Gueffroy

Gueffroy

Chris Gueffroy (* 21. Juni 1968 in Pasewalk; † 5./6. Februar 1989 in Berlin) war das vorletzte Todesopfer an der Berliner Mauer. Er war das letzte Opfer, das durch Waffeneinsatz ums Leben kam.

Gedenkkreuz für Chris Gueffroy in der Nähe des Reichstagsgebäudes. Im Hintergrund die schon teilweise zerstörte Mauer. Winter 1989/90.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Chris Gueffroy ging von 1975 bis 1985 in Berlin zur Schule. Während seiner Schulzeit besuchte er auch die Sportschule des SC Dynamo Berlin, wo er Turnen als Leistungssport betrieb. Von der 6. bis zur 10. Klasse besuchte er die 20. Polytechnische Oberschule "Otto Buchwitz" in Berlin-Johannisthal. Im Hotel am Flughafen Berlin-Schönefeld wurde er von 1985 bis 1987 zum Kellner ausgebildet. Hier kam es zu Konfrontationen mit Vorgesetzten wegen der politischen Situation in der DDR. Sein Wunsch, die DDR zu verlassen, wurde durch mehrere Ausreisen in seinem Freundeskreis bestärkt. Hinzu kam die Einberufung zum Grundwehrdienst, die zunächst im Herbst 1988 erfolgen sollte, dann aber auf Mai 1989 verschoben wurde.

Chris Gueffroy hatte von einem befreundeten Grenzsoldaten gehört, der Schießbefehl an der Mauer sei aufgehoben. Er sah dies als Möglichkeit zur Flucht, um dem Dienst bei der Nationalen Volksarmee zu entgehen.

Er versuchte in der Nacht vom 5. auf den 6. Februar 1989, zusammen mit seinem Freund Christian Gaudian durch den Britzer Verbindungskanal von Treptow (Ost-Berlin) nach Neukölln (West-Berlin) zu flüchten. Vor dem Überwinden des letzten Metallgitterzauns wurden die beiden von den Grenztruppen der DDR entdeckt und unter Beschuss genommen. Gueffroy wurde von zehn Kugeln getroffen. Eine Kugel traf ihn in die Brust. Er verstarb noch im Grenzstreifen. Gaudian wurde schwer verletzt festgenommen.

Die Mutter von Chris Gueffroy wurde einen Tag nach dem Tod ihres Sohnes „zur Klärung eines Sachverhalts“ ins Ost-Berliner Polizeipräsidium Keibelstraße gefahren. Erst nach der Vernehmung teilte man ihr mit: „Ihr Sohn hat ein Attentat auf eine militärische Einheit begangen. Ihr Sohn ist vor wenigen Stunden gestorben.“[1]

Gedenktafel an der Britzer Allee

Juristisches Nachspiel

Zu DDR-Zeit

Die vier beteiligten Grenzsoldaten wurden vom Chef des Grenzkommandos Mitte, Erich Wöllner, mit dem Leistungsabzeichen der Grenztruppen und je 150 Mark Prämie ausgezeichnet.

Gueffroys Freund, Christian Gaudian, wurde drei Monate nach den Schüssen, am 24. Mai 1989, vom Stadtbezirksgericht Pankow wegen „versuchten ungesetzlichen Grenzübertritts im schweren Fall“ zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Im September 1989 wurde Gaudian von der Bundesrepublik freigekauft und am 17. Oktober 1989 nach West-Berlin abgeschoben.

Stele am Britzer Verbindungskanal

Nach dem Fall der Mauer

Nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten wurde gegen die vier unmittelbar beteiligten Grenzsoldaten vor dem Landgericht Berlin Anklage erhoben. Zwei von ihnen wurden im Januar 1992 freigesprochen, einer erhielt eine Bewährungsstrafe. Ingo Heinrich, der den tödlichen Schuss ins Herz abgegeben hatte, wurde zunächst zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Nach einer erfolgreichen Revision beim Bundesgerichtshof wurde das Urteil 1994 auf zwei Jahre mit Bewährung reduziert. Sven Hüber, einer der für den betroffenen Grenzabschnitt des Berliner Regiments 33 (Treptow) zuständigen Politoffiziere, ist mittlerweile in führender Position bei der Bundespolizei tätig.

Nach der Wende wurde das Grab Gueffroys wiederholt geschändet. Am 21. Juni 2003, dem 35. Geburtstag von Gueffroy, wurde am Ufer des Britzer Verbindungskanal eine Gedenkstele für Chris Gueffroy errichtet. Das Mahnmal stammt vom Berliner Künstler Karl Biedermann. An Gueffroy wird mit der Stele stellvertretend für die anderen Opfer des DDR-Unrechts erinnert.

Literatur

  • Roman Grafe: Deutsche Gerechtigkeit. Prozesse gegen DDR-Grenzschützen und ihre Befehlshaber. München: Siedler, 2004. ISBN 3-88680-819-X
  • Christoph Links: Gueffroy, Chris. In: Wer war wer in der DDR? Ein biographisches Lexikon. Christoph Links, Berlin 2000, ISBN 3-86153-201-8, S. 290

Weblinks

Referenzen

  1. Grafe: Deutsche Gerechtigkeit, S. 13.

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