Gore Vidal

Gore Vidal
Gore Vidal (2009)

Gore Vidal (* 3. Oktober 1925 als Eugene Luther Vidal jr. in West Point, New York) ist ein US-amerikanischer Schriftsteller, der gelegentlich als Schauspieler und Politiker aktiv ist. Er schrieb auch unter den Pseudonymen Edgar Box, Cameron Kay und Katherine Everard.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Gore Vidal stammt aus einer Politikerfamilie mit Verbindungen zum Kennedy-Clan. Sein Großvater Thomas Pryor Gore war US-Senator für Oklahoma. Er galt auch lange als weitläufiger Verwandter des ehemaligen US-Vizepräsidenten und Präsidentschaftskandidaten der Demokratischen Partei, Al Gore. Vidal selbst bezeichnet sich gerne als das „schwarze Schaf“ in der Gore-Dynastie, womit nicht nur seine radikale Kritik an den politischen Verhältnissen in den USA gemeint ist, sondern auch seine unverblümt gelebte und in Büchern geschilderte Homosexualität.

Gore Vidal. Fotografiert von Carl van Vechten, 1948

Nach seiner Schulzeit in Washington D.C. und New Mexico studierte Gore Vidal von 1940 bis 1943 an der Phillips Exeter Academy. Er war Unterstützer des America First Committee, einer isolationistischen Bewegung, die 1940/41 die Teilnahme der USA am Zweiten Weltkrieg zu verhindern suchte. Anschließend trat er in die US-Army ein, wo er vor allem Verwaltungstätigkeiten ausübte. Ab 1945 diente er als Erster Maat auf einem Transportschiff. Auf diesen Erfahrungen beruht sein Debütroman Williwaw (1946), der so erfolgreich war, dass Gore 1947/48 nach Guatemala und Europa reisen konnte. 1950 wechselte Gore nach New York City, verfasste Drehbücher, darunter für den Film Ben Hur, und schrieb Broadway-Stücke. Visit to a Small Planet wurde fast 400 Mal aufgeführt.

1960 bewarb sich Gore Vidal mit dem Slogan „You'll get more with Gore“ („Gore bietet Ihnen mehr“) als Kandidat der Demokraten erfolglos um einen Sitz im Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten; er unterlag dem Republikaner J. Ernest Wharton. 1970 war er Mitbegründer und einer der Vorsitzenden der linksliberalen People's Party. 1982 trat er – abermals für die Demokraten – in Kalifornien zu Vorwahlen für den US-Senat an und kam auf Platz zwei hinter Jerry Brown. Sein politisches Engagement bewies Vidal als profilierter Kritiker des politischen Systems der USA, die für ihn längst ein Polizeistaat sind, in dem Republikaner und Demokraten als Einheitspartei für die Interessen von Großkonzernen eintreten und die Medien Instrumente der Propaganda sind. So trat Vidal 2003/04 bei Kundgebungen gegen den Irakkrieg auf.

Gore Vidal 2008

Gore Vidal gehörte zu den fünf Personen, welche der Attentäter von Oklahoma, Timothy McVeigh zu Augenzeugen seiner Hinrichtung am 16. Mai 2001 bestimmte, nachdem McVeigh und Vidal mehrere Jahre brieflich verkehrt hatten. McVeigh verstand das Oklahoma-Massaker von 1995 als Rache für Waco, wo bei einer Aktion der US-Bundespolizei FBI 1993 rund 80 Sekten-Mitglieder ums Leben gekommen waren. Gore Vidal kritisiert ebenfalls die Waco-Vorgänge und hat für das Magazin Vanity Fair über die Hinrichtung McVeighs geschrieben.

1996 gehörte Gore zu den Unterzeichnern eines offenen Briefs an den damaligen deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl, dem zufolge Mitglieder der Sekte Scientology diskriminiert werden wie die Juden im Dritten Reich.[1] Allerdings gehört Gore zu den bekannten Kritikern von Scientology und hat die Organisation als betrügerisch bezeichnet. [2]

Vidal gilt als einer der intelligentesten amerikanischen Schriftsteller. Berüchtigt sind seine humorvollen Gedanken und seine sarkastische Scharfzüngigkeit.

Schon frühzeitig erwarb er ein Haus in den Hügeln direkt oberhalb von Hollywood. Seit den 1970er Jahren lebte er mit seinem Lebensgefährten hauptsächlich in Rom und Ravello (Italien). Nach dessen Tod zog er 2004 zurück in die USA. Gore Vidal lebt heute in Los Angeles.

Werke

Seit den 1960er-Jahren zählt Gore Vidal zu den vielseitigsten Autoren der USA, deren Geschichte er umfassend in gut 20 historischen und satirischen Romanen, 12 Bänden mit Essays, Drehbüchern und Reden aufzuarbeiten trachtet. Seine Polemik gegen die McCarthy-Ära und die moralisierende Scheinheiligkeit vieler Zeitgenossen führten zu Skandalen, wie um den Homosexuellen-Roman The City and the Pillar (1948, dt. Geschlossener Kreis). Erst 1964 schrieb sich Gore Vidal mit Julian, einer Romanbiografie des letzten heidnischen römischen Kaisers Julian, in die Bestsellerlisten. In Myra Breckinridge greift er 1968 die Problematik der Geschlechtsumwandlung auf. Manche sehen Gore Vidal seiner Zeit weit voraus. So thematisiert Kalki die Gentechnologie und den Terroreinsatz von Biowaffen, der Essay Ewiger Krieg für ewigen Frieden warnt vor permanentem Krieg durch die USA.

