Laurentreihen

Laurentreihen

Die Laurent-Reihe (nach Pierre Alphonse Laurent) ist eine unendliche Reihe ähnlich einer Potenzreihe, aber zusätzlich mit negativen Exponenten. Allgemein hat eine Laurent-Reihe in x mit Entwicklungspunkt c diese Gestalt:

f(x) = \sum_{n=-\infty}^\infty a_n (x-c)^n

Dabei sind die an und das c meist komplexe Zahlen, es gibt aber auch andere Möglichkeiten, die im Abschnitt "Formale Laurent-Reihen" beschrieben sind. Für komplexe Laurent-Reihen benutzt man meist die Variable z statt x.

Summanden, in denen ak = 0 ist, werden meist nicht mitgeschrieben, deshalb muss nicht jede Laurent-Reihe in beide Richtungen ins Unendliche gehen. (Wie es auch bei Potenzreihen gehandhabt wird, und ähnlich zur Darstellung abbrechender Dezimalbrüche, die eigentlich unendlich viele Nullen hinter den letzten Ziffern haben.)

Die Reihe der Terme mit negativen Exponenten nennt man den Hauptteil der Laurent-Reihe, die Reihe der Terme mit nichtnegativen Exponenten nennt man den Nebenteil.

Eine Laurent-Reihe mit verschwindendem Hauptteil ist eine Potenzreihe, hat sie außerdem nur endlich viele Terme mit nichtnegativen Exponenten, dann ist sie ein Polynom. Hat eine Laurent-Reihe insgesamt nur endlich viele Terme (mit negativem oder positivem Exponent), dann nennt man sie ein Laurent-Polynom.

Beispiel

Sei K\in\{\mathbb{R},\mathbb{C}\}, f\colon K\to K \colon x\mapsto\begin{cases} \exp\left(\frac{-1}{x^2}\right), & x\neq 0\\ 0, & \mbox{sonst}\end{cases}.

Für K=\mathbb{R} ist f unendlich oft differenzierbar, für K=\mathbb{C} ist sie jedoch in x = 0 nicht komplex differenzierbar, sie hat dort sogar eine wesentliche Singularität.

Indem man nun \frac{-1}{x^2} in die Potenzreihenentwicklung der Exponentialfunktion einsetzt, erhält man die Laurent-Reihe von f mit Entwicklungspunkt 0:

f(x) = \sum_{j=0}^\infty (-1)^j\frac{x^{-2j}}{j!}

Sie konvergiert für jede komplexe Zahl x außer für x = 0 (wo bereits die Summanden nicht definiert sind).

Das nachfolgende Bild zeigt, wie sich die Partialsummenfolge

f_n(x) = \sum_{j=0}^n (-1)^j\frac{x^{-2j}}{j!}

an die Funktion annähert (die Kurve für n = \infty ist f selbst).

Bild:Laurentreihe_Exp_-X-2.png

Konvergenz von Laurent-Reihen

Laurent-Reihen sind wichtige Hilfsmittel der Funktionentheorie, vor allem zur Untersuchung von Funktionen mit Singularitäten.

Laurent-Reihen beschreiben komplexe Funktionen, die auf einem Kreisring holomorph sind, so wie Potenzreihen Funktionen beschreiben, die auf einer Kreisscheibe holomorph sind.

Sei

\sum_{n=-\infty}^\infty a_n (z-c)^n

eine Laurent-Reihe in z mit komplexen Koeffizienten an und Entwicklungspunkt c. Dann gibt es zwei eindeutig bestimmte Zahlen r und R, so dass folgendes gilt:

  • Die Laurent-Reihe konvergiert auf dem offenen Kreisring A := \{ z : r < \vert z - c \vert < R \} normal, also insbesondere absolut und lokal gleichmäßig. Damit meint man, dass Haupt- und Nebenteil normal konvergieren. Lokal gleichmäßige Konvergenz impliziert gleichmäßige Konvergenz auf jeder kompakten Teilmenge von A, also insbesondere auf den Bildern von Kurven in A. Die Laurent-Reihe definiert auf A eine holomorphe Funktion f.
  • Außerhalb des Kreisrings divergiert die Laurent-Reihe. Das heißt, dass für jeden Punkt im Äußeren von A, \{ z : r > \vert z - c \vert\vee\vert z - c \vert > R\}, die Reihe der Terme mit positiven oder die Terme mit negativen Exponenten divergiert.
  • Auf dem Rand des Kreisrings kann man keine allgemeinen Aussagen machen, außer dass es mindestens einen Punkt auf der äußeren Begrenzung und mindestens einen Punkt auf der inneren Begrenzung gibt, in die f nicht holomorph fortgesetzt werden kann.

Es ist möglich, dass r = 0 und R = \infty ist, es kann aber auch sein, dass r = R ist. Die beiden Radien können wie folgt mit der Formel von Cauchy-Hadamard berechnet werden:

r = \limsup_{n\to\infty} \vert a_{-n} \vert ^{1/n}
R = \frac{1}{\limsup_{n\to\infty} \vert a_n \vert ^{1/n}}

Man setzt \frac{1}{0}=\infty und \frac{1}{\infty}=0 in der zweiten Formel.

