgebaut. Auf Initiative von Jacobo Arenas wurde 1982 die Siebte Guerilla-Konferenz abgehalten, auf der eine neue Strategie beschlossen wurde, die das Einbeziehen aller Arten von Kampf (politisch und militärisch) zum Erreichen der revolutionären Ziele vorsah. Im Zuge dieser strategischen Neuausrichtung benannten sich die FARC in FARC-EP (EP: Ejército del Pueblo, Volksheer) um; es wurden nicht mehr nur Taktiken des Guerillakampfes eingesetzt, sondern auch größere Operationen nach militärischem Vorbild durchgeführt. Die Verbindungen der FARC zu anderen lateinamerikanischen Guerillaorganisationen wurden ausgeweitet, und als marxistische Gruppierung wurden die FARC von Kuba und (in geringerem Maße) von der Sowjetunion finanziell unterstützt. In den 1980er Jahren wurde Kolumbien zu einem der größten Kokainproduzenten weltweit. Die FARC waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht direkt in den Drogenanbau verwickelt, gewannen aber unter den Kokabauern neue Anhänger. In einigen Gebieten des Landes erfüllten sie ab Mitte der 1980er Jahre quasi staatliche Funktionen, beispielsweise durch Erhebung von Steuern. Außerdem verbreiterten die FARC ihr finanzielles Fundament dadurch, dass sie Sicherheitsdienste und Infrastruktur für die Drogenhändler bereitstellten. 1984 äußerten sich die FARC erstmals mit allgemeineren politischen Forderungen in Form eines Offenen Briefes. Im selben Jahr nahmen sie Verhandlungen mit dem damaligen kolumbianischen Präsidenten Belisario Betancur auf, die zu einem Waffenstillstand führten, der - trotz mehrerer Unterbrechungen - bis 1987 anhielt.

Unión Patriótica

1985 gründeten Mitglieder der FARC und der Kommunistischen Partei eine neue Partei, die „Patriotische Union“ (Unión Patriótica), um ihre Ziele auf legalem Wege durchzusetzen, anstatt den bewaffneten Kampf weiterzuführen. 1986 wurde die UP als legale Partei anerkannt. Im selben Jahr trat sie zu den Parlamentswahlen an und erlangte 1,4 % der Stimmen. Bei den Präsidentschaftswahlen bekam ihr Kandidat Jaime Pardo Leal 4,5 % der Stimmen. Auch an den Gouverneurswahlen 1988 nahm die UP teil. In den folgenden Jahren wurden 2000–3000 der Mitglieder der UP (die FARC spricht von bis zu 5000), insbesondere solche mit öffentlichen Funktionen, von paramilitärischen Gruppierungen und Todesschwadronen systematisch ermordet. Der ehemalige Präsidentschaftskandidat Pardo Leal wurde 1987 von einem 14-jährigen getötet. Amnesty International machte im April 1988 auf Beteiligungen des Militärs an diesen Tötungsaktionen aufmerksam, was die Regierung Virgilio Barco Vargas heftig abstritt. Die meisten Morde wurden nie offiziell aufgeklärt. Nachdem am 22. März 1990 auch der neue UP-Präsidentschaftskandidat Bernardo Jaramillo Ossa ermordet wurde, trat die UP stark geschwächt zu den Wahlen 1991 an. Sie existierte noch bis 2002 offiziell als Partei, war allerdings spätestens seit Anfang der 1990er Jahre bedeutungslos.

Nach Verabschiedung der neuen Verfassung 1991 nahmen die FARC und die kolumbianische Regierung unter venezolanischer und mexikanischer Vermittlung die Verhandlungen wieder auf; sie blieben allerdings ergebnislos. Am 4. September 1996 griffen die FARC eine Militärbasis in Guaviare an; bei den drei Wochen andauernden Kämpfen starben über 130 Menschen. Anfang der 1990er Jahre bestanden die FARC aus schätzungsweise 7.000–10.000 bewaffneten Kämpfern, die in über 60 regionalen Fronten organisiert waren. Charakteristisches Merkmal der FARC-Kämpfer sind die meist olivgrünen oder schwarzen Gummistiefel, die sie zu ihren Kampfanzügen tragen; damit unterscheiden sie sich bereits aus der Ferne von den mit Schnürstiefeln ausgerüsteten Regierungssoldaten.

