Kanaldurchbruch

Kanaldurchbruch

Das Unternehmen Cerberus (auch einfach der Kanaldurchbruch genannt) war der erfolgreiche Durchbruch der deutschen Kriegsschiffe Scharnhorst, Gneisenau und Prinz Eugen durch den Ärmelkanal im Februar 1942.

Vom 11. bis 13. Februar 1942 durchquerten diese Schiffe der Kriegsmarine den Ärmelkanal von Brest in Frankreich zu ihren deutschen Marinebasen. Dabei wurden sie von einem Großaufgebot an kleineren Schiffen, wie z. B. Minensuchbooten, und Flugzeugen unterstützt. Tatsächlich gelang es praktisch unter den Augen der Briten, nahezu alle Schiffe sicher durch den Kanal zu bringen. Verantwortlich für das Unternehmen war Admiral Otto Ciliax.

Hintergrund

Die Scharnhorst und die Gneisenau hatten von ihren französischen Basen aus immer wieder alliierte Frachtschiffe in der Atlantikschlacht angegriffen. Es wurden bis zum 22. März 1941 von den beiden Schiffen 22 britische Frachtschiffe mit gesamt 115.000 BRT versenkt. Für Großbritannien war eine Versenkung der Scharnhorst und der Gneisenau deshalb ein wichtiges Ziel. Beide Schiffe waren in Brest stationiert. Diese Stadt konnte leicht von der britischen Home Fleet erreicht werden und befand sich noch dazu in der Reichweite britischer RAF-Bomber. Beide Schiffe wurden von Bomben beschädigt, waren aber noch einsatzbereit.

Als Adolf Hitler im Juni 1941 den Angriff auf die Sowjetunion befahl, wollte er beide Schiffe zurück nach Deutschland holen, damit sie von norwegischen Basen aus die nach Murmansk fahrenden alliierten Konvois angreifen konnten. Außerdem sah er für den Fall eines eventuellen britischen Angriffes auf Norwegen seine Nordflanke in Gefahr. Zu diesem Zweck wurde auch der schwere Kreuzer Prinz Eugen nach Brest verlegt. Die Briten hatten zwar durch die französische Résistance-Informationen über den deutschen Plan bekommen, konnten das Unternehmen Cerberus aber nicht verhindern.

Verlauf

Die Basis in Brest wurde durch das britische U-Boot Sealion bewacht. Dieses hatte seine Beobachtung jedoch am 11. Februar um 21:35 Uhr eingestellt, da es nicht mehr mit einem Auslaufen der Flotte an diesem Tag rechnete. Die Flotte konnte so um 22:45 Uhr unbemerkt Brest verlassen und gewann so wertvolle Zeit. Die deutsche Führung hatte auf schlechtes, nebliges Wetter gewartet und so konnte die Flotte – von den Briten unbemerkt – Kurs auf den Ärmelkanal nehmen und 13 Stunden lang in Richtung Nordsee fahren. Auch die Radaranlagen der britischen Aufklärungsflugzeuge waren zu diesem Zeitpunkt nicht weit genug entwickelt und störanfällig, so dass auch diese die deutsche Flotte nicht orteten. Erst im Laufe des 12. Februars wurde die deutsche Flotte entdeckt, doch auch hier half ihnen eine Panne der Briten. Die Besatzung des Aufklärungsflugzeugs wagte es trotz der Entdeckung nicht, die vorgeschriebene Funksperre zu brechen und informierte den britischen Stab erst, nachdem sie wieder auf ihrer Basis gelandet war.

Aufsteigende britische Bomber und Torpedoflugzeuge vom Typ Swordfish versuchten die deutschen Schiffe zu versenken, konnten sie aber wegen des nebligen Wetters nicht einmal ausfindig machen. So warfen von 242 beteiligten britischen Bombern nur 39 überhaupt ihre Bomben ab und keiner erzielte einen Treffer. Zusätzlich hatte die deutsche Luftwaffe 280 Jagdflugzeuge aufgeboten, um die Schiffe zu schützen. So schafften es zwar sechs britische Torpedoflugzeuge bis auf zwei Seemeilen an die Schiffe heranzukommen, fielen jedoch komplett den deutschen Jagdflugzeugen und dem Flak-Feuer des angegriffenen Verbandes zum Opfer. Unter den gefallenen Angehörigen der Royal Airforce befand sich auch der Swordfish-Pilot, der ein Jahr zuvor noch durch einen Torpedotreffer in die Ruderanlage des Schlachtschiffs Bismarck maßgeblich zu dessen Versenkung beigetragen hatte. Die britische Küstenartillerie in Dover eröffnete ebenfalls das Feuer auf den deutschen Verband, konnte jedoch keinen Treffer erzielen, da sie die Ziele im Nebel nicht genau genug anpeilen konnte.

Am Abend des 13. Februar erreichten die Einheiten schließlich deutsche Häfen und beendeten damit das Unternehmen Cerberus.

Folgen

Die deutschen Verluste beliefen sich auf ein Begleitschiff und 17 Flugzeuge. Außerdem waren Scharnhorst und Gneisenau auf Minen gelaufen. Die Scharnhorst fiel deshalb für acht Monate aus. Sie wurde nach der Reparatur nach Nord-Norwegen verlegt und am 26. Dezember 1943 von britischen Verbänden in der Barentssee nordöstlich des Nordkaps versenkt. Die Gneisenau wurde noch während der Reparatur bei einem Luftangriff auf Kiel in der Nacht vom 26. auf den 27. Februar 1942 im Schwimmdock so schwer beschädigt, dass sie am 1. Juli 1942 außer Dienst gestellt wurde. Nachdem sich eine dauerhafte Verlegung nach Norwegen als nicht mehr durchführbar erwiesen hatte, operierte die Prinz Eugen später noch einmal verhältnismäßig erfolgreich von der Ostsee aus gegen sowjetische Landstreitkräfte. Als einzige schwere Einheit der Kriegsmarine überstand sie das Ende des Krieges in einsatzfähigem Zustand.

Die britische Öffentlichkeit war außer sich, als sie von dem gelungenen Durchbruch erfuhr. War es doch der erste erfolgreiche Durchbruch einer feindlichen Flotte durch den Ärmelkanal seit Jahrhunderten gewesen. Es war ein Skandal, dass deutsche Schiffe 300 Meilen unentdeckt den Ärmelkanal entlang fahren konnten, denn schließlich hing die Sicherheit Großbritanniens auch davon ab, die eigenen Küstengewässer zu beherrschen. Wenn auch die einzigartige Chance vertan war, gleich drei Großkampfschiffe der Kriegsmarine auf einmal zu vernichten, war die britische Admiralität andererseits erleichtert, dass eine große Gefahr für ihre Versorgungskonvois im Atlantik gebannt war. US-Präsident Franklin D. Roosevelt gratulierte sogar Winston Churchill wegen der gebannten Bedrohung. Auch unter den deutschen Admirälen war man über den Sinn des Unternehmens geteilter Meinung, so sprach Großadmiral Erich Raeder von einem taktischen Sieg, aber einer strategischen Niederlage.


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