Heinrich Graf von Brühl

Heinrich Graf von Brühl
Graf Heinrich von Brühl

Graf Heinrich von Brühl (* 13. August 1700 in Gangloffsömmern; † 28. Oktober 1763 in Dresden) war sächsischer Premierminister und ist bis heute eine der umstrittensten Figuren der sächsischen Geschichte.

Inhaltsverzeichnis

Karriere

Heinrich von Brühl kam 1719 aus dem Herzogtum Sachsen-Weißenfels in der Funktion eines Silberpagen an den kursächsischen Hof zu Dresden. Durch das Ableben des Kriegsrates Pauli berief man ihn 1729 in das Amt des Vortragenden Kammerjunkers Augusts des Starken. 1730 war er maßgeblich an der Organisation des Zeithainer Lustlagers beteiligt. Im Rahmen des vierwöchigen Festes präsentierte das Kurfürstentum Sachsen den Herrscherhäusern des Reiches seine Armee. König Friedrich Wilhelm I. in Preußen, der in Begleitung seines Sohnes, des späteren Königs Friedrich II., anwesend war, verlieh Brühl den Schwarzer-Adler-Orden. Für seine Verdienste wurde er mit 31 Jahren einer der jüngsten Geheimräte und Minister.

Nach dem Tod Augusts des Starken 1733 war Brühl maßgeblich an der polnischen Königswahl beteiligt; er beschaffte die Gelder und leitete zusammen mit Graf Sulkowski die Außenpolitik (vgl. Polnischer Thronfolgekrieg). Das Vortragsrecht beim Kurfürsten Friedrich August II. (in Polen August III.) wurde im November 1733 auf Brühl und Sulkowski beschränkt.

Es war eigentlich nur die Frage, ob Brühl oder Sulkowski die Arbeit des willensschwachen und trägen Kurfürsten übernehmen würde. 1738 entschied sich der Kurfürst-König zugunsten Brühls. In diesem Jahr konzentrierte Brühl alle Departements auf sich, darunter solche, zu denen er keinerlei Fähigkeiten oder Begabung besaß, insgesamt ca. 30 Ämter. Das Militärwesen war ihm fremd, von Wirtschaft und ihrer Förderung verstand er nichts. Allerdings war er ein erfolgreicher Diplomat und erprobter Organisator; auch tätigte er große Gemäldekäufe. 1743 wurde nach Johann Christoph Knöffels Entwurf das Galeriegebäude im Brühlschen Garten errichtet (1890 abgerissen). Sein größter diplomatischer Erfolg war die Mitarbeit am sogenannten Umsturz der Bündnisse, bei dem die bisherigen Erzfeinde Frankreich und Österreich Bündnispartner wurden. Seine Ernennung zum Premierminister 1746 war nur eine Formfrage.

Ab 1749 residierte Brühl mit seinem Hofstaat immer mehr auf seinem 1740 erworbenen Schloss Pförten in der Niederlausitz und empfing dort den Kurfürsten und andere Gäste; bei solchen Gelegenheiten kam sein berühmtes Schwanenservice aus Meißner Porzellan zum Einsatz. Ferner besaß Brühl u.a. das Rittergut Grochwitz, Schloss Gaußig (heute Landkreis Bautzen), Schloss Lindenau bei Ortrand und Schloss Seifersdorf bei Radeberg.

Als Premierminister

Bereits 1748 zeichnete sich die finanzielle Katastrophe ab. Die von Brühl zur Deckung der laufenden Ausgaben bereitgestellten Summen reichten nicht einmal für die Zinsen früherer Schulden. Der Wert staatlicher Schuldverschreibungen sank auf ein Drittel des Nennwertes. Brühl tauschte gerichtlich verwaltete Vermögenswerte in solche Schuldverschreibungen um. Das betraf u. a. die hinterlegten Wertpapiere vieler Gewerbetreibender, die daraufhin ihre Kreditwürdigkeit verloren. Zudem ließ er die rückständigen Gehälter der Beamten und Offiziere damit begleichen.

