Hilde Palm

Hilde Palm

Hilde Domin, geborene Löwenstein, verheiratete Hilde Palm (* 27. Juli 1909 in Köln; † 22. Februar 2006 in Heidelberg), war eine deutsche Schriftstellerin. Sie war vor allem als Lyrikerin bekannt. Domin lebte zuletzt in Heidelberg.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Hilde Domin, Tochter eines jüdischen Rechtsanwalts, wurde 1909 (bis 1999 gab Domin 1912 als Geburtsjahr an) in Köln geboren. Nach dem Abitur am Merlo-Mevissen Lyzeum in Köln studierte sie von 1929 bis 1932 an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Universität zu Köln, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin zunächst Jura, später Volkswirtschaftslehre, Soziologie und Philosophie. Ihre wichtigsten Lehrer waren Karl Jaspers und Karl Mannheim.

1932 emigrierte sie aus politischen Gründen zusammen mit dem Archäologiestudenten Erwin Walter Palm nach Rom. An der Università degli Studi di Firenze (Universität Florenz) wurde sie 1935 mit der Arbeit Pontanus als Vorläufer von Macchiavelli in Staatswissenschaft promoviert. Sie gab von 1935 bis 1938 Deutschunterricht für Privatschüler. Am 30. Oktober 1936 heiratete sie ihren Lebensgefährten Erwin Walter Palm.

Die italienischen Rassengesetze vom 17. September 1938 zwangen alle Juden, Italien bis zum 12. März 1939 zu verlassen. Deshalb floh das Paar 1939 aus Italien nach Großbritannien, wo Hilde Palm ein halbes Jahr lang als Sprachlehrerin am St. Aldwyn’s College in Minehead, Sumerset, tätig war. Am selben Tag wie auch Stefan Zweig floh sie am 26. Juni 1940 über Kanada in die Dominikanische Republik. Dort übersetzte sie die Arbeiten ihres Mannes, dokumentierte seine Studien fotografisch und unterrichtete von 1948 bis 1952 Deutsch an der Universität von Santo Domingo.

Erst 1951, nach dem Tod ihrer Mutter, begann Hilde Palm, selbst Gedichte zu schreiben, die ab 1954 unter dem Pseudonym Domin veröffentlicht wurden. Der Name Domin soll an das Exil in Santo Domingo erinnern, wo sie ihr Dichterleben anfing. Lieben und geliebt werden, vor allem aber Gebrauchtwerden war für Hilde Domin der eigentliche Sinn des Lebens.[1]

1954 kehrte sie nach 22 Jahren im Exil in die Bundesrepublik zurück, doch pendelte noch sieben Jahre zwischen Spanien und Deutschland hin und her, bevor sie sich 1961 endgültig in Heidelberg niederließ. Ihren Weg als Schriftstellerin musste sie sich erkämpfen. Neben Gedichten, Erzählungen und einem Roman in Montageform schrieb sie auch Essays und literaturwissenschaftliche Abhandlungen, die viel zu wenig Beachtung fanden. Vor allem ihrer Lyrikanalyse Wozu Lyrik heute wäre mehr Beachtung gezollt worden, „stammte sie aus der Feder eines männlichen Theoretikers“ (so Ulla Hahn in ihrer Laudatio 1992 anlässlich der Verleihung des Hölderlinpreises an Hilde Domin). Sie war als Übersetzerin und Herausgeberin tätig.

Domin trug in Lesungen ihre Gedichte meistens zweimal vor. In einem Interview 1986 wurde ihr die Frage gestellt, wie viel Mut ein Schriftsteller benötige. „Ein Schriftsteller braucht drei Arten von Mut. Den er selber zu sein. Den Mut, nichts umzulügen, die Dinge beim Namen zu nennen. Und drittens den, an die Anrufbarkeit der anderen zu glauben.“ Im Wintersemester 1987/88 hielt sie als vierte Frau nach Ingeborg Bachmann, Marie Luise Kaschnitz und Christa Wolf die Frankfurter Poetik-Vorlesungen.

