Genoveva von Brabant

Genoveva von Brabant
Genoveva in der Waldeinsamkeit, Gemälde von Adrian Ludwig Richter, 1841

Genoveva von Brabant (angeblich * um 730; † um 750), auch: Genovefa, ist der Überlieferung nach die Tochter eines Herzogs von Brabant und die Gemahlin eines Pfalzgrafen Siegfried. Dass es sie tatsächlich als historische Person gegeben hat, ist unwahrscheinlich. Die entsprechenden Schilderungen folgen in weiten Teilen immer wieder anzutreffenden Grundmotiven (Archetypen) und erscheinen so als über jahrhundertelange Erzähltradition entwickeltes Arrangement, wobei auch typische Namen für typische Charaktere auffallen. So stellt Siegfried den Grundtypus eines adligen Hausherren der frühen deutschen Geschichte dar, während bei Genoveva das Motiv des Zwiespaltes zwischen „männlicher“ Gerechtigkeit und „weiblicher“ Rettung erkennbar ist, das auch in der Legende der Heiligen Genoveva vorliegt. Des Weiteren gibt es Hinweise, die die Entstehung der ersten Niederschrift der Erzählung ins Kloster Maria Laach des frühen 14. Jahrhunderts verlegen. Auffallend sind dabei z. B. auch Namensparallelen zur Gründungsgeschichte des Klosters im 11. und 12. Jahrhundert und eine Handlungsparallele zur Biographie Ludwigs des Strengen (13. Jhdt.).

Inhaltsverzeichnis

Inhalt der Sage

Als Pfalzgraf Siegfried (als Gefolgsmann des Königs, ggf. Karl Martells) in den Krieg zog, wurde Genoveva durch Siegfrieds Statthalter Golo begehrt, dessen Werben von der treuen Genoveva verschmäht wurde. Daraufhin beschuldigte er Genoveva intriganterweise des Ehebruchs mit einem Koch und verurteilte sie zum Tode. Vom Henker wurde sie jedoch verschont und frei gelassen (Parallele zu Schneewittchen). Darauf lebte sie mit ihrem neugeborenen Sohn sechs Jahre lang in einer Höhle, in welcher die Gottesmutter Maria sie mittels einer Hirschkuh versorgte. Schließlich fand ihr Ehemann Siegfried, der stets an ihre Unschuld glaubte aber Golos Entscheidung als Statthalter akzeptierte, sie wieder und errichtete zum Dank für Genovevas Errettung eine Wallfahrtskirche. Golo wurde nach Aufdeckung des wahren Verlaufs der Geschichte auf Geheiß Siegfrieds gevierteilt.

Genoveva (Radierung von Hugo Bürkner, 1854, nach einer Zeichnung von Julius Hübner, 1837)

Quellen, Autoren und Überlieferungen

Wahrscheinlich wurde die mündliche Überlieferung im 14. Jahrhundert im nahe gelegenen Kloster Maria Laach niedergeschrieben. Dies kann mit einiger Wahrscheinlichkeit in Zusammenhang mit dem Ablassbrief für Fraukirch vom 2. April 1325 gesehen werden, der auch Einzug in die Legende fand. Im Jahr 1448 wurde die Legende vom damaligen „Rector Scholarum“ in Maria Laach, Johannes Seinius, stilistisch überarbeitet. Das entstandene Manuskript ist jedoch verschollen. Der aus Andernach stammende Karmelit Matthias Emyrich kannte den Stoff der Genovefa-Legende vermutlich bereits seit seiner Jugend und verfasste 1472 eine umfangreich erweiterte und ausgeschmückte Variante. Die von ihm verfasste Handschrift befindet sich, nach Felix Brüll, in der Trierischen Stadtbibliothek. Der Laacher Mönch Johannes von Andernach veröffentlichte in Jahr 1500 eine protokollarisch kurz gehaltene Version der Gründungsgeschichte von Fraukirch und der darin enthaltenen Genovefa-Legende. Zwar ist auch diese Handschrift nicht im Original erhalten geblieben, jedoch der Inhalt in weiteren Abschriften. Jedenfalls bezieht sich der letzte Abt des Klosters Maria Laach, Thomas Kupp, 1802 in seiner „Disertatio in vitam Palatino-Genoveficam pure et fideliter“ nach Heinrich Sauerborn auf eine Handschrift, die rein und frei von Zutaten ist. Die in dem lateinische Manuskript von Thomas Kupp enthaltene Genovefa-Legende wurde von Heinrich Sauerborn ins deutsche übersetzt und in seinem Buch „Geschichte der Pfalzgräfin Genovefa und der Kapelle Frauenkirchen“ 1856 veröffentlicht.

