Kovářská

Kovářská
Kovářská
Flag of Kovářská
Kovářská (Tschechien)
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Basisdaten
Staat: Tschechien
Region: Ústecký kraj
Bezirk: Chomutov
Fläche: 2087 ha
Geographische Lage: 50° 26′ N, 13° 3′ O50.43861111111113.057777777778815Koordinaten: 50° 26′ 19″ N, 13° 3′ 28″ O
Höhe: 815 m n.m.
Einwohner: 1.217 (1. Jan. 2011) [1]
Postleitzahl: 431 86
Kfz-Kennzeichen: U
Verkehr
Bahnanschluss: Křimov–Vejprty
Struktur
Status: Gemeinde
Ortsteile: 1
Verwaltung
Bürgermeister: Alena Kepičová (Stand: 2007)
Adresse: nám. J. Švermy 64
431 86 Kovářská
Gemeindenummer: 563137
Website: www.kovarska.cz
Lageplan
Lage von Kovářská im Bezirk Chomutov
Karte
Kirche "Erzengel Michael" im Zentrum von Kovářská
Blick vom Klínovec (Keilberg) auf Kovářská (im Hintergrund)

Kovářská, bis 1947 Šmídeberk (deutsch Schmiedeberg), ist eine Gemeinde mit 1286 Einwohnern im Kreis Chomutov, Tschechien. Sie befindet sich auf dem Kamm des mittleren Erzgebirges im Tal des Schwarzwassers (Černý potok, Černá voda), südwestlich des Velký Špičák (Großer Spitzberg).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Industrialisierung

Der Marktflecken Schmiedeberg entstand im 14. Jahrhundert und war lange Zeit vom Bergbau (Eisenerz) geprägt. Im 18. Jahrhundert waren in der Gegend Hochöfen im Einsatz, deren Befeuerung mit Holzkohle zu einer massiven Abholzung der Wälder im Erzgebirge führte.[2] 1872 erhielt Schmiedeberg an der Bahnstrecke Komotau–Weipert einen Bahnhof. Dadurch ergaben sich neue wirtschaftliche Möglichkeiten, die zu einer für die kleine Stadt ungewöhnlichen Industrialisierung führten. 1868 gründeten Anton Elster und Franz Schröter eine Baumwollwarenfabrik. Sie betrieben die erforderlichen Maschinen mit Wasserkraft, beleuchteten das Werk mit Gas, das in einer eigenen "Ölgasanstalt" erzeugt wurde. Im Jahr 1905 entstand auf dem Gelände des Schmiedeberger Eisenwerks eine Fischkonservenfabrik, 1910 in der Nähe des Bahnhofs die zweite. 1909 kam die Buchdruckerei Albert Ritschel hinzu, die nach dem ersten Weltkrieg eine Setzerei, eine Buchbinderei, eine eigene Stereotypie und eine elektrische Walzengußanstalt beinhaltete. Ritschel trieb seine Maschinen durch acht Elektromotoren von zusammen 15 PS an. 1910 begann Karl Klotz mit der industriellen Erzeugung von Knöpfen. Er produzierte Damen-Mode-Knöpfe aus Metall und Zelluloid, Stoffknöpfe aller Arten, Hosenknöpfe, Spangen, Schließen und Aufputzartikel aus Metall, Zelluloid und Gelatine. 1914 gründete Vinzenz Packer Jr. eine Werkstatt für Maschinen- und Werkzeugbau.[3]

Fischfabrik Kalla

Der Begründer der Fisch-Industrie in Schmiedeberg war der in Selc bei Prag geborene Anton Kalla (1848-1912). Kalla hatte Reisen, u.a. an die Nordsee hinter sich und sah im Fisch ein universelles Nahrungsmittel. Er besaß in Schmiedeberg einen kleinen Kaufladen, den er 1877 erweiterte, zunächst um den Lebensmittelexport; später verkaufte er auch Fischkonserven und Räucherfische. 1888 experimentierte Kalla damit, Fischkonserven selbst herzustellen. Im Jahr 1900 erbaute er dazu eine eigene Räucherei, 1910 eine große Fabrikanlage in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof. Die Konservierung der Fische erfolgte durch Einsalzen, Räuchern und Marinieren. Die Blechdosen stellte Anton Kalla im eigenen Werk her. Nach seinem Tod im Jahr 1912 übernahm sein Sohn Julius Kalla das Unternehmen. In den 1920er Jahren begann der Betrieb zu expandieren. Es entstanden „Kalla“-Fischkonservenfabriken in Oderberg in Schlesien, Timisvara und Konstanza in Rumänien sowie eine Handelsniederlassung in der Prager Innenstadt.

