- Kurt Huber
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Kurt Huber (* 24. Oktober 1893 in Chur; † 13. Juli 1943 in München-Stadelheim) war ein deutscher Professor für Musikwissenschaften und Psychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Volksliedforscher und Mitglied der Widerstandsgruppe Weiße Rose.
Inhaltsverzeichnis
Lebenslauf
Geboren im bündnerischen Chur, zog Kurt Huber mit seinen Eltern 1896 nach Stuttgart, wo er seine Schulzeit verbrachte und das Abitur am Eberhard-Ludwigs-Gymnasium ablegte. Nach dem frühen Tod des Vaters 1911 ließ sich die Mutter mit ihren Kindern in München nieder. An der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität studierte er Musikwissenschaften, Philosophie und Psychologie und promovierte im Jahr 1917 über den Renaissance-Musiker Ivo de Vento mit der Beurteilung „summa cum laude“.
Drei Jahre später (1920) habilitierte sich Huber in Psychologie und begann 1926 als außerordentlicher Professor seine Dozentenzeit an der Münchner Universität. Lehraufträge für Psychologie und Methodenlehre boten ihm eine bescheidene existenzielle Sicherung. Die Berufung auf einen ordentlichen Lehrstuhl wurde seit 1933 durch die nationalsozialistische Hochschulpolitik verhindert; als Begründung diente ein fadenscheiniges Argument: Kurt Huber hatte eine kaum wahrnehmbare körperliche Behinderung durch eine Nervenerkrankung mit Lähmungsfolgen in der Kindheit. Der eigentliche Grund waren politische Denunziationen, unter anderem durch Herbert Gerigk, der in einem Schreiben an den Reichsstudentenführer vom 19. November 1936 geschrieben hatte: „Hubers Bindungen zum Katholizismus und sogar eine ausgesprochen parteifeindliche Haltung sind eindeutig erwiesen“.[1] Nach einer Beurteilung vom 18. Januar 1940 durch das NSDAP-Gauamt München galt Huber zwar weiterhin als „bedenklich“, aber nicht ablehnenswert.[2] Daraufhin stellte Huber am 15. Februar 1940 einen Antrag auf die Mitgliedschaft in der NSDAP und wurde am 1. April 1940 als Parteimitglied Nr. 8.282.981 registriert.[3] Nach seiner Verhaftung Ende Februar 1943 wurde er am 3. April 1943 aus der Partei ausgestoßen.[3]
Den zweiten wissenschaftlichen Schwerpunkt bildete seine Musikbegabung. Sein ganz besonderes Interesse gilt dabei der Volksliedforschung, die ihn mit Carl Orff und Kiem Pauli, einem bekannten Volkssänger und Musikanten in Bayern zusammenführte. Auf Veranlassung von Huber und Pauli wurde zum Beispiel 1930 das erste oberbayerische Preissingen in Egern durchgeführt, bei dem Volksmusikgruppen aus ganz Bayern und Tirol auftraten. Pauli und Huber haben weithin in Vergessenheit geratenes Liedgut in Bayern wiederentdeckt und für das wiedererstehende Volksliedsingen erschlossen.
Durch seine Veröffentlichungen über Musikpsychologie, Musikästhetik und vokaltheoretische Forschungen gewann Huber zunehmend Anerkennung in der wissenschaftlichen Welt. So war schon im Jahr 1937 ein Ruf nach Berlin erfolgt. Dort baute er das Volksmusikarchiv auf. Ihm wurde auch versprochen, er dürfe dort an der musikwissenschaftlichen Hochschule Vorlesungen halten. Das Versprechen wurde aber nicht eingelöst, da er sich weigerte, für den NS-Studentenbund Kampflieder zu komponieren. Daraufhin kehrte der Professor, der inzwischen mit seiner Frau Clara eine Familie gegründet hatte, nach München zurück.
Weiße Rose
Im Dezember 1942 suchten Hans Scholl und Alexander Schmorell den Kontakt zu Professor Kurt Huber. Gemeinsam verfassten sie im Januar 1943 das fünfte Flugblatt „Aufruf an alle Deutschen!“ der „Weißen Rose“, einer Widerstandsgruppe in München während der Zeit des Nationalsozialismus, die im Sommer 1942 gegründet worden war.
Das sechste Flugblatt wurde von Huber allein verfasst, aber von Hans Scholl und Alexander Schmorell redigiert.[4] Dieses Flugblatt, das sich gegen die Kriegspolitik des Dritten Reiches wandte, wurde der Gruppe zum Verhängnis. Nachdem nicht alle Exemplare verschickt werden konnten, wurde beschlossen, die übrig gebliebenen Flugblätter an der Münchner Universität zu verteilen. Am 18. Februar 1943 versuchten die Geschwister Scholl, die Blätter an der Universität auszulegen, wurden dabei vom Hausmeister entdeckt und von diesem an die Gestapo ausgeliefert.
