Hofgärtner

Hofgärtner

Die Hofgärtner waren eine eigene Berufsgruppe an den fürstlichen Höfen bzw. beim reichsunmittelbaren Adel. Ihre Fähigkeiten vereinten im Idealfall die des Gärtners und des heutigen Landschaftsarchitekten.

Inhaltsverzeichnis

Berufsbild und Geschichte

Der im 18. Jahrhundert entstandene Begriff bezeichnet den Leiter eines Gartenreviers, das sich in Eigentum des Kaisers oder eines reichsunmittelbaren Adligen (vom Reichsgrafen aufwärts) befand. Die Hofgärtner grenzten sich ähnlich wie eine Zunft gegenüber anderen Gärtnern ab. Oft konnte der Sohn die Stelle vom Vater übernehmen, so bildeten sich große Hofgärtner-Dynastien wie die der Sello oder Lenné.

Der englische König Charles II. empfängt eine Ananas als Geschenk vom Königlichen Gärtner John Rose. Das Gemälde wird Hendrick Danckerts zugeschrieben, 1675.

Zur Ausbildung der Hofgärtner gehörten unter anderem Bildungsreisen zu den zur jeweiligen Zeit als besonders aktuell oder wichtig angesehenen Gartenanlagen im In- und Ausland. Bis zur Einrichtung der Gärtnerlehranstalten im 19. Jahrhundert waren solche Bildungsreisen für eine gute Ausbildung der Hofgärtner unerlässlich. Zu ihren Aufgaben gehörten Anlage und Unterhaltung der Gärten, besonders die Produktion von Obst und Gemüse für den Hof. Oft übernahmen sie auch den Entwurf von Neuanlagen oder Umgestaltungen.

In Preußen ist das Hofgärtnerwesen besonders gut erforscht. Preußens Herrscher holten sich die besten Gärtner und kreativen Köpfe der Garten- und Landschaftsgestalter gern von überall her, und es entstand eine vielstufige Verwaltung. Friedrich Wilhelm II. gründete 1787 in Potsdam – in Entsprechung zum Oberhofbauamt in Berlin – eine Garteninspektion. Ein Oberhofbaurat erstellte für die jeweiligen Gartenreviere Pläne und den zugehörigen Etat, der vom König genehmigt werden musste. 1798 wandelte Friedrich Wilhelm III. die Garteninspektion in eine Gartendirektion um und unterstellte sie dem Hofmarschallamt in Berlin. Der jeweilige Hofmarschall war nun als Gartenintendant für die Verwaltung der Gärten zuständig. Ihm unterstand der Gartendirektor als Vorgesetzter der Hofgärtner mit ihren Revieren (z. B. in Potsdam, Berlin, Rheinsberg, Kassel-Wilhelmshöhe und Königsberg).

Die leitenden Hofgärtner wohnten in der Regel auch direkt in den betreuten Gärten in einem eigenen, vom Hofarchitekten erbauten, und gehoben möblierten Hofgärtnerhaus. Manche enthielten Gästewohnungen, andere entwickelten sich geradezu zu einem gesellschaftlichen Treffpunkt. Hofgärtner hatten in der Regel Dienstpersonal, manchmal auch für ihre Reisen eine Kutsche zur Verfügung. Teilweise hatten sie bei besonderen Anliegen auch direkten Zugang zum König bzw. Fürsten. Dies zeigt die herausgehobene Stellung dieser leitenden Gärtner (und nicht zuletzt auch die Stellung der Gartenkunst insgesamt). Die Hofgärtner mussten allerdings auch ständig zur Stelle sein, um die Wünsche des Dienstherrn umgehend zu erfüllen.

Hofgärtner sind nicht zu verwechseln mit Gartendirektoren, Obergärtnern, Gartengesellen, Gartenknechten und Gartenarbeitern, die unter ihrer Leitung die praktische Arbeit machten.

Mit dem Ende der Monarchie gingen die Schlösser in staatlichen Besitz über, und die Nachfolgebehörde des Hofmarschallamtes wurde 1920 die Krongutsverwaltung, die 1927 in die Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten überging. Die Leiter der Gartenreviere wurden nun Garteninspektoren bzw. Gartenoberinspektoren genannt.

