- Hochzeitscarmen
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Ein Epithalamion (gr.: etwa 'Lied auf das Brautgemach'; lat. epithlamium; dt. Hochzeitsgedicht, Brautlied; Plur. -ien), ist ein üblicherweise pastorales Gelegenheitsgedicht, verfasst und (meist chorisch) vorgetragen zur Feier einer Hochzeit.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Antike
Bei Griechen und Römern war es ein aus dem Hochzeitskultus stammender Brauch, dass junge Frauen und Männer vor dem Schlafgemach der Neuvermählten sangen, und zwar der Überlieferung nach am Abend zuvor und am Morgen danach. Laszive Verse (versus Fescennini) waren dem jungen Römer gewidmet, der die Ehe beschlossen hatte; sie untermalten die deductio der Braut. Diesen zotenhaften Versen, die im Hochzeitsritual ihren festen und unabkömmlichen Platz hatten, steht das Epithalamium gegenüber, das Hochzeitslied, das vor allem den Blick vom Bräutigam auf die Braut verschiebt, und die Stationen des Weges von der unverheirateten zur verheirateten Frau illustriert. Das Lied enthält hauptsächlich Segenswünsche und Prophezeiungen einer glücklichen Zukunft für das Paar, mit gelegentlichen Anrufungen der Hochzeitsgötter wie etwa Hymenaios. Bei den Römern wurde das Lied ausschließlich von Mädchen gesungen und tendierte auch eher zur sexuell expliziten Zote.
Berühmte Verfasser von Epithalamien waren die Griechen Sappho, Anakreon, Stesichoros, Pindar und Theokrit, sowie die Römer Ovid und Catull. Insbesondere die 18. Idylle des Theokrit, die die Heirat von Menelaos und Helena feiert, gilt als besonders herausragendes Exemplar der Gattung. Catull versuchte, der ins Obszöne gerutschten Form neue Würde zu verleihen; gelobt wird seine Heirat von Thetis und Peleus, die auf einer verloren Ode der Sappho beruht.
In die römische Spätzeit fallen die Arbeiten von Statius, Ausonius, Apollinaris Sidonius und Claudianus. Sidonius berichtet, dass die Form auch in Franken, als barbaricus hymen, üblich war.
Mittelalter
Im Mittelalter stehen die derben Hochzeitscarmina als Gegenstück zur höfisch-pathetischen Form der Hochzeitslieder in der galanten Dichtung. Spätalthochdeutsche Glossen und mittelhochdeutsche Texte erwähnen die Form des brûtliet, brûtesang und brûteleich; sie umschreiben die während den Hochzeitsfeierlichkeiten gemeinsam gesungenen Lieder, die mitunter auch von Tanz begleitet werden. Das allegorische Gedicht Die Hochzeit aus dem 12. Jahrhundert beschreibt die Heimführung der Braut durch den Bräutigam, die unter Gesang erfolgt: "hoy, wie si dô sungen, / dô si sie heim brungen!". Die neolateinischen Dichter der Renaissance, besonders George Buchanan, Scaliger, Sannazaro imitierten die Form, und wurden so Vorbild für volkssprachliche Fassungen.
Neuzeit
Das erste Epithalamion englischer Sprache schrieb Edmund Spenser (Epithalamium, 1595), das er zu seiner eigenen Hochzeit als Geschenk an seine Frau verfasste. Sein Gedicht folgt in elaborierter Anordnung von Strophen und Versen der Sequenz der Stunden seines Hochzeitstags und der -nacht, und kombiniert dabei heidnische Mythologie, christliches Dogma und die örtliche irische Umgebung.
Etwa zeitgleich schreiben in Großbritannien Ben Jonson, John Donne, Robert Herrick und Francis Quarles Epithalamien, wobei die verschiedenen Ausprägungen der Gattung bei Griechen und Römern insofern übernommen werden, als je nach Stimmung und Gelegenheit sowohl zotenhaft-derbe als auch hochpathetisch-subtile Gedichte entstehen. Sir John Suckling schrieb mit seiner Ballad upon a Wedding eine Parodie dieser Form.
Auch Shelley verfasst ein Langgedicht Epithalamion. Den Abschluss von Tennysons In Memoriam A. H. H., das mit einem Begräbnis beginnt, bildet ein Epithalamion auf die Hochzeit seiner Schwester. A. E. Housman imitiert die antike Form mit dem Brautlied in He is Here, Urania's Son. Auch W. H. Auden verfasst ein Epithalamion (1949).
Auf französischer Seite entstehen die Versuche von Ronsard, Malherbe und Scarron und in Italien wirken d'Iarini und Metastasio. In Deutschland erscheint das Epithalamium auf die höchst-erfreuliche Vermählungs-Feyer des durchlauchtigsten Fürsten ... Carl Theodors ... mit der durchlauchtigsten Fürstin ... Maria Leopoldina ... von den gnädigst aufgestellten Lehrern des churfürstl. Schulhauses ... gewidmet von Benno Ortmann (1795). Johann Christoph Gottsched rechnet die Form des Hochzeitsgedichtes zur Elegie; es muss in epischen Alexandrinern verfasst sein.
Hochzeitsgedichte gehören heute in vielen Kulturen noch zum unerlässlichen Bestandteil des nichtkirchlichen Teils von Hochzeitsfeiern.
Schema
Die Hochzeitsgedichte unterliegen über weite Zeiträume einem festgefügten Muster. Anschließend an eine einleitende Naturschilderung oder Szene der Mythologie folgt eine Beschreibung der bisherigen Ereignisse des Hochzeitstags, dann ein Hymnus auf das Brautpaar, auf den wiederum eine Mahnung zur Befolgung aller ehelichen Pflichten und ein symbolisches Geleit ins Brautgemach folgt. Die Anspielungen auf antike Götter (Amor, Hymenaios) und Fabelwesen (Nymphen, Satyre) sind dabei unverzichtbare Stilelemente.
Weblinks
Literatur
- H. Case: English Epithalamies (1896).
- A. Kent Hieatt: Short Time's Endless Monument (1960).
- Sabine Horstmann: Das Epithalamium in der lateinischen Literatur der Spätantike (2004).
- Virginia J. Tufte: The Poetry of Marriage
Siehe auch
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