Heinrich Deist

Heinrich Deist

Heinrich Deist (* 10. Dezember 1902 in Bant, Kreis Wilhelmshaven; † 7. März 1964 in Meran, Südtirol) war ein deutscher Politiker (SPD).

Inhaltsverzeichnis

Familie

Heinrich Deist war ältester Sohn seines gleichnamigen Vaters Heinrich Deist sen., der unter anderem von 1919 bis 1932 sozialdemokratischer Ministerpräsident des Landes Anhalt war. Ab 1931 war Deist mit seiner Frau Hanna verheiratet.

Studium und Beruf

Nach dem Abitur auf dem Realgymnasium in Dessau studierte Deist in Leipzig, Hamburg und Halle (Saale) Rechtswissenschaften und Volkswirtschaftslehre. Nach Referendarexamen 1924, Referendarzeit und Assessorexamen 1928 trat er in den preußischen Verwaltungsdienst ein und wurde 1931 persönlicher Referent des preußischen Innenministers Carl Severing. Nach dem „Preußenschlag“ 1932 wurde er nach Düsseldorf versetzt und schließlich nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wegen politischer Unzuverlässigkeit aus dem öffentlichen Dienst entlassen. 1933 machte er sich in Düsseldorf mit einer Papierwarenhandlung selbständig und wurde nach einem Studium der Betriebswirtschaftslehre in Köln 1941 als Wirtschaftsprüfer und 1942 als Steuerberater zugelassen.

1945 wurde Deist, der 1944 an der Universität zu Köln zum Dr. rer. pol. promoviert worden war, zunächst Mitarbeiter des DGB-Vorsitzenden Hans Böckler. 1945 wurde er zum Bezirkspräsident des Bezirks Dessau der Provinz Sachsen ernannt.[1] 1951 wurde er für die Gewerkschaftsseite Aufsichtsratsvorsitzender des Bochumer Vereins für Gußstahlfabrikation (BVG) und 1952 auch der WURAG Eisen und Stahlwerke AG, die vom BVG übernommen wurden.

Nach Deist ist die Heinrich-Deist-Straße in Bergkamen benannt.

Partei

Deist gehörte seit 1920 der SPD an, nachdem er bereits 1918 der SAJ beigetreten war. In den 1920er Jahren gehörte er zum „Hofgeismarer Kreis“ um Theodor Haubach und Carlo Mierendorff. 1938 trat er in die NSDAP ein (Mitgliedsnummer 4616147).[2] Im Bundestagswahlkampf 1961 gehörte er zur Regierungsmannschaft von Willy Brandt, die der SPD-Vorsitzende Erich Ollenhauer auf dem Bundesparteitag am 25. November 1960 in Hannover für den Fall der Regierungsübernahme vorstellte. Er war als Bundeswirtschaftsminister vorgesehen.

Auf dem Bundesparteitag der SPD 1958 in Stuttgart kritisierte Deist, der als Leiter des Arbeitsgebietes „Wirtschafts- und Sozialpolitik“ des SPD-Parteivorstandes für die wirtschaftspolitischen Aussagen des Godesberger Programms zuständig war, die Anhänger einer übermäßigen Verstaatlichungspolitik in der Partei mit den Worten, es könne nicht Aufgabe der Sozialdemokratie sein, einen „Zwischenhandel mit Antiquitäten“ zu betreiben. Von ihm stammte auch die Formulierung „Dreifach ist die Mittelkombination sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik: Marktwirtschaft, monetäre und fiskalische Globalsteuerung und Wohlfahrtspolitik“ von 1963.

Abgeordneter

Heinrich Deist gehörte dem Deutschen Bundestag von 1953 bis zu seinem Tode an. 1953 und 1957 zog er über die Landesliste der SPD Nordrhein-Westfalen und 1961 über ein Direktmandat im Wahlkreis Bochum ins Parlament ein. 1953 bis 1957 war er Vorsitzender des Bundestagsausschusses gemäß Artikel 15 Grundgesetz. 1957/58 leitete Deist den Arbeitskreis Wirtschaftspolitik der SPD-Bundestagsfraktion. Er war vom 4. November 1958 bis zu seinem Tode stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD.

