Izidor Kürschner

Izidor Kürschner

Izidor „Dori“ Kürschner, in Brasilien vornehmlich als Dori Kruschner bekannt, (* um 1885; † 1941 in Rio de Janeiro) war ein ungarischer Fußballspieler und -trainer. Als Spieler hatte er Erfolg mit MTK Budapest und spielte in der ungarischen Nationalmannschaft. Als Trainer reüssierte er in Deutschland mit dem 1. FC Nürnberg. Seine größten Erfolge feierte er aber in der Schweiz beim Grasshopper Club Zürich, mit dem er sieben Titel errang.

Die Ankunft von Izidor Kürschner in Rio de Janeiro brachte dem dortigen Fußball einen Innovationsschub, der entscheidend dazu beitrug, Brasilien als Weltmacht in diesem Sport zu etablieren.

Inhaltsverzeichnis

Der Spieler

Kürschner war ein auf der linken Seite angesiedelter Defensivspieler, auch Mittelläufer, der weniger durch seine Physis und Technik beeindruckte als durch sein geschicktes Stellungsspiel und seine Kopfballstärke. Sein Spiel zeichnete sich durch Simplizität und Entschlossenheit aus. Er spielte bei MTK Budapest und trug zu den Meisterschaftsgewinnen in den Jahren 1904 und 1908 sowie den Pokalsiegen von 1910, 1911 und 1912 bei. Zwischen 1907 und 1911 wurde er auch fünfmal in die ungarische Nationalmannschaft berufen.

Der Trainer

Anfänge in Budapest und Stuttgart

Izidor Kürschner begann seine Trainerlaufbahn 1918 bei seinem Stammverein MTK Budapest.

Doch schon im folgenden Jahr verschlug es ihn zu den Stuttgarter Kickers, wo er auf Anhieb die Kreismeisterschaft 1921 von Württemberg errang. In der Südgruppe der Endrunde zur Süddeutschen Meisterschaft reichte es aber nur zum dritten und damit letzten Platz hinter dem 1. FC Pforzheim und dem FC Wacker München. In der Folgesaison wurden die Kickers nur Vizemeister von Württemberg hinter den Lokalrivalen vom SC 1900 Stuttgart.

Meisterschaft mit Nürnberg

Kürschner war damit frei, und zur Meisterschaftsendrunde 1921 suchte der 1. FC Nürnberg um seine Dienste an. Dabei wurde mit dem 5:0-Erfolg gegen Vorwärts 90 aus Berlin, einem der Vorgängervereine des SV Blau-Weiß Berlin, die zweite Meisterschaft der Clubgeschichte eingefahren.

Nach diesem kurzfristigen Engagement wurde er für die kommende Spielzeit vom FC Bayern München als Nachfolger des großen Engländers - und vormaligen Meistertrainers der SpVgg Fürth - William Townley engagiert. Es reichte aber nur zum 2. Platz hinter dem Lokalrivalen FC Wacker in der Südbayerischen Liga.

1921/22 verbrachte Kürschner als erster hauptamtlicher Trainer bei Eintracht Frankfurt. Mit nur einer Niederlage wurde die Eintracht überlegener Meister der Kreisliga Nordmain, Abteilung I. In den Finalspielen um die Kreismeisterschaft gegen den Meister der Abteilung II erwies sich Germania 94 Frankfurt allerdings als zu starker Gegner für die Mannschaft vom Riederwald. Anschließend betreute Kürschner die Eintracht noch auf einer Osterreise nach Hamburg und Hannover sowie Anfang Mai bei einem Turnier in Berlin. Danach wechselte er zum 1. FC Nürnberg, mit dem er die Endrundenspiele um die Deutsche Meisterschaft bestritt. Bei der dritten Endspielteilnahme des 1. FC Nürnberg in Folge kam es im berühmten „Ewigkeitsfinale“ von 1922 gegen den Hamburger SV zu keiner Entscheidung.

Große Erfolge in der Schweiz

Danach arbeitete Kürschner lange Zeit in der Schweiz. In der Saison 1923/24 trainierte er den FC Nordstern Basel, wo er wiederum der erste hauptamtliche Trainer der Vereinsgeschichte war. Mit dem Aufstieg in die Erste Liga legte er dort den Grundstein für die erfolgreichste Zeit dieses Clubs.

Olympisches Silber der Nationalmannschaft

1924 gehörte Kürschner neben Teddy Duckworth und Jimmy Hogan zu den Trainern, die in Regionalgruppen die Schweizer Nationalspieler auf die Olympischen Spiele in Paris vorbereiteten. Hogan gilt übrigens auch als einer der großen englischen Fußballpioniere auf dem europäischen Kontinent: sein Name wird für immer verbunden bleiben mit dem österreichischen Wunderteam der 1930er und auch mit dem Aufstieg der Ungarn, welcher in den großen Erfolgen der 1950er Jahre mündete.

