- Jerry Lee Lewis
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Jerry Lee Lewis (* 29. September 1935 in Ferriday, Louisiana, USA) ist ein US-amerikanischer Rock-’n’-Roll- und Country-Musiker. Lewis ist vor allem für sein aggressives Klavierspiel und seine legendäre Bühnenpräsenz bekannt.
In den 1950er-Jahren hatte er mit Whole Lotta Shakin’ Goin’ On, Great Balls of Fire und Breathless einige bedeutendere Hits im Rock-’n’-Roll-Genre. Nach einem Skandal gegen Ende des Jahrzehnts konzentrierte er sich verstärkt auf Country-Musik, mit der er sich in den 1960er- und 1970er-Jahren an die Spitze der Country-Charts hocharbeitete.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Kindheit und Jugend
Jerry Lee Lewis wurde 1935 in dem kleinen Ort Ferriday in Louisiana geboren und wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Trotzdem war es den Eltern Elmo und Mamie Lewis möglich, für ihren Sohn ein Klavier zu kaufen. Zusammen mit seinen Cousins Jimmy Lee Swaggart und Mickey Gilley, die später beide ebenfalls eine Karriere in der Musikszene begannen, nahm Lewis Klavierunterricht und zeigte bald besonderes Talent für das Instrument. Lewis wurde während dieser Zeit vom Boogie Woogie, dem Rhythm and Blues sowie von Gospel und der Country-Musik beeinflusst; alle Stile vereinigte er in seinem Klavierspiel. Schon mit 14 hatte er den Stil, den er später bei seinen Aufnahmen anwenden sollte: mit der linken Hand erzeugte er einen starken Boogie-Woogie-Hintergrund, während er mit rechts schnelle, mit Gospel angereicherte, Melodien spielte.
Rock-’n’-Roll-Star der 1950er-Jahre
Lewis’ Mutter hatte andere Pläne für ihren Sohn. Sie schickte ihn in ein Priester-College, aus dem er jedoch wegen seines Verhaltens wieder entlassen wurde. Daraufhin zog der 21-jährige Pianist nach Memphis (Tennessee). Memphis war bekannt für die Entwicklung des Rockabilly und seine lebendige Musikszene. Schnell bekam Lewis eine Anstellung als Musiker in einer Bar. Dort lernte er den Musiker Roy Hall kennen, der ihn zu fördern begann. Hall war ebenfalls Pianist und hatte bereits einige Platten eingespielt. Hall schrieb zusammen mit Dave Williams auch Lewis’ späteren Hit Whole Lotta Shakin’ Goin’ On. Lewis spielte 1956 der Plattenfirma Sun Records vor, die bereits Rockabilly-Musiker wie Elvis Presley, Carl Perkins, Johnny Cash und Roy Orbison unter Vertrag hatte. Besitzer Sam Phillips war zwar gerade in den Urlaub gereist, aber sein Mitarbeiter Jack Clement hörte sich Lewis an und entschied, eine Probeaufnahme anzusetzen.
Clement holte den Gitarristen Roland Janes und den Schlagzeuger Jimmy Van Eaton dazu, die er bei Fernwood Records kennengelernt hatte und setzte sie mit Lewis am 4. November 1956 zusammen. Während einer Pause hatte Clement vergessen, die Aufnahmegeräte auszustellen. In dieser Pause kam Sun-Künstler Billy Lee Riley in das Studio und begann, mit Lewis Ralph Mooneys Crazy Arms auf der Gitarre zu spielen. Roland Janes kam hinzu und nahm sich einen alten Kontrabass. Janes erinnerte sich später an die Aufnahme:
“I came out of the washroom about halfway through the song and picked up an old upright bass and started playing it – and I don’t play upright bass. Fortunately, I wasn’t close to a microphone. On that song, there are technically only two instruments, drums and piano.[1]”
Als Clement Sam Phillips die Bänder vorspielte, rief er: „Just get him [Jerry Lee Lewis] in here as fast as you can!“ Phillips ließ Lewis erneut Crazy Arms mit Lewis' eigener Boogie-Version des Jug-Band-Songs End of the Road einspielen. Crazy Arms wurde zwar kein nationaler Hit, Sam Phillips entschied sich jedoch aufgrund der regionalen starken Verkäufe Lewis unter Vertrag zu behalten. Er spürte, dass Lewis Potential zum Star hatte und besorgte ihm Arbeit, wo er nur konnte. Anfang 1957 ersetzte er den unzuverlässigen Pianisten Smokey Joe Baugh bei den Snearly Ranch Boys, spielte Klavier bei Sessions von Carl Perkins, Billy Lee Riley, Johnny Cash, Ray Harris, Jimmy Wages und vielen weiteren und bekam einige kleine Auftritte in Tanzhallen von Arkansas. Am 23. Februar 1957 hatte Lewis seinen ersten großen Auftritt im Big D Jamboree, einer Live-Countryshow aus Dallas, Texas und am 31. März startete er seine erste Tournee mit Cash, Perkins und Onie Wheeler. Während dieser Zeit entwickelte er seine starke Bühnenpräsenz. Lewis war unzufrieden, da er auf der Bühne am Klavier „gefesselt“ war und nicht wie beispielsweise Carl Perkins mit der Gitarre auf der Bühne tanzen konnte. Perkins gab ihm den Rat, den Hocker einfach wegzutreten.