Umgekehrt kann man mit einem Kreisring A := \{ z : r < \vert z - c \vert < R \} und einer auf A holomorphen Funktion f beginnen. Dann existiert immer eine eindeutig bestimmte Laurent-Reihe mit Entwicklungspunkt c, die (mindestens) auf A konvergiert und dort mit f übereinstimmt. Für die Koeffizienten gilt

a_n=\frac{1}{2\pi\mathrm{i}}\oint_{\partial U_\varrho(c)}\frac{f(\zeta)}{\left(\zeta-c\right)^{n+1}}\mathrm{d}\zeta

für alle n\in\mathbb{Z} und ein \varrho\in(r,R). Wegen des Integralsatzes von Cauchy kommt es auf die Auswahl von \varrho nicht an.

Der Fall r = 0, also der einer holomorphen Funktion f auf einer gelochten Kreisscheibe um c, ist besonders wichtig. Der Koeffizient a − 1 der Laurentreihenentwicklung von f heißt Residuum von f in der isolierten Singularität c, er spielt eine große Rolle im Residuensatz.

Formale Laurent-Reihen

Formale Laurent-Reihen sind Laurent-Reihen in der Unbestimmten X, die ohne Rücksicht auf Konvergenzbetrachtungen benutzt werden. Die Koeffizienten ak können dann aus einem beliebigen kommutativen Ring K stammen. In dieser Situation ist es jedoch nur sinnvoll, Laurent-Reihen mit nur endlich vielen negativen Exponenten zu betrachten (also mit einem so genannten endlichen Hauptteil), und die Entwicklungsstelle c auf 0 festzulegen.

Zwei solche formale Laurent-Reihen sind per Definition genau dann gleich, wenn sie in allen Koeffizienten übereinstimmen. Zwei Laurent-Reihen werden addiert, indem man ihre entsprechenden Koeffizienten addiert, und weil sie nur endlich viele Terme mit negativem Exponenten haben, können sie durch Faltung ihrer Koeffizientenfolgen multipliziert werden (man multipliziert sie einfach formal aus, wie man es mit Potenzreihen macht). Mit diesen Verknüpfungen wird die Menge aller Laurent-Reihen über einem kommutativen Ring K zu einem kommutativen Ring, der mit K((X)) bezeichnet wird.

Ist K ein Körper, dann bilden die formalen Potenzreihen in der Unbestimmten X über K einen Integritätsring, der mit K[[X]] bezeichnet wird. Sein Quotientenkörper ist isomorph zum Körper K((X)) der Laurent-Reihen über K.


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Meromorph — Für viele Fragestellungen der Funktionentheorie ist der Begriff der holomorphen Funktion zu speziell. Dies liegt daran, dass der Kehrwert einer holomorphen Funktion f an einer Nullstelle von f eine Definitionslücke hat und somit dort auch nicht… …   Deutsch Wikipedia

  • Trigonometrisches Polynom — Ein trigonometrisches Polynom, auch eine trigonometrische Summe genannt, ist in der reellen Analysis eine endliche, reelle Linearkombination der trigonometrischen Funktionen und , wobei die Linearkombination als Funktion für definiert wird. Diese …   Deutsch Wikipedia

  • Artin-Schreier-Theorie — Die Artin Schreier Theorie gehört in der Mathematik zur Körpertheorie. Für Körper positiver Charakteristik p beschreibt sie abelsche Galois Erweiterungen vom Exponenten p und ergänzt damit die Kummer Theorie. Sie ist benannt nach Emil Artin und… …   Deutsch Wikipedia

  • 2-adisch — Für jede Primzahl p bilden die p adischen Zahlen einen Erweiterungskörper der rationalen Zahlen; sie wurden 1897 erstmals von Kurt Hensel beschrieben. Diese Körper werden benutzt, um Probleme in der Zahlentheorie zu lösen, oftmals unter… …   Deutsch Wikipedia

  • Absolutes Glied — In der Mathematik ist ein Polynom (von griech. πολύ / polý und lat. nomen = „mehrnamig“) eine Summe von Vielfachen von Potenzen mit natürlichzahligen Exponenten einer Variablen, die in den meisten Fällen mit x bezeichnet wird. In der elementaren… …   Deutsch Wikipedia

  • Absolutglied — In der Mathematik ist ein Polynom (von griech. πολύ / polý und lat. nomen = „mehrnamig“) eine Summe von Vielfachen von Potenzen mit natürlichzahligen Exponenten einer Variablen, die in den meisten Fällen mit x bezeichnet wird. In der elementaren… …   Deutsch Wikipedia

  • Algebraisches Element — Die Begriffe algebraisches und transzendentes Element treten in der abstrakten Algebra auf und verallgemeinern das Konzept von algebraischen und transzendenten Zahlen. Ist L/K eine Körpererweiterung, dann heißt ein Element a von L algebraisch… …   Deutsch Wikipedia

  • Biquadratische Funktion — In der Mathematik ist ein Polynom (von griech. πολύ / polý und lat. nomen = „mehrnamig“) eine Summe von Vielfachen von Potenzen mit natürlichzahligen Exponenten einer Variablen, die in den meisten Fällen mit x bezeichnet wird. In der elementaren… …   Deutsch Wikipedia

  • Diskrete Faltung — In der Mathematik und besonders in der Funktionalanalysis beschreibt die Faltung einen mathematischen Operator, der für zwei Funktionen f und g eine dritte Funktion liefert. Diese gibt eine Art „Überlappung“ zwischen f und einer gespiegelten und… …   Deutsch Wikipedia

  • Endliche Reihe — In der Mathematik ist eine (unendliche) Reihe eine Folge, deren Glieder (Partialsummen) als Summen der ersten n Glieder einer anderen Folge gegeben sind. Inhaltsverzeichnis 1 Nomenklatur 2 Beispiele 3 Konvergenzkriterien 3.1 Beispiele …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”