Kronecker-Produkt

Kronecker-Produkt

Das Kronecker-Produkt (nach Leopold Kronecker) ist ein Begriff aus der Matrizenrechnung.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Ist A eine m\times n-Matrix und B eine p\times r-Matrix, so ist das Kronecker-Produkt C = A \otimes B definiert als

C = (a_{ij} \cdot B)
=\begin{pmatrix} a_{11} B & \cdots & a_{1n} B \\ \vdots & \ddots & \vdots \\ a_{m1} B & \cdots & a_{mn} B \end{pmatrix}

Das heißt jedes Element der Matrix A wird mit der Matrix B multipliziert. Das Ergebnis ist also wieder eine Matrix, allerdings von der Dimension mp\times nr.

1. Beispiel

\begin{pmatrix} 1 & 2 \\ 3 & 4 \end{pmatrix}\otimes \begin{pmatrix} 5 & 6 \\ 7 & 8 \end{pmatrix}
=\begin{pmatrix} 
1\cdot \begin{pmatrix} 5 & 6 \\ 7 & 8 \end{pmatrix} & 2 \cdot \begin{pmatrix} 5 & 6 \\ 7 & 8 \end{pmatrix}\\\\
3\cdot \begin{pmatrix} 5 & 6 \\ 7 & 8 \end{pmatrix} & 4 \cdot \begin{pmatrix} 5 & 6 \\ 7 & 8 \end{pmatrix}
\end{pmatrix}
=\begin{pmatrix} 5 & 6 & 10 & 12 \\ 7 & 8 & 14 & 16 \\ 15 & 18 & 20 & 24 \\ 21 & 24 & 28 & 32 \end{pmatrix}

2. Beispiel


\begin{pmatrix} 1 & 3 & 2 \\ 1 & 0 & 0 \\ 1 & 2 & 2 \end{pmatrix}
\otimes
\begin{pmatrix} 0 & 5 \\ 5 & 0 \\ 1 & 1 \end{pmatrix}
= \begin{pmatrix} 
1 \cdot \begin{pmatrix} 0 & 5 \\ 5 & 0 \\ 1 & 1 \end{pmatrix} & 
3 \cdot \begin{pmatrix} 0 & 5 \\ 5 & 0 \\ 1 & 1 \end{pmatrix} & 
2 \cdot \begin{pmatrix} 0 & 5 \\ 5 & 0 \\ 1 & 1 \end{pmatrix} \\\\
1 \cdot \begin{pmatrix} 0 & 5 \\ 5 & 0 \\ 1 & 1 \end{pmatrix} & 
0 \cdot \begin{pmatrix} 0 & 5 \\ 5 & 0 \\ 1 & 1 \end{pmatrix} & 
0 \cdot \begin{pmatrix} 0 & 5 \\ 5 & 0 \\ 1 & 1 \end{pmatrix} \\\\
1 \cdot \begin{pmatrix} 0 & 5 \\ 5 & 0 \\ 1 & 1 \end{pmatrix} & 
2 \cdot \begin{pmatrix} 0 & 5 \\ 5 & 0 \\ 1 & 1 \end{pmatrix} & 
2 \cdot \begin{pmatrix} 0 & 5 \\ 5 & 0 \\ 1 & 1 \end{pmatrix} 
\end{pmatrix}
=\begin{pmatrix} 
 0 & 5 &  0 & 15 &  0 & 10 \\
 5 & 0 & 15 &  0 & 10 & 0  \\
 1 & 1 &  3 &  3 &  2 & 2  \\
 0 & 5 &  0 &  0 &  0 & 0  \\
 5 & 0 &  0 &  0 &  0 & 0  \\
 1 & 1 &  0 &  0 &  0 & 0  \\
 0 & 5 &  0 & 10 &  0 & 10 \\
 5 & 0 & 10 &  0 & 10 & 0  \\
 1 & 1 &  2 &  2 &  2 & 2
\end{pmatrix}

Eigenschaften

Das Kronecker-Produkt ist nicht kommutativ. Das heißt im Allgemeinen gilt

A\otimes B\neq B\otimes A

Es gibt jedoch Permutationsmatrizen P,Q so dass gilt

A\otimes B=P(B\otimes A)Q

Sind dabei A und B quadratisch so kann P = QT gewählt werden.

