- Klaus von Beyme
-
Klaus Gustav Heinrich von Beyme (* 3. Juli 1934 in Saarau, Niederschlesien) ist ein deutscher Politikwissenschaftler und war 1974 bis 1997 Professor am Institut für Politische Wissenschaft der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Nach dem Abitur 1954 in Celle machte Beyme zunächst 1954 bis 1956 eine Ausbildung zum Verlagsbuchhändler. Anschließend studierte er 1956 bis 1961 an den Universitäten Heidelberg, Bonn, München, Paris und Moskau Politikwissenschaft, Geschichte, Kunstgeschichte und Soziologie. Die außergewöhnliche Auswahl des Studienplatzes Moskau (1959-60) ergab sich aus Interesse und Lebensgeschichte von Beymes. In der Volkshochschule lernte er Russisch und bewarb sich erfolgreich für den (Studenten-)Austausch.[1] Von 1961 bis 1962 war Beyme „Research Fellow" am „Russian Research Center“ der Harvard University und Assistent bei Carl Joachim Friedrich, nach der Promotion 1963 in Heidelberg folgte dort nach einer Assistenztätigkeit die Habilitation 1967.
Anschließend war Beyme ordentlicher Professor an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen (1967-1973), 1971 auch kurzzeitig Rektor dieser Universität. 1972 erhielt er einen Ruf an die Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. 1972-1973 war er Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft.
Schließlich war Beyme 1974 bis 1999 ordentlicher Professor an der Universität Heidelberg und leitete das Institut für Politische Wissenschaft. 1982 bis 1985 war er Präsident der „International Political Science Association“, 1983 bis 1990 Mitglied des Research Council am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz, 1985 Gastprofessor an der „École des Sciences politiques“ in Paris, 1979 Gastprofessor an der Stanford University (Kalifornien), 1987 ff. Mitglied der „Academia Europaea“, 1989 Gastprofessor an der „Universität Melbourne“. 1990 bis 1993 war er Mitglied des Vorstandes der „Kommission für die Erforschung des sozialen und politischen Wandels in den neuen Bundesländern“; seit 1999 ist Beyme emeritiert.
Wirken
Beyme erhielt vielfache Anerkennungen für seine wissenschaftliche Tätigkeit, u.a. 1995 die Ehrenmitgliedschaft der Humboldt-Universität in Berlin, 1998 die Universitätsmedaille der Universität Heidelberg und 2001 die Ehrendoktorwürde der Universität Bern. Weiter ist er Mitglied der Academia Europaea und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. 2008 wurde er mit dem Schader-Preis geehrt. Beyme wurde am 2. September 2010 für seinen „gewaltigen Beitrag zur Entwicklung der Politikwissenschaft in Europa und der ganzen Welt“ als auch für seine langjährige Tätigkeit als Professor für Politikwissenschaft an den verschiedensten Universitäten weltweit mit der Ehrenprofessur der Lomonossow-Universität zu Moskau geehrt. Insbesondere habe er sich um die Entwicklung der Beziehungen zwischen der Lomonossow-Universität und den Universitäten in Deutschland verdient gemacht, so die Laudatoren. Die Verleihung der Auszeichnung fand im Rahmen eines Festaktes, zu welchem der Rektor der Moskauer Universität geladen hatte, im Beisein des Bürgermeisters von Moskau, Juri Michailowitsch Luschkow, statt.
Eine Studie 1998 besagte, dass von Beyme auf Rang 10 einziger Deutscher unter den Top Ten der weltweit wichtigsten Politikwissenschaftler ist. Beymes außergewöhnliche Bedeutung für das Fach zeigt sich auch auf deutscher Ebene. 41 Prozent der befragten Wissenschaftler benannten ihn als wichtigsten Vertreter der Politikwissenschaft in Deutschland. Auf Platz zwei liegt er bei der Frage nach den wichtigsten Fachvertretern hinsichtlich ihrer „professionspolitischen Bedeutung“. Wiederum die meisten der Befragten glaubten, dass er die beste Reputation aller Politikwissenschaftler in der Öffentlichkeit genieße. Zweimal war Beyme auch unter den wichtigsten Vertretern einzelner Forschungsfelder zu finden: sowohl beim Themengebiet „Politische Theorie, Politische Philosophie und Ideengeschichte“ als auch bei dem Fachgebiet „Vergleichende Politikwissenschaft / Systemvergleich“. (Klingemann/Falter 1998)Forschungsschwerpunkte
- Vergleichende Untersuchung der Regierungssysteme in Europa, dabei insbesondere im ehemaligen Ostblock. Zu seinen Fachgebieten wie „Vergleichende Politikwissenschaft“, „Politische Theorie“ oder „Policy-Analyse“ (Kulturpolitik, Kunst und Politik, Wohnungs- und Städtebaupolitik) verzeichnet Beyme zahlreiche Publikationen. Er sieht die Vereinigten Staaten als Vorbild.[2]
Zu seinen Leidenschaften gehören Architektur- und Kunstgeschichte. Seine Werke Das Zeitalter der Avantgarden. Kunst und Gesellschaft 1905–1955 und Die Faszination des Exotischen. Exotismus, Rassismus und Sexismus in der Europäischen Kunst tragen dem Rechnung. Klaus von Beymes Werk über den Wiederaufbau (1987) verbindet politologische und ästhetische Sichtweisen und relativiert das Klischee der besonderen Affinität von "konservativem" Architekturgeschmack und faschistischem Denken, indem es an Beispielen wie Rudolf Hillebrecht, Roland Rainer oder Friedrich Tamms die erfolgreichen Nachkriegskarrieren von NS-Architekten beleuchtet.
