- Giorgio Vasari
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Giorgio Vasari (* 30. Juli 1511 in Arezzo; † 27. Juni 1574 in Florenz) war ein italienischer Architekt, Hofmaler der Medici und Biograph italienischer Künstler, darunter Leonardo da Vinci, Raffael und Michelangelo. Er gilt durch seine Schriften über das Leben und Werk zeitgenössischer Meister als einer der ersten Kunsthistoriker. Vasari führte den – von ihm allerdings abwertend gebrauchten – Begriff Gotik ein; als Verehrer der Ästhetik der antiken Kunst empfand er diesen mittelalterlichen Kunststil als fremdartig, barbarisch, wirr (ital.: gotico). Ebenso geht die Stilbezeichnung Manierismus auf ihn zurück. In seinen Lebensbeschreibungen der italienischen Künstler erfand Vasari außerdem schon 1550 den Ausdruck Renaissance.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Vasaris Familie kam aus der Tradition der Töpferkunst von Arezzo (ital. vasaio – Töpfer). Nach einer Ausbildung durch Pollastra und den Glasmaler Guglielmo de Marcillat in Arezzo gelang es dem Vater, seinen Sohn Giorgio unter die Obhut der Medici zu stellen, wo er gemeinsam mit den Medici-Söhnen Ippolito und Alessandro ausgebildet wurde. Neben seinen literarischen Fähigkeiten erweiterte Vasari sein Wissen um die Malerei in den Werkstätten Andrea del Sartos und Baccio Bandinellis.
Mit dem republikanischen Umsturz von 1527 sah sich Vasari gezwungen, aus Florenz in seine Heimatstadt Arezzo zu fliehen, wo er erste Aufträge erhielt. Im Jahre 1530 weilte er erstmals in Rom. Ab 1531 arbeitet Vasari wieder im Auftrag der Medici. Nach der Ermordung des Florentiner Regenten Alessandro de' Medici durch seinen Vetter Lorenzino de Medici im Januar 1537 wurde Vasari Maler des Ordens der Olivetaner. In dieser Funktion konnte Vasari auf seinen Reisen Informationen zu den Kunstwerken Italiens sammeln, die er später in seinem Buch Le Vite de' più eccellenti pittori scultori ed architettori (Lebensbeschreibungen; erschienen 1550, zweite, stark veränderte Auflage 1568) verarbeitete. Dieses Werk, in dem über einen Zeitraum von drei Jahrhunderten insgesamt 108 Künstlerbiographien, angefangen von Giovanni Cimabue (*1240) bis Michelangelo dargestellt werden (viele hatten im Auftrag der Medici gearbeitet), gilt als die wichtigste Informationsquelle über die Künstler der italienischen Renaissance.
Vasari freskierte 1546 einen Saal der Cancelleria in Rom mit Szenen aus dem Leben Papst Paul III. Es gilt als ungesichert, dass sein Großvater in Rom Kontakt zu Michelangelos Mutter hatte und die beiden ein Verhältnis hatten. In Florenz arbeitete er nach dem großen Arno-Hochwasser im Jahre 1557 an der Wiederherstellung vieler Gebäude (Palazzo Vechio, Uffizien) und war Baumeister des Ponte di S. Trinita, der danach als schönste Brücke Europas galt. In seiner Heimatstadt Arezzo gestaltete er die Kapelle Pieve di Arezzo, in der sich heute sein Grab befindet.