Ziele

1993 stellten die FARC im Rahmen der Plattform für eine Regierung des Wiederaufbaus und der nationalen Aussöhnung einen Zehnpunkte-Plan auf, der als Gesprächsgrundlage mit der Regierung dienen sollte und folgende Forderungen beinhaltete:

  1. die Lösung des Konflikts mit politischen Mitteln;
  2. die Armee darf keine innenpolitischen Funktionen wahrnehmen;
  3. Durchsetzung der Gewaltenteilung zwischen Justiz und Politik, Pressefreiheit und demokratische Mitbestimmungsmöglichkeiten auf allen Ebenen;
  4. Stärkung des internen Konsums, Schutz der einheimischen Industrien vor ausländischer Konkurrenz sowie staatliche Kontrolle über den Energiesektor;
  5. Verwendung von 50 % des Staatshaushaltes für Sozialausgaben und 10 % für die Förderung der Wissenschaften;
  6. Einführung eines progressiven Steuersystems;
  7. Entwicklungsprogramme für ländliche Regionen;
  8. Revision der Energiepolitik und Neuverhandlung der Verträge zur Ausbeutung der Bodenschätze mit den multinationalen Unternehmen;
  9. Aufbau souveräner, auf dem Recht auf Selbstbestimmung basierender Beziehungen zu allen Ländern der Welt;
  10. nicht-militärische Lösung des Drogenproblems.

1996–2002

Unter Präsident Andrés Pastrana (1998–2002) kam es zu Friedensverhandlungen zwischen der Regierung und den FARC. Im Zuge dieser Verhandlungen wurde den FARC ein etwa 40.000 km² großes Gebiet zur Verfügung gestellt, die so genannte Zona de distensión, das die FARC de facto vollständig unter ihrer Kontrolle hatten. In diesem, offiziell als neutral deklarierten Gebiet, sollten die Verhandlungen stattfinden, und das kolumbianische Parlament musste alle sechs Monate über die Verlängerung der Aufrechterhaltung der Verhandlungszone abstimmen. Während der Verhandlungen intensivierten die FARC ihre Offensiven gegen das kolumbianische Militär. Außerdem entführten sie ein Passagierflugzeug und mehrere Politiker. Am 21. Februar 2002 erklärte die Regierung die Friedensverhandlungen für gescheitert und begann eine Militäroffensive in der Verhandlungszone. Kurz darauf wurde die Präsidentschaftskandidatin Íngrid Betancourt von den FARC entführt und erst mehr als sechs Jahre später, am 2. Juli 2008, vom kolumbianischen Militär befreit.

Seit der Zerschlagung der beiden großen Drogenkartelle Ende der 1990er Jahre haben die FARC ihre Aktivitäten im Zusammenhang mit der Kokainproduktion verstärkt. Anstatt lediglich Hilfs- und Schutzleistungen für die Drogenproduzenten anzubieten, haben die FARC angeblich selbst damit begonnen, unter Eigenregie Koka anzubauen und eigene Labore für die Weiterverwertung zu betreiben. Die FARC dementieren diese Aussage. Sie sagen vielmehr, dass sie die wirtschaftlichen Aktivitäten in ihren Regionen besteuern, also auch den Koka-Anbau. Sie dulden den Koka-Anbau, um den Bauern nicht die Lebensgrundlage zu entziehen. Die Anbaufläche von Koka in Kolumbien hat sich während der 1990er Jahre auf rund 120.000 Hektar versechsfacht.

Entwicklung und Struktur seit 2002

Mit der Forderung, drastisch gegen die FARC vorzugehen, gewann Pastranas Nachfolger Álvaro Uribe die Wahlen 2002. Er gab somit den Verhandlungskurs auf und strebte eine militärische Lösung des Konflikts an.