Das Kronecker-Produkt ist bilinear. Das heißt

A\otimes (B+C)=A\otimes B+A\otimes C
(B+C)\otimes A=B\otimes A+C \otimes A
\lambda (A\otimes B)=(\lambda A)\otimes B=A\otimes (\lambda B)

Das Kronecker-Produkt ist assoziativ. Das heißt

A\otimes(B\otimes C)=(A\otimes B)\otimes C

Für die Transposition gilt

(A \otimes B)^T = A^T \otimes B^T.

Für die konjugiert komplexe Matrix gilt

\overline{A \otimes B} = \overline{A} \otimes \overline{B}.

Für die adjungierte Matrix gilt

(A \otimes B)^* = A^* \otimes B^*

Sind A und B quadratische Matrizen so gilt für die Spur

\mathrm{Spur}(A \otimes B) = \mathrm{Spur}(A) \cdot \mathrm{Spur}(B).

Für den Rang gilt

\mathrm{Rang}(A \otimes B) = \mathrm{Rang}(A) \cdot \mathrm{Rang}(B).

Ist A eine n\times n und B eine m\times m Matrix so gilt für die Determinante

\det(A\otimes B)={\det}^m (A) \, {\det}^n(B).

Sind (\lambda_i)_{i=1..n}\, die Eigenwerte von A und (\mu_j)_{j=1..n}\, die Eigenwerte von B dann gilt

(\lambda_i \, \mu_j)_{i=1..n \atop j=1..m} sind die Eigenwerte von A\otimes B.

Sind A,B invertierbar so ist

(A\otimes B)^{-1}=A^{-1} \otimes B^{-1}.

Sind die (komplexen) Matrizen A,B,C und D mit den Dimensionen

  • A : m \times n
  • B : p \times q
  • C : n \times r
  • D : q \times s

gegeben, d.h. die Matrixprodukte AC und BD sind definiert, so gilt [1]

AC\otimes BD=(A\otimes B)(C\otimes D).

Für die Moore-Penrose-Inverse gilt außerdem

(A\otimes B)^{+}=A^{+} \otimes B^{+}.

Allgemeiner gilt: Sind A und B verallgemeinerte Inversen von A und B, so ist A^- \otimes B^- eine verallgemeinerte Inverse von A \otimes B.

Matrixgleichung

Es seien die Matrizen A\in\mathrm{Mat}(k\times\ell),\, B\in\mathrm{Mat}(m\times n),\, C\in\mathrm{Mat}(k\times n) gegeben

und eine Matrix X\in\mathrm{Mat}(\ell\times m) gesucht so dass AXB=C\, gilt. Nun gilt folgende Äquivalenz:

AXB=C \iff (B^T\otimes A)\, \operatorname{vec}(X)=\operatorname{vec}(C)

Hierbei steht \operatorname{vec} für die spaltenweise Vektorisierung einer Matrix zu einem Spaltenvektor.

Sind \vec{x}_1,...,\vec{x}_m die Spalten der Matrix X\in\mathrm{Mat}(\ell\times m) so ist \operatorname{vec}(X)=\begin{pmatrix} \vec{x}_1 \\ \vdots \\ \vec{x}_m \end{pmatrix} ein Spaltenvektor der Länge \ell\cdot m.

Analog ist \operatorname{vec}(C) ein Spaltenvektor der Länge m\cdot n.

Hat man den Vektor \operatorname{vec}(X) ermittelt so ergibt sich daraus unmittelbar die zugehörige, isomorphe Matrix X\in\mathrm{Mat}(\ell\times m).

Beweis der Äquivalenz

Es ist AXB=C \iff AX\left(\vec{b}_1,...,\vec{b}_n\right)=\left(\vec{c}_1,...,\vec{c}_n\right)
\iff AX \vec{b_i}=\vec{c_i} \iff \begin{pmatrix} AX \vec{b}_1 \\ \vdots \\ AX \vec{b}_n \end{pmatrix}=\operatorname{vec}(C)