Zitate
„Michelangelo stellte Herrn Tommaso in einem großen Karton nach der Natur dar, er, der weder vorher noch nachher jemals ein Bildnis fertigte, da es ihm ein Greul war, etwas nach dem Leben zu machen, wenn es nicht von höchster Schönheit war.“
– Vasari, 1568
„Die reichsten und manchmal übernatürlichsten Gaben sehen wir häufig auf natürliche Weise mit Hilfe der himmlischen Einflüsse über menschliche Geschöpfe ausgegossen; wir sehen in ungeheuerlicher Weise in einem einzigen Körper Schönheit, Liebenswürdigkeit und Tugend sich so vereinigt, dass, wohin auch jener sich wendet, jede seiner Handlungen so göttlich ist, dass alle Menschen hinter ihm zurückbleiben und es sich deutlich offenbart: Was er leistet, ist von Gott gespendet, nicht durch menschliches Können erzwungen. Das hat die Welt an Leonardo da Vinci gesehen. Denn, von seiner nie genug gepriesenen Schönheit abgesehen, erfüllt göttliche Anmut all sein Tun.“
– Die Einleitung Vasaris zu seiner Leonardo-Biographie
Biographien
Folgende italienische Künstler bedachte Vasari in drei Bänden mit Biographien. Seine Biographischen Kunstlexika (Le vite dei più eccellenti architetti, pittori et scultori italiani) gelten trotz ihrer historischen „Ungenauigkeiten“ für Interpretationen der Renaissance als unerlässlich.[1][2]
Die Liste der Künstler, geordnet nach den drei Teilen (Ausgabe von 1568):
Erster Teil
- Cimabue
- Arnolfo di Lapo
- Nicola Pisano
- Giovanni Pisano
- Andrea Tafi
- Giotto
- Pietro Lorenzetti (Pietro Laurati)
- Andrea Pisano
- Buonamico Buffalmacco
- Ambrogio Lorenzetti (Ambruogio Laurati)
- Pietro Cavallini
- Simone Martini
- Taddeo Gaddi
- Andrea Orcagna (Andrea di Cione)
- Agnolo Gaddi
- Duccio
- Gherardo Starnina
- Lorenzo Monaco
- Taddeo di Bartolo
Zweiter Teil
- Jacopo della Quercia
- Nanni di Banco
- Luca della Robbia
- Paolo Uccello
- Lorenzo Ghiberti
- Masolino da Panicale
- Masaccio
- Filippo Brunelleschi
- Donatello
- Giuliano da Maiano
- Piero della Francesca
- Fra Angelico
- Leon Battista Alberti
- Antonello da Messina
- Alesso Baldovinetti
- Filippo Lippi
- Andrea del Castagno
- Domenico Veneziano
- Gentile da Fabriano
- Vittore Pisanello
- Benozzo Gozzoli
- Vecchietta (Francesco di Giorgio e di Lorenzo)
- Antonio Rossellino
- Bernardo Rossellino
- Desiderio da Settignano
- Mino da Fiesole
- Lorenzo Costa
- Ercole Ferrarese
- Jacopo Bellini
- Giovanni Bellini
- Gentile Bellini
- Cosimo Rosselli
- Antonio Pollaiuolo
- Piero del Pollaiuolo
- Sandro Botticelli
- Andrea del Verrocchio
- Andrea Mantegna
- Filippino Lippi
- Bernardino Pinturicchio
- Francesco Francia
- Pietro Perugino
- Luca Signorelli
Dritter Teil
- Polidoro und Maturino
- Vincenzo da San Gimignano und Timoteo Viti
- Properzia de' Rossi
- Leonardo da Vinci
- Giorgione da Castelfranco
- Antonio da Correggio
- Piero di Cosimo
- Donato Bramante (Bramante da Urbino)
- Valerio Belli
- Giuliano da Sangallo
- Antonio da Sangallo
- Raphael
- Guillaume de Marcillat
- Giulio Romano
- Andrea Sansovino
- Lorenzo di Credi
- Baldassare Peruzzi
- Andrea del Sarto
- Rosso Fiorentino
- Jacopo Palma
- Lorenzo Lotto
- Sebastiano del Piombo
- Tizian
- Giulio Clovio
- Leone Leoni
- Jacopo Sansovino
- Michelangelo Buonarroti
Werke
Bücher
- Le Vite de’ più eccellenti architetti, pittori, et scultori italiani, da Cimabue infino a’ tempi nostri: descritte in lingua toscana da Giorgio Vasari, pittore arentino – Con una sua utile et necessaria introduzione a le arti loro. L. Torrentino, Florenz 1550, 2 Bde.
