- Kick-back
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Als Kick-back wird die Rückerstattung eines Teils des gezahlten Betrages eines Geschäftes zwischen mehreren Beteiligten durch einen Beteiligten an einen anderen bezeichnet. Typischerweise wird der Kick-back nicht öffentlich gemacht. Ein Synonym ist 'verdeckte Provision'. Es kann sich um eine unerlaubte Handlung handeln, die zu zivilrechtlichem Schadensersatz führt, oder auch um den Teil einer Straftat.
Inhaltsverzeichnis
Kick-back im Bereich der Finanzdienstleistungen
Vertriebsorganisationen von Finanzdienstleistungen (zum Beispiel Banken, Makler, Vertreter, Strukturvertriebe) erhalten von Produktanbietern (z.B. Fondsgesellschaften) (Abschluss-)Provisionen für verkaufte Produkte. Darüber hinaus werden oftmals auch Bestandsprovisionen für die jeweils bestehenden Anlagesummen gezahlt.
Diese Provisionen werden von den Produktanbietern aus den Gebühren der Anleger bezahlt. Erwirbt ein Kunde beispielsweise einen Investmentfonds und zahlt der Kapitalanlagegesellschaft (KAG) jährliche Gebühren in Höhe von 1 % der jeweils angelegten Summen, reicht die KAG von diesen 1 % beispielsweise 0,2 % als Bestandsprovision an den Vertrieb weiter.
In Deutschland hat der Bundesgerichtshof mit Urteil des XI. Zivilsenats vom 19. Dezember 2006 [1] entschieden, dass die jeweilige Vertriebsorganisation verpflichtet ist, den Anleger über diese Kick-backs zu informieren. Erfolgt diese Information nicht, so steht dem Anleger ein Schadensersatzanspruch zu. Bei einem Aufklärungsverschulden kann der Anleger (so der BGH in einem Urteil zur Vermögensverwaltung aus dem Jahr 2000) nicht nur den Fondskauf, sondern auch alle anderen Wertpapiertransaktionen rückgängig machen. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in seinem Urteil vom 16. März 2011, Az. 9 U 129/10, - soweit ersichtlich - erstmals zu Fragen der Haftung der Organe und deren strafrechtlicher Verstrickung bei Kick-Back-Zahlungen Stellung genommen.[2] Zuletzt hat der Bundesgerichtshof in drei Entscheidungen zum Aktenzeichen XI ZR 191/10] seine Kick-Back-Rechtsprechung anlegerfreundlich klargestellt.[3] [4] [5]. Danach gilt jetzt: Geldanleger, die nach Anlageberatung durch eine Bank Fondsanteile gekauft haben, dabei einen Ausgabeaufschlag oder eine sonstige Provision zahlen mussten und später Verluste erlitten haben, können sich diese Verluste von der beratenden Bank ersetzen lassen. Soweit bekannt haben alle Banken Kick-Back-Provisionen kassiert, ohne Anleger darüber zu informieren. [6]
In der Schweiz nennt man solche Zahlungen Retrozessionen. Dort ist die Rechtslage ähnlich: es ist eine Rückforderung möglich, sofern der Kunde nicht ausdrücklich solchen Zahlungen bei Vertragsabschluss zugestimmt hat.
Auch in Österreich besteht eine Verpflichtung von Finanzdienstleistern, mögliche Interessenkonflikte durch Kick-Back-Zahlungen dem Anleger offenzulegen. Dies gilt beispielsweise bei Vermögensverwaltungsverträgen[7]. Vergütungen, welche die Fondsgesellschaft für jede Umschichtung in dem von ihr verwalteten Portefeuille von der Depotbank bekommt, stelle einen Anreiz für die Fondsgesellschaft dar, möglichst oft Wertpapiere zu kaufen oder zu verkaufen. Und zwar egal, ob diese Umschichtungen im besten Interesse des Anlegers sind. Das hielt auch der OGH in einem Erkenntnis so fest, der die Retrozession als „Gefährdung der Kundeninteressen“ bezeichnete, die einen Anreiz schaffe, „auch das eigene Interesse an möglichst umfangreichen Vergütungen der Bank zu berücksichtigen“. Der OGH sprach in einer Entscheidung dem Anleger auch den gesamten erlittenen Schaden (Kursverlust) zu. Daneben stehen dem Anleger die von der Bank oder dem Vermögensverwalter erhaltenen Kick-backs zu. Hat allerdings die Bank bzw der Anlageberater die Tatsache und Höhe der Kick-backs vorher dem Kunden offengelegt, so besteht in der Regel kein Grund für Schadenersatzansprüche. Kick-backs sind auch strafrechtlich beachtlich. § 153a Strafgesetzbuch (StGB) stellt die „Geschenkannahme durch Machthaber“ mit bis zu einem Jahr Haft unter Strafe. Es handelt sich um den Tatbestand der Untreue.