Dabei ist 
\begin{pmatrix} A(\vec{x}_1,...,\vec{x}_m) \vec{b}_1 \\ \vdots \\ A(\vec{x}_1,...,\vec{x}_m) \vec{b}_n \end{pmatrix}
=\begin{pmatrix} A(b_{11}\vec{x}_1+...+b_{m1}\vec{x}_m) \\ \vdots \\ A(b_{1n}\vec{x}_1+...+b_{mn}\vec{x}_m) \end{pmatrix}
=\begin{pmatrix} A\, b_{11} & \cdots & A\, b_{m1} \\ \vdots & \ddots & \vdots \\ A\, b_{1n} & \cdots & A\, b_{mn}\end{pmatrix}
\begin{pmatrix} \vec{x}_1 \\ \vdots \\ \vec{x}_m \end{pmatrix}=(B^T\otimes A)\, \operatorname{vec}(X)

Gleichungssystem mit Matrixkoeffizienten

Für i=1,...,r\, und j=1,...,s\, seien die Matrizen A_{ij}\in\mathrm{Mat}(k\times\ell),\, B_{ij}\in\mathrm{Mat}(m\times n),\, C_i\in\mathrm{Mat}(k\times n) gegeben.

Gesucht sind die Matrizen X_i\in\mathrm{Mat}(\ell\times m), welche das Gleichungssystem

\begin{bmatrix} 
A_{11} X_1 B_{11}+...+A_{1s} X_s B_{1s} & =      & C_1 \\
                                        & \vdots &     \\
A_{r1} X_1 B_{r1}+...+A_{rs} X_s B_{rs} & =      & C_r \\
\end{bmatrix}

lösen. Diese Aufgabenstellung ist äquivalent zum Lösen des Gleichungssystems

\begin{pmatrix} 
B_{11}^T \otimes A_{11} & \cdots & B_{1s}^T \otimes A_{1s} \\
\vdots                  & \ddots & \vdots                  \\
B_{r1}^T \otimes A_{r1} & \cdots & B_{rs}^T \otimes A_{rs} \\
\end{pmatrix}
\begin{pmatrix} \operatorname{vec} \, X_1  \\ \vdots \\ \operatorname{vec} \, X_s  \end{pmatrix}
=\begin{pmatrix} \operatorname{vec} \, C_1  \\ \vdots \\ \operatorname{vec} \, C_r \end{pmatrix}

Weitere Anwendungen

Das Kronecker-Produkt wird beispielsweise in der verallgemeinerten linearen Regressionsanalyse verwendet, um eine Kovarianzmatrix von korrelierten Störgrößen zu konstruieren. Man erhält hier etwa eine blockdiagonale Zellnermatrix.

Zudem braucht man das Kronecker-Produkt in der Quantenmechanik um Systeme mit mehreren Teilchen, die ein beidseitig beschränktes Spektrum besitzen, zu beschreiben. Zustände mehrerer Teilchen sind dann Kroneckerprodukte der Einteilchenzustände. Im Falle eines unbeschränkten Spektrums bleibt nur die algebraische Struktur eines Kronecker-Produktes erhalten, da dann keine Darstellung durch Matrizen existiert.

Zusammenhang mit Tensorprodukten

Gegeben seien zwei lineare Abbildungen \varphi_1:V_1\longrightarrow W_1 und \varphi_2:V_2\longrightarrow W_2 zwischen endlich dimensionalen Vektorräumen. Dann gibt es immer genau eine lineare Abbildung

\varphi_1\otimes\varphi_2:V_1\otimes V_2\longrightarrow W_1\otimes W_2

zwischen den Tensorprodukten mit \varphi_1\otimes \varphi_2(v_1\otimes v_2)=\varphi_1(v_1)\otimes \varphi_2(v_2).

Wenn wir auf den Vektorräumen V1,W1,V2 und W2 je eine Basis auswählen, so können wir der Abbildung φ1 ihre Darstellungsmatrix A zuordnen, B sei die Darstellungsmatrix von φ2. Das Kronecker-Produkt A\otimes B der Darstellungsmatrizen ist nun genau die Darstellungsmatrix der tensorierten Abbildung \varphi_1\otimes\varphi_2.

