- Herpes zoster
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Klassifikation nach ICD-10 B02 Herpes zoster ICD-10 online (WHO-Version 2006) Herpes Zoster, umgangssprachlich meist Gürtelrose genannt, ist eine Viruserkrankung, die hauptsächlich durch einen schmerzhaften, streifenförmigen Hautausschlag mit Blasen auf einer Körperseite in Erscheinung tritt, der dadurch entsteht, dass die Entzündung von einem Nerv (z. B. eines Ganglions) auf das umliegende Dermatom übergreift.
Die Krankheit wird durch das zur Familie der Herpesviren gehörende Varizella-Zoster-Virus (VZV) ausgelöst und tritt meist bei älteren Menschen oder solchen mit einem geschwächten Immunsystem (durch Stress, in Folge anderer Erkrankungen wie beispielsweise bei AIDS oder durch eine spezielle Therapie) auf. Das Virus wird häufig bereits in der Kindheit übertragen, und verursacht in dieser Lebensphase die Windpocken. Ein Herpes Zoster ist immer eine endogene Reaktivierung einer früher stattgefundenen VZV-Infektion.
Inhaltsverzeichnis
Etymologie
Der volkstümliche deutsche Ausdruck „Gürtelrose“ kommt daher, dass sich der rötliche Ausschlag bei besonders ausgeprägten Erscheinungsformen oft von der Wirbelsäule ausgehend halb- oder beidseitig gürtelförmig um den Körper schlingen kann und dort eine sogenannte „Wundrose“ hervorruft. [1]. Der Sammelbegriff „Wundrose“ ist ein altertümlicher Ausdruck für eine akute, lokal begrenzte Hautentzündung, welcher oft undifferenziert für verschiedene Krankheitsbilder mit unterschiedlichen Ursachen verwendet wurde. Die wissenschaftlich korrekte Bezeichnung Herpes Zoster leitet sich vom griechischen „herpein“, zu deutsch „kriechen“ und dem ebenfalls griechischen Wort für Gürtel („zoster“) ab. Der englische Begriff für den Herpes Zoster, shingles, wiederum ist dem lateinischen „cingulum“ für Gürtel entlehnt.
Häufig werden die (verkürzten) Fachbegriffe „Zoster“ (für Herpes zoster, ausgelöst durch das Varizella-Zoster-Virus VZV) und „Herpes“ (für Herpes simplex, eine durch Herpes simplex Viren hervorgerufene Erkrankung) verwechselt, obwohl es sich um zwei verschiedene Erkrankungen handelt, die sich im Erreger und insbesondere in den Folgeerkrankungen deutlich unterscheiden.
Epidemiologie
In Deutschland erkranken jährlich etwa 350.000 bis 400.000 Menschen an einem Herpes Zoster, rund 2/3 davon sind über 50 Jahre. Da bis zum 40. Lebensjahr rund 98 % der Bevölkerung mit dem Varizella-Zoster-Virus Kontakt hatte (meist entweder klinisch manifest in Form der Windpocken oder in Form einer stillen Feiung), sind praktisch alle Menschen gefährdet und rund 25–30 % der Bevölkerung erleidet im Laufe ihres Lebens einen Zoster, ab einem Alter von 85 Jahren liegt das Risiko sogar bei etwa 50 %.
Erreger
Als Erreger dieser Erkrankung ist das Varizella-Zoster-Virus (VZV) – auch als Humanes-Herpes-Virus-3 (HHV-3) bezeichnet – nachgewiesen. Dieses Virus ist ein behülltes, doppelsträngiges DNA-Virus (dsDNA) und gehört zur Familie der Herpesviridae, zur Unterfamilie Alphaherpesvirinae und zur Gattung Varicellovirus. Alle Viren dieser Familie sind mit einem ikosaedrischen Kapsid (mit einer aus Dreiecksflächen bestehenden Proteinhülle) ausgestattet, die jeweils noch von einer Hüllmembran umgeben ist. Dazwischen findet sich als Besonderheit das so genannte Tegument aus amorphem Proteinmaterial mit bisher nur zum Teil verstandener Funktion. Das Varizella-Zoster-Virus ist mit den Herpes-simplex-Viren relativ nahe verwandt, dennoch gibt es keine Kreuzprotektion.
