Hodentöter

Hodentöter
Jürgen Todenhöfer

Jürgen Gerhard Todenhöfer (* 12. November 1940 in Offenburg) ist Politiker, Autor und Manager.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Todenhöfer studierte ab 1959 Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten München, Paris, Bonn und Freiburg im Breisgau. In Freiburg promovierte er 1969 und war dort später als wissenschaftlicher Assistent tätig. 1972 wurde er Richter am Landgericht Kaiserslautern. 1970 trat Todenhöfer in die CDU ein. 1972 bis 1990 war er Mitglied des Deutschen Bundestages, von 1980 an als direktgewählter Vertreter des Wahlkreises Tübingen-Hechingen. Im Bundestag trat er als entwicklungspolitischer Sprecher und später als abrüstungspolitischer Sprecher seiner Fraktion hervor. Todenhöfer ist Ehrenoberst der US Army.[1]

In dieser Funktion forderte Todenhöfer die Halbierung der Zahl der sowjetischen und amerikanischen Interkontinentalraketen. Als Abgeordneter vertrat er zum Teil so konservative Positionen, dass er auch Politiker der CDU scharf kritisierte. Als er in einer Debatte die südafrikanische Befreiungsbewegung ANC angriff, provozierte dies den SPD-Politiker Herbert Wehner derart, dass er ihn als „Hodentöter“ beschimpfte und damit einen Spitznamen kreierte, der Todenhöfer lange anhaftete.[2]

Nach dem Ende seiner Abgeordnetenzeit zog er sich völlig aus der Parteipolitik zurück. Bereits 1987 wurde er von Hubert Burda, mit dem er seit seiner Jugend befreundet ist, für den Medienkonzern Hubert Burda Media gewonnen, wo er bis zum November 2008 stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes mit Zuständigkeit für den Bereich Verlage, Finanzen und Verwaltung war.[3]

Seit 1980 bereiste Todenhöfer das sowjetisch besetzte Afghanistan und berichtete über das Leid der dortigen Bevölkerung. Er ist ebenfalls ein entschiedener Gegner der US-amerikanischen Feldzüge gegen Afghanistan 2001 und gegen den Irak 2003.[4][2] Über beide Kriege schrieb er Bücher, die sich in hoher Auflage verkauften. Mit den Honoraren unterstützt er Hilfsprojekte in den jeweiligen Ländern. Todenhöfer bereiste seither regelmäßig die Kriegsgebiete in Nahost. Um auch in für Journalisten gesperrte Zonen des Irak zu kommen, verkleidete er sich – à la Wallraff – als Arzt. Nach der Rückkehr von einer solchen Erkundung bekannte er, sich dort „für den Westen geschämt“ zu haben und erläuterte dies in einem Interview im Stern: Bin Laden tötete weniger Menschen als Bush.“[5]

Privates

Todenhöfer ist in zweiter Ehe verheiratet und hat drei Kinder. Er ist ein Neffe von Gerhard Todenhöfer. Seine Tochter Nathalie ist im April 2004 mit 19 Jahren an Multipler Sklerose erkrankt und hat im Dezember 2006 eine Stiftung für MS-Kranke, die Nathalie-Todenhöfer-Stiftung, gegründet.

Veröffentlichungen

Bücher

  • Die deliktische Haftung des Hehlers unter besonderer Berücksichtigung des §830 BGB, 1969
  • Wachstum für alle. Plädoyer für eine internationale soziale Marktwirtschaft, 1976, ISBN 3-512-00457-1
    • englisch: Growth for All, 1979
    • spanisch: Crecimiento para Todos. Intercesion por una Economia Social de Mercado Internacional, 1979
  • Ich denke deutsch. Abrechnung mit dem Zeitgeist, 2. rev. Aufl. 1989, ISBN 3-927-49112-8
  • Wer weint schon um Abdul und Tanaya? Die Irrtümer des Kreuzzugs gegen den Terror, Freiburg im Breisgau 2003, ISBN 3-451-05420-5
  • Andy und Marwa. Zwei Kinder und der Krieg, C. Bertelsmann München 2005, ISBN 3-570-00859-2
  • Warum tötest du, Zaid?, C. Bertelsmann München 2008, ISBN 978-3-570-01022-8

Artikel in Zeitungen

  • Der Krieg gegen die Taliban ist gewonnen. Doch heißt dies nicht, dass der Tod vieler unschuldiger Opfer in Afghanistan damit gerechtfertigt ist. In: SZ, 29./30.12.2001.
  • Wenn es Raketen regnet. Im Irak wird unsere Kultur zerstört. In: SZ, 18.3.2003.
  • Marwas Befreiung. Nachträglich finden viele, der Krieg gegen den Irak habe dem Fortschritt der Zivilisation doch irgendwie gedient. Aber das täuscht. In: SZ, 19.7.2003.
  • Der Geisterkrieg - Der Westen versucht, den Terrorismus in Afghanistan zu bekämpfen. Aber gegen die Attentäter helfen keine Bomben: Sie sind längst unter uns., SZ-Magazin, 29. Januar 2009 (Grundsätzliche Kritik am Konzept der deutschen Terrorbekämpfung)

Literatur

  • Jürgen Leinemann: Jürgen Todenhöfer, in: ders.: Macht. Psychogramme von Politikern. Frankfurt a. M. 1983.
  • Manfred Vasold: Kritik in Kürze. Argumente gegen den Irak-Krieg. Rezension: J. Todenhöfer, Wer weint schon um Abdul und Tanaya? Die Irrtümer des Kreuzzugs gegen den Terror. Freiburg 2003. In: Die Zeit Nr. 9, 2003.
  • Stephan Loos: Jürgen Todenhöfer warnt. Krieg kann nicht die einzige Antwort sein. In: Rheinischer Merkur Nr. 8, 20.2.2003.
  • Nils Minkmar: Sind wir die Terroristen?, Porträt über Jürgen Todenhöfer. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 23.3.2008, S. 29.
  • Andrea Böhm: Der Einzelkämpfer. In: Die Zeit Nr. 15, 3.4.2008.

Einzelnachweise

  1. http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,593206-2,00.html
  2. a b Mark Spörrle: „08/2003 S. 47 Der Friedenskämpfer“ Porträt in Die Zeit Nr. 08/2003
  3. „Nicht immer zu treffen, gehört dazu“. Interview der Süddeutschen Zeitung, 3. Oktober 2008
  4. vgl. Interview in junge Welt, 26. April 2008
  5. „Bin Laden tötete weniger Menschen als Bush“. Interview mit Jürgen Todenhöfer in: Stern, Nr. 31, 24. Juli 2008
Porträt des MDR vom 21. Januar 2003
taz vom 25. Juli 1987, 16. Januar 1993, 9. Februar 2000 und weitere
Verlagsinformation

Weblinks


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