- Geschäftsprozessmodellierung
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Bei der Geschäftsprozessmodellierung (engl: Business Process Modeling) werden Geschäftsprozesse oder Ausschnitte daraus abstrahiert – meist grafisch – dargestellt, und somit modelliert. Der Schwerpunkt liegt auf dem Darstellen des Ablaufs, aber auch Daten und Organisation sind betroffen. Geschäftsprozessmodellierung wird in der Regel als ein Teil des Geschäftsprozessmanagements verstanden.
Ziele der Geschäftsprozessmodellierung
Ziele der Geschäftsprozessmodellierung können sein:
- Dokumentation der Geschäftsprozesse des Unternehmens
- um Kenntnis über die Geschäftsprozesse zu erlangen
- um Unternehmenseinheit(en) mit den geltenden Regelungen abzubilden
- um Geschäftsprozesse an andere Standorte zu übertragen
- um dem Regelwerk aus Verfahrens- und Arbeitsanweisungen einen äußeren Rahmen zu geben
- um Auflagen von Geschäftspartnern oder Verbänden zu erfüllen (zum Beispiel Zertifizierungen)
- um gesetzlichen Vorschriften zu genügen (zum Beispiel für Ausschreibungen)
- um Mitarbeiter zu schulen oder einzuarbeiten
- um Wissensverlust (zum Beispiel durch Mitarbeiterabgang) zu vermeiden
- um das Qualitäts- und Umweltmanagement zu unterstützen
- Vorbereitung / Durchführung einer Geschäftsprozessoptimierung (die i. d. R. mit einer Ist-Analyse beginnt)
- um neue Organisationsstrukturen einzuführen
- um Unternehmensaufgaben auszulagern
- um Unternehmensabläufe umzugestalten, zu straffen oder zu verbessern (z. B. durch CMM)
- Vorbereitung der Automatisierung bzw. IT-Unterstützung der Geschäftsprozesse - mit Workflow-Management-Systemen
- Festlegung von Prozesskennzahlen und Überwachung der Prozessleistung
- Definition von Schnittstellen und SLAs
- Modularisierung der Unternehmensaufgaben
- Benchmarking zwischen Unternehmensteilen, Partnern und Konkurrenten
- Best Practice finden
- organisatorische Veränderungen begleiten
- wie Veräußerung oder Teilveräußerung
- wie Zukauf und Integration von Unternehmen oder Unternehmensteilen
- wie Einführung oder Wechsel von IT-Systemen oder Organisationsstrukturen
- Teilnahme an Wettbewerben (wie EFQM)
Vorgehensweise
Anfang der 1990er Jahre hatten Michael Hammer und James Champy den Ansatz des Business Reengineering formuliert, wonach Geschäftsprozesse sehr einfach strukturiert werden können, um eine Verbesserung messbarer Leistungsgrößen wie Kosten, Qualität, Service und Zeit zu erreichen. Der Ansatz wurde teils darin kritisiert, dass er von einer „grünen Wiese“ ausginge und daher für gewachsene Unternehmen nicht direkt umsetzbar sei.
Anforderungen und Konsequenzen der Prozesszentrierung und Aspekte von besonderer Bedeutung in der Geschäftsprozessmodellierung sind demnach:
- Analyse der Geschäftstätigkeit
- Definition der Geschäftsprozesse
- Strukturierung der Geschäftsprozesse
- Integration von Geschäftsprozessen
- Design der Prozessketten
- Zuweisung der Prozessverantwortung
- Externe Prozessverkettung
- Prozessverbesserung/Prozessmanagement
Analyse der Geschäftstätigkeit
Durch die Analyse der Geschäftstätigkeit (siehe auch Geschäftsprozessanalyse) werden die Geschäftsprozesse eines Unternehmens identifiziert und voneinander abgegrenzt.
Dabei werden die Geschäftsprozesse des Unternehmens in aller Regel in Kern- , Management- und Supportprozesse unterteilt. (Diese Klassifizierung findet ihren Ursprung in der Qualitätsmanagementnorm der Normenreihe EN ISO 9000 ff.)