Schätzungen zufolge sind rund 90 Prozent der über-14-jährigen Europäer durch Windpocken-Infektionen bereits Träger von Varizella-Zoster-Viren. Die Tatsache, dass außer bei erheblich immunsupprimierten Menschen und bei nicht erfolgter Doppelinfektion oder Sekundärinfektion (siehe auch Infektion) die von diesen Erregern verursachte Erkrankung nur extrem selten einen tödlichen Verlauf nimmt, zeigt zum einen, dass diese Viren stark an den Menschen als ihren Reservoirwirt angepasst sind. Die Schädigung des Reservoirwirts bis hin zu seinem Tod ist für ein Virus kein vorteilhafter Effekt, da es zur eigenen Vermehrung auf diesen Wirt angewiesen ist. Die dennoch von diesem Virus beim Reservoirwirt ausgelösten Erkrankungen sind letztlich nur Nebeneffekte der Infektion. Dennoch kommen tödliche Verläufe auch in Deutschland vor, das Risiko an den Windpocken zu versterben steigt mit dem Alter deutlich an (laut RKI bis 31/100.000).
Übertragung
Die Erstinfektion eines gesunden Menschen äußert sich üblicherweise in der bekannten „Kinderkrankheit“ Windpocken. Die hochansteckenden Erregerviren werden per Tröpfcheninfektion, also direktes Einatmen von Ausatmungströpfchen (Exspirationströpfchen) infizierter Personen, oder über Kontaktinfektion beziehungsweise Schmierinfektion mit den Viren der auf Gegenständen oder Körperoberflächen niedergegangenen infektiösen Exspirationströpfchen übertragen, wenn sie anschließend sofort über die Schleimhäute beispielsweise in Mund, Nase oder Augen in den Körper gelangen. Da die Erreger an der Luft nur für etwa zehn Minuten überlebensfähig sind, ist eine Übertragung durch herumliegende Kleidung oder Spielzeug in der Regel nicht zu befürchten.
Auch wenn die Betroffenen normalerweise nach einer Windpocken-Erkrankung ein Leben lang immun gegen die Krankheit sind, verbleibt das Virus nach Abklingen der Windpocken im Körper und kann später, beispielsweise ausgelöst durch Stress oder ein geschwächtes Immunsystem, in seltenen Fällen auch durch Sonneneinwirkung (UV-Licht!), wieder reaktiviert werden. Die Viren verbleiben latent in den Nervenwurzeln des Rückenmarks, den so genannten Spinal-Ganglien, sowie in den Ganglien der Hirnnerven. Die Gürtelrose ist demnach keine Infektion im eigentlichen Sinne, sondern die erneute Aktivierung des Varizella-Zoster-Virus nach einer mehr oder weniger langen Latenzzeit. Für Menschen, die in der Kindheit an Windpocken erkrankt waren und die immunkompetent (voll aktives Immunsystem) sind (d. h., die nicht immunsupprimiert sind), besteht in der Regel keine Gefahr, sich an einem Herpes Zoster-Erkrankten anzustecken, da eine Übertragung der Viren nur durch den Virus-haltigen Bläscheninhalt, nicht aber wie bei einem an Windpocken Erkrankten über die Atemwege als Tröpfcheninfektion erfolgt. Der Herpes Zoster kann als solcher nicht direkt übertragen werden; es erfolgt immer nur eine Reaktivierung einer bereits stattgehabten Infektion. („Kein Zoster ohne vorherige Windpocken“) Auf Grund der Definition von Inkubationszeit kann bei dieser Erkrankung nicht von einer solchen gesprochen werden.
Krankheitsverlauf/Symptome
Das Nervengewebe entzündet sich bei einer Aktivierung des latenten Virus. Symptome sind Brennen und teils starke Schmerzen in dem Hautbereich, der durch den betroffenen Nervenstrang versorgt wird und in dem Nervenstrang selbst. Gelegentlich ist vorher und ansonsten im Verlauf der Erkrankung allgemeines Unwohlsein, Abgeschlagenheit, Kribbeln, Müdigkeit, Ermattung und leichtes Fieber zu beobachten. Vor dem eigentlichen Ausbruch der Krankheit treten häufig Schmerzen in mehr oder weniger großen Bereichen des Körpers auf, in denen sich das Nervengewebe entzündet und in der Folge oft teilweise zerstört wird. Deshalb leiden manche kurz vor dem eigentlichen Krankheitsausbruch an Rückenschmerzen, Zahnschmerzen oder ähnlichem. Zwei bis drei Tage nach Auftreten der anfänglichen Schmerzen treten leicht erhabene, gerötete Stellen auf, die im weiteren Verlauf Knötchen und dann Bläschen bilden. Die Bläschen füllen sich mit einer klaren oder weißen, eitrigen Flüssigkeit, welche infektiös ist. Die Rötung und Bläschenbildung tritt normalerweise stark lokalisiert (um den Nervenstrang) und meistens nur auf einer Körperseite auf; in seltenen Fällen kann es zu beidseitigem Befall kommen. In einigen Fällen kann der Ausschlag aber auch ganz ausbleiben. Nach einigen Tagen platzen die Bläschen auf und verschorfen. Diese Phase kann 1-4 Wochen dauern.
