Jurij Luzenko

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Jurij Luzenko

Jurij Witalijowytsch Luzenko (ukrainisch Юрій Віталійович Луценко, wiss. Transliteration Jurij Vitalijovyč Lucenko; * 14. Dezember 1964 in Riwne) ist ein ukrainischer Politiker. Er war von Februar 2005 bis Dezember 2006 und erneut von Dezember 2007 bis zum Januar 2010 Innenminister der Ukraine.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Familienhintergrund

Jurij Luzenkos Vater, Witalij Luzenko (1937 - 1999), war hochrangiges Mitglied der ukrainischen Sektion der KPdSU. Er war zunächst Erster Sekretär des Regionalkomitees der KP in der Oblast Riwne und später in Kiew Deputierter des Obersten Sowjets der Ukrainischen SSR sowie Sekretär des ZK der Kommunistischen Partei der Ukraine. Luzenkos Mutter, Wira Luzenko (* 1936), ist Veterinärmedizinerin.

Ausbildung und berufliche Laufbahn

Luzenko studierte seit 1982 am Lemberger polytechnischen Institut Elektrotechnik und verließ es — nach einer zweijährigen Unterbrechung durch den Armeedienst — 1989 als Ingenieur. Nach seinem Studium arbeitete er bis 1994 in dem Riwner Unternehmen Gasotron.

Politische Karriere

Unter Staatspräsident Kutschma

1994 wurde Luzenko in das Oblastparlament von Riwne gewählt und amtierte als dessen stellvertretender Vorsitzender. In der Oblastverwaltung war er bis 1997 im Wirtschaftskomitee tätig.

Von September 1997 bis September 1998 wurde nach Kiew ans Ministerium für Bildung und Technologie berufen; anschließend war er als Berater des Premierministers tätig. Seit 1999 war Luzenko ein enger Berater des SPU-Vorsitzenden Olexander Moros, seit Dezember 2000 als stellvertretender Vorsitzender der Kampagne Ukraine ohne Kutschma, deren Ziel es war den Rücktritt des autoritär regierenden Staatspräsidenten Leonid Kutschma herbeizuführen. Im April 2002 wurde Luzenko für die Sozialistische Partei der Ukraine in die Werchowna Rada, das ukrainische Parlament, gewählt.

Nach der "Orangen Revolution"

Am 4. Februar 2005 bestätigte das Parlament seine Ernennung zum Innenminister in der Regierung von Premierministerin Julija Tymoschenko. Auch nach deren Scheitern als Regierungschefin blieb er unter den Ministerpräsidenten Jurij Jechanurow und Wiktor Janukowytsch zunächst im Amt, da der Innenminister in der Ukraine vom Staatspräsidenten vorgeschlagen wird.

Im Juli 2006 trat Luzenko aus der Sozialistischen Partei aus und protestierte damit gegen deren Eintritt in eine Regierungskoalition mit der Partei der Regionen Janukowytschs und den Kommunisten. Anfang Dezember 2006 verlor er sein Amt als Innenminister und wurde durch Wassyl Zuschko ersetzt[1]. Noch im selben Jahr gründete er die politische Vereinigung Narodna Samooborona ("Nationale Selbstverteidigung"), die bei den Parlamentswahlen 2007 gemeinsam mit der Partei Präsident Juschtschenkos (Nascha Ukrajina) als Wahlallianz Nascha Ukrajina - Narodna Samooborona (NU-NS) antrat. Nach der Wahl setzte er sich gegen Vorbehalte Juschtschenkos für die Bildung einer Koalition nur der beiden westlich orientierten Kräfte NU-NS und Block Julija Tymoschenko, ohne Beteiligung der Partei der Regionen, ein.[2] In der am 18. Dezember 2007 vom Parlament gewählten Regierung Tymoschenko nahm er erneut den Posten des Innenministers ein.[3]

Im Zuge der Regierungskrise 2008 distanzierte sich Luzenko von Staatspräsident Juschtschenko und kündigte an bei möglichen Neuwahlen mit seiner Gruppierung Narodna Samooborona auf der Liste des BJuT antreten zu wollen.[4]

Flughafen-Affäre

Am 6. Mai 2009 wurden Jurij Luzenko und sein Sohn Olexandr auf dem Weg von Kiew in die südkoreanische Hauptstadt Seoul festgenommen. Die beiden hatten auf dem Frankfurter Flughafen randaliert, nachdem ihnen der Weiterflug wegen ihres alkoholisierten Zustands verweigert worden war.[5] Am 12. Mai bot Luzenko dem ukrainischen Parlament im Zusammenhang mit der Affäre seinen Rücktritt an.[6] Er wurde einstweilen vom Amt des Innenministers entbunden. Am 15. Mai erklärte Luzenko, er habe gegen die Bild-Zeitung Anzeige erstattet. Diese hatte berichtet, Luzenko habe bei dem Vorfall auf dem Flughafen Polizeibeamte als "Nazi-Schweine" beschimpft, was von Luzenko bestritten wird.[7] Nachdem er vor dem Landgericht Berlin nach eigenen Angaben die Verpflichtung zum Abdruck einer Gegendarstellung in der Bild-Zeitung erwirkt hatte, kehrte er in sein Amt zurück.[8]

Absetzung als Innenminister

Im Zuge der Präsidentschaftswahlen 2010 wurde Luzenko von der oppositionellen Partei der Regionen vorgeworfen, er wolle in die Wahl eingreifen und diese manipulieren. Auf einer Sondersitzung des ukrainischen Parlaments am 28. Januar 2010 wurde Luzenko als Innenminister abgesetzt. Der Abwahlantrag wurde dabei von Abgeordneten aus allen Fraktionen unterstützt. Lediglich in der Fraktion des Blok Julija Tymoschenko stimmte eine Mehrheit der Abgeordneten für einen Verbleib Luzenkos im Amt des Innenministers.[9]

Verhaftung im Dezember 2010

Luzenko wurde am 26. Dezember 2010 in Kiew verhaftet. Der Generalstaatsanwalt wirft ihm Unterschlagung von Staatsvermögen und Amtsmissbrauch vor. Er soll seinem Chauffeur eine zusätzliche Rente in Höhe von 3.800 Euro ermöglicht haben.[10] Luzenko bezeichnet die Vorwürfe als politisch motiviert.[11] Eine Woche zuvor wurde bereits Tymoschenko wegen angeblicher Veruntreuung von Staatsgeldern angeklagt.[12]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.nrcu.gov.ua/index.php?id=475&listid=37651
  2. http://rus.newsru.ua/ukraine/04oct2007/lyccen.html
  3. http://www.newsru.ua/ukraine/18dec2007/kabminnn.html
  4. NEWSru.ua: Луценко закликав всі демсили об'єднатися в єдиний список на базі БЮТ
  5. Bild.de: Ukrainischer Innenminister Juri Luzenko festgenommen - Zu betrunken! LH-Kapitän nahm Minister nicht mit
  6. NEWSru.ua: Луценко подал в отставку из-за "пьяного дебоша" во Франкфурте
  7. NEWSru.ua: Луценко подал в суд на газету Bild
  8. RIA Novosti: Ukraine: Innenminister tritt trotz Alkohol-Eklats Arbeit wieder an
  9. NEWSru.ua: Верховная Рада уволила Луценко
  10. Früherer Innenminister in Kiew verhaftet in: Spiegel Online vom 26. Dezember 2010
  11. Ukrainischer Oppositionspolitiker festgenommen in: NZZ Online vom 26. Dezember 2010
  12. Staatsanwalt klagt Timoschenko wegen Untreue an in: Spiegel Online vom 20. Dezember 2010

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