- Kernprozesse erzeugen sichtbaren, unmittelbaren Kundennutzen.
- Managementprozesse legen Unternehmensziele fest, steuern das Unternehmen und überwachen die Zielerreichung.
- Supportprozesse stellen betriebliche Ressourcen bereit und verwalten diese. Sie unterstützen die Kern- und Managementprozesse, indem sie den reibungslosen Ablauf des Geschäftslebens sichern.
Da die Kernprozesse klar die Mehrheit der identifizierten Geschäftsprozesse eines Unternehmens ausmachen, hat es sich durchgesetzt die Kernprozesse noch einmal zu unterteilen. Dafür gibt es je nach Unternehmenstyp und Geschäftstätigkeit verschiedene Ansätze. Die mit Abstand häufigste Klassifizierung ist CRM, PLM und SCM.
- CRM (Customer-Relationship-Management) beschreibt die Geschäftsprozesse zur Kundengewinnung, Angebots- und Auftragserstellung sowie Betreuung und Wartung
- PLM (Product-Lifecycle-Management) beschreibt die Geschäftsprozesse von der Produktportfolioplanung über Produktplanung, Produktentwicklung und Produktpflege bis zum Produktauslauf sowie Individualentwicklungen
- SCM (Supply-Chain-Management) beschreibt die Geschäftsprozesse vom Lieferantenmanagement über Einkauf und alle Fertigungsstufen bis zur Lieferung an den Kunden, ggf. mit Installation und Inbetriebnahme
Aber auch andere Klassifizierungen sind gebräuchlich, zum Beispiel Kunden, Produkte, Vertriebswege.
- Kunden beschreibt die Geschäftsprozesse, die spezifischen Kundengruppen (zum Beispiel Privatkunde, Geschäftskunde, Anleger, Institutioneller Kunde) zuzuordnen sind
- Produkte beschreibt die Geschäftsprozesse, die produktspezifisch ablaufen (zum Beispiel Girokonto, Wertpapierdepot, Kredit, Emission)
- Vertriebswege beschreibt die Geschäftsprozesse, die für die Art der Kundengewinnung und -betreuung typisch sind (zum Beispiel Direktvertrieb, Partnervertrieb, Online)
Das Ergebnis der Identifizierung und Klassifizierung der Geschäftsprozesse eines Unternehmens ist in der Regel die Prozesslandkarte, dargestellt als Wertschöpfungskettendiagramm.
Definition der Geschäftsprozesse
Die Definition der Geschäftsprozesse beginnt häufig mit den Kernprozessen des Unternehmens, weil sie dadurch, dass sie
- eigene Marktaufgaben erfüllen,
- weitgehend autonom/eigenständig sowie unabhängig von anderen Geschäftsfeldern agieren und
- einen Beitrag zum Geschäftserfolg des Unternehmens liefern,
für das Unternehmen
- eine starke Außenwirkung entfalten,
- gut von anderen Geschäftsprozessen abgegrenzt werden können und
- das größte Potential für eine Geschäftsprozessoptimierung bieten, sowohl durch Verbesserung der Prozessleistung oder der Produktivität als auch durch Verringerung der Kosten.
Der Umfang eines Geschäftsprozesses sollte so gewählt werden, dass er eine überschaubare Zahl an Teilprozessen beinhaltet, gleichzeitig soll aber auch die Gesamtzahl der Geschäftsprozesse im Rahmen bleiben. 5 – 8 Geschäftsprozesse pro betriebliche Einheit decken meist die Leistungsspanne eines Unternehmens ab.
Jeder Geschäftsprozess sollte für sich selbstständig sein – allerdings sind die Prozesse natürlich untereinander vernetzt. Spezifizierung des Geschäftsprozesses: Welches Output soll erzeugt werden? Welche Aktivitäten sind dazu notwendig? Wie viele Objekte sollen bearbeitet werden (Aufträge, Rohstoffe, Einkäufe, Produkte,…)? Anfangs- und Endpunkt festlegen. Festlegung operationaler Ziele.