Unter der Leitung von Duckworth unterlagen die Eidgenossen bei den Olympischen Spielen in Paris erst im Finale gegen die Giganten jener Ära, der Nationalmannschaft aus Uruguay, in einem restlos überfüllten Stadion mit 0:3. Dies ist bis heute der größte Erfolg der Schweizer Fußballgeschichte.

Nach den Olympischen Spielen wurde Izidor Kürschner noch im selben Jahr kurzfristig der erste hauptamtliche Trainer von Schwarz-Weiß Essen. In jener Zeit besiegte Schwarz-Weiß in einem Privatspiel Kürschners Stammverein MTK Budapest mit 2-1.

Jahrzehnt der Triumphe mit den Grasshoppers

Mit dem Grasshopper-Club Zürich, bei dem Dori Kürschner von 1925 bis 1934 beschäftigt war, errang er die Schweizer Meisterschaft in den Spieljahren 1926/27, 1927/28, 1930/31 sowie vier Pokalsiege. Er verbleibt bis heute der zweiterfolgreichste Trainer in der Geschichte des Traditionsvereines.

„1931 wurde der GCZ von Fußballexperten aus ganz Europa zur viertstärksten europäischen Mannschaft gewählt“, vermeldet der Wikipedia Eintrag zu den Grasshoppers.

Nach Kürschners Abgang nahm der legendäre Österreicher Karl Rappan auf der Zürcher Trainerbank Platz und setze die Erfolge bis 1948 fort. Rappan war auch einer der Gründerväter der europäischen Clubwettbewerbe.

Letzte Spur in Rio de Janeiro

Wohl auch aufgrund des politischen Klimas in Europa zog es den Juden Kürschner danach von den Alpen nach Südamerika. Er kam im März 1937 in Rio de Janeiro an und bereits innerhalb eines Monats wurde er von CR Flamengo angeheuert, wo in jenen Tagen der legendäre Stürmer Leônidas da Silva, der famose Gummimann, spielte.

Flamengo

Bei den Rot-Schwarzen war Kürschner Nachfolger von Flávio Costa, der dort von September 1934 bis Januar 1937 als Spielertrainer fungierte. Costa wurde Assistenztrainer Kürschners und sollte ihn am Ende auch im Cheftrainer-Amt beerben.

Filmkarte zu "Alma e Corpo de uma Raça" (1938) mit Flamengo-Fahne

Costa sollte danach nicht nur mit Flamengo eine beträchtliche Titelsammlung anhäufen, sondern auch mit den Ortsrivalen CR Vasco da Gama große Erfolge feiern. Darüber hinaus führte er die brasilianische Nationalmannschaft zu ihrem weiland erst dritten Erfolg in der Copa América und letztendlich auch zur Vizeweltmeisterschaft von 1950. Flávio Costa gilt in Brasilien bis heute als einer der größten Trainer der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts.

Izidor Kürschner propagierte in Brasilien einen defensiveren Stil und führte Dinge wie das Training ohne Ball ein. Am wichtigsten ist aber wohl, dass er das seit den 1920er Jahren in England gebräuchliche WM-System verbreitete. Zudem machte Kürschner im Verlauf der Vorbereitungen Brasiliens auf die Weltmeisterschaft 1938 - wo die Nationalmannschaft erstmals einen Platz unter den ersten vier erreichen sollte - die Verbandstrainer mit europäischer Fußball- und Trainingsmethodik vertraut.

Dori Kürschners Zeit bei Flamengo ging zu Ende, als am ersten Spieltag der Staatsmeisterschaft von Rio im September 1939 das Spiel gegen Vasco da Gama, das auch zur Einweihung des neuen Stadions von Flamengo, dem Estádio da Gávea, diente, mit 0:2 verloren ging. Dies löste eine Krise aus und Kürschner wurde umgehend entlassen.

Botafogo

Seine von 1939 bis 1940 währende Anstellung bei Botafogo FR, einem Traditionsverein, der in jenen Jahren sein Quartier noch in der Nähe des Stadtteils Flamengo hatte, ist die letzte Spur, die von ihm existiert. Izidor verstarb 1941, im Alter von nur 56 Jahren in Rio[1] vermutlich an einer Virusinfektion.

Izidor Kürschner war der erste von letztendlich nur drei europäischen Trainern, die sich bislang in Brasilien durchsetzen konnten. Seine Landsleute Gyula Mándi (gelegentlich auch Julius oder Gyula Mandel genannt) beim América FC in Rio sowie der famose Béla Guttmann beim São Paulo FC sollten ihm in den 1950er Jahren nachfolgen. Auch diese beiden waren Spieler des MTK Budapest.

Film

Izidor Kürschner ist im 1938 gedrehten brasilianischen Film Alma e Corpo de uma Raça („Seele und Körper einer Rasse“)[2] von Milton Rodrigues (1905-1972) zu sehen. In einer das reale Leben beschreibenden Szene tritt er im Rahmen eines Derby-Matches von Flamengo gegen Fluminense auf.

Referenzen

Fußnoten

  1. Ruy Castro, Flamengo: o vermelho e o negro, S. 84, 2004
  2. Eintrag bei IMDB

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