Viele Romane behandeln historische Persönlichkeiten der USA und der Weltgeschichte: Aaron Burr in Burr (1973), Präsident Ulysses S. Grant in 1876 (1976), Abraham Lincoln in Lincoln (1984), Theodore Roosevelt in Empire (1987), Jesus in Live from Golgotha (1992).

Bibliografie (Auswahl)

USA Chronik
  1. Burr (dt. Burr, spielt 1836, veröffentlicht 1973)
  2. Lincoln (dt. Lincoln, spielt 1861-1865, veröffentlicht 1984)
  3. 1876 (dt. 1876, spielt 1875-1877, veröffentlicht 1976)
  4. Empire (dt. Empire, spielt 1898-1907, veröffentlicht 1987)
  5. Hollywood (dt. Hollywood, spielt 1917-1923, veröffentlicht 1990)
  6. Washington D.C. (dt. Washington D.C., spielt 1937-1952, veröffentlicht 1967)
  7. The Golden Age (dt. Das goldene Zeitalter, spielt 1939-1954, veröffentlicht 2000)
Belletristik
  • Williwaw (1946)
  • In a Yellow Wood (1947)
  • The City and the Pillar (1948, dt. Geschlossener Kreis 1986)
  • The Season of Comfort (1949)
  • Death before Bedtime (1953, dt. Tod vorm Schlafengehen)
  • Messiah (1954)
  • Julian (1964)
  • Myra Breckinridge (1968)
  • Myron (1974, dt. Die Sirene von Babylon: Myron Breckinridge)
  • Kalki (1978)
  • Creation (1980, dt. Ich Cyrus, Enkel des Zarathustra)
  • Duluth (1983)
  • The Smithsonian Institution (1998)
Theaterstücke u.a.
  • Visit to a Small Planet (1957)
  • Romulus (1962)
  • An Evening with Richard Nixon and ... (1972)
  • Gore Vidal’s Lincoln (1988)
Filmskripte
Sachbücher
  • American Plastics: Über Literatur und Politik (dt. 1986)
  • At Home. Essais (1988)
  • Hollywood (1990); Screening History (1992)
  • Ewiger Krieg für ewigen Frieden. Wie Amerika den Hass erntet, den es gesät hat (2002)
  • Bocksgesang. Antworten auf Fragen vor und nach dem 11. September (2003)
  • Dreaming War. Blood for Oil and the Cheney-Bush Junta (2003)

1995 publizierte er seine Autobiografie Palimpsest, der er 2006 einen zweiten Teil folgen ließ, Point to Point Navigation.

Zitate von Gore Vidal

„Seit es die USA gibt, ging es darum, andere Staaten zu dominieren. Wir haben sie wirtschaftlich abhängig gemacht. Wir geben militärisch den Ton an. Und wir setzen, dank CIA und FBI, auf ihrem Gebiet unsere Politik durch.“

Gore Vidal

„Amerika hat ein Einparteiensystem mit zwei rechten Flügeln.“

Gore Vidal

„Seit Pearl Harbor hat uns kein anderer Staat überfallen. Wir haben gegen andere Länder immer als Erste losgeschlagen. Und wir hatten immer eine Entschuldigung dafür parat. Diese Länder beherbergen Terroristen oder schickten sich an, die Freie Welt zu verlassen und kommunistisch zu werden. Mit solchen Begründungen hat Clinton eine Aspirinfabrik im Sudan bombardiert.“

Gore Vidal in einem Interview nach dem 11. September 2001

Verschwörungszeugs‘ ist heute offenbar die Kurzformel für die unaussprechliche Wahrheit.“

Gore Vidal

„Es gibt keine homo- oder heterosexuellen Personen, es gibt nur homo- und heterosexuelle Handlungen.“

Gore Vidal

Stil heißt zu wissen, wer man ist, was man will und sich nicht darum zu kümmern.“

Gore Vidal

„Ich bin kein Kreationist. Denn der Abstand von George Washington zu George W. Bush macht aus Darwin einen Affen.“

Gore Vidal

„It is not enough to succeed. Others must fail.“

Gore Vidal

(„Es ist nicht genug erfolgreich zu sein. Andere müssen scheitern“)

„Apparently, a democracy is a place where numerous elections are held at great cost without issues and with interchangeable candidates.“

Gore Vidal, „Gods and Greens“ (1989), in A View from the Diner's Club (1991)

(„Anscheinend ist eine Demokratie ein Ort, an dem mühelos zahlreiche kostspielige Wahlen mit austauschbaren Kandidaten abgehalten werden können.“)

Auszeichnungen und Kritik

Edgar-Allan-Poe-Preis (1955); American Book Critics Circle Award für The Second American Revolution (1982); National Book Award für United States: Essays 1952–1992 (1993)

Günter Ohnemus in Die Zeit: Dieser Liberale schreibt die besten Sätze seiner Generation. (6. Dezember 1996)

Filmarbeit

Gore Vidal war mehrfach in Nebenrollen zu sehen, unter anderem in den Spielfilmen Fellinis Roma von Federico Fellini, The Player von Robert Altman, Bob Roberts von Tim Robbins und Gattaca von Andrew Niccol. Auch in der 2. Folge der 5. Staffel von Family Guy hat er einen Kurzauftritt.

Weblinks

 Commons: Gore Vidal – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikiquote: Gore Vidal – Zitate (Englisch)

Einzelnachweise

  1. Scientology.de
  2. [1]

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