Die Ständevertretung (d. h. der Landtag) protestierte mit einer Sonderkommission gegen Brühls abenteuerliche Finanzpolitik, musste sie aber dulden (1749). Um die folgende öffentliche Kampagne gegen Brühl zu entwaffnen, wurden einige Leute, unter anderem der schottische Finanzfachmann A. M. de Bishopfield verhaftet.

Weiterhin wurde 1748 die Armee verringert, von 32.000 auf 17.000 Mann, zu wenig, um damit noch einen Faktor in der Außenpolitik darzustellen. Dann wurden staatliche Hoheitsrechte verpachtet, so 1750 und besonders 1754/55 die Generalkonsumakzise (eine Verbrauchssteuer, entsprach etwa der heutigen Mehrwertsteuer), die vom Einspruch der Ständevertretung unabhängige Einnahmequelle des Landesherren. Analog dazu wurden 1750 die Steuern erhöht. Trotzdem betrugen die Staatsschulden 1749-1756 30 bis 35 Millionen Taler. Sachsen war bankrott.

Der Siebenjährige Krieg (1756–1763) tat ein Übriges. Sachsen wurde von der preußischen Armee besetzt und musste den Großteil der anfallenden Kriegskosten bezahlen. August III. und Brühl flüchteten nach der Kapitulation der sächsischen Armee mit einem Teil des Hofstaates nach Polen, wo sie bis zum Kriegsende blieben. Friedrich II. hasste Brühl und ließ im Krieg alle Brühlschen Besitzungen plündern und zerstören. Nach dem Ende des Krieges kehrten August III. und der gesundheitlich bereits stark angeschlagene Brühl ins bankrotte und stark zerstörte Sachsen zurück.

August III. starb am 5. Oktober 1763 in Dresden, Brühl hatte seinen größten Gönner verloren und trat freiwillig von seinen Ämtern zurück, bevor er dazu vom neuen Kurfürsten Friedrich Christian gezwungen wurde.

Kurz vor seinem Tod erwarb Brühl 1763 den Rooseschen Weinberg (später Altfriedstein in Radebeul) und nannte ihn Mon repos.

Graf Heinrich von Brühl starb am 28. Oktober 1763 in Dresden. Noch im selben Jahr wurde gegen den Verstorbenen und seine engsten Mitarbeiter ein Prozess angestrengt, der allerdings nie zu einem Ergebnis kam. Denn Brühl handelte in allen Punkten mit der Einwilligung des Landesherren, und diesen konnte der Regent Prinz Xaver nicht verurteilen, ohne den Staat insgesamt in Frage zu stellen.

Die sterblichen Überreste Brühls wurden am 4. November 1763 in der Stadtkirche zu Forst beigesetzt.

Er war seit dem 29. April 1734 mit Gräfin Franziska Maria Antonia von Kolowrat-Krakowsky (1717 – 1762), verheiratet. Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor:

  • Maria Amalia von Brühl (1736 -1772)
  • Alois Friedrich von Brühl (1738/39 Dresden - 1793)
  • Karl Adolph von Brühl (1742 – 1802)
  • Christian Heinrich von Brühl (1743 – 1792)
  • Hans Moritz von Brühl (1746 - 1811)
  • Maria Anna von Brühl (1748 – 1756)

Alois Friedrich Graf von Brühl, Majorats-Erbe von Forst-Pförten, war nach dem Tod seines Vaters als Theaterschriftsteller tätig.

Seine Enkelin war Marie von Brühl, die Ehefrau des preußischen Generals Carl von Clausewitz.

Erinnerungsstätten

Der Name Brühlsche Terrasse in Dresden erinnert noch heute an Graf Brühl.

Literatur

  • Heinrich Theodor Flathe: Brühl, Heinrich Graf v. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 3, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 411–417.
  • Walter Fellmann: Heinrich Graf Brühl, Koehler & Amelang Verlag, 2000, ISBN 3-7338-0232-2
  • Dagmar Vogel: Heinrich Graf von Brühl Eine Biografie , Verlag Doktor Kovac, 2003, ISBN 3-8300-0859-7

Weblinks


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