Leuna-Affäre

Leuna-Affäre

"Leuna-Affäre" war die von einem Teil der Medien und der rot-grünen Opposition verwendete Bezeichnung für angebliche Schmiergeldzahlungen an deutsche Politiker im Zuge der Privatisierung der Leunawerke und der aus dem VEB Minol hervorgegangenen MINOL Mineralölhandel AG 1990/91.

Obwohl erwiesenermaßen substantielle Beträge illegal während dieser Transaktionen geflossen waren, konnte eine Verwicklung deutscher Politiker nicht bewiesen werden.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Nach der Wiedervereinigung erfolgte eine Privatisierung des DDR-Vermögens durch die Treuhandanstalt. Hierzu gehörte auch die Leuna-Raffinerie und der zum Zeitpunkt der Verhandlungen bereits sehr profitable Mineralölkonzern Minol. Es bestand der mehrfach öffentlich geäußerte politische Wunsch von Frankreichs Präsidenten François Mitterrand und Kanzler Helmut Kohl, dass diese beiden Unternehmen an den französischen Konzern Elf Aquitaine verkauft werden sollten. Dies sollte ein Symbol für das französische Engagement in Ostdeutschland sein und die Zahl der Wettbewerber auf dem deutschen Ölmarkt erhöhen. Der Verkauf erfolgte 1990/91.

Das kaufmännische Interesse von Elf Aquitaine selbst war anfangs eher gering. Die erworbene Raffinerie musste mit Milliardenaufwand quasi neu gebaut werden. Hinzu kamen umfangreiche Altlasten in Leuna. Ein Bedarf an zusätzlichen Raffineriekapazitäten bestand nicht. So konnte der Verkauf nur um den Preis einer hohen Subventionszusage erfolgen. Anders lag der Fall bei Minol. Das Unternehmen war Marktführer in den neuen Bundesländern und sehr profitabel.

Weitere Interessenten an Leuna und Minol waren die BP-Gruppe, die Tamoil-Gruppe und das kuwaitische Unternehmen Q8.

Schmiergeldzahlungen in Frankreich

In den Jahren 1992 und 1993 erfolgten Schmiergeldzahlungen in Höhe von 47 Millionen Euro aus Schwarzgeldkassen von Elf. Als Drahtzieher des dubiosen Transfers gilt der ehemalige Elf-Manager Alfred Sirven. In Frankreich wurden dafür verantwortliche Manager verurteilt, der ehemalige Konzernchef der Elf Aquitaine, Loïk Le Floch-Prigent, wurde zu 3 Jahren Haft verurteilt; Sirven zu 5 Jahren. Die Angeklagten erklärten, die Mittel wären im Rahmen der Leuna-Privatisierung geflossen.

Politische Vermutungen in Deutschland

In Folge des Schmiergeldprozesses in Frankreich wurde von interessierter Seite mehrfach die Verwicklung bundesdeutscher Politiker behauptet. Insbesondere wurde nach dem Regierungswechsel 1998 Burkhard Hirsch als "Sonderermittler" eingesetzt, um Belege dafür zu finden, die Regierung Kohl hätte einen Teil der entsprechenden Regierungsakten während des Regierungswechsels 1998 verschwinden lassen. Siehe hierzu Hauptartikel: Bundeslöschtage.

Einen Hinweis auf Zahlungen an deutsche Politiker konnte nicht gefunden werden. Ein Untersuchungsausschuss wurde nicht eingesetzt.

Die betroffenen Mitglieder der Regierung Kohl verwiesen immer auf die geringe Attraktivität von Minol und den von Anfang an bestehenden politischen Wunsch des Verkaufs an ELF. Eine Bestechung wäre daher überflüssig gewesen.

Strafverfolgung in Deutschland

Trotz massiven politischen Drucks, der Bundesanwalt möge die Ermittlungen an sich ziehen, wurden alle Ermittlungen der Staatsanwaltschaften in Deutschland mangels Tatverdacht eingestellt.

Angestoßen wurden die staatsanwaltlichen Untersuchungen durch einen Bericht der französischen Untersuchungsrichterin Eva Joly, die von Paris aus die Elf-Aquitaine-Schmiergeldaffäre aufdeckte. In einer Zusammenarbeit zwischen Joly und dem Genfer Ermittler Paul Perraudin wurden Unterlagen auch an die deutschen Behörden weitergeleitet.

Laut den Ermittlungen der Genfer Staatsanwälten und der Untersuchungsrichterin Eva Joly passierte folgendes im Privatisierungsskandal Leuna-Minol: Die Lobbyisten Dieter Holzer und der Staatssekretär Ludwig-Holger Pfahls inszenierten regelrechte Transaktionskaskaden. Zwischen 1987 und 1997 bewegten sie laut der Genfer Staatsanwaltschaft 130 Millionen Euro zwischen Liechtensteiner Trusts, Schweizer und Luxemburger Banken, Offshore-Firmen auf Antigua und in Panama. Der Genfer Untersuchungsrichter Paul Perraudin sieht darin eine „unsinnige wirtschaftliche Struktur, die einen konkreten Verdacht der Geldwäscherei begründet“. Unzählige Devisen- und Kassageschäfte zwischen den gleichen Banken über Konten eines anderen wirtschaftlich Berechtigten sind klassische Geldwaschtransaktionen. Das Verwirrspiel dieser Kick-back-Überweisungen dient dazu, den Fluss des Geldes und die Identität des Empfängers zu verschleiern.

Siehe auch

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