Während die Geschwister Scholl bereits am 22. Februar zusammen mit Christoph Probst hingerichtet wurden, erging das Todesurteil gegen Kurt Huber, Willi Graf und Alexander Schmorell erst in einem zweiten Prozess vor dem Volksgerichtshof. Huber und Schmorell wurden am 13. Juli 1943 im Gefängnis München-Stadelheim enthauptet, die Hinrichtung Grafs erfolgte am 12. Oktober 1943 ebenfalls durch das Fallbeil.
In seiner Verteidigungsrede vor dem Volksgerichtshof hatte sich Huber zu seiner konservativ, völkischen Einstellung bekannt (Weber 1993, S. 186). Er kritisierte an der NSDAP, dass sie die wahre Volksgemeinschaft... zunichte gemacht (Huber 1986, S. 76) und keinen wahren, germanischen Führerstaat (ebd., S. 77) errichtet habe.
Professor Kurt Huber wurde in einem Familiengrab auf dem Alten Teil des Münchner Waldfriedhofs beigesetzt (Grab Nr. 21-W-22).
Heute sind die beiden Plätze vor dem Universitätsgebäude an der Ludwigstraße in München nach den Geschwistern Scholl und Professor Huber benannt, ebenso die Straße in Gräfelfing, in der er zuletzt wohnte. Dem Realgymnasium Gräfelfing (RGG) wurde am 2. Februar 1966 der Name Kurt-Huber-Gymnasium Gräfelfing (KHG) verliehen. Vor dem Eingang der Universität erinnern in den Boden eingelassene Bronze-Nachbildungen der Flugblätter an die „Weiße Rose“.
Kurt Huber und seine Einstellung zum Nationalsozialismus
Klaus Weber schreibt, dass Kurt Hubers widersprüchliches Leben nicht so ohne weiteres auf einen einfachen Nenner zu bringen ist, wie so oft versucht. Dazu führt er näher aus:
- „Er ist weder der geistige Mentor der ‚Weißen Rose‘ noch ein überzeugter ‚Antifaschist‘. Er wird gegen das System des deutschen Faschismus widerständig, ‚als ihm die ‚Anständigkeit‘, das ‚Wahre‘ daran verlorenging‘... An der Radikalität der Gegnerschaft zu bestimmten Erscheinungsformen innerhalb des Nationalsozialismus ist bei Kurt Huber nicht zu zweifeln. Diese Gegnerschaft darf aber weder zeitlich noch inhaltlich absolut gesetzt werden. Noch weniger rechtfertigt sie seine Verklärung der unterschiedlichen Aktivitäten Hubers...“ (Weber 1993, S. 187).
Veröffentlichungen
- Ivo de Vento. (1918)
- Oberbayrische Volkslieder mit Bildern und Weisen. Mit Paul Kiem (Hrsg.), München, Knorr & Hirth (1930)
- Kurt Huber/Carl Orff: Musik der Landschaft. Volksmusik in neuen Sätzen. Aus dem bajuvarischen Raum.
- Kurt Huber: Leibniz. Herausgegeben von Inge Köck in Verbindung mit Clara Huber, München, Oldenbourg 1951 (postum).
- Niederbarisches Liederbuch. Mit Ludwig Simbeck (Hrsg.), München, Max Hieber 1951 (postum)
- Kurt Huber: Schluß der Verteidigungsrede vor dem Volksgerichtshof, in: Clara Huber (Hrsg.): Kurt Huber zum Gedächtnis "...der Tod... war nicht vergebens". München 1986.
Literatur
- Maria Bruckbauer: „... und sei es gegen eine Welt von Feinden!“ Kurt Hubers Volksliedsammlung und –pflege in Bayern. München 1991 (Bayerische Schriften zur Volkskunde, Bd. 2), ISBN 3-7696-0452-0.
- Clara Huber Hg.: Kurt Huber zum Gedächtnis. „... der Tod ... war nicht vergebens“. Nymphenburger, München 1986, ISBN 3-485-00523-1
- Inge Scholl: Die Weiße Rose. Erw. Neuausg. Fischer, Frankfurt 1993, ISBN 3-596-11802-6
- Rosemarie Schumann: Leidenschaft und Leidensweg. Kurt Huber im Widerspruch zum Nationalsozialismus. Reihe: Schriften des Bundesarchivs 66. Droste, Düsseldorf 2007, ISBN 978-3-7700-1621-1
- Klaus Weber: Kurt Huber in: Helmut E. Lück & Rudolf Miller Hgg.: Illustrierte Geschichte der Psychologie. München 1993, S. 185-187
Film
- Die weiße Rose, deutscher Spielfilm von 1982, Regie: Michael Verhoeven
- Der Yalu fliesst, koreanisch-deutsche TV Serie von 2008, Regie: Jonghan Lee
- Die Widerständigen, deutscher Dokumentarfilm 2008, Regie: Katrin Seybold
Weblinks
Wikiquote: Kurt Huber – ZitateEinzelnachweise
- ↑ Vollständiges Zitat bei Fred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945, CD-Rom-Lexikon, Kiel 2004, S. 3221-3222, Quelle BA NS 15/5.
- ↑ Prieberg: Handbuch, S. 3222, Quelle BA Namensakte Huber.
- ↑ a b Prieberg: Handbuch, S. 3221.
- ↑ Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 270.
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