- Knute
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Eine Peitsche, auch Knute oder Geißel, ist ein Schlaggerät aus einem sehr schmalen Lederriemen oder Strick an einem mehr oder weniger langen Stiel. Den Griff einer Peitsche nennt man Knauf, der Strick oder Riemen wird Peitschenschnur oder Schlag genannt. Der Faden am äußersten Ende der Schnur heißt Treibschnur oder Schmitze.
Das Ende einer Peitsche kann bei korrektem Schlag auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigt werden, was den berühmten „Peitschenknall“ hervorruft. Genau genommen, rührt der Knall von der Bildung einer Schlaufe her, die mit steigender Geschwindigkeit aufs Peitschenende zurollt und dabei Schallgeschwindigkeit erreicht. Die Spitze selbst hat zum Zeitpunkt des Knalls bereits etwa doppelte Schallgeschwindigkeit. Der theoretische Nachweis dieses Phänomens gelang dem deutsch-ungarischen Physiker István Szabó, der in seinen Vorlesungen über die Technische Mechanik zunächst eine solche Peitsche knallen ließ und anschließend zur Erklärung die notwendigen Gleichungen an die Tafel schrieb.
Verschiedene Bauarten dienten lange Zeit als Folter- oder Bestrafungsinstrument (siehe Staupenschlag), daher rührt auch ihre Verwendung im BDSM-Bereich. Häufig dienen Peitschen auch als Dressurhilfen bei Pferden und Zirkustieren. Verschiedentlich wird die Handhabung der Peitsche auch als Sport und Teilbereich der Artistik betrieben.
Inhaltsverzeichnis
Wortherkunft
Das Wort ‚Peitsche‘ ist kein ursprünglich deutsches Wort, es wurde im 14. Jahrhundert aus dem Westslawischen entlehnt,[1] siehe das polnische Wort für Peitsche bicz (lies: bitsch), das wiederum auf das altkirchenslawische biti (schlagen) zurückverfolgt werden kann, das selbst wohl auf der Indogermanischen Wortwurzel *bhau (schlagen) basiert. Siehe auch Englisch to beat (schlagen, besiegen) oder altertümlich Deutsch Bäuschel (schwerer Hammer) von Germanisch *bautan (schlagen).
Das Wort Peitsche hat im Sprachgebrauch weitest gehend das ursprüngliche Wort Geißel verdrängt, das heute im Hochdeutschen nur noch in der Bedeutung Züchtigungsinstrument und übertragen im Sinne von Plage und Strafe verwendet wird.[2] Allerdings wird das Peitschenknallen im Bayerischen auch heute noch als Goaßlschnalzen bezeichnet.
Das Deutsche Wort ‚Knute‘ ist über Umwege mit dem Wort Knoten verwandt und wurde indirekt über das Russische knut (Knotenpeitsche) aus dem altnordischen knútr (der Knoten) entlehnt, das in die Gruppe jener indogermanischen Wörtstämme fällt, die mit dem Anlaut kn- eine Verdickung oder Verengung ausdrücken (Vgl. Deutsch: Knolle, Knochen, Knopf, Knie, Knauf, kneifen, kneten, knutschen, knapp usw.). [3] [4]
‚Geißel‘ findet sich schon ahd. kaisala, geisila, geisla. Nach Grimm ist es ursprünglich nur der Stiel selbst, wiel es sich auf für einfach Hütestöcke findet. Der Übergang auf die Bedeutung ‚Peitsche‘ dürfte in der Zeit der Entlehnung des zweiteren Worts stammen. Bei Grimm ist die Schreibung Geisel ohne »sz« (bzw. heute »ß«) noch das Lemma.[5]
Peitschentypen
- Bullenpeitsche: Eine einschwänzige Peitsche (Singletail). Es wird im Englischen genauer unterschieden zwischen der Bullwhip mit starrem Griff und der Snakewhip mit biegsamem Griff. Snakewhips können aufgerollt und damit leichter verstaut werden. Sie zählen zum Handwerkszeug von Cowboys.