Zu ihrem 95. Geburtstag am 27. Juli 2004 wurde Hilde Domin die Ehrenbürgerwürde der Stadt Heidelberg verliehen. Die Dominikanische Republik zeichnete sie mit dem höchsten Orden aus, den der Inselstaat zu vergeben hat: del mérito de Duarte, Sánchez y Mella. Bereits zu ihrem (eigentlich 83.) 80. Geburtstag stiftete die Stadt 1992 ihr zu Ehren den alle drei Jahre vergebenen Literaturpreis Literatur im Exil, der seit ihrem Tod Hilde-Domin-Preis heißt. Am 15. Februar 2006 wurde sie Ehrenmitglied des P.E.N.-Club des Exils.

Hilde Domin war seit 1930 Mitglied der SPD, sah sich aber in späteren Interviews auch als Vordenkerin der Grünen. Ihren Lebensabend verbrachte die Dichterin in Heidelberg und unternahm bis ins hohe Alter viele Reisen insbesondere für Gedichte-Lesungen, die sie in Schulen, Gefängnissen und Kirchen abhielt.

Am 22. Februar 2006 starb sie in Heidelberg im Alter von 96 Jahren an den Folgen eines Sturzes. Sie wurde auf dem Heidelberger Bergfriedhof beigesetzt und ruht im selben Grab wie ihr 1988 verstorbener Mann in unmittelbarer Nähe des Grabes des Dichters Friedrich Gundolf.

Am 7. März 2007 wurde die Haus- und Landwirtschaftliche Schule Herrenberg Hilde-Domin-Schule genannt.[2] Auch in Köln trägt seit Oktober 2008 eine Schule ihren Namen.


Werke

  • Herbstzeitlosen (Gedicht, 1955)
  • Ziehende Landschaft (Gedicht, 1955)
  • Wo steht unser Mandelbaum (Gedicht, 1957)
  • Nur eine Rose als Stütze (Gedichte, 1959)
  • Rückkehr der Schiffe (Gedichte, 1962)
  • Linguistik (Gedichte, 1963)
  • Hier (Gedichte, 1964)
  • Tokaidoexpress (Gedicht,1964)
  • Höhlenbilder (Gedichte, 1968)
  • Das zweite Paradies. Roman in Segmenten. (1968)
  • Wozu Lyrik heute. Dichtung und Leser in der gesteuerten Gesellschaft (1968)
  • Ich will dich. (Gedichte, 1970)
  • Von der Natur nicht vorgesehen. Autobiographisches (1974)
  • Aber die Hoffnung. Autobiographisches aus und über Deutschland (1982)
  • Unaufhaltsam (Gedicht, 1962)
  • Rufe nicht
  • Der Baum blüht trotzdem (Gedichte, 1999) ISBN 3-10-015322-7
  • Magere Kost
  • Haus ohne Fenster

Die Literatur- und Kunsthistoriker Jan Bürger, Leiter der Handschriftenabteilung im Literaturarchiv Marbach, und Frank Druffner stellten im Januar 2007 Briefe zwischen Domin und Erwin Walter Palm aus 40 Jahren (1931 bis 1960) vor, die neben dem persönlichen Aspekt zwei Emigrantenschicksale sehr genau widerspiegeln. Die Briefe wurden in der letzten Wohnung Domins gefunden, ihre Existenz war vorher nicht bekannt.[3]

Auszeichnungen

Literatur und Film

  • Ditges, Anna: Ich will dich – Begegnungen mit Hilde Domin, Dokumentarfilm, 2007.
  • Karsch, Margret: Das Dennoch jedes Buchstabens. Hilde Domins Gedichte im Diskurs um Lyrik nach Auschwitz. Bielefeld, 2007, ISBN 3-899-42744-0
  • Scheidgen, Ilka: Hilde Domin, Dichterin des Dennoch. Biografie. 2. Auflage 2006, ISBN 3-7806-3012-5
  • Tauschwitz, Marion: „Dass ich sein kann, wie ich bin.“ Hilde Domin. Die Biografie. ISBN 978-3-930378-81-4, Palmyra Verlag Heidelberg, Mai 2009
  • Tauschwitz, Marion (Hrsg): Unerhört nah - Erinnerungen an Hilde Domin. ISBN 978-3-924566-33-3, Kurpfälzischer Verlag, Heidelberg, Februar 2009

Weblinks

Quellen

  1. Amors Pfeile - oder: die Magie der Liebe, Deutschlandfunk, Freistil, Sendung vom 25. Dezember 2005
  2. vgl. www.hilde-domin.de
  3. Vgl. Literaturhaus Frankfurt

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