Museum für Völkerkunde zu Leipzig

Museum für Völkerkunde zu Leipzig
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Das Museum für Völkerkunde zu Leipzig besitzt mit über 200.000 Objekten eine der größten ethnographischen Sammlungen Deutschlands. Verwaltung, Ausstellungen und Sammlungen sind heute im neuen Grassimuseum in Leipzig am Johannisplatz untergebracht.

Überblick über den Sammlungsbestand

Neues Grassimuseum, zweiter Innenhof
Neues Grassimuseum, Blick vom Johannisfriedhof
Die deutsche Sonderbriefmarke von 1994 zum 125-jährigen Bestehen des Museums zeigt eine Maske der Makonde

In der Dauerausstellung wird gegenwärtig Afrika, Südostasien und Südasien mit Exponaten präsentiert. Ziel ist für das Frühjahr 2009 eine Ausstellung zu den Kulturen aller Erdteile. Zu den ostasiatischen Sammlungen gehören über 20.000 Objekte aus China (inklusive Tibet und Taiwan), Japan (ca. 9.000 Objekte) und Korea (ca. 2.000 Objekte) mit der Ainu-Sammlung, der Japan-Sammlung des ehemaligen Museums der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens in Tokyo, der Japan-Sammlung für die Weltausstellungen in Wien und Paris, der Japan-Sammlung Karl Rathgens (Tsubas, Menukis, Kozukas, Farbholzschnitte), der Japan-Sammlung des Medizinraths Botho Scheube, der Sammlung Hermann Freiherr Speck von Sternburg (u.a. tibetische Thangkas und religiöse Plastik, chinesische Drachenroben), der Sammlung Stenz (Shandong), einer Taiwan-Sammlung mit über 300 Objekten der Ureinwohner Taiwans, insbesondere der Tau (Yami) von der Insel Lanyu.

Der Sammlungsbereich Südostasien besteht aus ca. 11.000 Objekten vor allem aus Indonesien, Thailand und Birma. Von der Malaysischen Halbinsel trug der Wiener Ethnologe Paul Schebesta eine Gruppe von 169 Gegenständen der Semang und Senoi bei. Weitere Sammlernamen sind Dr. v. Noetling (1896, umfangreiche Birma-Sammlung), Th. Dannert (Gegenstände der Batak-Kultur, Sumatra) und die Leipziger Verlegerdynastie Meyer (Kalimantan- und Philippinenbestände). Der Grundstock der Südasiensammlung geht auf Gustav Friedrich Klemm (1802–1867) zurück.

Aus Südindien brachten E. Schmidt 1890 und L. Reichhardt 1914 Hausrat, landwirtschaftliche Geräte und kunsthandwerkliche Erzeugnisse aus dem heutigen Kerala und Tamil Nadu ein. Weiterer Hausrat der singhalesischen Bevölkerung stammt von der Ostküste und aus dem zentralen Hochland des früheren Ceylon/Sri Lanka (Sammlung Eickstedt 1926/27). Von dort stammen auch mehr als 100 Masken des Kolam, einer Volkstheatertradition (aus den Sammlungen Freudenberg von 1898 und Carl Hagenbeck zwischen 1891 und 1898.

Eine Besonderheit der Leipziger Südasiensammlung stammt aus der Expedition des Anthropologen Egon von Eickstedt (1926/27) unter anderem zur Vedda in Sri Lanka, der Saora im östlichen Zentralindien (Orissa), der Andamaner und Nikobarer. Ein besondere Sammlungen stammt aus den Chittagong Hill Tracts (Bangladesch, Sammlung Konietzko 1917, 1927, 1929).

Ein Besonderheit aus Nordasien ist ein komplettes Schamanenkostüm der Ewenken. In den Orient-Sammlungen gibt es nach den Verlusten im 2. Weltkrieg wieder eine Turkmenistan-Sammlung.

