Jenny Gröllmann

Jenny Gröllmann

Jenny Gröllmann (* 5. Februar 1947 in Hamburg; † 9. August 2006 in Berlin) war eine deutsche Schauspielerin.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Jenny Gröllmann war die Tochter von Otto und Gertrud Gröllmann. Ihr Vater, der in den 1930er Jahren auf Seiten der Zweiten Spanischen Republik am Spanischen Bürgerkrieg teilgenommen hatte,[1] und im Widerstand während des Nationalsozialismus mit der Hamburger Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe zusammenarbeitete, war Bühnenbildner. Ihre Mutter war Theaterfotografin und später Bildchefin der Zeitschrift Das Magazin.

1949 übersiedelte die Familie aus beruflichen Gründen mit der zweijährigen Jenny in die Sowjetische Besatzungszone nach Schwerin und zog 1955 schließlich nach Dresden um, wo der Vater eine neue Anstellung erhalten hatte. Jenny Gröllmann ging dort zur Schule und entwickelte früh eine Leidenschaft für das Theater. Bereits als 14-Jährige spielte sie 1961 die Hauptrolle in Brechts „Die Gesichte der Simone Machard“ unter der Regie von Ottofritz Gaillard.

Von 1963 bis 1966 besuchte Jenny Gröllmann die Staatliche Schauspielschule Berlin. Nachdem sie diese abgeschlossen hatte, bekam sie eine Anstellung am Berliner Maxim Gorki Theater, an dem sie insgesamt 26 Jahre engagiert war. Sie debütierte an dieser Spielstätte in IbsensNora“ in der Rolle eines Hausmädchens. Dennoch verlief ihre Theaterkarriere anfangs eher unglücklich, nachdem Kunderas damals politisch umstrittenes Werk „Die Besitzer der Schlüssel“ nicht aufgeführt werden konnte, in dem sie mit ihrer ersten Hauptrolle besetzt war.[2] So blieb ihr vorerst der große Durchbruch als Theaterdarstellerin verwehrt, dennoch wurde sie in der Folgezeit mit zahlreichen Bühnenaufgaben betraut. Bereits 1967 feierte sie mit dem DEFA-Film „Geschichten jener Nacht“ ihr Leinwanddebüt, weitere DEFA-Streifen und Fernseharbeiten folgten. Nach Erfolgen am Maxim Gorki Theater erhielt sie auch Engagements am Berliner Renaissance-Theater, am Schlosspark-Theater und den Hamburger Kammerspielen. Im bundesdeutschen Fernsehen wurde sie in der Rolle der Rechtsanwältin Isolde Isenthal in der Fernsehserie Liebling Kreuzberg mit Manfred Krug bekannt.

1969 brachte Jenny Gröllmann ihre Tochter Jeanne zur Welt, die einer Verbindung mit Thomas Goguel entstammt und heute als Maskenbildnerin tätig ist. 1973 heiratete Gröllmann den Regisseur Michael Kann.[2] Nach der Scheidung von Kann Anfang der 1980er Jahre war sie zwischen 1984 und 1990 mit dem Schauspieler Ulrich Mühe verheiratet. Aus der Ehe ging 1985 ihre Tochter Anna Maria Mühe hervor, die ebenfalls Schauspielerin wurde. Nach der Scheidung von Mühe lebte Gröllmann mit dem Filmarchitekten Claus-Jürgen Pfeiffer zusammen, den sie 2004 heiratete.[3]

1999 erkrankte Jenny Gröllmann an Brustkrebs. Nach anfänglichen Therapieerfolgen wurde 2002 und 2005 bei der Schauspielerin erneut Krebs diagnostiziert,[3] so dass sie 2005 ihre Rolle in der Fernsehserie Sturm der Liebe aufgeben musste. Im August 2006 erlag Gröllmann im Alter von 59 Jahren der Krebserkrankung. Ihre letzte Ruhestätte fand sie auf dem Französischen Friedhof in Berlin.[4]

