- KGB-Hack
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Der KGB-Hack ist die Bezeichnung für eine Reihe von Einbrüchen in verschiedene westliche Computersysteme zwischen 1985 und 1989. Es war die Tat einer Hannoverschen Hackergruppe um Karl Koch und Markus Hess.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Auf dem regelmäßig am Dienstagabend stattfindenden Hacker-Treff in den hannoverschen Restaurants Spektakel und Sesam (später auch Bistro Casa und Bö 29) lernte Karl Koch, der sich in der Szene Hagbard Celine (Figur der Illuminatus-Trilogie) nannte, 1985 den Hacker Dirk-Otto Brezinski alias DOB kennen. Nachdem sie gemeinsam einige Hacks durchgeführt hatten, gelangte Koch über ihn an den Croupier Pedro (bürgerlich Peter Carl), der sich in notorischen Geldsorgen befand und in den Fähigkeiten der beiden eine Möglichkeit zum Geldverdienen sah. Die Idee, ihre Entdeckungen auf den gehackten Rechnern an den KGB zu verkaufen, stammte von Pedro.
Gemeinsam fuhren die drei zur sowjetischen Botschaft nach Ost-Berlin, um sich dem KGB anzubieten. Nachdem man sie dort wegen ihres Anliegens ausgelacht und fast weggeschickt hatte, war doch noch ein Mitarbeiter der Ost-Berliner KGB-Residenz mit dem Namen Sergej bereit, ihnen zuzuhören. Die Hacker sollten zunächst einmal Testmaterial liefern, um dem KGB ihre Fähigkeiten und Ernsthaftigkeit zu beweisen. Ein Jahr lang drangen Koch, DOB und andere Hacker, die nicht unbedingt über die KGB-Verbindung und die Geldflüsse seitens des KGB informiert waren, in verschiedene Rechner von Firmen und Organisationen in Deutschland und der ganzen Welt ein. Pedro fungierte als Mittelsmann zwischen den Hackern und dem KGB: Er lieferte die Ergebnisse nach Ost-Berlin und brachte von dort Geld (insgesamt mehrere zehntausend DM) und neue Aufträge des KGB mit.
Im April 1986 kam es zur Katastrophe von Tschernobyl. Karl Koch, zu diesem Zeitpunkt schon lange schwer drogenabhängig und in einem oft zweifelhaften geistigen Zustand, sah dies als unmittelbare Folge eines seiner Hacks an, da er kurz vorher in den Rechner eines Atomkraftwerks eingedrungen war. Sein Zustand verschlechterte sich so weit, dass er aus der KGB-Gruppe ausgeschlossen wurde und ein Freund ihn schließlich zwecks Entziehungskur in eine psychiatrische Klinik brachte. Die anderen Mitglieder der Gruppe ließen sich dadurch jedoch nicht von ihrer Tätigkeit abbringen.
Durch monatelange detektivische Kleinarbeit und das Stellen von Fallen gelang es Clifford Stoll (Systemadministrator an der Universität von Kalifornien in Berkeley) und anderen, die Spur der Hacker nach Deutschland zurückzuverfolgen. Am 23. Juni 1987 wurde schließlich die Wohnung von Markus Hess alias Urmel durchsucht, es erging jedoch kein Haftbefehl. Da die benutzte Fangschaltung auch nicht gerichtlich genehmigt war, musste das Ermittlungsverfahren später sogar eingestellt werden.
Da Koch Mitte 1988 in Geldsorgen war, bot er einem NDR-Reporter ein Geschäft an: Gegen 10.000 DM wollte er vor laufender Kamera in den Rechner der Kernforschungsanlage Jülich eindringen. Außerdem präsentierte er dem Reporter vertrauliche Unterlagen über die Terror-Fahndung aus einem Polizei-Rechner (die zwar echt, aber nicht von ihm selbst beschafft worden waren). Informationen über diese Tatsache gelangten aus dem NDR an die Ermittlungsbehörden, woraufhin eine Hausdurchsuchung im Funkhaus Hamburg stattfand. Die Verantwortlichen stritten ab, Koch Geld für kriminelle Aktivitäten angeboten zu haben. Koch stellte sich am 5. Juli 1988 dem Verfassungsschutz und sagte in monatelangen Verhören umfassend über seine Aktivitäten, nicht nur in Sachen KGB, aus.