Das Ergebnis ist in der Regel eine grobe Struktur der Geschäftsprozesse als Wertschöpfungskettendiagramm.
Weitere Strukturierung der Geschäftsprozesse
Teilprozesse
Ein Geschäftsprozess kann so lange in Teilprozesse zerlegt werden, bis eine weitere Aufspaltung nicht mehr sinnvoll/möglich ist (kleinster Teilprozess = Elementarprozess).
Funktionen
Elementarprozesse beschreiben dann mit Hilfe von Funktionen (Aktivitäten, Aufgaben, Elementarfunktionen, ...) einen (zeitlich-logischen) Ablauf. Die Reihenfolge der Funktionen innerhalb der Elementarprozesse wird durch deren logische Verknüpfung miteinander festgelegt, sofern sie nicht schon durch Input-Output Beziehungen oder Meilensteine vorgegeben ist.
Integration von Geschäftsprozessen
Überprüft wird, ob Redundanzen vorliegen. Falls ja, werden eventuell einzelne Teilprozesse zusammengefasst.
Zuweisung der Prozessverantwortung
Komplette, in sich abgeschlossene Abläufe werden zusammengefasst und einem Verantwortlichen (bzw. einem Team) übergeben. Man spricht von einem „Case Worker“ (Case Team), der sowohl mit der Ausführung, als auch mit allen den Geschäftsprozess betreffenden Entscheidungen betraut wird.
Der so genannte Process Owner ist für den Erfolg verantwortlich, schafft die Rahmenbedingungen und koordiniert seine Vorgehensweise mit der der anderen Process Owner. Des Weiteren kümmert er sich um den Informationsaustausch zwischen den Geschäftsprozessen. Diese Abstimmung ist notwendig, um die gesamte Zielorientierung zu erreichen.
Im Zusammenhang mit der Prozessverantwortung spricht man dann von Geschäftsprozess-Management.
Modellierung von Geschäftsprozessen
Erfolgt die Dokumentation von Geschäftsprozessen unter Nutzung einer bestimmten Systematik und Darstellung, z. B. graphisch, so spricht man gemeinhin von Modellierung. Ergebnis ist das Geschäftsprozessmodell. Es zeigt:
Teilprozesse
Üblicherweise werden alle Ebenen der Zerlegung eines Geschäftsprozesses in Teilprozesse dokumentiert. Die bei der Modellierung einer Ebene der Zerlegung verwendeten grafischen Elemente verweisen dann gewöhnlich auf die Teilprozesse der nächsten Ebene, bis die Ebene der Elementarprozesse erreicht ist. Hierfür werden häufig Wertschöpfungskettendiagramme verwendet.
Funktionen
Die auf Ebene der Elementarprozesse verwendeten grafischen Elemente beschreiben dann den (zeitlich-logischen) Ablauf mit Hilfe von Funktionen. Es ist üblich, zur Verdeutlichung des Ablaufes weitere grafische Elemente zu verwenden, um Schnittstellen, Zustände (Ereignisse), Verzweigungen (Regeln), Meilensteine u.s.w. darzustellen. Je nach verwendetem Modellierungswerkzeug kommen hierfür sehr unterschiedliche grafische Darstellungsformen (Modelle) zur Anwendung.
Weiterhin können die Funktionen um grafische Elemente zur Beschreibung von Inputs, Outputs u.s.w. ergänzt werden mit dem Ziel, die Genauigkeit der Beschreibung zu verbessern und/oder die Anzahl der Details zu erhöhen. Das Funktionszuordnungsdiagramm veranschaulicht diese Vorgehensweise sehr gut.
Prozessverkettung
Komplexe Prozesse werden als Teilprozesse modelliert. Deren Verkettung untereinander wird ebenfalls modelliert, wobei die Bedingungen für die Verkettungsfolge definiert werden. Es entstehen Modelle, die beispielsweise von folgenden Typen sein können:
- modale Verkettungen (Modallogik, möglich / notwendig)
- finale Verkettungen (vor – nach)
- kausale Verkettungen (Aussagenlogik, wenn – dann)
- temporale Verkettungen (früher – später)
Die Bedingungen können eine Mehrheit solcher Optionen einschließen.