Die Lokalisation der Gürtelrose wird durch das Versorgungsgebiet des befallenen Nerven bestimmt. Meistens tritt Zoster im Bereich des Brustkorbes auf (Interkostalnerven). Gelegentlich können auch Rücken, Arme oder Beine betroffen sein. Bei Zoster ophthalmicus sind Gesicht und Augen betroffen (Nervus ophthalmicus aus dem Nervus trigeminus). Sind die Augen betroffen, kann durch Hornhautvernarbung teilweise oder vollständige Erblindung die Folge sein. Bei Befall der Gesichtsnerven (Nervus facialis) kann es zu vorübergehenden Lähmungserscheinungen oder Verlust des Geschmackssinns kommen.
Zoster oticus bezeichnet einen Befall des Gehörgangs und oder der Ohrmuschel. Mögliche Folgen sind hier neben den Zoster-typischen starken Schmerzen Schwerhörigkeit (Nervus cochlearis) und Störungen des Gleichgewichtssinnes (Nervus vestibularis). Unbehandelt können dauerhafte Hörbeeinträchtigungen oder Taubheit die Folge sein.
"Zoster generalisatus" bezeichnet einen Befall des gesamten Nervensystems; diese Krankheitsform ist lebensbedrohlich, tritt aber üblicherweise nur bei starker primärer Schwächung des Immunsystems auf (z. B. bei AIDS, Leukämie oder anderen Krebs-Formen). Herpes Zoster tritt auch im Genitalbereich auf. Er zieht über das ganze Geschlechtsteil großflächig bis auf die Oberschenkel. Im Lymphabflussgebiet des betroffenen Hautareals lassen sich nicht selten aktivierte Lymphknoten nachweisen.
Komplikationen
Herpes-zoster-Komplikationen sind mit über 20 % der Fälle relativ häufig. Insbesondere die postherpetische Neuralgie (PHN), auch als Post-Zoster-Neuralgie (PZN) bezeichnet, ist dabei überaus häufig und führt zu schweren, oft als brennend beschriebenen Schmerzen. Die PZN/PHN kann im schlimmsten Fall sogar lebenslang fortbestehen und ist für die Betroffenen zum Teil unerträglich. Derartige Schmerzen können die Betroffenen sogar bis in den Suizid treiben. [2][1] Auch die selteneren Zoster-Formen wie Zoster generalisatus, Zoster ophthalmicus (10 % bis 15 %, davon mit Augenbeteiligung 30–40 %) und Zoster oticus werden gelegentlich zu den Komplikationen gezählt. Nicht selten heilen auch die Bläschen nur unter Pigmentierungsstörungen und Narbenbildung ab (Im Gegensatz zu den Windpocken, sofern diese nicht durch Kratzen zu Vernarbungen geführt haben). Andere Komplikationen sind seltener und betreffen meist nur stark immungeschwächte Menschen. Zu den Komplikationen gehören Zoster-Meningitis (Hirnhautentzündung), Zoster-Enzephalitis (Hirngewebsentzündung) und Zoster-Myelitis (Rückenmarksentzündung).
Therapie
Das Varizella-Zoster-Virus kann mit Virustatika behandelt werden. Komplikationen können nur bei rechtzeitiger Behandlung, meist in der vom Patienten nicht korrekt eingeschätzten Prodromalphase reduziert werden, so dass diese Chance in der Regel nicht genutzt werden kann.