Phillips dachte, er könnte aus Lewis einen wahren Rock’-n’-Roll-Star machen, daher steckte er entgegen seiner sonstigen Verfahrensweise alle finanziellen Mittel in die nächste Single, Whole Lotta Shakin’ Goin’ On. Lewis hatte das Stück in einem Club von Roy Hall gehört, und im Sommer 1957 stand der Song auf Platz Eins der Memphis Charts. Am 12. Juni erreichte die Single auch die Country-Charts und zwei Wochen später stieg sie auf Platz 70 in die nationalen Top-100 Billboard-Charts ein. Doch danach ließen die Anfragen für Whole Lotta Shakin’ Goin’ On nach; die expliziten Texte und Lewis’ wilde Auftritte trugen offensichtlich nicht zu seinem guten Ruf bei. Sam Phillips besorgte ihm daraufhin einen Auftritt in der bekannten Steve Allen Show und nach seiner Darbietung am Abend des 28. Juli kletterte die Single auf Platz Eins der Country- und R&B-Charts sowie auf Platz Zwei der Top-100.
Im Dezember 1956 war Lewis als Pianist bei einer Session für Carl Perkins anwesend, bei der unter anderem Matchbox und Your True Love eingespielt wurden. Am Ende dieser Aufnahmen begann jenes musikhistorische Ereignis, das später als „Sun Session“ oder Million Dollar Quartet in die Geschichte eingehen sollte. Lewis spielte mit Cash, Presley, Perkins und einigen weiteren Musikern im Studio ein paar alte Songs, die Phillips aufnehmen ließ.
Es folgten weitere Hits wie Great Balls of Fire, dessen Besetzung aus Gesang, Klavier und Schlagzeug bestand, und Breathless. Lewis’ Bühnenauftritte wurden immer legendärer. Er spielte jetzt mit Händen und Füßen auf dem Klavier, stieß den Hocker weg und tanzte um das Klavier oder zündete es sogar an. Er war regelmäßig im American Bandstand zu sehen und hatte weitere Auftritte im nationalen Fernsehen. Er spielte ebenfalls in dem Film Jamboree mit.
Jerry Lee Lewis spielte auch im Privatleben stets den wilden Mann. Nachdem 1958 bei einer England-Tournee bekannt geworden war, dass er seine erst dreizehnjährige Cousine Myra Gale Brown, die Tochter seines Bassisten J.W. Brown, geheiratet hatte, schien seine Karriere beendet zu sein. Die Tournee musste er wegen dieses Skandals abbrechen, doch auch die US-amerikanische Öffentlichkeit war entsetzt. Man bezeichnete ihn als „Kinderräuber“ (cradle snatcher), und seine Platten wurden aus den Radioprogrammen genommen. Lewis blieb nichts anderes übrig, als in kleinen Clubs zu spielen. Erst Anfang der 1960er Jahre arbeitete er sich mühsam wieder nach oben. Er hatte einige Hits und wurde allmählich wieder von der Öffentlichkeit akzeptiert. Die große Zeit des Rock ’n’ Roll war jedoch vorbei, und so blieb der ganz große Erfolg aus.