Materielle Details der Verkettung (was liefert der Vorgänger an den Nachfolger?) werden, sofern vorgesehen, in einer Prozess-Schnittstelle spezifiziert.
Prozess-Schnittstellen
Prozess-Schnittstellen werden definiert, um festzulegen, WAS die Geschäftsprozesse bzw. deren Teilprozesse untereinander 'weitergeben' müssen. In der Regel wird dieses WAS und seine Struktur von den Erfordernissen im nachfolgenden Prozess bestimmt.
Prozess-Schnittstellen sind Beschreibungselemente für die abschnittsweise Verkettung von Prozessen. Die Prozess-Schnittstelle kann
- eine Instanz eines Teilmodells sein, ohne dass dessen Nachbar bereits bestimmt ist.
- eine Instanz von zwei identischen Teilmodellen aus zwei übergeordneten und benachbarten Teilmodellen sein.
- zwei Instanzen von zwei verschiedenen Teilmodellen aus zwei übergeordneten und benachbarten Teilmodellen sein.
Prozess-Schnittstellen werden zwischen den Beteiligten der benachbarten Teilmodelle vereinbart. Sie werden im Prozessmodell definiert und in den Instanzen der Prozesse konkret erzeugt. Beispiel für einen Bestellprozess: Kundennummer, Artikelnummer, Anzahl der bestellten Artikel
Schnittstellen können sein:
- Originärer Input: Informationen / Materialien am Beginn des Geschäftsprozesses
- Zwischenergebnisse zwischen Teilprozessen: Output beim Vorgänger und Input beim Nachfolger sind i. d. R. identisch.
- Finaler Output: Solche Schnittstellen verkörpern das eigentliche Ergebnis / Ziel des Geschäftsprozesses; alle Prozesschritte und Zwischenergebnisse davor sind grundsätzlich nur 'Mittel zum Zweck'.
Real sind die Schnittstellen häufig Daten oder Informationen, doch sind auch beliebige andere Materialien denkbar (Produkte im End- oder Halbfertigzustand, Lieferschein). Sie werden über jeweils geeignete Transportmedien (bei Daten z.B. durch Datenspeicherung) bereitgestellt.
Einbindung externer Dokumente und Systeme
Die relevante Umwelt ist in die Prozessgestaltung mit einzubeziehen. (heute zum Beispiel mittels EDI)
Prozessverbesserung/Prozessmanagement
Prozessabläufe werden regelmäßig überprüft und gegebenenfalls neu angepasst. Man unterscheidet zwischen kontinuierlicher Prozessverbesserung und Prozessreorganisation (Process-Reengineering): Erneuerung einzelner Teilprozesse oder des gesamten Geschäftsprozesses.
Verbesserung der Prozessmodelle
Kennzahlen vor allem aus der Logistik lassen sich generell auch für das Management von Geschäftsprozessen anwenden. Beispiele hierzu sind:
- Durchlaufzeit: um festzustellen, wann man mit einem Ergebnis rechnen kann.
- Liegezeit: wie viel Verbesserungspotenzial steckt allein von der Zeit her in einem Prozess.
- Einarbeitungszeit oder Rüstzeit: muss ein Prozessbeteiligter zu oft die Aufgabe wechseln, steigt diese Zeit.
- Kommunikationskennzahlen (wer schickt zu wem, redet mit wem): es kann zweckmäßig sein, räumliche Nähe herzustellen.
- Arbeitszeit: wie lange braucht jemand, um eine Aufgabe zu erledigen.