Die laufenden Kick-backs, welche Fondsmanager an die Depotbank zahlen, betragen bis zu 50 % der eigenen Managementgebühr des Fonds, welche häufig zwischen 1 bis 2,5 % des Fondsvolumens des Investmentfonds beträgt. JPMorgan-JF Taiwan Fund zahlt beispielsweise etwa einer österreichischen Bank 0,75 % pro Jahr bezogen auf das Fondsvolumen, Top Vario Mix laufend 0,8 %, ein nicht zu unterschätzendes Vertriebsmotiv für die Bank. Nach der Homepage der Unicredit Österreich betragen die Retrozessionen bis zu 3 %. Daneben bekommt die Bank noch den Ausgabeaufschlag von bis zu 5 % als Vertriebsprovision. Die Bank erhält daher eine einmalige Vertriebsprovision und eine laufende sog. Bestandspflegeprovision, eine andere (freundlichere) Bezeichnung für Retrozession oder Kick-back. Dies ist insofern bedenklich, weil die Kick-backs zu Lasten der Managementprovision bezahlt werden, die ja erstens dazu da ist, den Manager für seine laufende Managementarbeit (dh optimale Verwaltung des Fonds) zu entlohnen und zweitens ja dem Fonds angelastet wird. Der Anleger zahlt sich daher das Kick-back selber. Anders gesagt, der Manager könnte häufig um die Hälfte arbeiten, würde er keine Kick-backs zahlen.
Kick-back bei Immobiliengeschäften
Vielfach werden in Anzeigen Immobilien beworben, bei denen der Erwerber den Kaufpreis zu 100 % finanzieren könne und mit der Abwicklung des Kaufes eine Einmalzahlung (Kick-back, häufig auch Cash-back) zur Verbesserung seiner Liquidität erhalte. Dieses Angebot richtet sich primär an Käufer, die in akuten Liquiditätsproblemen stecken und eigentlich an einer Immobilie nicht interessiert sind.
Ökonomisch erwirbt der Käufer eine - oft überteuerte - Immobilie. Diese wird von der Bank voll finanziert, wodurch der Käufer kein Eigenkapital einsetzen muss. Der Käufer zahlt einen Teil des überteuerten Kaufpreises als Maklergebühr an das vermittelnde Unternehmen. Hiervon zahlt dieses einen Teil an den Käufer zurück.
Wenn die Bank oder der Käufer nicht über diese Zahlungen informiert werden und dadurch über die Werthaltigkeit der Immobilie getäuscht werden, handelt es sich um strafbaren Betrug.
Kick-back als Form der Korruption
Die bedeutendste Korruptionsform dürfte der Kick-back sein. Nachdem Auftraggeber und Auftragnehmer eine Absprache getroffen haben, stellt der Auftragnehmer einen Preis in Rechnung, welcher über dem Marktpreis beziehungsweise über dem Preis liegt, der bei einer regulären, korruptionsfreien Ausschreibung ermittelt worden wäre.
Die Differenz zwischen überhöhtem Preis und Marktpreis bekommt der Auftraggeber ganz oder teilweise zurück, oftmals auf Konten von Banken in bestimmten Zonen. Der Kick-back ist für Beamte (Minister, Staatspräsidenten, Gouverneure) mit dem großen Vorteil verbunden, dass der veruntreute Betrag von dem Auftragnehmer belegt wird.
Mögliche Probleme beim Kick-back (unvollständig):
- Zur Vermeidung der Nachweisbarkeit muss bar transferiert werden. Dies bedeutet für den Auftragnehmer die Unannehmlichkeit, Zahlungen aus „schwarzen Kassen“ leisten zu müssen – Geld, das unwiederbringlich weg ist.
- Kick-back-Zahlungen geleistet zu haben schützt den Auftragnehmer nicht vor weiteren, späteren (Nach-)Forderungen von weiteren, angeblich Mitzubeteiligenden, die bei „Nicht-Einbezogensein“ erhebliche Schwierigkeiten machen können und werden. Ein typisches Beispiel: Der Staatspräsident eines korrupten Landes lässt sich für die Auftragserteilung für einen Kraftwerksbau schmieren. Der Provinzgouverneur, der aus Proporzgründen eines fragilen Machterhalts sein Amt innehat, wird nicht beteiligt; die staatlich Beteiligten (korrupte Kick-back-Empfänger) behaupten, weitere Zahlungsempfänger brauche es nicht … Durch sein Revier jedoch führt eine Haupt-Transportroute der zu liefernden Ausrüstung. Ein Leichtes ist es nun, die Transporteure so lange zu drangsalieren, bis auch der Gouverneur seinen „Anteil“ bekommt (… und der Polizeipräfekt, und der Baudezernent etc. …, und zuletzt wechselt der Minister. Der „Neue“ will auch „seinen“ Anteil …).