Karriere als Country-Musiker
1963 wechselte Lewis zur Plattenfirma Smash Records. Ein Jahr später fanden seine legendären Auftritte im Star-Club in Hamburg statt. Das Live-Album, das während einer dieser Auftritte entstand, setzte damals neue Maßstäbe in Bezug auf Klang und künstlerische Darbietung und gilt noch heute als eines der besten Live-Alben der Rockgeschichte. Ab Mitte der 60er Jahre widmete sich Jerry Lee Lewis immer mehr der Country-Musik und errang in dieser Sparte Ende der 1960er- und Anfang der 1970er-Jahre große Erfolge. Einige seiner großen Hits aus dieser Zeit waren What’s Made Milwaukee Famous (Has Made a Fool out of Me) (Platz zwei), Me and Bobby McGee (Platz Eins) oder Chantilly Lace (Platz Eins). Bei Live-Auftritten spielte Lewis allerdings weiterhin auch wilden Rock ’n’ Roll. Im Zuge des aufziehenden Rock-Revivals wurde er 1969 beim Rock-’n’-Roll-Revival in Kanada vom breiten Publikum wiederentdeckt. Seine letzte Chartplatzierung hatte Lewis 1983 mit Why You Been So Long, das Platz 69 der Country-Charts erreichte.
Privat erlebte Lewis mehrere Schicksalsschläge. Zwei seiner Söhne starben bei Unfällen, seine vierte Ehefrau ertrank im Swimmingpool, seine fünfte starb an einer Überdosis Drogen. Kurz darauf heiratete er zum sechsten Mal, ist inzwischen wieder geschieden und lebt mit seiner Tochter Phoebe auf seiner Ranch in Nesbit (Mississippi).
Gegenwart
Durch sein fortschreitendes Alter und sein exzessives Leben – lange Zeit hat er Drogen konsumiert – ist Jerry Lee Lewis mittlerweile körperlich schwer gezeichnet. Trotzdem tritt er noch regelmäßig auf und unternimmt sogar Tourneen mit anderen Rock-Legenden wie Chuck Berry und Little Richard. Als letzter Überlebender des berühmten sogenannten „Million Dollar Quartets“ (außer ihm noch Elvis Presley, Johnny Cash und Carl Perkins) brachte er 2006 die CD Last Man Standing mit 22 Gaststars, darunter Jimmy Page, die Rolling Stones, Bruce Springsteen, Tom Jones und Rod Stewart, heraus. Außerdem war er 1985 ein Mitglied der Class of '55, einem Elvis-Presley-Tribut bestehend aus ihm, Johnny Cash, Roy Orbison und Carl Perkins.
1989 wurde sein Leben unter dem Titel Great Balls of Fire! mit Dennis Quaid und Winona Ryder in den Hauptrollen verfilmt. Das Buch, das dem Drehbuch zugrunde liegt, wurde von Myra Lewis und Murrey Silver jr. geschrieben, der Film kam in Deutschland am 21. September 1989 in die Kinos.[2] Lewis nahm seine Songs für den Soundtrack neu auf, war jedoch mit der Darstellung seiner Person im Film nicht einverstanden.[3] 2005 wurde Lewis in der Johnny-Cash-Filmbiografie Walk the Line von Waylon Malloy Payne verkörpert.
In vielen Interviews gibt er an, neben seinem eigenen, von Gott gegebenen Talent, nur drei andere Musiker als Stilisten zu akzeptieren: Al Jolson, Jimmie Rodgers und Hank Williams.