Die FARC wurden bis März 2008 von Manuel Marulanda, dem zu diesem Zeitpunkt ältesten Guerillaführer Lateinamerikas, kommandiert. Sein Nachfolger ist Leon Saenz Vargas alias Alfonso Cano. Ein weiteres Mitglied des Generalkommandos ist neben anderen José Briceño alias Mono Jojoy. Die Truppenstärke wurde auf ca. 20.000 Kämpfer in den 90er Jahren geschätzt; aktuelle Schätzungen (Stand: Juni 2008) zufolge ist ihre Stärke auf bis zu 8000 Mann gesunken. Betrachtet man die Zahl der Deserteure von etwa 9000 seit dem Amtsantritt von Uribe 2002 und zählt man die 3840 gefallenen FARC-Kämpfer in den vergangenen drei Jahren hinzu, wird klar, welch starke Fluktuation in den Rängen der Guerilla zu herrschen scheint.[9] Auch wird ihnen vorgeworfen, Kindersoldaten zu rekrutieren, da sie zunehmend Schwierigkeiten haben sollen, Erwachsene für ihren Kampf zu begeistern.[10][11]

Die FARC kombinieren in ihrem Kampf gegen den kolumbianischen Staat und die paramilitärischen Autodefensas Unidas de Colombia Guerilla-Taktiken mit „konventionellem“ militärischem Kampf. Die FARC finanzieren sich hauptsächlich aus Lösegeldzahlungen und dem Drogenhandel. Die Einnahmen werden auf jährlich über 300 Millionen US-Dollar geschätzt, andere Quellen gehen von bis zu 980 Millionen US-Dollar aus. Im Jahr 2000 haben die FARC mit ihrem „Gesetz 002“ festgelegt, dass jeder Kolumbianer mit einem Vermögen von über einer Million Dollar eine „Revolutionssteuer“ von zehn Prozent zahlen muss - wobei der Prozentsatz vom tatsächlichen (geschätzten) Vermögen abhängt. Entführungen sehen sie dabei als Druckmittel an. Laut Presseagenturmeldungen befanden sich im Sommer 2008 zwischen 700 und 1000 Geiseln in den Händen der FARC-Rebellen, für die sie hohe Lösegelder forderten.[12][13] Die FARC selbst erklärten im März 2009, dass sich zum Zeitpunkt neun Personen als Geiseln aus ökonomischen Gründen in ihrer Gewalt befänden. Gleichzeitig boten sie 20 Geiseln (Militärs und Polizisten) als Austausch gegen die Freilassung von 500 in kolumbianischen Gefängnissen einsitzenden Gefangenen an.[14][15] Die von Kolumbiens Vizepräsident Francisco Santos gegründete Geiselhilfsorganisation País Libre (Freies Land) ging derweil von 472 Geiselhäftlingen aus.[16]

Amnesty International wirft den FARC schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht vor. Zahlreiche gewählte Lokalpolitiker wurden von der Guerilla-Truppe getötet, jedoch kamen auch viele unbeteiligte Zivilisten ums Leben. Die FARC seien für einen Großteil der Entführungen verantwortlich, die im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt stehen. Bei ihren Anschlägen setzten sie unverhältnismäßig und wahllos Gewalt ein. Auch werden die FARC für das Verlegen von Landminen verantwortlich gemacht.[11][17]