- Geißel im eigentlichen Sinne: aus einem Stiel mit mehreren Riemen oder Schnüren, die zur Züchtigung diente. Die Geißel hat an den Enden Knoten oder Gewichte aus Metall, die meist mit Widerhaken versehen sind, so dass sie die Haut des Gegeißelten stark verletzen (siehe Flagellanten)
- Als Neunschwänzige Katze bezeichnet man eine Riemenpeitsche mit neun geflochtenen Tauenden. Sie diente früher zum Beispiel zur Züchtigung in der Seefahrt. Heute wird sie auch gern als Symbol und Schlaginstrument im Bereich BDSM verwendet.
- Stockpeitsche
- Signalpeitschen wurden ursprünglich für Schlittenhunderennen entwickelt. Sie sind so kurz, dass man mit ihnen zwar knallen, die Hunde aber nicht aus Versehen treffen konnte
- Goaßl, die Peitsche beim Aperschnalzen – oft auch mit Schnäpper am Ende
- Fahrpeitsche
- Die Klopfpeitsche oder Riemenpeitsche wurde besonders im deutschsprachigen Raum bis in die 1970er Jahre hinein zur Züchtigung von Kindern und Jugendlichen genutzt, die mehrriemige Peitsche galt als besonders schmerzhaft, aber auch als praktisch, da ihre Herstellung sehr günstig war.
In Frankreich ist die dort als Martinet bekannte Klopfpeitsche bis heute in der Erziehung im Gebrauch.
Peitschenhilfen im Pferdesport
Im Umgang mit Pferden dient die Peitsche zur Kommunikation mit den Tieren („Reiterhilfen“) im Fahrsport und beim Longieren. Dabei wird die Peitsche nur im Ausnahmefall zur Strafe eingesetzt, da das Pferd sonst Angst vor der Peitsche hätte und nicht mehr angemessen reagieren würde. Ordnungsgemäße Peitschenhilfen beim Fahren können nur dann gegeben werden, wenn die Pferde mit Blendklappen ausgerüstet sind, da das Erheben der Peitsche von ihnen eventuell falsch interpretiert werden könnte. Ein individuelles Ansprechen der Pferde wäre nicht möglich.
Es gibt vier verschiedene Peitschenhilfen:
- treibende Hilfe – bei der treibenden Peitschenhilfe legt der Fahrer die Peitschenschnur von außen an das zu treibende Pferd dicht hinter dem Kammdeckel (oder Sellette) an und gibt mit den Fahrleinen nach
- versammelnde Hilfe – während der Peitschenhilfe hinter dem Kammdeckel nimmt der Fahrer vermehrte Verbindung zu den Mäulern auf – danach wird die Hand wieder leicht
- verwahrende Hilfe – alleinige Peitschenhilfe hinter dem Kammdeckel dient zur Korrektur von Stellung und Biegung des einzelnen Pferdes
- strafende Hilfe – wird beim Fahren in der Regel am Bug des Pferdes gegeben, wird im deutschen Fahrsport nicht gelehrt.
Peitsche im BDSM
Im Bereich BDSM werden Peitschen oft von Tops eingesetzt. Sie dienen sowohl zur Bestrafung wie auch zu möglichen Lustgewinn. Hierbei werden vor allem mehrschwänzige Peitschen eingesetzt. Neben Flogger genannten Modellen mit Riemen aus sehr weichen Lederstreifen werden auch Neunschwänzige Katzen häufig verwendet (s. Abbildungen). Singletail-Peitschen haben ein im Vergleich wesentlich höheres Verletzungsrisiko und werden daher in der Regel erst nach langer Übung eingesetzt.