1943, so berichtet eine Chronik der Stadt[4] aus demselben Jahr, beschäftigte der Betrieb Kallas in Schmiedeberg 400 Mitarbeiter, verarbeitete jährlich 2.500 Tonnen Rohfisch, 300 t Zwiebeln, 130 t Salz, 300 t Gurken und 200.000 Liter Essig. Zusammen mit der kleineren Fischfabrik E. Lienert in Schmiedeberg bekam Kalla 280 Waggon Fisch pro Jahr geliefert, vorwiegend Hering. Die Metallabteilung des Betriebs stellte jährlich 1 Million Dosen her. Kallas Werbespruch lautete: „Jedes Kind, jeden Tag einen Bückling“. Der Chronist resümierte 1943 euphorisch: „Für die Zukunft wird mit einer gewaltigen Steigerung der deutschen Hochseefischerei gerechnet, dem ein wachsender Verbrauch von Fischwaren einhergeht. Für die weitere Entwicklung Schmiedeberg sind das günstige Aussichten.“

Bevölkerungsrückgang

1910 wohnten in Schmiedeberg 4642 Menschen in 448 Häusern. 1932 bewarb der Deutsche Landesverband für Fremdenverkehr in Böhmen die tschechische Kleinstadt als „Sommerfrische auf dem Kamme des Erzgebirges“[5]. Nach der Annexion des Sudetenlandes durch die Wehrmacht im Oktober 1938 lebten in Schmiedeberg und dem angeschlossenen Ortsteil Lauxmühle 4191 Einwohner, in der Mehrzahl Deutschböhmen. Am 11. September 1944 stürzte im Zusammenhang mit einer der größten Luftschlachten des Zweiten Weltkrieges ein amerikanischer B-17 Bomber mitten im Ort ab. Sein Heck landete auf dem Gebäude der Schule. 1994 wurde diese nach dem damals ums Leben gekommenen Bordschützen "Grundschule Sgt. J.C. Kluttz" umbenannt. Ein kleines Museum[6] dokumentiert den Einfluss der Luftschlacht auf den Ort. Ein Zeitzeuge, damals ein kleiner Junge, schrieb 2011 rückblickend[7] über den Absturz 1944:

„Die Sirenen hatten schon geheult. Keiner durfte mehr hinaus. Wir standen daheim in der hinteren Stube, mit Blick auf das Oberdorf, auf die Kalla-Villa, mit Blick auf Keilberg und Fichtelberg. Es war ein unheimliches Toben am Himmel. [...] Plötzlich gab es mehrere dumpfe Einschläge. [...] Auf dem Feld lagen die Silberstreifen umher, sechskantige Phosphorbrandbomben, gelbe Ersatz-Treibstoffbehälter. [...] Im unteren Dorf bot sich ein einmaliges Schauspiel. Im Dach meiner Schule steckte der komplette Rumpf eines amerikanischen Flugzeugs. Man sah den Stern auf dem Höhenruder. Für mich war das damals ein deutscher Sieg auf der ganzen Linie.“

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die deutschen Einwohner vertrieben. Einer von ihnen[8] lieferte dem Nationalausschuss (Národní Výbor[9]) die Idee für den tschechischen Namen: Angelehnt an Kovář, der Schmied, hieß Schmiedeberg ab da Kovářská.

Im Jahr 1968 hatte Kovářská 1420, im Januar 2010 laut dem Census nur noch 1221 Einwohner. Trotz dieses Rückgangs stieg inzwischen die Anzahl der Häuser: Von den 542 Gebäuden dienen 222 als Wochenendhäuser.

Sehenswürdigkeiten

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2011 (XLS, 1,3 MB)
  2. Bernd Schreiter, „Streifzüge durch die Geschichte des oberen Erzgebirges“, Erzgebirgsmuseum Annaberg-Buchholz, Heft 14, Seite 5
  3. Ortskunde mit Adreßbuch der Marktgemeinde Schmiedeberg 1923, Julius Schlosser, Faksimile-Nachdruck vom 1. Januar 1985, Herausgeber: Arbeitsausschuß der Schmiedeberger
  4. Josef Spinler, Kleine Heimatkunde des Landkreises Preßnitz, 1943
  5. Fremdenverkehr und diverse Postkarten von Schmiedeberg aus den 1930er Jahren
  6. Museum der Luftschlacht über dem Erzgebirge
  7. Gerhard Kreißl in: Mein Erzgebirg', Nr. 685, Oktober 2011, 58. Jahrgang
  8. Anton Schönherr (1904-1988), Hausnummer 472, deutsch und tschechisch sprechender Büroangestellter, zuvor Leiter der Fischkonserven-Filiale Kallas in Prag
  9. Tschechische Wikipedia

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