Durch die Etablierung eines geeigneten Kennzahlensystems wird das Bereichscontrolling mit den zu steuernden Prozessen verbunden. Die Einzelschritte werden, falls sinnvoll, so abgebildet, dass im späteren Verlauf ein Regelkreis entsteht. So wird die Überwachung und eine frühzeitige Korrektur von Prozessabweichungen ermöglicht. Hierzu dienen zum Beispiel Qualitätskenngrößen, aber auch Zufriedenheitsfaktoren der Stakeholder oder einfache Terminvorgaben. Hierzu kann beispielsweise die Prozesskostenrechnung auf der monetären Seite verwendet werden oder eine Abweichungsanalyse die Verfahrenskennzahlen erfassen.
- Die benötigte Zeit für die einzelnen Teilprozesse wird ermittelt.
- Leistungsanforderungen werden festgelegt: jeder Geschäftsprozess hat mindestens zwei Schnittstellen: Erhalt von Anforderungen / Abgabe der Prozessleistung → Outputnormen werden vereinbart (sowohl mit Kunden als auch mit Lieferanten)
- Leistungsmerkmale und Kontrollpunkte werden festgelegt (Durchlaufzeit, Qualität, Kosten, …).
- Zeitliche (Durchlaufzeit minimieren, Auslastung maximieren) und räumliche (Anordnung der Arbeitsplätze entspricht der Prozessfolge → Transportwege werden minimiert) Gestaltung werden festgelegt.
- Prozessdokumentation: Eine detaillierte und exakte Beschreibung der Geschäftsprozesse soll Transparenz schaffen – nicht nur für Arbeitnehmer, sondern auch für Lieferanten, Kunden, … (alle Beteiligte). Sie dient einem klaren und vor allem einheitlichen Verständnis bezüglich Ziele, etc.
Darstellungsart und Notation
Es gibt verschiedene Standards für Notationen, verbreitet sind:
- Ereignisgesteuerte Prozesskette, vorgeschlagen 1992 von einer Arbeitsgruppe unter Leitung von August-Wilhelm Scheer
- Petri-Netz, entwickelt von Carl Adam Petri im Jahre 1962
- Kommunikationsstrukturanalyse, vorgeschlagen 1989 am Bereich Systemanalyse der TU Berlin von Prof. Hermann Krallmann
- Unified Modeling Language, vorgeschlagen 1996 von Grady Booch, Ivar Jacobson, und James Rumbaugh, laufend überarbeitet unter Aegide der OMG
- Business Process Modeling Notation, vorgeschlagen 2002 von Stephen A. White, veröffentlicht von der Business Process Management Initiative [1]
- Semantisches Objektmodell, vorgeschlagen 1990 von Ferstl und Sinz und seither als laufendes Forschungsprojekt gemeinsam von deren Lehrstühlen durchgeführt; dem sogenannten „SOM“ entspringen wesentliche Grundlagen für das Methodenkonzept der „Bamberger Wirtschaftsinformatik“
- HIPO-Diagramm in einer nicht-technischen, sondern betriebswirtschaftlich orientierten Form
Darüber hinaus können aber auch Darstellungsarten aus der Softwarearchitektur verwendet werden:
- Programmablaufplan, genormt in der DIN 66001 vom September 1966 und zuletzt überarbeitet im Dezember 1983 bzw. genormt in der ISO 5807 aus 1985
- Nassi-Shneiderman-Diagramm oder Struktogramm, vorgeschlagen 1972/73 von Isaac Nassi und Ben Shneiderman, genormt in der DIN 66261
Abbildung
Geschäftsprozesse sind grundsätzlich unabhängig von der Umsetzung zu beschreiben, werden aber häufig mit dem Ziel formuliert, Software-gestützte Abläufe zu gestalten.
Bullinger (2002) unterscheidet zwischen Werkzeugen zur Visualisierung, Modellierung, Simulation und CASE-Tools. Integrierte Lösungen, die die genannten Funktionen um die Aspekte Workflow und EAI erweitern, firmieren zunehmend unter der Bezeichnung Business-Process-Management-Systeme: Um die grafische Notation implementierungsnäher gestalten zu können, werden die entsprechenden Spezifikationen in das System importiert oder auch dort definiert, wenn keine Importmöglichkeiten bestehen. Die fertigen Prozessdefinitionen können teils direkt von einer integrierten Business Process Engine verarbeitet werden oder lassen sich in einer Form exportieren, die dann von einer Integrationsplattform bzw. der dort integrierten Process Engine ausgeführt werden kann.