Bedeutende Hofgärtner-Dynastien

Preußen

Sonstige

Einzelne bedeutende Hofgärtner

Hofgärtnerhäuser

Das Hofgärtnerhaus in Potsdam-Sanssouci, erbaut für Hermann Sello von Ludwig Persius. Das Haus besaß eine eigene Gästewohnung, in dem viele prominente Besucher von Sanssouci weilten, z. B. Alexander von Humboldt. Andere Hofgärtnerhäuser, wie das in Düsseldorf, entwickelten sich geradezu zu einem gesellschaftlichen Treffpunkt.

Insbesondere Karl Friedrich Schinkel und Ludwig Persius entwarfen im 19. Jahrhundert Hofgärtnerhäuser nach dem Vorbild norditalienischer Pächterhöfe als Gebäudegruppen mit Turm und Anbauten, deren ausgewogene Anordnung einen malerischen Anblick bot.

  • Handmannsche Meierei am Kuhtor: Hofgärtnerhaus in Sanssouci.
  • Villa Sello: unterhalb der Großen Orangerie, 1841 von Persius für seinen Schwager Hermann Sello erbaut, 1912 umgesetzt.
  • Römische Bäder: Hofgärtnerwohnung und Gehilfenhaus nahe Schloss Charlottenhof.
  • Villa Illaire: Wohnhaus des Hofgärtners Voss aus dem 18. Jahrhundert, um 1845 nach Plänen von Persius für den Kabinettsrat Illaire umgebaut.
  • Hofgärtnerhaus im Park Babelsberg: von Johann Heinrich Strack als Landhaus im Cottage-Stil für Christoph Ferdinand Kindermann erbaut (im letzten Jahr seiner Amtszeit).

Am östlichen Ende der Gärten auf der berühmten Brühlschen Terrasse in Dresden wurde bereits vor 1761 ein Hofgärtnerhaus mit Orangerieflügel erbaut. Es brannte 1945 aus, wurde nach dem Krieg nach Entwurf von Heinrich Retting als evangelisch-reformiertes Gemeindehaus wiederaufgebaut, 1999 rekonstruiert und darin ein Café eingerichtet.

Im Schlossgarten Arnstadt befindet sich das älteste Gärtnerhaus Thüringens.

Das Hofgärtnerhaus Düsseldorf wurde nach Plänen von Nicolas de Pigage errichtet.