- die steuerliche Nicht-Absetzbarkeit der Kick-back-Zahlung beim Auftragnehmer,
- das Verbotensein von „nützlichen Aufwendungen“ nach den Steuer- und evtl. Strafgesetzen des Auftragnehmer-Landes
- Fragen der nachhaltigen Geheimhaltung über lange Projekt-Realisierungsphasen (Mitarbeiter wechseln, Minister wechseln, es kommen Wahlen, es könnte eine Revolution kommen …)
- die zweifelhafte Ethik solchen Handelns
In großer Regel lässt sich sagen, dass es dort, wo Kick-back gefordert wird, außergewöhnlich schwierig ist, längerfristige Projekte erfolgreich zu steuern. Die nachträglich erforderlich werdenden „Nachschusszahlungen“ können eine anfangs noch positive Projektergebnis-Kalkulation dramatisch ins Negative drehen.
Chancen:
- Kick-back komplett zu meiden,
- sie durch Anteilseignerschaft am Projekterfolg zeitlich nach hinten auszukoppeln (Beispiel: Wenn das Kraftwerk Strom liefert und dieser Strom verkauft wird, erhält der Energieminister aus den dann laufenden Einnahmen seinen Bonus, anstelle eines Kick-backs unmittelbar hinter der ersten Projektrate. Damit ist ihm am Gelingen des Projektes selbst gelegen, und nicht nur an den Bermuda-Geldern …)
- Als Auftragnehmer jederzeit mit dem Geld im Plus zu sein, stets den Lieferungen und Leistungen im Projekt voraus. Konsequent und schnell jegliche Leistungen einstellen, wenn Umstände eintreten, die die (mit oder ohne Kick-back) involvierten Auftragnehmer beeinflussen könnten, Umstände, die das Risiko bergen, dass die Kalkulation sich ins Negative dreht. Dann nämlich hat der Auftragnehmer dauerhaft verloren; er kann mit der Hoffnung, durch die Projektfortführung à la longue eventuell wieder ins Plus zu kommen, unter Druck gesetzt werden. Die Gefahr ist groß, als Auftragnehmer dann am kürzeren Hebel zu verhungern. In solche Umstände gehen aber selbst korrupte Auftraggeber nicht, da sie sich damit ausliefern bzw. die Zielerreichung eines Projektes hiermit zu stark in die Hand des Auftragnehmers gerät. Der Auftragnehmer könnte seinerseits mit (berechtigten, unberechtigten) Nachforderungen kommen … (Nachforderungs-Management / Claims-Management).
Kick-back in der Medizin
In der Medizin ist Kick-back als eine unzulässige Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringern und Vertragsärzten definiert. Beispiel: Der behandelnde Arzt überweist seinen privat versicherten Patienten zu einer Untersuchung, meistens einer Kernspintomographie. Dabei empfiehlt er explizit einen bestimmten Radiologen, der einen Teil seines Honorars dem Überweiser rückerstattet. Eine Zuweisung gegen Entgelt ist berufsrechtlich untersagt, da sie gegen das Prinzip der freien Arztwahl und häufig auch gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstößt. Eine ähnliche Vorgehensweise ist beim AugenDiagnostikCenter üblich. Hier werden als Gegenleistung für Überweisungen zu Operationen Augenärzten unentgeltlich oder gegen symbolisches Honorar moderne Untersuchungsgeräte für individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) überlassen. Eine weitere Spielart ist die Teilgemeinschaftspraxis.
Siehe auch
Weblinks
- BGH-Urteil zur Schadensersatzpflicht von Banken bei Nichterwähnung von Kick-backs im Beratungsgespräch
- Pressemitteilung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zum Urteil, Musterbrief
- kickbacks.ch, Informationsseite zum Thema Kickbacks und Retrozessionen in der Finanzwelt
- Investchannel.ch - Interview zum Thema Kickbacks in der Finanzbranche (Schweiz)
- Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit Umgang mit der Ökonomisierung des Gesundheitswesens Hinweise und Erläuterungen* beschlossen von den Berufsordnungsgremien der Bundesärztekammer am 2. April 2007, Deutsches Ärzteblatt 2007, 104 (22)
- Stiftung Warentest, Erläuterungen zum BGH-Beschluss vom 20. Januar 2009
- Stiftung Warentest, Schadenersatz für Geldanleger mit dem aktuellen Stand der Rechtsprechung nach dem BGH-Beschluss vom 24. August 2011
Einzelnachweise
- ↑ BGH, Urteil vom 19. Dezember 2006, Az. XI ZR 56/05
- ↑ OLG Stuttgart, Urteil vom 16. März 2011, Az. 9 U 129/10
- ↑ BGH, Beschluss vom 9. März 2011, Az. XI ZR 191/10
- ↑ BGH, Beschluss vom 19. Juli 2011, Az. XI ZR 191/10
- ↑ BGH, Beschluss vom 24. August 2011, Az. XI ZR 191/10
- ↑ Stiftung Warentest, Schadenersatz für Geldanleger, Ersatz für Fondsverluste
- ↑ Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vom 7.November 2007 (6 Ob 110/07f) Online
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