Vom 10. Dezember 1953 bis zu seinem Tode war Deist auch Mitglied des Europaparlaments. Dort leitete er von 1959 bis 1962 den „Ausschuss für die langfristige Wirtschaftspolitik, für Fragen der Finanzen und Investitionen“ und von 1962 bis zu seinem Tode den „Wirtschafts- und Finanzausschuss“.

Veröffentlichungen

  • Gesetz 75 und Ruhrstatut. Bund-Verlag, Köln 1950 (gemeinsam mit Viktor Agartz)

Einzelnachweise

  1. Verordnungsblatt für die Provinz Sachsen, Nr. 1 vom 6. Oktober 1945, S. 22.
  2. "M.d.B. Die Volksvertretung 1946–1972: Deist, Heinrich". Martin Schumacher, Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, 2006, abgerufen am 27. April 2010.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Heinrich Deist (Senior) — Heinrich Deist (* 9. Juli 1874 in Mitterode; † 19. Juni 1963 in Dessau) war ein deutscher Politiker (SPD) und Ministerpräsident des Freistaates Anhalt. Leben Als Sohn eines Bauern geboren, machte Deist eine Lehre zum Schriftsetzer in Kassel. 1895 …   Deutsch Wikipedia

  • Heinrich Deist senior — Heinrich Deist (* 9. Juli 1874 in Mitterode; † 19. Juni 1963 in Dessau) war ein deutscher Politiker (SPD) und Ministerpräsident des Freistaates Anhalt. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Siehe auch 3 …   Deutsch Wikipedia

  • Deist — ist der Familiennname folgender Personen: Heinrich Deist (1902–1964), deutscher Politiker, Sohn Heinrich Deist seniors Heinrich Deist senior (1874–1963), deutscher Politiker Wilhelm Deist (Politiker) (1898–1953), deutscher Politiker Wilhelm Deist …   Deutsch Wikipedia

  • Kabinett Deist I — Das Kabinett Deist I bildete die Landesregierung des Freistaates Anhalt 1919–1922. Kabinett Deist I – 23. Juli 1919 bis 5. Oktober 1922 Amt Name Partei Ministerpräsident Heinrich Deist SPD Staatsräte Wilhelm Voigt H …   Deutsch Wikipedia

  • Kabinett Deist II — Das Kabinett Deist II bildete die Landesregierung des Freistaates Anhalt 1922 bis 1924. Kabinett Deist II – 6. Oktober 1922 bis 7. Juli 1924 Amt Name Partei Ministerpräsident Heinrich Deist SPD Staatsräte Wilhelm Voigt Ernst Weber …   Deutsch Wikipedia

  • Kabinett Deist III — Das Kabinett Deist III bildete die Landesregierung des Freistaates Anhalt 1924–1928. Kabinett Deist III – 25. November 1924 bis 14. Juni 1928 Amt Name Partei Ministerpräsident Heinrich Deist SPD Staatsräte Ernst Weber Kurt Müller …   Deutsch Wikipedia

  • Kabinett Deist IV — Das Kabinett Deist IV bildete die Landesregierung des Freistaates Anhalt 1928–1932. Kabinett Deist IV – 14. Juni 1928 bis 2. Mai 1932 Amt Name Partei Ministerpräsident Heinrich Deist SPD Staatsrat Ernst Weber …   Deutsch Wikipedia

  • Kabinett Deist — bezeichnet folgende Regierungen des Freistaates Anhalt unter Heinrich Deist (SPD): Kabinett Deist I (1919–1922) Kabinett Deist II (1922–1924) Kabinett Deist III (1924–1928) Kabinett Deist IV (1928–1932) …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Def–Dek — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Bad Godesberger Parteitag — Das Godesberger Programm war von 1959 bis 1989 das Parteiprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Ein außerordentlicher SPD Parteitag in der Stadthalle von Bad Godesberg, heute ein Stadtbezirk Bonns, verabschiedete es mit… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”