Maginot-Linie

Maginot-Linie
Zerstörter Bunker bei Arras im Mai 1940

Die Maginot-Linie (IPA: [maʒi'noː], französisch Ligne Maginot, benannt nach dem französischen Verteidigungsminister André Maginot), war ein aus einer Linie von Bunkern bestehendes Verteidigungssystem entlang der französischen Grenze zu Belgien, Luxemburg, Deutschland und Italien. Es wurde von 1930 bis 1940 gebaut, um Angriffe aus diesen Nachbarländern zu verhindern bzw. abzuwehren. Darüber hinaus wurde die Südspitze Korsikas befestigt.

Meist wird nur der Teil entlang der deutschen Grenze als Maginot-Linie bezeichnet, während man für die Hälfte zu Italien den Begriff Alpin-Linie gebraucht.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Planung und Bau

Karte der Maginot-Linie
Soldaten in einem Bunker der Maginot-Linie 1939
Abzeichen der Festungstruppen der Maginot-Linie mit dem Motto „On Ne Passe Pas“ (übersetzt: „Und sie kommen nicht durch“

Ein Hauptgrund für die defensive Ausrichtung Frankreichs gegenüber Deutschland lag in der Bevölkerungsentwicklung: So fiel es Frankreich aufgrund seiner stagnierenden Bevölkerungszahl bereits während der Jahrzehnte nach 1870 zunehmend schwerer, ein gegebenenfalls auch offensiv ausgerichtetes Massenheer auf einer zahlenmäßigen Höhe zu unterhalten, die es mit dem expandierenden Nachbarn aufnehmen konnte. Horrende Kriegsverluste in den Jahren 1914-1918 – rund 1,3 Millionen Franzosen starben – verschlechterten Frankreichs Position gegenüber dem Nachbarland weiter, das mit knapp 70 Millionen fast 30 Millionen mehr Einwohner zählte als Frankreich. Unmittelbar nach dem Ende des Ersten Weltkrieges beauftragte die französische Regierung den Generalstab mit einer Studie zur Verteidigung der französischen Grenzen, um nach den Erfahrungen des Jahres 1914 gegen eine eventuelle erneute deutsche Invasion gewappnet zu sein. Die bekanntesten an der Studie Beteiligten waren die Marschälle Ferdinand Foch, Philippe Pétain und Joseph Joffre. Foch war gegenüber statischen Verteidigungssystemen abgeneigt, Joffre sprach sich für eine Lösung nach dem Vorbild der Festungen von Verdun, Toul und Épinal aus, Pétain bevorzugte eine lineare und befestigte Front.

Kriegsminister Paul Painlevé rief zwei Kommissionen ins Leben: Die Kommission zur Verteidigung der Grenzen (Commission de défense des frontieres – CDF) mit dem Auftrag, die allgemeine Linienführung sowie Organisation zu planen und einen Kostenvoranschlag abzugeben, sowie die Kommission zur Organisation der Festigungsgebiete (Commission d'organisation des régions fortifiées – CORF), welche die Ergebnisse der CDF zur praktischen Umsetzung vorbereiten sollte.

Anfang 1929 wurde das Konzept der CORF vom Ministerrat angenommen. Painlevé übergab im gleichen Jahr sein Amt an seinen Nachfolger André Maginot. Maginot legte das Programm dem Parlament vor und ließ offen darüber abstimmen. Das Projekt wurde mit über 90%iger Zustimmung am 14. Januar 1930 zum Gesetz. Ausschlaggebend für die Entscheidung zum Bau der Maginot-Linie dürfte die erfolgreiche Verteidigung Frankreichs am Festungsring von Verdun gewesen sein. Diesen konnten die deutschen Truppen 1916 nicht durchbrechen. Maginot starb bereits 1932 an einer Lebensmittelvergiftung.

Die wichtigsten Teile der Linie wurden bis 1936 gebaut. Mit der steigenden Bedrohung durch das Deutsche Reich wuchs die Einsicht in die Notwendigkeit des Vorhabens. Die Kosten betrugen offiziell insgesamt 5 Milliarden alte Französische Francs.

Bei den Planungen wurde die Möglichkeit eines massiven Panzerangriffs durch den potentiellen Gegner jedoch nicht berücksichtigt. Die Verteidigungsanlagen waren gemäß der Erfahrungen aus dem vorherigen Krieg eigentlich nur zur Abwehr von Infanterieangriffen vorgesehen. Als wichtigste Angelpunkte der Maginot-Linie sollten neu entwickelte Artilleriewerke mit ausfahrbaren Geschütztürmen dienen, die, mit Kanonen des Kalibers 7,5 cm und Haubitzen des Kalibers 13,5 cm bestückt, im Abstand von 10 km stehen sollten. Der Zwischenraum zwischen den Artilleriewerken sollte durch leichtbewaffnete Infanteriewerke und Kasematten geschützt werden. Insgesamt war die Verteidigungslinie mit nur 344 Geschützen und 500 Panzerabwehrkanonen – bezogen auf die Gesamtlänge – artilleristisch eher dürftig ausgestattet. Die einzelnen Anlagen sollten mit eigener Energieversorgung und Lüftungssystem ausgestattet werden. Größere Artilleriewerke hatten sogar elektrisch betriebene Feldbahnen. Bis zu 20.000 Arbeiter waren Anfang der 1930er-Jahre beim Bau der Maginotlinie eingesetzt.