Literatur

  • Gerd Alpermann u. a.: Die Hofgärtnerfamilie Fintelmann in Potsdam und Berlin. In: Mitteldeutsche Familienkunde. Band X, Jahrgang 33, 1992, Heft 2, S. 250
  • Sonja Dümpelmann (Red.), Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (Hrsg.): Preußisch Grün: Hofgärtner in Brandenburg-Preußen. Begleitband zur Ausstellung „Preußisch Grün. Vom königlichen Hofgärtner zum Gartendenkmalpfleger“ Schloß Glienicke, Berlin, vom 18. Juli bis 17. Oktober 2004. Henschel, Leipzig 2004, ISBN 3-89487-489-9
darin enthaltene Beiträge:
S. 32–40: Rainer Herzog: Hofgärtner in Bayern. Ein Beitrag zur Berufsgeschichte der Gärtner in Deutschland
S. 41–105: Clemens Alexander Wimmer: Zur Geschichte der Verwaltung der königlichen Gärten in Preußen
S. 106–119: Jörg Wacker: Der schwierige Weg zu den Museumsgärten. Die Organisation der ehemaligen königlichen Hofgartenverwaltung und die staatliche Gartenverwaltung von 1918 bis 1945
S. 120–134: Clemens Alexander Wimmer: Zwischen Hofhandwerk und Zunft. Zur sozialen Stellung der Hofgärtner
S. 135–163: Clemens Alexander Wimmer: Die Ausbildung der Hofgärtner
S. 164–173: Clemens Alexander Wimmer und Michael Seiler: Wie Hofgärtner reisten
S. 174–186: Clemens Alexander Wimmer: Die Tätigkeiten der Hofgärtner
S. 302–339: Clemens Alexander Wimmer: Verzeichnis der Hofgärtner und leitenden Beamten der preußischen Gartenverwaltung bis 1945
  • E. Fintelmann: Die preußische Hofgärtnerfamilie Fintelmann. In: Genealogie. Band XXIV, 47./48. Jahrgang, 1998/99, S. 628
  • Jutta Fulsche (Bearb.), Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar (Hrsg.): Familiennachlass Sckell, (Repertorien des Thüringischen Hauptstaatsarchivs Weimar, Band 3), Thüringisches Hauptstaatsarchiv, Weimar 1996, ISBN 3-930969-02-5
  • Harri Günther: Zur Geschichte der Gärtnerfamilie Schoch. Dessauer Kulturspiegel, Nr. 5, Dessau, 1958
  • Mustafa Haikal: Der Kamelienwald. Die Geschichte einer deutschen Gärtnerei. Gustav Kiepenheuer Verlag, 2000, ISBN 3-378-01043-6 [über die sächsische Hofgärtner- und Handelsgärtnerfamilie Seidel]
  • Peter Lack: Die Gärtner- und Künstlerfamilie Sckell. In: Die Gartenkunst. Jahrgang 14, 2002, Heft 2, S. 195
  • Iris Lauterbach (Hrsg.): Friedrich Ludwig von Sckell (1750–1823). Gartenkünstler und Stadtplaner. Wernersche Verlagsanstalt, Worms 2002, ISBN 3-88462-190-4 (basiert auf den Vorträgen eines Symposiums vom 13. September 2000 im Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München; enthält auch die in „Die Gartenkunst“ enthaltenen Artikel von Lack und Woudstra)
  • Karl Lohmeyer: Südwestdeutsche Gärten des Barock und der Romantik mit ihren in- und ausländischen Vorbildern nach dem Arbeitsmaterial der saarländischen und pfälzischen Hofgärtnerfamilie der Koellner, (Saarbrücker Abhandlungen zur südwestdeutschen Kunst und Kultur, Band 1), Saarbrücken, 1937 [enthält Stammbäume der Hofgärtner-Familien Koellner, Petri und Sckell]
  • Gisela Langfeldt: Plantör auf Ihro Majestaet der Königin Lust Schloss Schönhausen. Die Hofgärtnerfamilie Nietner. In: Herold, Vierteljahresschrift. Band 16, Heft 4, IV Quartal, 2001, S. 77–89
  • Heike Palm und Hubert Rettich: Der Orangeriegärtner Georg Ernst Tatter und seine Söhne. Arbeits- und Lebenswelt einer hannoverschen Hofgärtnerfamilie des 18. Jahrhunderts. In: Arbeitskreis Orangerien in Deutschland (Hrsg.): „Von der Orangerie...“ und andere Gartengeschichten. Festschrift für Heinrich Hamann. Potsdam 2002, S. 140–175
  • Wolf Dietrich Penning: Die kurkölnischen Hofgärtner-Dynastien Lenné und Weyhe. Dokumente und Materialien zu ihrer Geschichte (1665–1866). In: Bonner Geschichtsblätter. Band 53/54, 2004, S. 153–202
  • Clemens Alexander Wimmer (Texte), Generaldirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (Hrsg.): Die preußischen Hofgärtner. Generaldirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Berlin 1996, S. 44–52
  • Jan Woudstra: The Sckell Family in England (1770–1830). In: Die Gartenkunst. Jahrgang 14, 2002, Heft 2, S. 211
  • Inge Zacher: Euer Wohlgeboren ergebenster Diener: Die Benrather Hofgärtner im 18. und 19. Jahrhundert. Ein Beitrag zum Baubeginn des neuen Benrather Schlosses vor 250 Jahren. In: Düsseldorfer Jahrbuch. Band 75, 2005, S. 187–220
  • Hofgärtner und Gelehrte. Ein Beitrag zur Geschichte der Coburger Hanff. In: Archiv für Sippenforschung. Jahrgang 41/42, 1975/76, S. 377–384

Weblinks


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