Entwicklungen 2004 bis 2007

  • Am 13. Juli 2004 verurteilte der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte aus Anlass eines Massakers die anhaltende Gewalt der FARC und die Vertreibungen, die dadurch entstehen. Er wies darauf hin, dass die FARC damit Artikel 17 des Zweiten Zusatzprotokolls der Genfer Konventionen verletzen.
  • Im Februar 2005 begannen die FARC mit militärischen Offensiven im Südwesten Kolumbiens, bei denen es etwa 40 Tote und Verletzte auf Seiten des kolumbianischen Militärs gab. Viele Beobachter werteten dies als ein Indiz für die Wiedererstarkung der FARC und das Ende ihrer strategischen Rückzugsphase. Sie vermuteten, dass die FARC mit dieser offensiven Taktik die Wiederwahl des derzeitigen Präsidenten Uribe im Jahr 2006 verhindern wollten.
  • Am 20. Februar 2005 meldete die Zeitung El Tiempo, dass der Sprecher des Oberkommandos der FARC, Raúl Reyes, in einem Rundfunkinterview erklärt habe, die Zeit der Zurückhaltung und der militärischen Regeneration der FARC sei vorbei und man strebe nach wie vor die Machtübernahme im Land an, wie das auch die Angriffe auf militärische Ziele in jüngster Zeit gezeigt hätten. Anfang Oktober 2005 blockierten die FARC den Verkehr in der Provinz Arauca, dem Haupterdöllieferanten Kolumbiens. In der Provinz Putumayo nahe der Grenze zu Ecuador verursachten die FARC in derselben Woche einen Stromausfall durch einen Bombenanschlag auf einen Hochspannungsmast.
  • Am 5. April 2006 wurde der Deutsche Lothar Hintze nach fünf Jahren Geiselhaft in Kolumbien freigelassen.
  • Am 31. Juli 2006 wurden in Tibú 15 Soldaten in einen Hinterhalt gelockt, indem ein anonymer Anrufer auf eine Autobombe hinwies. Die Soldaten wurden durch Sprengsätze und einen darauf folgenden Schusswechsel getötet. Am selben Tag explodierte ein Mazda 626 in Bogotá und riss einen 50 Jahre alten Mann in den Tod. Weitere 21 Verletzte wurden bekannt, unter anderen Kinder aus einer nahe liegenden Kindertagesstätte. Das verfehlte Ziel war ein Truppentransport mit 45 Soldaten.[18] Seit dem 9. September 2006 läuft ein Verfahren gegen zwei Elite-Offiziere des kolumbianischen Militärs wegen deren Beteiligung an den Anschlägen in Bogotá. In einem Video erschienen diese mit Mitgliedern der FARC. [19]
  • 17 Polizisten und zwei Zivilisten wurden in mehreren Hinterhalten am 1. November 2006 von den 5., 18. und 58. Brigaden der FARC in Tierradentro, Córdoba getötet. Es wird geschätzt, dass sich an den Angriffen 450 Mitglieder der FARC beteiligten. Dies war die stärkste Niederlage der Regierung in der zweiten Amtszeit von Uribe, da diese Anschläge mitten im ehemaligen Gebiet der aufgelösten Paramilitärs (AUC) stattfanden. Die Guerilleros hatten die Polizeistation mit Gaszylindern und Sturmgewehren beschossen und die 50 Polizisten, die als Verstärkung kamen, in einen Hinterhalt gelockt. 17 Polizisten wurden dabei getötet. Dies war der zweite Vorfall in dieser Gegend. Im Jahr 2000 starben 36 Soldaten, als sie aus ihren Hubschraubern ausstiegen.[20]
  • Am 6. Dezember 2006 erklärten die FARC der ELN (Ejército de Liberación Nacional) den Krieg, nachdem die ELN mit der Regierung über einen Friedensschluss verhandelte und damit nach Aussagen der FARC gemeinsame revolutionäre Ziele verriet. Hinter dem Konflikt wird ebenfalls eine Auseinandersetzung um ölreiche Gebiete, sowie Gebiete zum Drogenanbau und Handel angenommen. Die FARC starteten eine systematische militärische Kampagne in der über 500 Guerilleros ums Leben kamen. Tausende Einwohner flohen vor dem Konflikt.[21]

