Leon Kozlowski

Leon Kozlowski
Leon Kozłowski

Leon Tadeusz Kozłowski (* 6. Juni 1892 in Rembieszyce (Małogoszcz); † 11. Mai 1944 in Berlin) war ein polnischer Archäologe, Politiker und Ministerpräsident.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Studium und berufliche Laufbahn

Hauptgebäude der Lemberger Universität

Nach dem Umzug seiner Familie nach Galizien beginnt er 1914 ein Studium der Archäologie an der Universität Lemberg. Bereits während seines Studiums wurde er Mitglied des Schützenverbandes "Strzelec" (Związek Strzelecki "Strzelec") sowie der Vereinigung der progressiven Jugend.

Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Polnisch-Sowjetischen Krieg beendete er zunächst sein Studium an der Universität Lemberg, ehe er dort 1921 Professor für Archäologie [1] und damit erster Ordinarius dieses Studienfachs wurde.[2] Zugleich war er von 1921 bis 1931 sowie erneut zwischen 1935 und 1939 Vorsteher der Fakultät für Ur- und Frühgeschichte. Als Historiker und Archäologe machte er sich als Vertreter eines Neoautochthonismus zur Lausitzer Kultur und der Herkunft der Slawen einen Namen.[3]

Erster Weltkrieg und die ersten Jahre nach der Unabhängigkeit

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges trat er der unter dem Kommando von Józef Piłsudski stehenden 1. Brigade der Polnischen Legionen (Legiony Polskie) bei und diente dort im 1. Ulanenregiment. Nach der so genannten Eideskrise (Kryzys przysięgowy) vom Juli 1917, in der Teile der Polnischen Legionen den Eid auf den Kaiser von Österreich Franz Joseph ablehnten, trat er der Polnischen Militärischen Organisation (Polska Organizacja Wojskowa) bei, um im Anschluss daran die zukünftigen Kader der Polnischen Streitkräfte (Wojsko Polskie) zu organisieren.

Nach der Unabhängigkeit der Republik Polen am 22. November 1918 trat er als Freiwilliger in die Polnische Armee ein, wo er mit Auszeichnungen Kämpfer während des Polnisch-Sowjetischen Krieges von 1920 bis 1921 war. Außerdem war er aktives Mitglied verschiedener sozialer und politischer Organisationen wie der Gesellschaft für die Wiederherstellung der Republik. Als solches war er 1928 an der Gründung des Parteilosen Blocks der Regierungsunterstützer (Bezpartyjny Blok Współpracy z Rządem) beteiligt.

Seine eigentliche politische Laufbahn begann ebenfalls 1928 mit der Wahl zum Abgeordneten des Parlaments (Sejm), wo er bis 1935 die Interessen des BBWR vertrat.

Minister und Ministerpräsident

Im März 1930 wurde er vom Gründer des BBWR und damaligen Ministerpräsidenten, Walery Sławek, zum Minister für landwirtschaftliche Reformen berufen. Dieses Amt übte er bis 1932 aus. Anschließend war er 1932 bis 1933 im Kabinett vom Aleksander Prystor Unterstaatssekretär im Finanzministerium.

Am 15. Mai 1934 wurde er dann als Nachfolger von Janusz Jędrzejewicz schließlich selbst Ministerpräsident. Zeitweise übernahm er vom 15. Bis zum 28. Juni 1934 auch das Amt des Innenministers. Seine Regierungszeit war insbesondere geprägt durch ein hohes Haushaltsdefizit sowie die Wiederbewaffnung Deutschlands.[4] Das Amt des Ministerpräsidenten übte er bis zu seiner Ablösung durch Sławek am 28. März 1935 aus. Aufgrund des Beharrens von Marschall Piłsudski übernahmen alle Minister seines Kabinetts auch Ämter in der neuen Regierung.

1935 wurde er dann zum Senator gewählt. Auch nach dem Tode Piłsudskis am 12. Mai 1935 blieb er politisch aktiv und als Vertreter der Linke innerhalb der Sanacja insbesondere ein Unterstützer von Sławek. Als dieser jedoch im Rennen um die Nachfolge des Marschalls erfolglos war, kehrte Kozłowski als Professor an die Universität Lemberg zurück. 1937 war er zwar an der Bildung des Lagers der Nationalen Einheit (Obóz Zjednoczenia Narodowego) beteiligt, blieb jedoch politisch ohne Einfluss.

Zweiter Weltkrieg und letzte Lebensjahre

Auch nach dem Polenfeldzug und dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 verblieb er in Lemberg, wo er jedoch bald darauf vom sowjetischen Volkskommissariat für innere Angelegenheiten (NKWD) verhaftet wurde. Die folgenden zwei Jahre verbrachte er in verschiedenen sowjetischen Gefängnissen und wurde schließlich wegen anti-sowjetischen Verhaltens zum Tode verurteilt. Allerdings wurde er aufgrund des Sikorski-Majski-Abkommens zwischen der polnischen Exilregierung in London und der Sowjetunion während des Zweiten Weltkriegs zur gemeinsamen Bekämpfung des Dritten Reichs vom 30. Juni 1941 freigelassen.

Im Anschluss daran trat er in Busuluk der von Generalleutnant Władysław Anders gebildeten Anders-Armee (Armia Andersa) bei. Nach einiger Zeit wurde er wegen des illegalen Überschreitens der deutsch-russischen Grenze von einem polnischen Gericht erneut zum Tode verurteilt. Als er von den deutschen Behörden nach Berlin gebracht wurde, wurde von einigen Historikern vermutet, dass er von diesen als möglicher Kollaborateur und Verbündeter zur Gewinnung der Polen gegen die Sowjetunion angesehen wurde. Allerdings gab es für die Vermutungen keine Nachweise.

Andererseits gilt es als sicher, dass er 1943 von den deutschen Behörden als Experte zum Ort des Massakers von Katyn gesandt wurde.[5] Außerdem kooperierte er mit der deutschen Propaganda im ideologischen Kampf gegen die Sowjetunion.

Später wurde er während seiner Internierung in Berlin bei einem der alliierten Luftangriffe auf Berlin verwundet und starb wenige Zeit später an den Folgen dieser Verletzungen.

Veröffentlichungen

  • "Die Lausitzer Kultur und das Problem der Herkunft der Slawen", Lemberg 1925 (Kultura łuzycka a Problem pochodzenia Słowian)

Quellen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Brather, Sebastian: Archäologie der westlichen Slawen, 2001
  2. Beck, Heinrich u.a.: Zur Geschichte der Gleichung "germanisch-deutsch", 2004
  3. Rohrer, Wiebke: Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie in der deutschen Provinz Oberschlesien und der polnischen schlesischen Wojewodschaft zwischen 1918 und 1933, in: "Jahrbuch des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa", 2004
  4. "My Friends. . . .", Artikel im TIME-Magazine vom 12. November 1934
  5. Krzeminski, Adam: "Polen blickt nach vor. Der aktuelle Wahlkampf zeigt, dass sich die Geschichte nicht mehr instrumentalisieren lässt", Artikel in "Die Welt - Online" vom 18. Oktober 2007

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