Ziel der Modellierung ist es, komplexe Sachverhalte der Realität auf eine einheitliche Sicht zu reduzieren. Des Weiteren spielen rechtliche Vorgaben zur Dokumentation von Prozessen eine Rolle, etwa aus dem Qualitätsmanagement.
Die Geschäftsprozessmodellierung orientiert sich an der etablierten Vorgehensweise der Modellierung: Zunächst ist der Zweck der Modellierung zu ermitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Geschäftsprozessmodelle inzwischen häufig eine multifunktionale Verwendung erfahren (siehe oben). Weiter sind die Modelladressaten zu bestimmen, da die Eigenschaften des zu erstellenden Modells ihren Anforderungen gerecht werden müssen. Es schließt sich die Bestimmung des zu modellierenden Originals – ein Geschäftsprozess – an.
Ziel
Entsprechend der Zielsetzung der Modellierung werden die Merkmale des Geschäftsprozesses spezifiziert, die im Modell abgebildet werden sollen. Dies sind in der Regel nicht nur die den Prozess konstituierenden Funktionen, einschließlich der zwischen ihnen vorhandenen Beziehungen, sondern noch eine Anzahl weiterer Merkmale. In der Literatur finden sich neben Organisationseinheiten unter anderem noch Input, Output, Ressourcen, Informationen, Medien, Transaktionen, Ereignisse, Zustände, Bedingungen, Operationen und Methoden.
Anwendung
In der Praxis sind Kombinationen informaler, semiformaler und formaler Modelle verbreitet: informale textuelle Beschreibungen zur Erläuterung, semiformale graphische Darstellung zur Visualisierung und formalsprachliche Darstellung zur Unterstützung von Simulation und Übertragung in ausführbaren Code.
Computerbasierte Werkzeuge bieten heute eine weitgehende Unterstützung vor allem bei der semiformalen Geschäftsprozessmodellierung. Bei der Erstellung von Sollmodellen finden besonders im Umfeld des Customizing Referenzprozessmodelle Verwendung, die prototypische, generische Prozessstrukturen vorgeben und durch Modifikation an die konkrete Situation angepasst werden.
Zur Beschreibung von Geschäftsprozessen unterscheidet Gadatsch 2005 zwischen skriptbasierten und diagrammbasierten Methoden zur Geschäftsprozessmodellierung. Die diagrammbasierten Methoden werden in objektorientierte, datenflussorientierte und kontrollflussorientierte Methoden eingeteilt. Bekanntester Vertreter der kontrollflussorientierten Methoden zur Geschäftsprozessmodellierung zumindest im deutschsprachigen Raum sind die Ereignisgesteuerten Prozessketten (EPK). Zunehmend finden aber auch objektorientierte Methoden auf Basis der UML Eingang in die Geschäftsprozessmodellierung. Eine weitere Methode zur grafischen Beschreibung von Geschäftsprozessen ist die Business Process Modeling Notation (BPMN) sowie die Methode der „Integrierten Unternehmensmodellierung“ (IUM). Bei der Spezifikation kommen zunehmend XML-Sprachen zum Einsatz. Die wichtigsten sind Business Process Modeling Language (BPML) und Business Process Execution Language (BPEL) sowie die XML Process Definition Language (XPDL).
Literatur
- Hammer, M., & Champy, J. (2003) Business Reengineering, Die Radikalkur für das Unternehmen. 7. Auflage. Frankfurt/New York: Campus Verlag, ISBN 3-593-35017-3 (Zusammenfassung aus Campus Management)
Weblinks
- XML-basierte Geschäftsprozessmodellierung (PDF, 82 kB)
- Dokumentation der Geschäftsprozesse des Unternehmens
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