Gewalt im Eishockey

Gewalt im Eishockey
Zwischen den Ottawa Senators und den Tampa Bay Lightning kommt es zu Handgreiflichkeiten

Gewalttätigkeiten werden im Eishockey oft als (halb-)legitimes Mittel angesehen, da das physische Spiel (Körperkontakt, den Gegner checken) ein wichtiger Bestandteil des Sportes ist. Körpereinsatz ist zwar nur innerhalb fairer Grenzen erlaubt, diese werden aber des Öfteren überschritten. So sind z. B. Angriffe gegen den Kopf oder Nacken eines Spielers, auch Stockstiche oder zu hohe Stockführung nicht gestattet. Jedoch ist es erlaubt, den Gegner in vollem Lauf (jedoch nur mit angelegten Ellenbogen und nicht von hinten) gegen die Bande zu drücken. Tatsächlich ist es oftmals schwierig, zwischen einem noch fairen Bodycheck und einem Foul zu unterscheiden.

Aufgrund der insgesamt sehr aggressiven Spielgestaltung kann es zu Massenschlägereien kommen, wenn zum Beispiel der Torwart aus Versehen (oder aber beabsichtigt) von einem Stürmer angegriffen wird oder die Spannung während eines wichtigen Spiels so steigt, dass der kleinste unkorrekte Angriff extreme Folgen für den Angreifenden haben kann.

Inhaltsverzeichnis

Gewalt in der NHL

Viel häufiger als aus europäischen Ligen wird aus der nordamerikanischen Profiliga National Hockey League (NHL) von übertriebenen Tätlichkeiten berichtet.

In der NHL gibt es in jeder Mannschaft auch sogenannte Enforcer (zu deutsch etwa „Bezwinger“) bzw. Goons (was etwa mit „halbstarker“ übersetzt werden kann). Diese schützen einerseits den besten Stürmer der Mannschaft vor überharten Angriffen, sind praktisch seine „Leibwache“ (besonders bekannte und effektive Duos waren Dave Semenko/Wayne Gretzky und Marty McSorley/Wayne Gretzky). Andererseits sind auf dem Eis ausgetragene Faustkämpfe gerade in Nordamerika beim Publikum äußerst beliebt und die Goons bedienen im Moment, da sie die Handschuhe fallen lassen, um sich zu prügeln, eine breite Masse. Besonders bekannt in diesem Zusammenhang war Dave „The Hammer“ Schultz. Für ihre harten Fights besonders bekannte Top-Spieler sind/waren: Marty McSorley, Bob Probert, Rob Ray, Tie Domi, Georges Laraque, Stu Grimson, Milan Lucic und Donald Brashear.

2004 war ein Vorfall mit Todd Bertuzzi im Gespräch, da er Steve Moore am 8. März mit einem Faustschlag von hinten brutal niederstreckte. Bertuzzi wurde 2005 zu 80 Sozialstunden und einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Oft sind diese Faustkämpfe Bestandteil einer Art „Ehrenkodex“ unter den Spielern. Allerdings wird dieser Kodex zunehmend kritisiert und es gibt Meinungen, dass diese Kämpfe im Eishockeysport schärfer bestraft werden sollen. Vorbild für die NHL wäre das Regelwerk des europäischen Eishockeys. Hier werden Faustkämpfe mit einem sofortigen Spielausschluss und weiteren Spielsperren geahndet. In der NHL gibt es unter besten Voraussetzungen, d. h. der Faustkampf wird ohne Blutvergießen oder ähnliches beendet, lediglich eine 5minütige Bankstrafe.

Während des Spiels müssen die Schiedsrichter Zeitstrafen verhängen und/oder einen Spieler vom Spiel (Matchstrafe) ausschließen, wenn sie der Meinung sind, dass dieser sich unkorrekt oder unfair verhalten hat. Nach dem Spiel können zusätzliche Strafen, in Abstimmung zwischen Schiedsrichter und jeweiliger Liga, wie Sperren oder Geldstrafen verhängt werden. Des Weiteren gab es auch schon gerichtliche Untersuchungen, sowie zivilrechtliche Anklagen und Verurteilungen.

Billy Coutu war 1927 der erste Spieler in der NHL, der nach seinem Angriff auf einen Schiedsrichter lebenslang gesperrt wurde. Während eines Spiels um den Stanley Cup zwischen den Boston Bruins und den Ottawa Senators beschwerten sich mehrere Spieler über die Schiedsrichterentscheidungen. Billy Coutu schlug den Schiedsrichter Jerry Laflamme, vermutlich auf Anweisung seines Trainers Art Ross. NHL-Präsident Frank Calder sperrte ihn daraufhin am 29. März 1929 lebenslang.

