Kooperationseinheit

Kooperationseinheit

Ein Pfarrverband (auch Seelsorgeeinheit, Kooperationseinheit, Pastoralverbund oder Pfarreiengemeinschaft) ist ein Zusammenschluss mehrerer katholischer Pfarreien. Weil sowohl die Zahl der Priester aufgrund Priestermangels als auch die Zahl der praktizierenden und sich engagierenden Gläubigen drastisch zurückgeht, müssen die katholischen Diözesen reagieren: sie fassen einzelne Pfarreien zusammen oder stellen sie unter gemeinsame Leitung.

Inhaltsverzeichnis

Pfarrverband

Bei einem Pfarrverband werden kirchen- und vermögensrechtlich selbständige Gemeinden zu einer neuen Einheit zusammengeschlossen und erhalten ein gemeinsam verantwortliches Seelsorge-Team, das von einem Pfarrer geleitet wird. Diese Umstrukturierung findet auf diözesaner Ebene statt.

Im Unterschied zu der schon seit längerer Zeit üblichen Mitverwaltung mehrerer Pfarreien durch einen Priester stellt das Konzept der Pfarrverbände eine grundlegende Weiterentwicklung der kirchlichen Struktur dar: der Pfarrverband löst die Pfarreien als untere pastorale Ebene ab; innerhalb der Pfarrverbände bleiben die Pfarreien zwar juristisch erhalten, sind jedoch zu umfassender Kooperation aufgerufen, so dass nicht mehr jede einzelne Pfarrei, sondern der Pfarrverband als Ganzes die Fülle der kirchlichen Dienste (Liturgie, Verkündigung, Diakonie) bereitstellen muss. Dies entspricht auch der tatsächlichen Lebensgestaltung der Gemeindemitglieder, die zunehmend von Mobilität und von der Fragmentierung einzelner Lebensbereiche gekennzeichnet ist. Das Konzept der Pfarrverbände löst in der Pastoraltheologie eine neue Debatte um den Begriff der Gemeinde und der kirchlichen Basis aus.

Auf weltkirchlicher Ebene äußerte sich erstmals das „Direktorium zum Hirtendienst der Bischöfe“ zu den Seelsorgeeinheiten:

„Eine immer stärkere Verbreitung finden die so genannten ‚Seelsorgeeinheiten‘, mit deren Hilfe man Formen der organischen Zusammenarbeit zwischen benachbarten Pfarreien als Ausdruck einer gemeinschaftlichen Seelsorge fördern will. Wenn der Bischof die Errichtung solcher Strukturen für angemessen hält, dann soll er die folgenden Kriterien beachten: Die territorialen Bereiche müssen, auch in soziologischer Hinsicht, in homogener Weise abgegrenzt sein; die beteiligten Pfarreien sollen eine wirkliche gemeinsame Pastoral verwirklichen; die pastoralen Dienste müssen für alle Pfarreien in diesem Gebiet wirksam sichergestellt sein. Die andersartige Organisation der pastoralen Dienste darf nicht vergessen lassen, dass jede Gemeinde, auch wenn sie klein ist, ein Recht auf einen wirklichen und wirksamen pastoralen Dienst hat.“

Direktorium zum Hirtendienst der Bischöfe: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhles, Nr. 173, 22. Februar 2004

Umsetzung

Die Seelsorge in einem Pfarrverband muss stets die Bedürfnisse der Menschen berücksichtigen und ist auf Grund des vorherrschenden Priestermangels in vielen Pfarreien in unseren Tagen zum Problem geworden. Mit der Einführung des Ständigen Diakonats hat das Zweite Vatikanische Konzil auf diese Entwicklung reagiert.

Eine genaue Bezeichnung für die Zusammenlegung von Pfarreien ist nicht verbindlich festgelegt, da eine solche im Kirchenrecht nicht ausdrücklich erwähnt wird.[1] Daher werden in den deutschsprachigen Diözesen verschiedene Begriffe für diese neu gebildeten Einheiten verwendet. In der 1974 beschlossenen Rahmenordnung für die pastoralen Strukturen und für die Leitung und Verwaltung der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland wird der Begriff Pfarrverband verwendet.[2]

Bistum Aachen

Das Bistum Aachen hat unter Bischof Heinrich Mussinghoff einen Fusionsprozess in vielen Kirchengemeinden des Bistums eingeleitet.[3]

Erzbistum Paderborn

Das Erzbistum Paderborn kennt die Einrichtung der Dekanate. Jedes Dekant wird von einem Dechanten geleitet und besteht aus mehreren Pastoralverbünden.

Jeder Pastoralverbund besteht wiederum aus mehreren Pfarrgemeinden und wird von einem Pfarrer geleitet. Dem Pfarrer sind als hauptamtliche Mitarbeiter Diakone und Gemeindereferenten oder Gemeindereferentinnen zugeordnet. Seit dem 1. Juli 2006 verfügt das Erzbistum über 19 Dekanate.

