- Angebotstheorie
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Die Angebotspolitik (Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik) ist eine konjunkturpolitische Konzeption, die auf der Annahme basiert, dass Beschäftigung und Wachstum einer Volkswirtschaft in erster Linie von den Rahmenbedingungen der Angebotsseite abhängen. Unternehmen würden auf der Grundlage ihrer Gewinn- bzw. Renditeerwartungen über Investitionen und damit auch über die Schaffung von Arbeitsplätzen entscheiden. Im Vordergrund steht die Verbesserung der Investitionsbedingungen. Auf Eingriffe des Staates in den Wirtschaftsprozess soll weitestgehend verzichtet werden.
Die Angebotspolitik ist neben der so genannten Nachfragepolitik (Keynesianismus) eine der zwei maßgeblichen Politikempfehlungen der Wirtschaftswissenschaften.
Inhaltsverzeichnis
Theoretische Grundlagen
Theoretische Grundlage der Angebotspolitik ist die neoklassische Wirtschaftstheorie. Danach ist der private Sektor ein stabiles System, Konjunkturschwankungen beruhen auf exogenen Schocks und Unvollkommenheiten des Marktes. [1] Im Kern geht die Angebotstheorie auf das saysche Theorem zurück. Es beruht auf der Annahme, dass das Angebot selbst für optimale Bedingungen sorgt, um Nachfrage zu schaffen.
Politikempfehlungen
Erreicht werden sollen die Ziele der Angebotspolitik durch
- Bürokratieabbau und Deregulierung
- die Verringerung der Herstellkosten, insbesondere der Lohnnebenkosten
- die Verringerung der Sozialleistungen auf ein notwendiges Mindestmaß
- ein einfaches Steuersystem mit niedrigen Steuertarifen
- Vermeidung bzw. Abbau einer Staatsverschuldung
- Sicherung des Wettbewerbes, Abbau von Subventionen
- Privatisierung öffentlicher Unternehmen
- Sicherung der Geldwertstabilität durch Orientierung der Geldmengenentwicklung am Wirtschaftspotenzial
Geschichte
Die Angebotspolitik wurde von Wirtschaftswissenschaftlern in den 1930er Jahren entwickelt und in den 1970er Jahren neu aufgegriffen. Eine angebotsorientierte Wirtschaftspolitik wurde teilweise in den USA unter Ronald Reagan praktiziert (Reaganomics), in Großbritannien unter Margaret Thatcher (Thatcherismus) und in jüngerer Zeit z.B. in Irland und Neuseeland. In diesen Länder sank in der Folgezeit die Arbeitslosigkeit. Umstritten ist jedoch, ob dies allein auf die angebotsorientierte Wirtschaftspolitik zurückzuführen ist und nicht auch auf andere makroökonomische Einflüsse wie die Veränderung der Geldpolitik, die reale Abwertung des Wechselkurses und fiskalpolitische Impulse. Die Beurteilung der praktisch bewirkten Erfolge wird dadurch erheblich erschwert, dass in Wirklichkeit häufig eine mehr oder minder große Diskrepanz zwischen verkündeter Wirtschaftspolitik und den tatsächlich stattfindenden staatlichen Eingriffen festzustellen ist.
Die Mehrheit der Ökonomen in Deutschland neigte in den letzten Jahren der Angebotspolitik zu. So formulierten im Jahr 2005 mehr als 250 deutsche Professoren der Volkswirtschaftslehre einen angebotsorientierten Grundkonsens im Hamburger Appell. Nach Michael Hüther, einem Unterzeichner des Hamburger Appells, ist auch Bestandteil der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik, dass bei starken Nachfrageeinbrüchen, wie etwa vor dem Hintergrund der Finanzkrise ab 2007, die die Anpassungsfähigkeit der volkswirtschaftlichen Angebotsseite überfordern, von einer keynesianischen Situation auszugehen ist, welche dann eine Nachfragepolitik dringlich mache.[2]
Literatur
- Wolfgang Cezanne: Allgemeine Volkswirtschaftslehre. Oldenbourg 2005. ISBN 978-3-486-57770-9 S.490-494
Einzelnachweise
- ↑ Cezanne S. 490
- ↑ Michael Hüther: „Drei Maßnahmen gegen den Absturz“ in: iwd, Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Jg. 35, 1. Januar 2009.
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