Entwicklungen 2008

Raúl Reyes
  • Am 10. Januar 2008 wurden Clara Rojas, die im Februar 2002 gemeinsam mit Íngrid Betancourt entführt worden war, und die am 10. September 2001 entführte damalige Kongressabgeordnete Consuelo González nach Vermittlungen durch den venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez, von den FARC freigelassen.[22] Die FARC weigerten sich jedoch weiterhin, die zu diesem Zeitpunkt als schwerkrank geltende Íngrid Betancourt freizulassen. Sie wurde am 2. Juli 2008 bei einer Militäroperation befreit.
  • Am 4. Februar 2008 kam es in Kolumbien zu landesweiten Protesten gegen die FARC. In Bogotá beteiligten sich nach Polizeiangaben mehr als 1 Million Menschen an der Protestaktion. Auch in anderen Städten in Kolumbien und im Ausland fanden Demonstrationen und Kundgebungen statt. In Madrid beteiligten sich mehr als 10.000 Menschen an der Veranstaltung. Die kolumbianische Regierung hatte zur Teilnahme an der mit Unterstützung der Behörden organisierten Aktion aufgerufen. Im Ausland waren die Demonstrationen von den kolumbianischen Botschaften organisiert worden.[23]
  • Am 27. Februar 2008 ließen die FARC, nach Vermittlungen durch den venezolanischen Staatspräsidenten Hugo Chávez und die oppositionelle kolumbianische Senatorin Piedad Cordoba, vier frühere kolumbianische Abgeordnete (Gloria Polanco, Luis Eladio Pérez, Orlando Beltrán und Jorge Eduardo Géchem), die sie mehr als sechs Jahre als Geiseln festgehalten hatten, ohne Gegenleistung frei. Die FARC begründeten diesen Schritt mit dem schlechten Gesundheitszustand der Entführten und wollten die Freilassung als eine positive Geste gegenüber den Vermittlern verstanden wissen, nachdem diesen der kolumbianische Präsident das Mandat zur Vermittlung entzogen hatte.[24] In einer Presseerklärung riefen die Freigelassenen zu einem Austausch der restlichen Geiseln mit inhaftierten Mitgliedern der FARC und einer nicht militärischen Lösung des Konflikts auf. Die FARC erklärten, keine weiteren Gefangenen ohne Gegenleistungen freizulassen.[25]
  • Am 1. März 2008 wurden bei einem Einsatz kolumbianischer Truppen auf ecuadorianischem Hoheitsgebiet der Sprecher des Oberkommandos der FARC, Raúl Reyes, sowie 23 weitere Menschen getötet; dies führte zu einer diplomatischen Krise zwischen Kolumbien einerseits und Venezuela und Ecuador andererseits.
    Siehe dazu: Regionalisierung des Konflikts
  • Wenige Tage später wurde bekannt, dass ein zweites Führungsmitglied der FARC, José Juvenal Velandia, bekannt unter dem Namen Ivan Rios durch einen seiner Mitkämpfer umgebracht worden war, um das von den Behörden ausgesetzte Kopfgeld zu erhalten.
  • Am 26. März 2008 starb der Gründer und bis dato Chef der FARC, bekannt unter seinen Kampfnamen Manuel Marulanda oder Tirofijo, im Alter von 78 Jahren, nach Angaben der FARC an den Folgen eines Herzinfarktes. Sein Nachfolger wurde Alfonso Cano.[26]
  • Ende März 2008 formulierte die kolumbianische Regierung ein durch die Regierungen Spaniens, Perus und Frankreichs unterstütztes Angebot, Íngrid Betancourt und andere Geiseln gegen inhaftierte FARC Mitglieder einzutauschen.[27]
  • Am 18. Mai 2008 stellte sich die hochrangige Guerillera Elda Neyis Mosquera, auch bekannt als Nelly Avila Moreno bzw. unter ihrem Kampfnamen Karina, den kolumbianischen Streitkräften. Sie führte die Frente 47 und wird unter anderem der Ermordung des Vaters von Präsident Álvaro Uribe beschuldigt.[28] Auch ihr Sicherheitschef soll sich laut Angaben von Verteidigungsminister Juan Manuel Santos gestellt haben. Präsident Álvaro Uribe habe für ihre Sicherheit garantiert. Die Aufgabe Karinas gilt als ein Indiz dafür, dass sich Teile der FARC-Führung nach dem Bombardement auf das FARC-Camp am 1. März, bei dem der Vize Raúl Reyes getötet wurde, und dem fast gleichzeitigen Verrat an Ivan Rios in Auflösung zu befinden scheinen.[29]
  • Am 2. Juli 2008 befreite kolumbianisches Militär Íngrid Betancourt, drei US-Bürger und elf kolumbianische Militärs aus den Händen der FARC.[30] Die Befreiungsaktion fand ca. 72 Kilometer von der Ortschaft San José del Guaviare im Südosten Kolumbiens statt. Zwei FARC-Rebellen wurden dabei festgenommen. Die im Jahre 2003 entführten US-Bürger arbeiteten zum Zeitpunkt ihrer Entführung für eine vom US Verteidigungsministerium beauftragte Firma und waren von den FARC der Spionage für die CIA beschuldigt worden.[31]
  • Dokumente, die sich auf Computern und Datenträgern befanden, die nach der Bombardierung des Lagers von Raul Reyes sichergestellt worden waren, von denen aber nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie danach verändert wurden[32], dienten laut den kolumbianischen Behörden als Grundlage, ein Netz von Mittelsmännern und Geldgebern in Europa aufzudecken; so wurde am 26. Juli mit Hilfe der spanischen Polizei Maria Remedios Garcia Albert bei Madrid festgenommen, der vorgeworfen wird, die Unterstützung der FARC in Europa zu koordinieren.
  • Nachdem die kolumbianischen Streitkräfte ein FARC-Lager im kolumbianischen Department Guaviare bombardierten, fanden sie nach eigenen Angaben in dem fluchtartig verlassenen Lager des Kommandanten der Frente 43, Gener García Molina (alias Jhon 40), eine Million US-Dollar. Außerdem sollen drei Laptops und zwölf USB-Sticks sichergestellt worden sein.[33]