Die Glaubensunterweisung (Katechese) und -verbreitung (Mission) ist für das Erzbistum Paderborn eines der vorrangigen Aufgabengebiete im Pastoralverbund.

Erzbistum Freiburg

Im Erzbistum Freiburg zum Beispiel werden je zwei bis fünf Pfarreien zu einer Seelsorgeeinheit zusammengefasst und einem Pfarrer oder Pfarradministrator mit Team (Vikar, Kooperator, Subsidiar, Pastoralreferent/Pastoralreferentin, Gemeindereferent/Gemeindereferentin) anvertraut. Dabei sollen möglichst homogene Lebensräume eine Einheit bilden: eine Stadt oder ein Raum mit ähnlicher soziologischer Struktur. Die Pfarreien sollen ihre rechtliche Selbständigkeit nicht verlieren. Das Konzept wird mehrfach begründet. In erster Linie aber ist das Konzept aus der Notwendigkeit geboren, mit weniger Priestern zurecht zu kommen. Die Zahl der Priester im aktiven Dienst geht von 827 (1998) auf circa 520–550 (2008) zurück. Von ihnen können voraussichtlich nicht mehr als 360 die Verantwortung für eine Seelsorgeeinheit tragen. Daraus ergibt sich die Zahl von etwa 350 Einheiten.

Bistum Essen

Im Bistum Essen wird die Zusammenlegung „Kooperationseinheit“ genannt. Damit werden mehrere katholische Pfarreien innerhalb eines Dekanates bezeichnet. Zwei (v.a. Großpfarreien im Ruhrgebiet) oder mehr (im ländlichen Sauerland bis zu sieben Kirchen) Gemeinden sollen zusammen arbeiten, weil aufgrund des immer größer werdenden Priestermangels nicht mehr jede Gemeinde einen eigenen Pfarrer haben kann. Welche Gestalt Kooperationen von benachbarten Gemeinden annehmen können, sieht der Kooperationsplan für das Bistum Essen vor, den Bischof Hubert Luthe nach fünfjährigem Beratungsprozess 1997 in Kraft gesetzt hat. Jeder Kooperationseinheit werden – auf der Grundlage einer Pastoralplanung 2000 mit dem Blick auf das Jahr 2006 – hauptamtliche pastorale Kräfte (Priester, Diakone, Pastoral- und Gemeindereferenten) zugeordnet. Mit dem Kooperationsplan und der Pastoralplanung 2000 als Ausgangspunkt beraten nun die Gemeinden jeder Kooperationseinheit – unter Berücksichtigung örtlicher Begebenheiten – über die zukünftige Form und Qualität der engeren Zusammenarbeit. Dies kann auch Fusion von Pfarrgemeinden bedeuten.

Von 2006 - 2008 wurde von der Bistumsleitung eine Zentrale Neuausrichtung des Bistums Essen mit weiteren Zusammenlegungen vorangetrieben.

Bistum Fulda

Im Bistum Fulda hat Bischof Heinz-Josef Algermissen im Jahr 2002 im Rahmen des „Pastoralen Prozesses“ die Einrichtung von 48 Pastoralverbünden veranlasst. Ein Pastoralverbund ist ein Seelsorgebezirk der verbindlichen Kooperation und des gemeinsamen Handelns rechtlich selbständiger, benachbarter Pfarreien im Sinne von can. 374 § 2 CIC.

Bistum Hildesheim

Im Bistum Hildesheim wurde wegen der Abnahme der Katholikenzahlen und des Priestermangels im Bistum Hildesheim sowie der zunehmend schlechter werdenden finanziellen Situation des Bistums 2003 das Konzept „Eckpunkte 2020“ erarbeitet, das neben direkten Einsparungen (beispielsweise durch Schließung von Einrichtungen) auch eine durch Zusammenlegung erreichte Verringerung der Anzahl der Gemeinden von damals 350 auf 124 im Jahr 2014 vorsieht.[4]

Bistum Münster

Im Bistum Münster wurde wegen der Abnahme der Katholikenzahl und des Priestermangels in den vergangenen Jahren Seelsorgeeinheiten in vielen Gemeinden umgesetzt. Viele ehemalige Kirchgemeinden werden mittlerweile zu einer Seelsorgeeinheit zusammengefasst.

Einzelnachweise

  1. Hinweis auf CIC §374 (2) und für die Leitung und Verwaltung der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland
  2. Rahmenordnung für die pastoralen Strukturen und für die Leitung und Verwaltung der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland
  3. Rheinische Post:Wenn Pfarren verschwinden
  4. Hannoversche Allgemeine: Zehn Kirchen droht die Schließung

Weblinks


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