Damit dies funktioniert, müssen aber die Basen auf V_1\otimes V_2 und W_1\otimes W_2 richtig gewählt werden: Wenn (e_1,e_2,\ldots, e_n) die ausgewählte Basis von V1 und (f_1,f_2,\ldots, f_p) die Basis von V2 gegeben ist, so nehmen wir (e_1\otimes f_1, e_1\otimes f_2, \ldots, e_1\otimes f_p, e_2\otimes f_1, \ldots, e_n\otimes f_{p-1}, e_n\otimes f_p) als Basis für das Tensorprodukt V_1\otimes V_2. Analog für W_1\otimes W_2.

Historisches

Das Kronecker-Produkt ist nach Leopold Kronecker benannt, weil er es anscheinend als erster definierte und verwendete. Früher wurde das Kronecker-Produkt manchmal Zehfuss-Matrix genannt, nach Johann Georg Zehfuss.

Weblinks

Quellen

  1. Steeb, Willi Hans: Kronecker Product of Matrices and Applications. BI-Wiss.Verlag, 1991, ISBN 3-411-14811-X, S.16

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Kronecker — ist der Name von Hugo Kronecker (1839–1914), deutscher Physiologe Leopold Kronecker (1823–1891), deutscher Mathematiker Sonstiges Satz von Kronecker Weber Kronecker Delta Kronecker Symbol Kronecker Produkt Kroneckersches Lemma …   Deutsch Wikipedia

  • Leopold Kronecker — (* 7. Dezember 1823 in Liegnitz; † 29. Dezember 1891 in Berlin) war ein deutscher Mathematiker. Der Physiologe Hugo Kronecker (1839–1914), sechzehn Jahre jünger als er, war sein Bruder. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Skalares Produkt — Das Skalarprodukt (auch inneres Produkt oder Punktprodukt) ist eine mathematische Verknüpfung. Historisch wurde es zuerst für den euklidischen Raum eingeführt. Dort berechnet sich das Skalarprodukt zweier Vektoren und nach der Formel Dabei sind …   Deutsch Wikipedia

  • Kroneckerprodukt — Das Kronecker Produkt (nach Leopold Kronecker) ist ein Begriff aus der Matrizenrechnung. Inhaltsverzeichnis 1 Definition 2 1. Beispiel 3 2. Beispiel 4 Eigenschaften 5 Matrixgleichung …   Deutsch Wikipedia

  • Mathematische Zeichen — Die Notation in der mathematischen Symbolschrift erfolgt in der Mathematik (z. B. in Formeln oder Gleichungen) unter der Verwendung von Symbolen. Beispielsweise wird die Addition von zwei Zahlen durch das Zeichen + dargestellt. Mehr über die… …   Deutsch Wikipedia

  • Mathematisches Symbol — Die Notation in der mathematischen Symbolschrift erfolgt in der Mathematik (z. B. in Formeln oder Gleichungen) unter der Verwendung von Symbolen. Beispielsweise wird die Addition von zwei Zahlen durch das Zeichen + dargestellt. Mehr über die… …   Deutsch Wikipedia

  • Mathematische Symbole — Dieser Artikel wurde auf der Qualitätssicherungsseite des Portals Mathematik zur Löschung vorgeschlagen. Dies geschieht, um die Qualität der Artikel aus dem Themengebiet Mathematik auf ein akzeptables Niveau zu bringen. Dabei werden Artikel… …   Deutsch Wikipedia

  • Spin-Gruppe — Ein Spinor ist in der Mathematik, und dort speziell in der Differentialgeometrie, ein Vektor in einer kleinsten Darstellung (ρ,V) einer Spin Gruppe. Die Spin Gruppe ist isomorph zu einer Teilmenge einer Clifford Algebra, jede Clifford Algebra ist …   Deutsch Wikipedia

  • Weyl-Spinor — Ein Spinor ist in der Mathematik, und dort speziell in der Differentialgeometrie, ein Vektor in einer kleinsten Darstellung (ρ,V) einer Spin Gruppe. Die Spin Gruppe ist isomorph zu einer Teilmenge einer Clifford Algebra, jede Clifford Algebra ist …   Deutsch Wikipedia

  • Spinor — Ein Spinor ist in der Mathematik, und dort speziell in der Differentialgeometrie, ein Vektor in einer kleinsten Darstellung (ρ,V) einer Spin Gruppe. Die Spin Gruppe ist isomorph zu einer Teilmenge einer Clifford Algebra. Jede Clifford Algebra ist …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”