Diskografie
Alben
- 1957: Jerry Lee Lewis [1957]
- 1961: Jerry Lee’s Greatest
- 1964: Live at the Star Club Hamburg
- 1964: The Greatest Live Show on Earth
- 1965: Country Songs for City Folks
- 1965: The Return of Rock
- 1967: Breathless
- 1967: Soul My Way
- 1968: Got You on My Mind
- 1968: In Demand
- 1968: Unlimited
- 1969: All Country
- 1969: Another Place Another Time
- 1969: Country Music Hall of Fame
- 1969: Country Music Hall of Fame, Vol. 2
- 1969: She Still Comes Around (To Love What's Left of …)
- 1970: Ole Tyme Country Music
- 1970: She Even Woke Me Up to Say Goodbye
- 1970: Taste of Country
- 1970: Together (Linda Gail)
- 1971: Roots
- 1971: The Golden Cream of the Country
- 1971: There Must Be More to Love Than This
- 1971: Touching Home
- 1972: Rockin’
- 1972: Southern Roots Radio Special
- 1972: The Killer Rocks On
- 1972: Who’s Gonna Play This Old Piano
- 1972: Would You Take Another Chance on Me
- 1973: I-40 Country
- 1973: Live at the International
- 1973: Sometimes a Memory Ain’t Enough
- 1973: The Session
- 1974: Southern Roots
- 1974: Sunstroke (mit Carl Perkins)
- 1975: Boogie Woogie Country Man
- 1975: I’m a Rocker
- 1975: Odd Man In
- 1976: Country Class
- 1977: Country Memories
- 1978: In Loving Memories
- 1978: Jerry Lee Lewis Keeps on Rockin’
- 1979: Jerry Lee Lewis [1979]
- 1980: When Two Worlds Collide
- 1983: My Fingers Do the Talkin’
- 1984: Fan Club Choice
- 1984: I Am What I Am
- 1985: I’m on Fire
- 1989: That Good Old Times
- 1990: Rocket
- 1991: Jerry Lee Lewis: Portrait
- 1995: Young Blood
- 1995: Concert [live]
- 1996: Jerry Lee Lewis [Laserlight]
- 1997: The Original Great Balls of Fire
- 1999: At the Palomino [live]
- 1999: Live at Gilley’s
- 2003: The Jerry Lee Lewis Silver Eagle Show
- 2003: From the Front Row: Live
- 2003: Middle Aged Crazy: Live!
- 2006: Last Man Standing
- 2007: Last Man Standing: Live [CD/DVD]
- 2007: Live from Austin, TX
- 2008: Absolutely Live!
- 2009: Mean Old Man (EP)
- 2010: Mean Old Man
Filmografie
- 1985 High School Confidential [Video]
- 1986 Killer Performance [live]
- 1989 Great Balls of Fire [Video]
- 1991 Jerry Lee Lewis and Friends [Video/DVD]
- 1992 Shindig! Presents: Jerry Lee Lewis
- 1995 I Am What I Am [Video]
- 1996 Show
- 2001 Jerry Lee Lewis: The Story of Rock and Roll [Document]
- 2002 Story of Rock & Roll [Video/DVD]
- 2002 The Jerry Lee Lewis Show
- 2002 Jerry Lewis Show
- 2005 Legends in Concert: Inside & Out [live]
- 2005 Jerry Lee Lewis [CD/DVD]
- 2006 Most Famous Hits [DVD]
- 2006 Great Balls of Fire – In Concert [live]
- 2007 Last Man Standing: Live [DVD]
- 2007 Greatest Live Performances of the 50s, 60s and …
- 2007 Jerry Lee Lewis: Greatest Ever Performan
- 2007 Live from Austin, TX [DVD]
- 2007 Killer Piano (Alfred's Artist Series) [DVD]
- 2007 The Anthology
- 2007 Breathless [DVD]
- 2007 Country Legends Live Mini Concert
Auszeichnungen
- 1986: Aufnahme in die Rock and Roll Hall of Fame
- 2005: Verleihung des Lifetime Achievement Award für sein Lebenswerk
- Aufnahme in die Rockabilly Hall of Fame
Literatur
- Nick Tosches: Hellfire - The Jerry Lee Lewis Story. Edition Tiamat, Berlin 2007, ISBN 978-3-89320-119-8.
- Myra Lewis, Murrey Silver Jr.: Great Balls of Fire! - Jerry Lee Lewis - Ein Leben für den Rock'n'Roll. Goldmann, ISBN 3-442-09718-5.
Weblinks
Commons: Jerry Lee Lewis – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Literatur von und über Jerry Lee Lewis im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Jerry Lee Lewis in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
- Offizielle Internetpräsenz (englisch)
- Jerry Lee Lewis bei der Rock'n'Roll AG
- 1st. Bavarian Jerry Lee Lewis Site
- Manfred Prescher über das Album „Last Man Standing“ in EVOLVER.at
Einzelnachweise
- ↑ Colin Escott: Good Rockin’ Tonight: Sun Records and the Birth of Rock ’n’ Roll. S. 192; St. Martin’s Press. ISBN 0-312-08199-5.
- ↑ IMDB.com
- ↑ Trivia-Seite zu »Great Balls of Fire!« (IMDB.com, englisch)
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