Entwicklungen 2009

  • Anfang Februar 2009 wurden ohne erkennbare Gegenleistung zunächst vier Geiseln, darunter drei Polizisten und ein Soldat, von der FARC freigelassen. Sie waren 2007 entführt worden. Gleichzeitig entzog Präsident Uribe der so genannten Humanitären Begleitgruppe für die Freilassung der FARC-Geiseln das Mandat für weitere Aktionen, da die Freilassungen für Propagandazwecke seitens der FARC missbraucht würden.[34] Wenige Tage später ließen die FARC ankündigungsgemäß auch den 2001 entführten Ex-Gouverneur Alan Jara und den im April 2002 entführten Provinzabgeordneten Sigifredo Lopez frei. Alan Jara übte anschließend heftige Kritik an der Uribe-Regierung: Regelmäßig verhindere sie humanitäre Lösungen zur Geiselfreilassung. Auch sei nach seiner Einschätzung die FARC noch lange nicht geschlagen. Vor allem in den Bergen solle es noch viele, vor allem junge, Kämpfer geben.[35][36]
  • Anfang Februar 2009 meldeten indigene Organisationen die Ermordung von mindestens 27 Mitgliedern der Awá in den Gemeindebezirken Barbacoas und Ricaurte im Departamento Nariño. Sie seien vermutlich von FARC-Rebellen getötet worden. Da in diesem Gebiet neben den FARC auch die ELN und paramilitärische Gruppen einschließlich Drogenschmugglern operieren, konnte die Täterschaft nicht mit Sicherheit geklärt werden.[37] Am 11. Februar 2009 bekannten sich die FARC zur Hinrichtung von acht Mitgliedern der Awá, die sie der Kollaboration mit der Armee bezichtigt hatten.[38]