Am 1. März 1989 wurde – nach monatelanger Beschattung durch die Polizei und den Bundesnachrichtendienst – in einer bundesweiten Aktion die KGB-Hack-Gruppe zerschlagen. Im ARD-Brennpunkt am gleichen Abend wurde daraus „der größte Spionagefall seit Guillaume“. Am 15. Februar 1990 wurden die am KGB-Hack beteiligten – Dirk-Otto Brezinski (DOB) und Markus Hess (Urmel) – zu Freiheitsstrafen auf Bewährung zwischen 14 Monaten und 2 Jahren verurteilt. Nachdem ihm Straffreiheit zugesichert worden war, fand die Polizei die verkohlte Leiche des 23-jährigen Karl Koch am 30. Mai 1989 in einem Wald bei Gifhorn, vermutet wurde Freitod durch Selbstverbrennung. Die tatsächlichen Umstände seines Todes wurden nie restlos geklärt, es wird aber vermutet, dass Koch dem psychischen Druck bei den monatelangen Vernehmungen, in Verbindung mit den Wirkungen seiner Drogenabhängigkeit und des geistigen Verfalls, nicht standgehalten hat. Auch wenn ein Mord an Koch nicht bewiesen werden konnte, so konnte er auch nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden.
Technischer Hintergrund
Bei ihren Einbrüchen nutzten die KGB-Hacker häufig eine Sicherheitslücke im Programm movemail aus. Einzige Aufgabe dieser kleinen Emacs-Komponente war, hereinkommende Mail aus dem Verzeichnis /var/spool/mail in das Benutzerverzeichnis des jeweiligen Empfängers zu verschieben. 1986 war das Programm so modifiziert worden, dass es auch Mails über das Protokoll POP3 abholen konnte. Dazu war es notwendig geworden, movemail mit SUID root, also den Rechten des lokalen Administrators (root), laufen zu lassen. movemail enthielt allerdings bei dieser Konfiguration eine Schwachstelle: Dem Benutzer, dessen Mail bewegt wurde, war es möglich, jede Datei auf dem lokalen System zu lesen und zu schreiben, da das Programm mit Root-Rechten lief. Diese Sicherheitslücke wurde erst öffentlich, als bereits eine Reihe von Rechnern (darunter auch militärisch sensible Anlagen) kompromittiert waren. Der schützende Patch war gerade einmal drei Zeilen lang.
Verfilmungen
- 23 – Nichts ist so wie es scheint (Spielfilm über Karl Koch und den KGB-Hack)
- Der KGB, der Computer und ich (The KGB, the Computer, and Me). Der Fernsehfilm wurde erstmals am 3. Oktober 1990 in den USA ausgestrahlt. Gedreht wurde er mit Clifford Stoll an Originalschauplätzen, produziert von der WGBH Educational Foundation für die US-Fernsehdokumentarserie NOVA von Robin Bates und Catherine White. Die Folge ist ca. 60 Minuten lang und enthält auch ein kurzes Interview mit dem Hacker Pengo (Hans Heinrich Hübner) und einige Aufnahmen von Markus Hess, dem Hacker, den Clifford Stoll verfolgt hatte. Die Aufnahmen von Hess entstanden während des Prozesses gegen ihn in Celle.
Literatur
- Thomas Ammann, Matthias Lehnhardt, Gerd Meißner, Stephan Stahl: Hacker für Moskau. Deutsche Computer-Spione im Dienst des KGB. Wunderlich, Reinbek bei Hamburg 1989, ISBN 3-8052-0490-6.
- Katie Hafner, John Markoff: Cyberpunk. Outlaws and Hackers on the Computer Frontier. Simon & Schuster, New York NY u. a. 1995, ISBN 0-684-81862-0 (A Touchstone Book).
- Hans-Christian Schmid, Michael Gutmann: 23. Die Geschichte des Hackers Karl Koch. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1999, ISBN 3-423-08477-4 (dtv 8477).
- Clifford Stoll: Kuckucksei. Die Jagd auf die deutschen Hacker, die das Pentagon knackten. Mit einem aktuellen Nachwort des Autors. 5. Auflage, aktualisierte Neuausgabe. Fischer, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-596-13984-8 (Fischer 13984).
Weblinks
- Marc Backhaus und Udo Hülsmann: Pressespiegel zu den im Film '23' verarbeiteten Ereignissen, ausführliche Zusammenstellung der Fakten, wie sie 1989 in den deutschen Medien wiedergegeben wurden
- 20 Jahre „KGB-Hack“ - Wie 75 Cent zum Verhängnis wurden, Stern vom 22. Juni 2007
- Die Hacker aus Hannover, Sueddeutsche Zeitung vom 22. Juni 2007
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