BDSM-typische Modellvariationen
- Handgriffe sind in unterschiedlichsten Ausführungen anzutreffen. Diese reichen von klassischen aus Leder geflochtenen Modellen, über einfache Rohre oder Vollmetallgriffe, bis hin zu aus Latex oder Silikon bestehenden dildoähnlichen Griff-Formen. Es existieren auch mit Silber oder Gold verzierte Peitschengriffe. Preiswerte Selbstbaulösungen basieren teilweise auf Fahrrad- oder Mottoradlenkergriffen.
- Die Aufhängung der Riemen („Tails“) erfolgt entweder fest wie bei klassischen Peitschen, oder es werden Steck-Gelenkverbindungen verwendet, die es nicht nur ermöglichen, die Riemen zu drehen, sondern mit einem Handgriff die Riemenarten auszuwechseln (sog. „Reisesets“).
- Im BDSM-Bereich werden die Riemen der Peitschen nicht nur klassisch aus Leder, sondern auch aus fast allen anderen Materialien hergestellt.
- Pferdehaar: Ein Handgriff, an den Teile eines Pferdeschwanzes von ca. 20-40 cm Länge gesetzt werden. Ihre Schlagkraft ist gering, aber durch die vielen hundert feinen Härchen erzeugen sie einen feinen stechenden Schmerz.
- Gummi oder Latex: Ein Handgriff, an dem häufig bis zu 30 Gummischnüre (Länge ca. 25-30 cm) befestigt sind.
- Ketten: Ein Handgriff, an dem etwa 10 bis 30 dünne Ketten (Länge 20-30 cm) befestigt sind. Dies können auch die aus Badezimmern bekannten Kugelketten sein.
- Gummischnüre: Ein Handgriff, an dem sehr viele sehr dünne Schnüre befestigt sind. Sehr weich und eher den Floggern zuzuordnen.
- Frottee: Vom Handtuch abgewandelt, Griff und Tail geformt aus Frotteestreifen, die sanft oder hart wirken, je nachdem, ob sie trocken oder feucht sind.
Eine Unterart der Peitschen im BDSM-Bereich sind Flogger. Sie werden aus weichen Materialien wie Wildlederriemen oder Latex- oder Kunststoffstreifen gefertigt. Die vielen Riemen erzeugen einen hohen Luftwiderstand und erzeugen beim Auftreffen ein charakteristisches Geräusch. Oft werden sie mit drehbaren Gelenken zwischen Griff und Riemen hergestellt, so dass sie in kreisende Bewegungen versetzt werden können.
Anwendung
Obwohl Peitschen durch ihr Aussehen und ihre Anwendungsgeschichte mitunter als Folterinstrumente wahrgenommen werden, ist der Charakter typischer Anwendungen im BDSM ein anderer. Am Anfang des Einsatzes von Peitschen steht zumeist die Anwendung in ausgesprochen niedriger Intensität um durch ein Aufwärmen der Haut, z.B. durch Flogger, die Durchblutung zu erhöhen, und erst nach diesen Vorbereitungen werden, im Zusammenspiel mit anderen Handlungen, Cats oder Bullwhips angewendet. Neben der Erzeugung von leichten bis intensiven Schmerzreizen beim Bottom, wird die kunstvolle Handhabung des Instrumentes in Gruppen als besondere Fähigkeit anerkannt.
Einzelnachweise
- ↑ Duden 7: Etymologie (1963) S. 499
- ↑ Duden 7: Etymologie (1963) S. 206
- ↑ Kluge Etymologisches Wörterbuch der Deutschen Sprache, 24. durchgesehene und erweiterte Auflage, 2002, De Gruyter
- ↑ http://www.etymonline.com/
- ↑ GEISEL, f. flagellum.. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Leipzig 1854ff (germazope.uni-trier.de)
Literatur
- David W. Morgan: Whips and Whipmaking, Cornell Maritime Press, 2004, ISBN 087033557X
- Ron Edwards: How to Make Whips, Cornell Maritime Press, Cornell Maritime Press, 1999, ISBN 0870335138
Siehe auch
Weblinks
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