Altar der Fraukirch (17. Jahrhundert) mit Darstellung der Legende

Verbreitung/Rezeption

Weite Verbreitung und Bekanntheit fand die Sage durch eine Erzählung von Christoph von Schmid. Im 19. Jahrhundert kam es zu zahlreichen Rezeptionszeugnissen, beispielsweise das Theaterstück Genoveva von Friedrich Hebbel, das Robert Schumann als Grundlage für seine gleichnamige Oper diente. 1866 veröffentlichte Mathilde Wesendonck ihr Trauerspiel „Genovefa“ in 3 Aufzügen.[1] Ebenso schrieb Jacques Offenbach eine Operette mit gleichem Titel. Auch als Stück für die Puppentheater-Bühne war die Legende sehr populär. Gustav Schwab nahm den Stoff in seine Deutschen Volksbücher auf. Eine Nacherzählung der Sage in Romanform durch Günter Ruch wurde 2002 unter dem Titel „Genovefa“ veröffentlicht und 2006 auch als Hörbuch publiziert.

Regionale Zuordnung

Für die regionale Tradition der Pellenz wird neben den sehr eindeutigen Erklärungen im Werk von Marquard Freher (1612/13) (s.u.) von Heimatforschern angeführt, dass in dieser Landschaft eine Reihe von Örtlichkeiten zu Namen und Inhalten der Legende passen – vorrangig Fraukirch bei Thür als wichtiger Angelpunkt der Sage seit 400 Jahren, aber auch die Genovevahöhle im Hochstein bei Ettringen, die Genovevaburg in Mayen mit Goloturm und das Golokreuz bei Thür. Zahlreiche Straßen der Orte der Region tragen Namen aus der Sage. Da diese Benennungen sicher alle dem 19. oder 20. Jahrhundert entstammen, drücken sie jedoch mehr eine auch noch heute in der Bevölkerung erkennbare Verbundenheit aus, als einen Beweiswert. Besonders erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist der so genannte Goloring bei Wolken. Dabei handelt es sich um ein neolithisches Henge-Monument und dem angeblichen Platz der Vierteilung des Ritters Golo. Ein wichtiges regionales Bildzeugnis ist der Hochaltar der Fraukirch aus dem 17. Jahrhundert.

Andererseits findet sich jedoch auch eine Genovevahöhle bei Butzweiler (Lage49.8107305555566.6510861111111), also mit deutlich entfernter Lage.

In der katholischen Bevölkerung wird Genoveva von Brabant teilweise als vermeintliche Heilige verehrt, obwohl sie nie offiziell von der katholischen Kirche heilig gesprochen wurde. Ihr Gedenktag ist der Überlieferung nach 3. April.

Literatur

  • Konrad Kunze: Genovefa von Brabant. In: Verfasserlexikon, Bd. 11 (2004), Sp. 512-513
  • Konrad Vanja: Genovefa von Brabant. In: Enzyklopädie des Märchens, Bd. 5 (1987), Sp. 1003-1009
  • Wolfgang Zäck: Und so wurde sein Körper in vier Teile geteilt. Auf den Spuren der Genovefa-Legende von der Fraukirch bis zum Goloring. Mayen 2004. ISBN 3980642666.
  • Heinrich Sauerborn: Geschichte der Pfalzgräfin Genovefa und der Kapelle Frauenkirchen. Regensburg 1856. Google-Booksearch
  • Romanhafte Bearbeitung des Stoffes: Genovefa, Roman aus dem frühen Mittelalter, von Günter Ruch, Rhein-Mosel-Verlag 2002 (auch als Hörbuch)
  • Felix Brüll: Die Legende von der Pfalzgräfin Genovefa nach dem noch ungedruckten, bisher verschollenen Texte des Johannes Seinius. Prüm, 1899. Online-Ausgabe dilibri Rheinland-Pfalz
  • Felix Brüll: Die Maifelder Genovefa. Andernach, 1897. Online-Ausgabe dilibri Rheinland-Pfalz
  • Gottried Kentenich: Die Genovefalegende. Trier, 1927 Online-Ausgabe dilibri Rheinland-Pfalz
  • Heinrich Pröhle: Reinlands schönste Sagen und Geschichten, Seite 143: Genovefa (Trier und Laach). Berlin, 1886 Wikisource

Weblinks

 Commons: Genoveva von Brabant – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikisource: Genoveva von Brabant – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. „Genovefa“, Zürich, Verlag David Bürkli

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