- Fußball-Europameisterschaft 1972
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UEFA-Fußball-Europameisterschaft 1972 UEFA EURO 72 Anzahl Nationen 4 (von 32 Bewerbern) Europameister BR Deutschland (1. Titel) Austragungsort Belgien Eröffnungsspiel 14. Juni 1972 Endspiel 18. Juni 1972 Spiele 4 Tore 10 (∅: 2,5 pro Spiel) Zuschauer 121.880 (∅: 30.470 pro Spiel) Torschützenkönig Gerd Müller - 4 Tore Gelbe Karten
9 (∅: 2,25 pro Spiel) Die Endrunde der vierten Fußball-Europameisterschaft wurde vom 14. bis 18. Juni 1972 in Belgien ausgetragen.
An der Qualifikation beteiligten sich 32 Nationalmannschaften, die in acht Gruppen aufgeteilt wurden. Die Gruppensieger spielten im Vorfeld der Finalrunde ein Viertelfinale mit Hin- und Rückspiel aus. Die Qualifikationsspiele wurden in den Jahren 1970 und 1971 durchgeführt. Die Viertelfinalspiele fanden im April und Mai 1972 statt. Wie bei allen Europameisterschaften zuvor wurde auch diesmal der Gastgeber der Endrunde erst nach Ermittlung der letzten Vier erkoren.
Inhaltsverzeichnis
Qualifikation deutschsprachigen Mannschaften
→ Hauptartikel: Fußball-Europameisterschaft 1972/Qualifikation
BR Deutschland
Die Deutschen spielten in der Qualifikationsgruppe Acht mit Polen, der Türkei und Albanien. Nach der erfolgreichen Fußball-Weltmeisterschaft 1970 in Mexiko begann im Oktober 1970 die Qualifikation mit einem enttäuschenden 1:1 gegen die Türkei in Köln. Erst danach zeigte sich das Gesicht einer neuen deutschen Mannschaft, die alle folgenden Spiele gewann und erst am letzten Spieltag wieder 0:0 gegen Polen in Hamburg spielte. Zu diesem Zeitpunkt war man bereits für das Viertelfinale qualifiziert.
Im Viertelfinale kam es dann zu der legendären Paarung mit England. Der 3:1-Erfolg der deutschen Mannschaft in London (Wembley-Elf) gilt als Geburt der späteren Europameistermannschaft, da sie ersatzgeschwächt antrat und die Ersatzspieler ihre Chance nutzten. Uli Hoeneß erzielte die 1:0-Führung vor der Halbzeit. In der zweiten Halbzeit entwickelte sich das Spiel zu einer Abwehrschlacht. Das permanente Anrennen der Engländer auf das Tor von Sepp Maier wurde in der 77. Minute mit dem Ausgleich durch Francis Lee belohnt. Die Vorentscheidung brachte ein Foulelfmeter in der 85. Minute. Sigfried Held wurde gefoult, den Elfmeter verwandelte Günter Netzer. Drei Minuten später erzielte Gerd Müller nach erfolgtem Zusammenspiel mit Hoeneß das 3:1. Im Rückspiel traten die Engländer ohne Hoffnung auf ein Weiterkommen an, das Spiel in Berlin endete 0:0. Damit war die Bundesrepublik für die Endrunde qualifiziert.
DDR
Die Mannschaft der DDR spielte in der Gruppe Sieben gegen Jugoslawien, Niederlande und Luxemburg. Die Qualifikation begann zunächst vielversprechend mit einem 1:0-Heimsieg gegen die Niederlande, doch nach der Heimniederlage im vierten Spiel gegen Jugoslawien mit 1:2 setzten sich die Jugoslawen als Tabellenführer der Gruppe durch und qualifizierten sich.
Österreich
Österreich spielte in Gruppe Sechs gegen Titelverteidiger Italien sowie Schweden und Irland. Gleich die ersten beiden Spiele wiesen den Österreichern allerdings die Richtung. Die Niederlagen gegen Italien und Schweden waren im Laufe der Qualifikation nicht mehr aufholbar. Italien qualifizierte sich souverän für das Viertelfinale.
Schweiz
Die Schweiz spielte in Gruppe Drei gegen England, Griechenland und Malta und präsentierte sich überraschend stark. Sie hielt mit den Engländern mit und so kam es bei den letzten beiden Spielen der Gruppe gegen England zu zwei echten Endspielen. Die Schweiz verlor das Heimspiel mit 2:3. Im Rückspiel erreichte die Schweizer Nationalmannschaft einen Achtungserfolg mit einem 1:1-Unentschieden.
Endrunde
Halbfinale
Die Sowjetunion konnte sich bis dahin zu allen Endrunden qualifizieren und galt auch in diesem Spiel als Favorit. Zwar stand Lew Jaschin nicht mehr zwischen den Pfosten, doch war ihm Jewgeni Rudakow ein würdiger Nachfolger. Beim Stand von 1:0 für die Sowjetunion hielt er gegen Ungarn in der 83. Minute einen Foulelfmeter.
Die Mannschaft des DFB galt als Favorit auf den Titel, auch gegen den im Heimvorteil befindlichen Gastgeber Belgien. Gerd Müller erzielte bereits in der 24. Minute die beruhigende Führung für die Deutschen. Die motivierten Belgier gaben sich auch nicht auf, als Gerd Müller in der 71. Minute auf 2:0 erhöhte, und erzielten in der 83. Minute den Anschlusstreffer. Die intensiven Bemühungen der Gastgeber in der Schlussphase waren jedoch nicht mehr von Erfolg gekrönt.
