Ludwig Geißel

Ludwig Geißel

Ludwig Geißel (* 25. August 1916 in Alzey/Rheinhessen; † 20. November 2000 in Stuttgart) war Vizepräsident des Diakonischen Werkes der EKD sowie Mitbegründer der Aktion „Brot für die Welt“ und der „Diakonie Katastrophenhilfe“.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ludwig Geißel trat nach Militär- und Weltkriegszeit und einer Tätigkeit bei der Sozialbehörde des Hamburger Senats 1946/47 im Jahr 1947 in das Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland ein. 1949 war er an der Gründung des Patenschaftswerks West-Ost beteiligt. 1950 wurde er Leiter der Außenstelle Hamburg des Hilfswerk, dessen Aktivitäten in der Katastrophenhilfe 1953 begannen. 1955 übernahm er als Hauptgeschäftsführer im Zentralbüro in Stuttgart den Bereich Nothilfe. Nach der Fusion mit dem Centralausschuß für die Innere Mission zum Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland (mit Sitz in Stuttgart) im Jahr 1957 wurde er zu dessen Direktor ernannt. Sein Zuständigkeitsbereich umfasste die Finanzen, die Nothilfe und die Verwaltung. 1972 erfolgte seine Berufung zum Vizepräsidenten des Diakonischen Werks der EKD. Nach Eintritt in den Ruhestand im Jahr 1982 war er noch als Unternehmensberater tätig.

Als Vertreter der Diakonie war Ludwig Geißel an verschiedenen, meist im ökumenischen Verbund geleisteten Hilfsaktionen beteiligt, so an der Betreuung von Flüchtlingen des Volksaufstandes in Ungarn von 1956, an der von „Brot für die Welt“ mitgetragenen Aktion „Indien hungert“, an der Organisation der Kinderluftbrücke von Nigeria nach Gabun für die Opfer des Biafra-Krieges im Jahr 1968 sowie an Erdbebenhilfen in der Türkei, in Griechenland, im Iran und in Italien. Zudem gehört er zu den Vätern der Aktion „Brot für die Welt“, die er von Anfang an mitgestaltete und zeitweise auch leitete.

Ab 1958 wirkte Ludwig Geißel als Bevollmächtigter der westdeutschen Landeskirchen bei der Regierung der DDR am wirtschaftlichen Transfer zur Unterstützung der Landeskirchen im Osten mit. In diesem Zusammenhang übernahm er 1964 auch Aufgaben beim Freikauf politischer Gefangener durch die Bundesregierung; seine Gesprächs- und Verhandlungspartner auf der Seite der DDR waren dabei hauptsächlich Wolfgang Vogel und Manfred Stolpe. Seit 1962 war Ludwig Geißel zudem Vorstandsmitglied der Evangelischen Zentralstelle für Entwicklungshilfe in Bonn. Auch im Lutherischen Weltbund und im Ökumenischen Rat der Kirchen, beide in Genf, hatte er Funktionen inne.

Im Ruhestand engagierte sich Ludwig Geißel weiter in der Diakonie, vor allem im Gesundheitsbereich. So leitete er z.B. 1984 - 1990 als Verwaltungsratsvorsitzender im Diakonissenmutterhaus der Olgaschwestern in Stuttgart grundlegende strukturelle Veränderungen ein, die 1985 zur Umwandlung des zugehörigen Karl-Olga-Krankenhauses in eine GmbH unter Einbeziehung eines nichtdiakonischen (Mehrheits-)Gesellschafters (der Sana Kliniken GmbH & Co. KGaA mit Sitz in München) neben dem Diakonissenmutterhaus und 1987 zur Gründung der Karl-Olga-Altenpflege GmbH als alleiniger Tochter des Diakonissenmutterhauses führten. Zeitweise hatte er auch den Aufsichtsratsvorsitz der Karl-Olga-Krankenhaus GmbH inne.

Werke

  • Heinrich-Hermann Ulrich/Ludwig Geißel (Hrsg.): Diakonie in den Spannungsfeldern der Gegenwart. Herausforderung und Antwort. Festschrift zum 60. Geburtstag von Theodor Schober, Stuttgart: Quell 1978
  • Ludwig Geißel: Unterhändler der Menschlichkeit. Erinnerungen. Mit einem Begleitwort von Manfred Stolpe, Stuttgart: Quell 1991

Literatur

  • Theodor Schober (Hrsg.): Haushalterschaft als Bewährung christlichen Glaubens. Gnade und Verpflichtung. Ludwig Geißel zum 65. Geburtstag gewidmet, Stuttgart: Vlg. der Diakonie 1981 (= Handbücher für Zeugnis und Dienst der Kirche 5)
  • Wolfgang Brinkschulte/Hans Jörgen Gerlach/Thomas Heise: Freikaufgewinnler. Die Mitverdiener im Westen. Frankfurt a.M.-Berlin: Ullstein 1993
  • Rudolf Mahler (Hrsg.): „Gott sendet seine Güte und Treue“. Der Weg des Diakonissenmutterhauses der Olgaschwestern von 1976 bis 2001. Stuttgart: Diakonissenmutterhaus der Olgaschwestern in Stuttgart 2003
  • Reymar von Wedel: Als Anwalt zwischen Ost und West. Prozesse - Gefangene - Aktionen. Mit einem Vorwort von Jürgen Schmude. Berlin: Verlag am Park 2005

Weblinks


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