Götz Freiherr von Pölnitz

Götz Freiherr von Pölnitz

Hieronymus Christoph Jan Eugen Franz Gottfried Maria Freiherr von Pölnitz, genannt Götz Freiherr von Pölnitz (* 11. Dezember 1906 in München; † 9. November 1967 in Erlangen) war ein deutscher Historiker und Archivar.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Götz Freiherr von Pölnitz wurde als Sohn von Dr. Max Freiherr von Pölnitz und Gisela Gräfin von Gatterburg geboren.

Pönitz studierte in München, wo er bereits 1928 zum Dr. phil. in München promoviert wurde; 1935 folgte dort seine Habilitation. An der Universität Erlangen erhielt er 1935 eine Dozentur. Im gleichen Jahr heiratete er Gudila, Tochter des Historikers Paul Fridolin Kehr. 1936 wurde von Pölnitz Direktor des Fuggerarchivs in Augsburg und Dozent an der Wirtschaftshochschule in Nürnberg, von 1942 bis 1947 dozierte er in Erlangen Mittlere und Neuere Geschichte.

Pölnitz, ist als Student aktives Mitglied der katholischen Studentenverbindung Rheno-Bavaria München im KV geworden, wurde bereits mit 24 Jahren im Juni 1931 verantwortlicher Schriftleiter der Akademischen Monatsblätter, der Verbandszeitschrift des KV. Er leitete diese Zeitschrift bis August 1935 und versuchte - aus heutiger Sicht - dabei, den KV an den NS-Studentenbund heranzuführen.

Noch ein halbes Jahr vor der "Machtergreifung" der Nationalsozialisten erschien im Juli 1932 in den "Akademischen Monatsblättern" des KV, 44. Jahrgang, Nr. 9, der Text seines Vortrages, den er im Mai 1932 in Würzburg vor dem Philistertag gehalten hatte unter dem Titel: "Der radikale deutsche Nationalsozialismus im Lichte katholischer Weltanschauung". Zitat hieraus: "Solcher Antisemitismus ist nicht nur unvereinbar mit dem christlichen Liebesgebot, er setzt sich auch in bewussten Gegensatz zu den Grundwahrheiten unseres Offenbarungsglaubens, worin das mosaische Zehngebot ein Fundament darstellt, mit dem die christliche Sittenlehre steht und fällt..."

Pölnitz war vor 1933 Mitglied des "Stahlhelm" geworden. Der "Stahlhelm" wurde im "Juni 1933 in die SA übergeführt, 1935 aber aufgelöst, da wachsende Opposition gegen die nat.soz. Staatsführung innerh. des S. deutlich wurde ..." Brockhaus 1956. Durch die allgemeine Überführung war Pölnitz Mitglied der SA, in der er Rottenführer war.[1]

Von Pölnitz wurde in der Zeit des Nationalsozialismus dann auch Mitglied der NSDAP.[1] Als Privatdozent und Historiker hielt er nach eigenen Angaben aus dem Jahr 1939 Schulungsvorträge „bei den Lehrgängen der obersten SA-Führung, bei der NS-Frauenschaft, bei der NS-Volksbildungsstätte, bei verschiedenen SA-Stürmen und im Hilfsbund der Österreicher“.[2] Daneben war er Gutachter für die Hitlerjugend und den NS-Studentenbund.[1]

Eine wissenschaftliche Karriere machte der Historiker v. Pölnitz in der Nazizeit gleichwohl nicht. 1935 stand er zwar an erster Stelle der Berufungsliste für den Lehrstuhl für Mittlere Geschichte in München, bekam diese Professur aber nicht, wahrscheinlich wegen seiner Tätigkeit im KV. Als Walther Wüst, der Rektor der Münchener Universität, v. Pölnitz an die Reichsuniversität Straßburg vermitteln wollte, antwortete der dortige Dekan, dass v. Pölnitz "durch seine führende Tätigkeit im KV doch sehr belastet sei".[3]

Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte v. Pölnitz wegen seiner Verstrickung in den Nationalsozialismus nicht an die Universitäten zurückkehren, sondern war ab 1947 als Administrator der Fürstlich-Gräflichen Fuggerschen Stiftung in Augsburg tätig.[1] 1952 wurde er außerplanmäßiger Professor in München und 1954 ordentlicher Professor an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Dillingen. 1961 wurde er als Professor nach Erlangen berufen und war dort 1963/64 Universitätsrektor. Während seiner Tätigkeit als Gründungsrektor der Universität Regensburg (1965) wurden ihm wegen mancher Schriften, die er während des „Dritten Reiches“ veröffentlicht hatte, Vorhaltungen gemacht[4], die zu seinem Rücktritt führten. Hierzu hat Joseph-Ernst Fürst Fugger von Glött, der wegen seiner Zugehörigkeit zum oppositionellen Kreisauer Kreis vom Volksgerichtshof unter Freisler verurteilt worden war, in einem Brief an die Redaktion "Die Welt" vom 27. November 1965 folgendes ausgeführt: "Ich kenne Professor Dr. Götz Freiherr von Pölnitz seit Jahrzehnten und kam in der Zeit des 3. Reiches oft mit ihm zusammen. Seit 1936 leitet er das Fuggerarchiv. Ich kannte ihn als einen entschiedenen Gegner des Nationalsozialismus, der grossen Schwierigkeiten wie Gestapoverhören, Hausdurchsuchungen und dergleichen mehr ausgesetzt war. Deshalb konnte er, der sich 1934 habilitiert hatte, auch erst nach dem Ende des 3. Reiches Professor werden. Dass er sich tarnen musste, weiss jeder, der unter dem Terror des 3. Reiches gelebt hat. Sie können mir, als engagierten Antinazi, glauben, dass ich niemals Professor Dr. Götz Freiherr von Pölnitz angestellt hätte, wenn er ein Nazi gewesen wäre."

Pölnitz wirkte u.a. an der von der Görres-Gesellschaft betreuten Herausgabe der Schriften von Joseph Görres mit.

Im Jahr 1955 erwarb Pölnitz das Böttingerhaus in Bamberg und wurde so zum Retter dieses einzigartigen barocken Bürgerhauseses des hochstiftischen Beamten Johann Ignaz Tobias Böttinger.

Götz von Pölnitz verstarb in Erlangen und wurde auf dem von ihm um 1930 eingerichteten Familienfriedhof Hundshaupten beigesetzt.

Literatur

Weblinks

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c d Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 466.
  2. Zitat bei Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Fischer Taschenbuch 2005, S. 466.
  3. Zitat bei M. Schreiber: Walther Wüst - Dekan und Rektor der Universität München 1935 - 1945, phil. Dissertation München 2008
  4. Das Regensburger Unbehagen nach DIE ZEIT 49, 1965

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