Wichtig ist die frühzeitige medikamentöse Behandlung mit Virustatika bei sehr ausgedehntem Befund, beispielsweise Beteiligung des Auges oder Ohres und insbesondere bei vorbestehender Abwehrschwäche (z. B. Tumorerkrankung, schwerer Diabetes mellitus oder AIDS). Üblicherweise erfolgt die Behandlung mit Aciclovir, Brivudin, Famciclovir oder Valaciclovir, meistens in Tablettenform. In komplizierteren Fällen (Beteiligung des Auges, des Ohres, des Rückenmarks) ist eine intravenöse Behandlung erforderlich. In der Regel ist die zusätzliche Gabe von starken Schmerzmitteln angezeigt. Bei etwa acht Prozent der betroffenen Patienten können die akuten Schmerzen nicht durch Schmerzmittel beeinflusst werden. Fälle von postherpetischer Neuralgie (etwa 30 % der Betroffenen haben noch vier bis fünf Wochen nach der Verkrustung diffuse (ohne erkennbare Umrisse) oder örtlich (lokal) begrenzte, teils starke Schmerzen) sind oftmals schwer zu behandeln. In Betracht kommen hier neben Schmerzmitteln auch Antidepressiva und Neuroleptika, gelegentlich sogar chirurgische Eingriffe. Die Behandlung mit Elektrotherapie (Galvanisation, Reizstrom oder Transkutane elektrische Nervenstimulation) kann Schmerzen lindern. Dabei sind jedoch Hautläsionen (Bläschen und Pusteln) zu berücksichtigen.
Vorbeugung / Impfung
Die für den Erkrankten höchste Verantwortung gegenüber Dritten besteht darin, Kontakt mit Schwangeren zu vermeiden. Haben diese nämlich – insbesondere bei einer ungeplanten 'plötzlichen' Schwangerschaft - keine entsprechende Impfung erhalten, und auch sonst keine oder nicht genügend Antikörper gegen das Virus im Körper, kann eine Windpockeninfektion während der Schwangerschaft zu Entwicklungsstörungen beim Kind führen. Bei einem Windpockenausbruch bei der Mutter in den letzten Tagen vor der Geburt besteht sogar Lebensgefahr für das Kind.
Der Impfstoff (Zostavax™) von MSD Sharp & Dohme, der vorbeugend das Erkrankungsrisiko auf etwa die Hälfte senkt und bei den übrigen Fällen die Schmerzen deutlich lindert, wurde am 25. Mai 2006 in den USA durch die zuständige Behörde FDA zugelassen. Am 25. Oktober 2006 empfahl das Advisory Committee on Immunization Practices (ACIP), welches Teil des U.S. Centers for Disease Control and Prevention ist, die Verabreichung des neuen Impfstoffes an alle Personen älter als 60 Jahre.[3]
Der Impfstoff ist in Österreich bereits verfügbar, in Deutschland ist mit dem Impfstoff im Laufe des Jahres 2008 zu rechnen. Er ist ab 50 Jahren zugelassen. Mit einer derartigen Impfung könnten 51 Prozent der Krankheitsfälle verhindert und auch eine PZN um 66,5 Prozent vermieden werden. Wenn trotz Impfung dennoch eine Gürtelrose auftritt, verläuft diese in der Regel deutlich milder und mit weniger Komplikationen. [4][5]
Einzelnachweise
- ↑ a b Gürtelrose Gürtelrose bei gesundheit.de
- ↑ Impfung gegen Gürtelrose
- ↑ U.S. Panel Backs Shingles Vaccine
- ↑ Herpes Zoster - Grünes Kreuz
- ↑ Die Originalstudie von Oxman und Mitarbeitern im New England Journal of Medicine A Vaccine to Prevent Herpes Zoster and Postherpetic Neuralgia in Older Adults kurz oft als „Shingles prevention study“ bezeichnet
Weblinks
- Leitlinie Zoster und Zosterschmerzen der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft bei AWMF online (Stand 07/2005)
- Varizellen (Windpocken), Herpes zoster (Gürtelrose), Zoster – Informationen des Robert Koch-Instituts
- Bilder des Herpes zoster bei DermIS
- Herpes zoster - Symptomatologie, demographische Daten und prognostische Faktoren: Ergebnisse einer prospektiven Studie an ambulanten Zosterpatienten in Deutschland
- Deutsches Ärzteblatt: Latenz-Gene für Herpesviren entdeckt
- Pharmazeutische Zeitung: Frühe Therapie verhindert Komplikationen
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