Hans Kehrl

Hans Kehrl
Hans Kehrl (1942)

Hans Kehrl (* 8. September 1900 in Brandenburg an der Havel; † 26. April 1984 in Grafenau (Württemberg)) war ein deutscher Unternehmer, NSDAP-Gauwirtschaftsberater sowie SS-Wirtschaftsführer in der Zeit des Nationalsozialismus.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der Sohn eines Fabrikanten volontierte nach Abschluss des Gymnasiums in Cottbus, wo der Vater Teilhaber der Tuchfabrik Rudolph Kehrl war, in dieser Fabrik. Nach einem Kurzstudium am „Staatlichen Technikum für Textilindustrie“ Reutlingen[1] und in Aachen ging er 1922 in die USA, wo er bis 1924 blieb. 1926 wurde er selbst Teilhaber der Tuchfabrik Rudolph Kehrl. Er schloss sich der nationalliberalen Deutschen Volkspartei(DVP) von Gustav Stresemann an.[2] Am 1. Mai 1933 wurde Kehrl Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnummer 1.878.921), ab dem 13. September 1936 SS-Mitglied (Mitgliedsnummer 276.899). Am 9. November 1939 wurde er SS-Oberführer und ab 30. Januar 1944 SS-Brigadeführer beim Stab des SS-Hauptamtes.

Seit 1933 war Kehrl als Gauwirtschaftsberater der NSDAP im „Gau Kurmark“ tätig; gleichzeitig, von Mai 1933 bis 1935 leitete er als Präsident die IHK Niederlausitz in Cottbus. 1934 fungierte er als Mitarbeiter Wilhelm Kepplers als Wirtschaftsbeauftragter des Führers und Reichskanzlers.

Nach 1934 saß Kehrl im Aufsichtsrat von 19 Aktiengesellschaften, vor allem Schwer-und Textilindustrie, unter anderem die Reichswerke AG für Erzbergbau und Eisenhütten „Hermann Göring“, die Brüxer Kohlenbergbaugesellschaft, die Kurmärkische Zellwolle u. Zellulose AG in Berlin, die Nordböhmische Kohlenwerks-Gesellschaft in Brüx, die Rheinische Kunstseide AG in Krefeld, die Rheinische Zellwolle AG in Siegburg, das Spinnstoffwerk Glauchau AG, die Sudetenländische Bergbau AG in Brüx und die Sudetenländische Treibswerke AG in Brüx; außerdem war er Vorsitzender der Außenhandelsstelle für Ostbrandenburg.

1936 wurde er Hauptreferent im Amt für deutsche Roh- und Werkstoffe im Vierjahresplan, 1938 bis 1942 Generalreferent für Sonderaufgaben im Reichswirtschaftsministerium, der zur wichtigsten Entscheidungsinstanz für die Bankenpolitik im Sudetenland wurde. 1938 war er Stellvertreter des „Reichsbeauftragten für Österreich“, 1939 „Bevollmächtigter des Reichswirtschaftsministeriums für das Protektorat Böhmen und Mähren“. Am 14. November 1939 führte er die Reichskleiderkarten ein; von deren Bezug wurden Juden ab 6. Februar 1940 ausgeschlossen.

Ab der Gründung im Herbst 1941 war Kehrl Vorsitzender des Verwaltungsrates der Ostfaser GmbH, der „wichtigsten Monopolgesellschaft für die Textilindustrie im Osten“. Die Ostfaser GmbH mit Sitz in Berlin und ihre Rigaer Tochtergesellschaft Ostlandfaser GmbH hatten den Auftrag, in den besetzten Ostgebieten alle von den deutschen Besatzern beschlagnahmten Betriebe der Textil-, Papier- und Zellstoffindustrie wieder in Gang zu setzen und zu betreiben. Die Produktion ging überwiegend an die Wehrmacht; die Ostfaser AG und ihre Tochtergesellschaften umfasste zeitweise rund 300 Betriebe und 30.000 Beschäftigte.[3]

Ab 16. September 1943 leitete Kehrl das Planungsamt, ab 1. November 1943 das Rohstoffamt im Reichswirtschaftsministerium, später wurde er Präsident des Rüstungsamtes beim Generalbevollmächtigten für Rüstungsaufgaben, Albert Speer.

Kehrl war „verantwortlich für verbrecherische Vermögenstransaktionen im Rahmen der nationalsozialistischen Umsiedlungspolitik“.[4]

Er erhielt verschiedene militärische Auszeichnungen, beispielsweise das Kriegsverdienstkreuz II. und I. Klasse sowie am 2. November 1944 das Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes mit Schwertern.

Nach Kriegsende

Nach Kriegsende war Kehrl zunächst im Internierungslager Heilbronn interniert[5]. Am 14. April 1949 wurde er im Wilhelmstraßen-Prozess (Fall IV), der im Rahmen der Nürnberger Prozesse stattfand, zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Später wurde er begnadigt und am 3. Februar 1951 aus dem Kriegsverbrechergefängnis Landsberg entlassen. Später war er Wirtschaftsberater in Leverkusen. 1973 erschienen seine Memoiren.[6]

Nach Kriegsende wurden Kehrls Schriften Die Polizei (Spaeth & Linde, Berlin 1938), Die Aufgaben der Wirtschaft nach dem Kriege (Wirtschaftskammer, Wien 1941), Neuordnung der Eisenbewirtschaftung (Wirtschaftsgruppe Maschinenbau, Berlin 1942) und Vortrag über Aufgaben und Ziele der Reichsvereinigungen (Reichsvereinigg chem. Fasern, Berlin 1942) in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[7][8][9]

Werke

  • Krisenmanager im Dritten Reich. 6 Jahre Frieden – 6 Jahre Krieg. Mit kritischen Anmerkungen und einem Nachwort von Erwin Viefhaus. Düsseldorf 1973.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Fachhochschule Reutlingen im Innvovationsreport
  2. Brandenburgisches Biographisches Lexikon, Hrsg, von Friedrich Beck und Eckhart Henning, Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam 2002; Seite 216
  3. Klaus-Dietmar Henke: Die Dresdner Bank im dritten Reich: Die Expansion der Dresdner Bank in Europa. Oldenbourg, München 2006, ISBN 3486577824, S. 635–636.
  4. Hermann Weiß (Hrsg.): Biographisches Lexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main, 1998, S. 259.
  5. Kehrl, S. 243
  6. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 302.
  7. Deutsche Verwaltung für Volksbildung in der sowjetischen Besatzungszone, Liste der auszusondernden Literatur 1946
  8. Deutsche Verwaltung für Volksbildung in der sowjetischen Besatzungszone, Liste der auszusondernden Literatur 1947
  9. Deutsche Verwaltung für Volksbildung in der sowjetischen Besatzungszone, Liste der auszusondernden Literatur 1948

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