Kontakte zum Ministerium für Staatssicherheit

Die Zeitschrift Superillu veröffentlichte 2001 Auszüge aus einer 522-seitigen Akte[5] der Gauck/Birthler-Behörde, nach der Jenny Gröllmann zwischen 1979 und 1989 als IM „Jeanne“ bei der HA II/13 des MfS geführt wurde. Laut Akte habe „die Kandidatin“ das Pseudonym Jeanne nach dem Namen ihrer Tochter selbst gewählt.[6] IM Jeanne gab unter anderem Auskunft über mögliche Fluchtabsichten von Mitgliedern des Gorki-Ensembles.[6] Nach Interview-Äußerungen Ulrich Mühes über die Vorwürfe im 2006 erschienenen Buch zum Film Das Leben der Anderen erwirkte Gröllmann mit einem Anwalt aus der Berliner Sozietät der Rechtsanwälte Panka, Venedey, Kolloge, Gysi, Langer vor dem Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung gegen den Suhrkamp-Verlag sowie gegen ihren Ex-Ehemann. Sie erklärte eidesstattlich, sie habe nie wissentlich mit dem Ministerium für Staatssicherheit zusammengearbeitet. Gestützt wurde ihre Darstellung durch die Aussage des mit dem Vorgang befassten ehemaligen Stasi-Majors, er habe sich ihr gegenüber stets als Kriminalpolizist ausgegeben und Teile der Akte gefälscht.[5] Zahlreiche angebliche Treffen mit dem mutmaßlichen Führungsoffizier wurden in der MfS-Akte zu Zeiten vermerkt, zu denen die Schauspielerin nach den vorhandenen Aufführungsprotokollen des Maxim Gorki Theaters auf der Bühne stand.[7]

Ein Gutachten des Forschungsverbunds SED-Staat der Freien Universität Berlin kam hingegen zu dem Schluss, das MfS-Schriftgut weise Jenny Gröllmann eindeutig als IM des MfS aus.[8] Das Gericht ließ dieses Gutachten sowie die belastenden Aussagen der Gauck-/Birthler-Behörde jedoch nicht gelten, weil es den Akteninhalt juristisch nur als Indiz, nicht aber als Beweis wertete. Das Gericht gab dem Antrag Gröllmanns daher statt und untersagte die weitere Verbreitung des Buchs in der ursprünglichen Form.[9] Daher wird das Filmbuch mit geschwärzten Zeilen mancher Antworten Mühes zu seiner Ex-Frau verkauft. Den Widerspruch Mühes wies das Gericht ab und untersagte ihm, Jenny Gröllmann weiterhin als IM zu bezeichnen, da die Unterlagen des MfS nur „Verdachtsmomente“, jedoch keine Tatsachen lieferten.[10][11] Nachdem er sich fast ein Jahr lang mit allen Mitteln gewehrt hatte, erkannte der Verlag im Dezember 2006 im Rahmen eines Rechtsstreits an, die Äußerungen Ulrich Mühes nicht mehr zu verbreiten.[12]

Am 18. April 2008 untersagte das Berliner Kammergericht auch dem Magazin Focus, Jenny Gröllmann als IM zu bezeichnen. [13]

Auszeichnungen

Filmografie

  • 1967: Geschichten jener Nacht
  • 1968: Ich war neunzehn
  • 1971: Salut Germain (Fernsehserie)
  • 1971: Kennen Sie Urban
  • 1971: Filmemacher (TV)
  • 1972: Polizeiruf 110, Folge 3: Die Maske (Fernsehserie)
  • 1973: Eva und Adam (TV)
  • 1975: Broddi (TV)
  • 1977: Die Flucht
  • 1978: Polizeiruf 110, Folge 52: Bonnys Blues (Fernsehserie)
  • 1979: Die Birke da oben (TV)
  • 1979: Hochzeit in Weltzow (TV)
  • 1980: Veszélyes játékok (Ernste Spiele)
  • 1982: Dein unbekannter Bruder
  • 1983: Polizeiruf 110, Folge 83: Die Spur des 13. Apostels (Fernsehserie)
  • 1983: Es geht einer vor die Hunde (TV)
  • 1984: Ich sehe was, was du nicht siehst (TV)
  • 1984: Heiße Ware in Berlin (TV)
  • 1984: Die Poggenpuhls (TV)
  • 1984: Isabel auf der Treppe
  • 1984: Polizeiruf 110, Folge 92: Draußen am See (Fernsehserie)
  • 1985: Hälfte des Lebens
  • 1986: Das Buschgespenst (TV)
  • 1987: Kiezgeschichten (Fernsehserie)
  • 1987: Polizeiruf 110, Folge 111: Unheil aus der Flasche (Fernsehserie)
  • 1988: Polizeiruf 110, Folge 124: Flüssige Waffe (Fernsehserie)
  • 1988: Passage (TV)
  • 1990: Die Ritter der Tafelrunde (TV)
  • 1993: Wer zweimal lügt
  • 1993: Tatort Berlin – beste Lage (TV)
  • 1993: Ein Fall für zwei, Folge 106: Rache (Fernsehserie)
  • 1994: Liebling Kreuzberg, 4. Staffel, Folgen 28–40 (Fernsehserie)
  • 1994: Tatort, Folge 288: Ein Wodka zu viel (Fernsehserie)
  • 1995: Blutspur in den Osten
  • 1995: Zu Fuß und ohne Geld (TV)
  • 1995: Unser Lehrer Doktor Specht (Fernsehserie, Staffel 4 als Fräulein Conradi)
  • 1996: Unschuldig verurteilt? (TV)
  • 1997: Mord im Schlachthof (TV)
  • 1997: Tod eines Callgirls (TV)
  • 1997: Nur für eine Nacht (TV)
  • 1997: Mord für eine Schlagzeile (TV)
  • 1997: Saskia – Schwanger zum Sex gezwungen (TV)
  • 1998: In aller Freundschaft (Fernsehserie)
  • 1998: Im Namen des Gesetzes, Folge: Hinter Gittern (Fernsehserie)
  • 1999: Gaukler der Liebe (TV)
  • 1999: Schwurgericht – Seitenwechsel (TV)
  • 1999: Die Straßen von Berlin (Fernsehserie)
  • 2000: Verzweiflung
  • 2000: Großstadtrevier, 10. Staffel, Folge 10: Glaubenssache (Fernsehserie)
  • 2000: SOKO 5113, 19. Staffel, Folge 9: Die Eisprinzessin (Fernsehserie)
  • 2001: Die keusche Göttin (TV)
  • 2001: Stahlnetz, Folge 25: Innere Angelegenheiten (Fernsehserie)
  • 2001: Für alle Fälle Stefanie, 8. Staffel, Folge 5: Kein Erbarmen mit Mama (Fernsehserie)
  • 2002: Mama und ich (Fernsehserie)
  • 2002: Der Bulle von Tölz, Folge 36: Mord mit Applaus (Fernsehserie)
  • 2002: Im Visier der Zielfahnder (Fernsehserie)
  • 2002: Anstalt – Zurück ins Leben (Fernsehserie)
  • 2002: Die Hinterbänkler, Folge: Die Partei hat immer Recht (Fernsehserie)
  • 2003: Edel & Starck, 2. Staffel, Folge 6: Mord ist sein Hobby (Fernsehserie)
  • 2003: Zutaten für Träume
  • 2003: Abschnitt 40, 2. Staffel, Folge 14: Schattenboxen (Fernsehserie)
  • 2004: Polizeiruf 110, Folge 253: Das Zeichen (Fernsehserie)
  • 2004: Das blaue Wunder (TV)
  • 2004: Erbsen auf halb 6
  • 2005: Tatort, Folge 610: Leiden wie ein Tier (Fernsehserie)
  • 2005: Sturm der Liebe (Fernsehserie)
  • 2008: Ich will da sein – Jenny Gröllmann (Dokumentarfilm über Jenny Gröllmann)

