Galeerenstrafe

Galeerenstrafe

Die Galeerenstrafe war eine im Mittelmeerraum vom ausgehenden 15. bis ins 20. Jahrhundert hinein verhängte Strafe für diverse schwere Vergehen wie Hochverrat oder Mord. Die Galeerenstrafe diente hierbei als Ersatz für die Todesstrafe. Auch Angehörige von Glaubensgemeinschaften wie der Schweizer Täufer (Mennoniten) oder der französischen Hugenotten wurden mit der Galeerenstrafe bestraft.

Die Zahl der verhängten Urteile richtete sich nach dem Bedarf der Seemächte wie Genua oder Venedig, die die Verurteilten von den jeweiligen Landesfürsten (auch aus Deutschland) abkauften.

Auch nachdem es keine Galeeren mehr gab, blieb der Begriff als Synonym für die Zwangsarbeit in Bagnos erhalten, welche sich aus den Galeerengefängnissen entwickelt haben.

Inhaltsverzeichnis

Antike

Im Gegensatz zur populären Vorstellung von angeketteten Sträflingen, wie sie durch Spielfilme wie Ben Hur verbreitet wurde, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass antike Kriegsmarinen jemals verurteilte Verbrecher als Ruderer eingesetzt haben.[1] Der antike Galeerensklave ist folglich ein Anachronismus:

Eiserne Beinfesseln, die Peitsche, Galeeren, die schwimmende Konzentrationslager waren – all das gehört zur Welt des sechzehnten bis achtzehnten Jahrhunderts und zu keiner früheren Epoche.[2]

Neuzeit

Der Verurteilte musste als Ruderer auf einer Galeere seine Strafe verbüßen, mit schweren Eisenketten an die Ruderbank angeschmiedet („auf die Galeeren schmieden“). Es gab sowohl die zeitlich begrenzte, aber stets mehrjährige, als auch die lebenslängliche Verbüßung. Bei Antritt der Strafe konnten die Verurteilten mit einem Brandzeichen versehen werden, und lebenslange Häftlinge wurden für bürgerlich tot erklärt. Ein Testament solcher Personen hatte keine Gültigkeit, da ihr Vermögen als konfisziert galt. Geringste Vergehen an Bord wurden mit harter Leibesstrafe geahndet. Selbstverstümmelung, welche zum Rudern unfähig machte, wurde mit dem Tod geahndet. Auch die allgemeinen Bedingungen waren miserabel, Todesfälle unter den Gefangenen keine Seltenheit. Die Strafe traf Bauern und einfache Bürger. Hochgestellte Bürger oder Adelige, sofern sie nicht den Adelsstand selbst zu sehr entehrt hatten, wurden dagegen verbannt und ihr Eigentum konfisziert.

In Rom wurde die Galeerenstrafe 1471 eingeführt, in Spanien ab 1502 und im Kirchenstaat ab 1511 und 1516. In den Habsburgischen Erblanden wurde sie von 1556 bis 1768 verwendet. Später führte man dort das Schiffziehen ein, welches oft mit einer Galeerenstrafe verglichen wird.

Im Jahr 1585 erließ der Rat der Schweizer Stadt Bern ein Täufermandat, das die Schweizer Täufer u.a. mit der meist tödlich endenden Galeerenstrafe bestrafte [3]. Die Schweizer Mennoniten mussten vor allem auf venetianischen und französischen Galeeren arbeiten. Ihre Schicksale sind im 1660 erstmals erschienenen Märtyrerspiegel aufgenommen.

In der Türkei fand die Strafe bis ins 20. Jahrhundert Anwendung.

Galeerensträflinge in Frankreich

In Frankreich wurde es unter Karl VII. (1403–1461) Sitte, schwere Verbrecher zur Ruderarbeit zu verwenden. Sie wurden galériens, später forçats genannt. Faktisch verschwand die Galeerenstrafe mit Aufgabe der Galeere als Schiffstyp, juristisch oft wesentlich später. In Frankreich begann diese Entwicklung gegen Ende der Amtszeit von Ludwig XIV. († 1715), faktisch wurde sie ab 1748 durch königliche Ordonnanz (Ludwig XV.) durch Zwangsarbeit in den Bagnos abgelöst. Der Begriff "Galeerenstrafe" blieb aber im französischen Sprachgebrauch bis ins späte 19. Jahrhundert erhalten, als Verurteilte bereits nach Guayana deportiert wurden. Deutsche Überlieferungen sprechen auch meist von Galeerenstrafe, da das Wort "Bagno" weitestgehend unbekannt ist.

Durch das Strafgesetz vom 25. September und 6. Oktober 1791 wurde die Galeerenstrafe ausdrücklich an die Stelle der Kettenstrafe (peine des fers) gesetzt; ein Dekret vom 5. Oktober 1792 gab Vorschriften über die Art und Weise des Transports an die Seehäfen. In Art. 15 des Code pénal von 1810 sind dann ausdrücklich travaux forcés als Strafart genannt. Es gab damals in den Seehäfen von Brest, Toulon, Lorient und Rochefort Strafstationen; die beiden letztern wurden im Lauf der Zeit (Lorient schon 1830) aufgehoben. Im Jahre 1828 wurde der Transport in Ketten verboten und der Zellenwagen eingeführt. Die Polizei auf den Galeeren wurde durch ein Zirkular vom 15. Juli 1839 neu geregelt.

Nach den Initiativen von 1840 und 1843 erfolgte per Dekret vom 27. März 1852 unter Napoléon III. die Aufhebung der Bagnos. An deren Stelle trat die Deportation in Strafkolonien, zuerst auf die Teufelsinsel. Die weitere Ausführung erhielt dieses Dekret durch ein Gesetz vom 30. Mai 1854 und ein Dekret vom 2. September 1863, wobei letzteres Neukaledonien als Verbannungsort einführte.

Literatur

  • Paul Frauenstaedt: Zur Geschichte der Galeerenstrafe in Deutschland. In: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft. 16. 1896, S. 518–546
  • Louis Carlen: Die Galeerenstrafe in der Schweiz. In: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft. 88. 1976, S. 558ff.
  • Hans Schlosser: Die infamierende Strafe der Galeere. In: Karl Kroeschell (Hrsg.): Festschrift für Hans Thieme zu seinem 80. Geburtstag. Thorbecke Jan Verlag, Sigmaringen 1986, ISBN 3-7995-7050-0, S. 253-263.
  • Hans Schlosser: Die Strafe der Galeere. In: Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte. 10. 1988, S. 19
  • Hans Schlosser, Galeerenstrafe. In: Handwörterbuch zur Deutschen Rechtsgeschichte, 2. Auflage, Berlin 2008

Einzelnachweise

  1. Außer einem möglichen Fall im Ptolemäischen Ägypten. Vgl. Lionel Casson: Ships and Seamanship in the Ancient World. Princeton University Press, Princeton 1971, S. 325–326.
  2. Lionel Casson: Galley Slaves. In: Transactions and Proceedings of the American Philological Association, Bd. 97 (1966), S. 35-44 (44)
  3. Horst Penner: Weltweite Bruderschaft. Weierhof 1984.

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