Den Kern der Ozeaniensammlung bilden rund 20.000 Objekte aus den ehemaligen deutschen Südseeschutzgebieten in Melanesien. Aus Polynesien bilden Objekte aus Fidschi einen Schwerpunkt, der 1885 durch den Kauf der Sammlung des Museums Godeffroy hinzukam.

Australien wird mit Sammlungen von der Ostküste Queenslands (Amalie Dietrich und Eduard Dämel 1864–1872), einer kleinen Sammlung von Schilden aus der Regenwaldregion der Palmer Goldfields (19. Jahrhundert; dort in der Zeit des beginnenden Goldrausches zusammengetragen; Klaatsch) und die Sammlungen aus dem Gebiet der Aranda (Arrernte) und Loritja aus Zentralaustralien (Liebler 1895-1922, vgl. Carl Strehlow), der Tiwi-Sammlung (um 1904–1910) und eine umfassende Sammlung von Steinartefakten aus Tasmanien (Fritz Noetling , um 1900) repräsentiert.

Geschichte

Die Gründungsurkunde des Museums datiert auf das Jahr 1869; in der Leipziger Zeitung erscheint zeitgleich ein Aufruf zur Beteiligung an der Erwerbung der kulturhistorischen Sammlung des Dresdner Hofrates und Oberbibliothekars Gustav Klemm. Im darauf folgenden Jahr kann die Sammlung tatsächlich angekauft werden; sie wird zunächst im Gebäude des ehemaligen chemischen Laboratoriums in Leipzig untergebracht. In den folgenden Jahrzehnten wird der Bestand an Objekten durch Ankauf verschiedener Sammlungen erheblich erweitert. Von 1873 bis 1904 wird das Museum von einem Verein „Museum für Völkerkunde“ geleitet; es werden Ausstellungen in verschiedenen Leipziger Häusern gezeigt. 1895 findet der Umzug in das neu errichtete alte Grassimuseum am Königsplatz, heute Domizil der Leipziger Stadtbibliothek, statt. Dieses Gebäude wurde in den vergangenen drei Jahren zu diesem Zweck erbaut. 1904 übernimmt die Stadt Leipzig die Verwaltung des Museums, Karl Weule wird 1907 Direktor. In den Jahren 1925 bis 1929 wird am Johannisplatz das neue Grassimuseum gebaut, 1927 zieht das Museum für Völkerkunde ein und Fritz Krause wird der neue Direktor, nachdem Karl Weule verstarb.

Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges 1939 kommt der Museumsbetrieb völlig zum Erliegen. 1943 wird das Gebäude bei Luftangriffen schwer getroffen, wobei etwa 30.000 Objekte vernichtet werden. Ab 1947 beginnt der Wiederaufbau des Hauses, 1954 können die ersten Dauerausstellungen wiedereröffnet werden. Im darauf folgenden Jahr wird Hans Damm der neue Museumsdirektor; seine Nachfolger sind Wolfgang König (1970–1980), Lothar Stein (1980–2001) und schließlich Dr. Claus Deimel (seit 2001). 1981 kommt es zu einer Havarie der Heizungsanlage, die den Ausstellungsbetrieb für die kommenden vier Jahre zum Erliegen bringt. Erst 1985 können wieder Dauerausstellungen besichtigt werden. Seit 1991 ist das Museum für Völkerkunde zu Leipzig dem Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst unterstellt. Drei Jahre später, 1994, werden anlässlich des 125jährigen Bestehens eine Sondermarke und ein Sonderbrief von der Deutschen Bundespost herausgegeben. Während der Jahre 2000 bis 2005 findet die Rekonstruktion des Grassimuseums satt, die mit einer vorübergehenden Auslagerung des gesamten Bestandes verbunden ist. Im November des Jahres 2005 werden erste Dauerausstellungen wiedereröffnet. 2004 fusioniert das Museum mit den Völkerkundemuseen in Dresden und Herrnhut zu den Staatlichen Ethnographischen Sammlungen Sachsen.

Weblinks

 Commons: Museum für Völkerkunde zu Leipzig – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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