14. Juni 1972 Brüssel, Stade Émile Versé Sowjetunion
– Ungarn
1:0 (0:0) 14. Juni 1972 Antwerpen Belgien
– BR Deutschland
1:2 (0:1) Spiel um Platz 3
Belgien bestimmte das Spiel von Beginn an und führte zur Halbzeit mit 2:0. Ungarn schaffte zwar noch den Anschlusstreffer, doch war der Sieg der Belgier unangefochten.
17. Juni 1972 Lüttich Ungarn
– Belgien
1:2 (0:2) Endspiel
Die Nationalmannschaft, die im Finale der Europameisterschaft 1972 gegen die Sowjetunion Europameister wurde, gilt bis heute als die spielstärkste deutsche Mannschaft, die jemals gespielt hat. Sie holte den ersten Titel seit 1954 nach Deutschland. Bei der Eröffnung des Olympiastadions in München drei Wochen zuvor hatte Deutschland die Sowjetunion bereits mit 4:1 besiegt und galt daher als klarer Favorit.
Deutschland ging durch Gerd Müller in der 28. Minute in Führung. Beckenbauer preschte von der Mittellinie bis kurz vor den sowjetischen Strafraum, passte auf Müller, der legte auf Netzer zurück, der mit einem fulminanten Schuss das Lattenkreuz traf. Den Abpraller nahm Heynckes auf, Rudakow konnte nur noch abklatschen und Müller war zur Stelle. In der zweiten Halbzeit erhöhte Herbert "Hacki" Wimmer nach einer klugen Vorlage von Heynckes, der wiederum von Netzer mit einem mustergültigen Pass bedacht wurde, in der 52. Minute auf 2:0 - eine Mönchengladbacher Kombination. In der 57. Minute startete "Katsche" Schwarzenbeck von der Mitte der eigenen Hälfte durch. Über Müller und Heynckes landete der Ball wieder beim nunmehr im russischen Strafraum befindlichen deutschen Vorstopper, der zu Müller ablegte, welcher Torhüter Rudakow keine Chance ließ. Dies markierte den 51. Länderspieltreffer im 41. Länderspiel des sogenannten "Bombers der Nation". In seiner, der Torausbeute nach, erfolgreichsten Phase in der Nationalmannschaft, traf er 14 Mal in fünf Länderspielen in Serie.
In der 68. Minute setzte der sowjetische Libero Khurtsilava den Ball mit einem kraftvollen Schuss aus knapp 20 Metern auf die Latte des deutschen Tores. Die wohl beste Chance der UdSSR, die aber essentiell in keiner Phase des Spiels ein gleichwertiger Gegner für die DFB-Auswahl war. Die Sowjets versteckten sich nicht und versuchten mitzuspielen, wirkten aber relativ behäbig und kamen kaum einmal gefährlich vor das deutsche Tor.
Die letzten fünf Minuten des Spiels litten darunter, dass zahlreiche deutsche Schlachtenbummler die Ränge verließen und sich zu Hunderten stark um die Außenlinien des Spielfeldes positionierten. Der Kommentator des englischen BBC-Fernsehens Barry Davies meinte, so etwas sei wohl zuletzt im sogenannten White Horse Final, dem englischen Pokalfinale von 1923 vorgekommen, wenngleich aber auch bei der Weltmeisterschaft zwei Jahre zuvor und bei der Weltmeisterschaft 1966 schon vor dem Schlusspfiff zahlreiche Fans die Nähe zu ihren Idolen suchten.
Schließlich konnte UEFA-Präsident Gustav Wiederkehr ohne größere Probleme dem deutschen Spielführer Franz Beckenbauer den Henri-Delaunay-Pokal übergeben. Betrüblich waren aber Berichte über Ausschreitungen in der Brüsseler Innenstadt nach dem Spiel - Vorboten einer etwas anderen Zeit.
In der deutschen Mannschaft bezeugten Beckenbauer, der überall auf dem Feld zu finden war, Netzer und Müller ihre absolute Weltklasse, Maier stand nicht nach, genauso wenig wie Breitner und Wimmer. Bei den Sowjets darf sich Rudakow rühmen, mit dem ein oder anderen starken Reflex einige deutsche Großchancen vereitelt zu haben.
18. Juni 1972 Brüssel, Heysel-Stadion BR Deutschland
– Sowjetunion
3:0 (1:0) Der deutsche Kader
Sepp Maier, Horst-Dieter Höttges, Franz Beckenbauer, Georg Schwarzenbeck, Paul Breitner, Uli Hoeneß, Günter Netzer, Herbert Wimmer, Jupp Heynckes, Gerd Müller, Erwin Kremers, Jürgen Grabowski, Michael Bella, Rainer Bonhof, Wolfgang Kleff, Sigfried Held, Horst Köppel, Hannes Löhr, Berti Vogts Trainer: Helmut Schön
Ehrungen der Europameister
Günter Netzer wurde zum Fußballer des Jahres in der Bundesrepublik und Franz Beckenbauer zu Europas Fußballer des Jahres gewählt, wobei mit Gerd Müller und Günter Netzer erstmals zwei Spieler aus dem gleichen Verband wie der Sieger gemeinsam Platz 2 belegten. Bei der Wahl zur Mannschaft des Jahres musste die Nationalmannschaft der Hockeynationalmannschaft den Vortritt überlassen, da diese überraschend bei den Olympischen Spielen in München die Goldmedaille gewonnen hatte.
Torschützenliste (Endrunde)
Rang Spieler Tore 1 Gerd Müller
4 2 Anatoli Konkow
1 Lajos Kü
Raoul Lambert
Odilon Polleunis
Paul Van Himst
Herbert Wimmer
Torschützenkönig des gesamten Wettbewerbs wurde ebenfalls Gerd Müller mit 11 Toren.
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