Privates
Seine Eltern, Wilhelm von Beyme (1901-1968) und Dorothee von Rümker (1906-?), waren Gutsbesitzer in Schlesien, später Hoteliers. Beyme ist verheiratet mit Maja von Oertzen (* 28. Oktober 1935 in Rostock), Tochter des Oberregierungsrats und Rechtsanwalts Detlof von Oertzen und der Viktoria von Blücher. Seit seinem 24. Lebensjahr ist von Beyme Mitglied der SPD.
Schriften (Auswahl)
- Der Föderalismus in der Sowjetunion (1964) (engl. Kurzfassung: Public Policy, 1964)
- Das präsidentielle Regierungssystem der Vereinigten Staaten in der Lehre der Herrschaftsformen (1965) (engl.: America as a Model. The Impact of American Democracy in the World)
- Die verfassungsgebende Gewalt des Volkes (1968)
- Interessengruppen in der Demokratie (1969), 5. Auflage, 1980
- Die parlamentarischen Regierungssysteme in Europa (1970)
- Die politische Elite in der Bundesrepublik Deutschland (1971)
- Die politischen Theorien der Gegenwart (1972), 8. Auflage, 2006
- Ökonomie und Politik im Sozialismus (1975)
- Gewerkschaften und Arbeitsbeziehungen in kapitalistischen Ländern (1977), 10. Auflage, 2004
- Das politische System der Bundesrepublik Deutschland (1979), 9. Auflage 1999
- Parteien in westlichen Demokratien (1982)
- Die Sowjetunion in der Weltpolitik (1983)
- Vorbild Amerika? Der Einfluß der amerikanischen Demokratie in der Welt (1986)
- Der Wiederaufbau (1987)
- Reformpolitik und sozialer Wandel in der Sowjetunion 1970 - 1988 (1988)
- Hauptstadtsuche. Hauptstadtfunktionen im Interessenkonflikt (1991)
- Theorie der Politik im 20. Jahrhundert (1991), 3. Auflage, 1996
- Die politische Klasse im Parteienstaat (1993), 2. Auflage, 1995
- Systemwechsel in Osteuropa (1994)
- Der Gesetzgeber: Der Bundestag als Entscheidungszentrum (1997)
- Die Kunst der Macht und die Gegenmacht der Kunst (1998)
- Die parlamentarische Demokratie (1999)
- Parteien im Wandel (2000), 2. Auflage, 2002
- Politische Theorien im Zeitalter der Ideologien (2002)
- Das Zeitalter der Avantgarden. Kunst und Gesellschaft 1905–1955 (2005)
- Föderalismus und regionales Bewusstsein. Ein internationaler Vergleich (2007)
- Die Faszination des Exotischen: Exotismus, Rassismus und Sexismus in der Kunst (2008)
- Geschichte der politischen Theorien in Deutschland 1300-2000 (2009)
- Vergleichende Politikwissenschaft (2010)
Literatur
- Hans-Dieter Klingemann, Jürgen W. Falter: Die deutsche Politikwissenschaft im Urteil der Fachvertreter., in: Michael Th. Greven (Hrsg.): Demokratie – eine Kultur des Westens? 20. Wissenschaftlicher Kongreß der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft, Verlag Leske & Budrich, Opladen 1998
- Gisela Riescher (Hrsg.): Politische Theorie der Gegenwart in Einzeldarstellungen. Kröner, Stuttgart, 2004, S. 56-59
- Genealogisches Handbuch des Adels, Adelige Häuser B, Band XVII, Band 89 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1986, ISSN 0435-2408.
Weblinks
- Literatur von und über Klaus von Beyme im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Institut für Politische Wissenschaft der Universität Heidelberg
Quellen
Kategorien:- Politikwissenschaftler
- Hochschullehrer (RKU Heidelberg)
- Hochschullehrer (Eberhard Karls Universität Tübingen)
- Hochschullehrer (Universität Frankfurt am Main)
- Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften
- Mitglied der Academia Europaea
- Deutscher
- Geboren 1934
- Mann
- SPD-Mitglied
Wikimedia Foundation.