Einzelnachweise

  1. Foreign Terrorist Organizations. In: Fact Sheet Office of the Coordinator for Counterterrorism Washington, DC. 8. April 2008. Abgerufen am 14. Februar 2009. (englisch)
  2. FARC, ELN Y AUC, EN LISTA CANADIENSE DE GRUPOS TERRORISTAS. Presidencia de la República Colombia, 3. April 2003. Abgerufen am 14. Februar 2009. (spanisch)
  3. EU-Liste der Terrororganisationen vom 22. Dezember 2006 (PDF)
  4. Darío Pignotti: Brasilien macht sich stark für Südamerika. In: Le Monde diplomatique. 11. April 2008. Abgerufen am 14. Februar 2009.
  5. GERHARD DILGER: Ecuador bestreitet Farc-Kontakte. In: taz. 14. März 2008. Abgerufen am 14. Februar 2009.
  6. Chávez pidió sacar a las FARC de la lista de organizaciones terroristas. In: Clarin. 11. Januar 2008. Abgerufen am 14. Februar 2009. (spanisch)
  7. Miguel Urbano Rodrigues: Las FARC reafirman la opción comunista y responden a campañas difamatorias. Entrevista con el comandante Ricardo González, del Estado Mayor Central de las FARC-EP, 7.4.2004 [1]
  8. Interview mit Jesús Santrich (Februar 2004): Cadena Radial Bolivariana, la Voz de las FARC-EP. Agencia Periodística de información Alternativa (ApiaVirtual), Mai 2006. Abgerufen am 30. Oktober 2008. (spanisch)
  9. Publikation der Konrad-Adenuer Stiftung: Der Anfang vom Ende der FARC? vom 5. Juni 2008 [2]
  10. El País: Una muñeca por un fusil AK 47 vom 17. April 2008
  11. a b Amnesty International: Das Konfliktverhalten der bewaffneten Oppositionsgruppen FARC und ELN zugegriffen am 30. März 2009
  12. Der Standard: Hintergrund: Farc - Kampf seit mehr als vier Jahrzehnten vom 4. Juli 2008
  13. Der Standard: Hintergrund: Farc - Kampf seit mehr als vier Jahrzehnten vom 4. Juli 2008
  14. Secretariado del Estado Mayor Central, FARC-EP: Farc: estamos listos para el canje de prisioneros de guerra. In: ANNCOL. 29. März 2009. Abgerufen am 1. April 2009. (spanisch)
  15. ultimahora.com/EFE: [3] vom 29. März 2009
  16. Colombia Reports: [4] vom 30. März 2009
  17. Amnesty International: Amneyrs International Report 2008 - Colombia
  18. Las Farc eligieron objetivos militares para despedir a este Gobierno, 31.07.2006 [5]
  19. Dos oficiales de grupo elite del Ejército, tras falsos atentados terroristas en Bogotá [6]
  20. El Tiempo: Presidente Uribe ofrece bonificación a campesinos que sirvan de cooperantes contra las Farc 2. November 2006
  21. Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung (HIIK): KONFLIKTBAROMETER 2007. Institut für Politische Wissenschaft der Universität Heidelberg, S.37f.
  22. http://www.venezuelanalysis.com/news/3050
  23. Tagesschau: Massenproteste gegen Farc-Rebellen in Kolumbien vom 5. Februar 2008
  24. Die Welt: Befreiung von vier Geiseln vom 27. Februar 2008.
  25. Der Standard: Befreite Geisel: Betancourt „sehr krank“ vom 28. Februar 2008.
  26. teleSUR: FARC confirma muerte líder guerrillero Manuel Marulanda vom 25. Mai 2008
  27. Artikel in El Pais vom 29. März 2008 [7]
  28. El País.com: Una destacada comandante de las FARC se entrega al Ejército colombiano vom 19. Mai 2008
  29. swr.de: Anführerin Karina stellt sich der Polizei vom 19. Mai 2008
  30. Spiegel-Online Guerilla-Geisel Betancourt nach sechs Jahren frei vom 2. Juli 2008
  31. elpais.com: Liberados Ingrid Betancourt y tres estadounidenses en poder de las FARC vom 2. Juli 2008
  32. Zwischen dem Angriff auf das Rebellenlager und der Übergabe der Beweismittel an die kolumbianische Polizei durch die Armee seien mindestens 48 Stunden vergangen. In dieser Zeit sei auf alle Computer und Datenträger zugegriffen worden. Detailliert schlüsseln die Autoren des Berichts die Änderungen auf. Insgesamt wurden demnach 1479 Systemdateien neu geschrieben, auf 1703 System- oder Benutzerdateien wurde zugegriffen, 5240 Systemdateien wurden verändert und 103 Dateien gelöscht. Erst danach wurden die insgesamt acht Datenträger am 3. März an die kolumbianische Polizei übergeben, die sie ihrerseits am 10. März Interpol aushändigte. USA bestätigen Verletzung des Luftraums - Regierung in Caracas unzufrieden
  33. elpais.com/EFE: Un jefe de las FARC se deja un millón de dólares al escapar a un bombardeo en Colombia vom 6. September 2008
  34. taz.de: Uribe entlässt Vermittler vom 2. Februar 2009
  35. taz.de: Exgeisel attackiert Präsident Uribe vom 4. Februar 2009
  36. Der Standard: FARC-Rebellen lassen weitere Geisel frei, 5. Februar 2009
  37. Colombianos por la Paz exigen justicia por masacre de indígenas. In: teleSUR. 12. Februar 2009. Abgerufen am 18. Februar 2009. (spanisch)
  38. FARC reconoce ejecución de ocho indígenas en Nariño. In: teleSUR. 17. Februar 2009. Abgerufen am 18. Februar 2009. (spanisch)

Siehe auch

Literatur

  • Dario N. Azzellini/Raul Zelik: Kolumbien - Große Geschäfte, staatlicher Terror und Aufstandsbewegung, ISBN 3-929-008-48-3
  • Thomas Fischer: 40 Jahre FARC in Kolumbien. Von der bäuerlichen Selbstverteidigung zum Terror, in: Sozial. Geschichte. Zeitschrift für historische Analyse des 20. und 21. Jahrhunderts, N.F. 20 (2005)

Weblinks

Friedens- und Konfliktforschung

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