Ein weiteres Beispiel: Am 12. Dezember 1933 attackierte Eddie Shore den Spieler Ace Bailey der Toronto Maple Leafs von hinten. Bailey konnte nach diesem Check nie wieder Eishockey spielen.

siehe auch: Brawl in Hockeytown

Vorfälle, bei denen eine juristische Anklage erhoben wurde

  • 1922 – Sprague Cleghorn verletzte während einer Schlägerei drei Spieler der Ottawa Senators, woraufhin ihn die Polizei in Ottawa festnehmen musste.
  • 1955 – Maurice Richard (Montreal Canadiens) wurde von Hal Laycoe (Boston Bruins) auf den Kopf geschlagen und schlug mit dem Stock zurück. Als der Schiedsrichter die Schlägerei unterbinden wollte, schlug Richard diesen ebenfalls.
  • 1969 – In einem Vorbereitungsspiel schlugen Ted Green (Boston Bruins) und Wayne Maki (St. Louis Blues) mit ihren Schlägern aufeinander ein, wobei Green Knochenbrüche im Gesicht erlitt. Bei einer Gerichtsverhandlung wurden beide Spieler freigesprochen. Die NHL suspendierte Maki für 30 Tage und Green für 13 Tage.
  • 1975 – Dan Maloney (Detroit Red Wings) griff Brian Glennie (Toronto Maple Leafs) von hinten an. Maloney wurde wegen Körperverletzung angeklagt und freigesprochen.
  • 1975 – Die Polizei klagte Dave Forbes (Boston Bruins) wegen Körperverletzung nach einer Schlägerei mit Henry Boucha (Minnesota North Stars) an. Als die Geschworenen nach einer neuntägigen Gerichtsverhandlung zu keinem Urteil kamen, wurde die Anklage fallen gelassen.
  • 1977 – Dave „Tiger“ Williams (Toronto Maple Leafs) schlug Dennis Owchar (Pittsburgh Penguins) mit seinem Stock. Er wurde freigesprochen.
  • 1982 – Jimmy Mann (Winnipeg Jets) verließ die Spielerbank und brach Paul Gardner mit einem Schlag an zwei Stellen den Kiefer. Mann wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von $500 und einer Bewährungsstrafe in Winnipeg verurteilt.
  • 1988 – Dino Ciccarelli schlug Luke Richardson, den Verteidiger der Toronto Maple Leafs, mit seinem Stock. Ciccarelli wurde zu einem Tag Gefängnis und einer Geldstrafe in Höhe von $1000 verurteilt.
  • 2000 – Marty McSorley (Boston Bruins) traf Donald Brashear mit seinem Stock am Kopf. McSorley wurde wegen Körperverletzung zu einer 18-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt.
  • 2004 – Todd Bertuzzi (Vancouver Canucks) griff Steve Moore, Spieler der Colorado Avalanche, von der Seite an, schlug ihn bewusstlos, so dass er auf das Eis fiel, wobei Bertuzzi noch zusätzlich auf ihn fiel. Moore erlitt drei gebrochenene Nackenwirbel, eine Gehirnerschütterung und diverse Verletzungen im Gesicht. Moore hat immer noch mit den Folgen der schweren Gehirnerschütterung zu kämpfen. Zwar kann er mittlerweile sowohl auf als auch neben dem Eis trainieren, doch immer wieder auftretende schwere Kopfschmerzen und Übelkeit machen eine Rückkehr in den professionellen Eishockeysport bisher unmöglich. Er selbst hofft aber weiterhin auf ein Comeback. Bertuzzi wurde wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt und wurde, nachdem er sich schuldig bekannt hatte, nach kanadischem Recht mit einer einjährigen Bewährungszeit „bedingt freigesprochen“. Nach unbeanstandeter Bewährungszeit gilt er als nicht vorbestraft.
Durch seine Sperre (s.u., Spielsperren) verlor er außerdem bisher rund $ 700.000 seines Gehalts, sein Verein Vancouver Canucks wurde zu einer Geldstrafe von $ 250.000 verurteilt.