1568 erschien eine neue, erweiterte Ausgabe mit einem leicht veränderten Titel:
- Le Vite de’ più eccellenti pittori, scultori et architettori, scritte e di nuovo ampliate da Giorgio Vasari con i ritratti loro e con l'aggiunta delle vite de’ vivi e de’ morti dall’anno 1550 infino al 1567. Giunti, Florenz 1568, 3 Bde.
Die deutsche Gesamtausgabe in neuer Übersetzung von Victoria Lorini erscheint seit 2004 im Verlag Klaus Wagenbach, Berlin: Giorgio Vasari, Lebensbeschreibungen der berühmtesten Maler, Bildhauer und Architekten, hg. von Alessandro Nova mit Sabine Feser, Matteo Burioni und Katja Lemelsen. Bisher (Ende 2010) sind 31 Bände erschienen, 44 sind insgesamt in Planung.
Giorgio Vasari. Mein Leben. Neu übersetzt von Victoria Lorini, kommentiert und herausgegeben von Sabine Feser. Berlin, Verlag Klaus Wagenbach 2005, 192 S. mit einigen sw- u. farb. Abb., ISBN 978-3-8031-5026-4.
Bauwerke
- Verbindungsgang für die Medici zwischen dem Palazzo Vecchio und dem Palazzo Pitti über den Ponte Vecchio in Florenz,
- Uffizien in Florenz
- Palazzo delle Logge in Arezzo.
- Ponte di S. Trinita in Florenz
Malerei
- Stattliche Fresken in der Casa di Giorgio Vasari in Arezzo,
- Entwürfe für das Studierzimmer des Großherzogs Francesco I. im Palazzo Vecchio in Florenz.
- Gemälde in der Kirche Sankt Donnino und Ilario des Klosters Camaldoli.
Archiv
Im Oktober 2009 wurde bekannt, dass das in Arezzo befindliche Archiv des Künstlers für 150 Mio. Euro an eine russische Holding verkauft wurde.[3]
Literatur
- Georges Didi-Huberman: Die Kunst als Neugeburt und die Unsterblichkeit des idealen Menschen. In: Vor einem Bild. Hanser Verlag, München 2000, S. 61-92, ISBN 3-446-16589-4.
- Erwin Panofsky: Das erste Blatt aus dem Libro Giorgio Vasaris. Eine Studie über die Beurteilung der Gotik in der italienischen Renaissance. (1930) In: Sinn und Deutung in der bildenden Kunst. DuMont Schauberg, Köln 1975.
- Einar Rud: Giorgio Vasari. Vater der europäischen Kunstgeschichte. Kohlhammer, Stuttgart 1964.
- Julius von Schlosser: Die Kunstliteratur. Ein Handbuch zur Quellenkunde der neueren Kunstgeschichte. (Nachdruck der Ausgabe von 1924), Schroll, Wien/München 1985.
- Alessandro Nova, Katja Burzer, Charles Davis und Sabine Feser (Hrsg.): Le Vite del Vasari. Genesi, topoi, ricezione – Die Vite Vasaris. Entstehung, Topoi, Rezeption. Atti del convegno, 13–17 febbraio 2008, Firenze, Kunsthistorisches Institut, Max-Planck-Institut, Marsilio, Venedig 2010, ISBN 978-8-831-70829-6.
- Gerd Blum: Giorgio Vasari. Der Erfinder der Renaissance. C. H. Beck, München 2011, ISBN 978-3-406-61455-2.
Nachweise
- ↑ Georges Didi-Huberman: Die Kunst als Neugeburt und die Unsterblichkeit des idealen Menschen. In: Vor einem Bild. Hanser Verlag, München 2000, S. 63.
- ↑ Julius von Schlosser: Die Kunstliteratur. Ein Handbuch zur Quellenkunde der neueren Kunstgeschichte. (Nachdruck der Ausgabe von 1924), Schroll, Wien/München 1985, S.293.
- ↑ http://www.thehistoryblog.com/archives/3715
Weblinks
Commons: Giorgio Vasari – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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