Literatur

  • Heidrun Borchert: Ich habe am Theater mein Handwerk gelernt: Jenny Gröllmann. In: Barbara Molsen (Hrsg.): Zwischentöne. Gespräche mit Schauspielern und Regisseuren. Verlag Das Neue Berlin, Berlin 1996, S. 141–154, ISBN 3-359-00773-5.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Florian Henckel von Donnersmarck: Das Leben der anderen. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main.- 2006, ISBN 3-518-45786-1, S. 202
  2. a b Regine Silvester: Langer Abschied. Berliner Zeitung vom 10. August 2006, S. 25
  3. a b Regine Sylvester: Die Zielperson. Berliner Zeitung vom 3. Mai 2006, S. 3
  4. knerger.de: Das Grab von Jenny Gröllmann
  5. a b Jürgen Schreiber: Der Verführungsoffizier. Der Tagesspiegel vom 28. April 2006, S. 3
  6. a b Vgl. Jürgen Schreiber: Die Stasi lebt - Berichte aus einem unterwanderten Land, München 2009, S. 191-199.
  7. Vorstellungsbücher des Maxim Gorki Theaters 1981/82
  8. SPIEGEL ONLINE: Stasi-Vorwürfe: Gröllmann war IM und wusste es nicht. 28. April 2006
  9. SPIEGEL ONLINE: „Das Leben der Anderen“: Gericht stoppt Suhrkamp-Buch. 13. April 2006
  10. SPIEGEL ONLINE: Mühe-Prozess: Gröllmann darf nicht IM genannt werden. 4. Juli 2006
  11. Dieter Krause, Werner Mathes: „Ich muss das zu Ende bringen - meinetwegen bis zum Tod“: Jenny Gröllmann im Stern-Interview. Stern 30/2006 vom 19. Juli 2006, S. 120–124
  12. Anerkenntniserklärung der Rechtsvertreter des Suhrkamp-Verlages im Rechtsstreit vor dem Landgericht Berlin vom 19. Dezember 2006; Anerkenntnisurteil des Landgerichts Berlin, Az.: 27 O 757/06 vom 18. Januar 2007
  13. Meldung in Spiegel Online. Diese Entscheidung ist rechtskräftig, nachdem der Bundesgerichtshof die Beschwerde des Focus auf Zulassung der Revision mit Beschluss vom 15. Dezember 2009 zurückwies, Az.: VI ZR 132/08.

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