Längste Sperren durch die NHL

  • Billy Coutu, Boston Bruins, lebenslang gesperrt, 1927
  • Dan Maloney, Detroit Red Wings, zwei Jahre gesperrt für Spiele in Toronto, November 1975
  • Chris Simon, New York Islanders, 30 Spiele, Dezember 2007
  • Chris Simon, New York Islanders, 25 Spiele (20 Spiele in der regulären Saison, fünf Playoff-Spiele; Mindestdauer war 25 Spiele, aber die Sperre hätte sich, abhängig vom Abschneiden der Islanders in den Playoffs, bis auf 43 Spiele verlängern können), März 2007
  • Jesse Boulerice, Philadelphia Flyers, 25 Spiele, Oktober 2007
  • Marty McSorley, Boston Bruins, gesperrt für ein Jahr, Februar 2000
  • Gordie Dwyer, Tampa Bay Lightning, 23 Spiele, September 2000
  • Dale Hunter, Washington, 21 Spiele, Mai 1993
  • Tom Lysiak, Chicago Blackhawks, 20 Spiele, Oktober 1983
  • Brad May, Phoenix Coyotes, 20 Spiele, November 2000
  • Todd Bertuzzi, Vancouver Canucks, 20 Spiele (13 Spiele in der regulären Saison, 7 Playoff-Spiele), März 2004
  • Steve Downie, Philadelphia Flyers, 20 Spiele, September 2007
  • Eddie Shore, Boston Bruins, 16 Spiele, Dezember 1933
  • Maurice Richard, Montreal Canadiens, 15 Spiele (drei Spiele in der regulären Saison, 12 Playoff-Spiele), März 1955.
  • Wilf Paiement, Colorado Rockies, 15 Spiele, Oktober 1978
  • Dave Brown, Philadelphia Flyers, 15 Spiele, November 1987
  • Tony Granato, Los Angeles Kings, 15 Spiele, Februar 1994
  • Matt Cooke, Pittsburgh Penguins, 14 Spiele, März 2011
  • Wayne Maki, St. Louis Blues, Ted Green, Boston Bruins, jeweils 13 Spiele, September 1969
  • André Roy, Tampa Bay Lightning, 13 Spiele, April 2002
  • David Shaw, New York Rangers, 12 Spiele, Oktober 1988
  • Ron Hextall, Philadelphia Flyers, 12 Spiele, Mai 1989
  • Matt Johnson, Los Angeles Kings, 12 Spiele, November 1998
  • Brantt Myhres, San Jose Sharks, 12 Spiele, Februar 1999
  • Owen Nolan, San Jose Sharks, 11 Spiele, Februar 2001
  • Tie Domi, Toronto Maple Leafs, 11 Spiele (3 Playoff-Spiele, 8 Spiele in der regulären Saison), Spiel 4 des 2001 Eastern Conference Semifinales
  • Jimmy Mann, Winnipeg Jets, 10 Spiele, Januar 1982
  • Ruslan Salej, Anaheim Mighty Ducks, 10 Spiele, Oktober 1999
  • Scott Niedermayer, New Jersey Devils, 10 Spiele, März 2000

Angriffe auf Schiedsrichter

  • Billy Coutu, Boston Bruins, lebenslang gesperrt, 1927, nach einem Angriff auf den Schiedsrichter Art Laflamme
  • Gordie Dwyer, Tampa Bay Lightning, 23 Spiele gesperrt, September 2000, nachdem er den Offiziellen beleidigt und die Strafbank verlassen hatte um eine Schlägerei in einem Freundschaftsspiel gegen die Washington Capitals anzufangen
  • Tom Lysiak, Chicago Blackhawks, 20 Spiele gesperrt, Oktober 1983, für absichtliches Beinstellen bei einem Linienrichter
  • Maurice Richard, Montreal Canadiens, 15 Spiele gesperrt, März 1955, für einen Niederschlag gegen den Linienrichter Cliff Thompson während einer Schlägerei mit Hal Laycoe (Boston Bruins)
  • André Roy, Tampa Bay Lightning, 13 Spiele gesperrt, April 2002, wegen Verlassens der Strafbank und körperlichen Angriffs auf einen Schiedsrichter um mit Spielern der New York Rangers, die ebenfalls auf der Strafbank saßen, eine Schlägerei zu beginnen

Gewalt im internationalen Eishockey

U-20 Eishockey-Weltmeisterschaft 1987

Zu einer folgenschweren Massenschlägerei kam es im Lauf der Junioren-A-Weltmeisterschaft U-20 1987 in der damaligen Tschechoslowakei. Im Spiel Kanada gegen die UdSSR, in dem es für die Kanadier um den Titelgewinn ging, wurde das Spiel sieben Minuten vor Schluss beim Stand von 4:2 abgebrochen, da es zu einer Massenschlägerei kam, an der fast alle Spieler teilnahmen. Die IIHF reagierte hart und schloss beide Mannschaften vom Turnier aus, die beteiligten Spieler und Betreuer wurden für 18 bzw. 24 Monate gesperrt.

Weblinks


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