Bis 1940 wurden 108 Artilleriewerke gebaut, davon fast die Hälfte an der Grenze zu Italien. Die Maginot-Linie war aber, anders als in der französischen und deutschen Propaganda dargestellt, keine durchgehende Verteidigungslinie. Vielmehr bestand sie aus einer Vielzahl eigenständiger und isolierter Befestigungsbauwerke. Die Infanteriewerke hatten Besatzungen von etwa 100 Soldaten, kleinere Artilleriewerke hatten 150–200 Mann, während in größeren bis zu 600 Mann stationiert waren.

Ein entscheidender Nachteil in der Planung der Verteidigungsanlage lag darin, dass die Maginot-Linie viel zu personalintensiv war. Eine bis zur Nordsee durchgehende Maginot-Linie hätte aufgrund des hohen Personalbedarfs einen Großteil der französischen Streitkräfte gebunden und Offensivaktionen unmöglich gemacht. Deshalb wurde die Verteidigungsanlage nur bis Sedan voll ausgebaut. Einzelne Abschnitte, beispielsweise an der Maas, waren wegen des Sparzwangs ganz ohne Artilleriewerke gebaut worden. Die Abschnitte zwischen Sedan und Lauterbourg waren sehr stark befestigt, auf der Rheinseite war allerdings zu Kriegsbeginn noch nicht überall die Ausrüstung eingetroffen, so dass hier die Stellungen ungenügend ausgerüstet waren. Hinzu kam, dass die Bunkerlinie nicht überall fertig wurde. Im Jura befinden sich Kasematten, deren Schalung bis heute nicht entfernt wurde. Durch die hohen Kosten der Werke im Elsass mussten andere Abschnitte vernachlässigt werden. Teilweise wurden sogar eiserne Schilderhäuser aus dem Ersten Weltkrieg einbetoniert und zu Beobachtungsständen umfunktioniert, wie in der Sundgau-Stellung.

Die französische Bevölkerung hatte sich nach der Verabschiedung des Milliardenprojekts sicher gefühlt und verließ sich zu sehr auf diese von öffentlicher Seite gepriesene Befestigungslinie. Initiativen anderer Politiker, offensivere Taktiken vorzubereiten, wurden daher nicht oder zu spät ergriffen, weil sie zunächst unter Berufung auf die Unüberwindbarkeit der Maginot-Linie abgelehnt wurden.

Verlauf des Krieges an der Maginot-Linie

Karte der Maginot-Linie im Elsass

Die deutschen Angriffsspitzen zielten beim Angriff auf Frankreich 1940 auf die Schwachpunkte der Linie. Ein Teil der Wehrmachtsverbände nahm, ähnlich dem alten Schlieffenplan aus dem Ersten Weltkrieg, den Weg durch Belgien und umging damit die gesamte Linie, während eine weitere Angriffsspitze die Linie an einem nur schwach ausgebauten Teilstück in den Ardennen entscheidend durchstieß.

Die Alliierten erwarteten, dass die deutschen Angreifer aufgrund der Befestigungen gezwungenermaßen den Weg durch Belgien nehmen würden, und verlegten einen Großteil ihrer besten Verbände nach Belgien. Als die französische 1. Armee, die belgische Armee und die British Expeditionary Force dort auf die Wehrmacht trafen, bestärkte sie das in der Ansicht, der deutsche Angriff würde wieder durch Belgien erfolgen – währenddessen die schnellen Panzerdivisionen der Deutschen unerwartet durch die kaum verteidigten Ardennen brachen und die Maginot-Linie bei Sedan umgingen. Die Masse der alliierten Armeen, in Belgien und Nordfrankreich stehend, wurde durch diesen „Sichelschnitt“ genannten Durchbruch deutscher Panzerverbände in Richtung Kanal eingeschlossen. Über 300.000 britische und französische Soldaten, die bereits bei Dünkirchen eingeschlossen waren, konnten anschließend in der Operation Dynamo doch noch über den Kanal nach England evakuiert werden. (sog. Wunder von Dünkirchen). Die Verzögerung des Angriffs auf die eingeschlossenen alliierten Truppen sollte sich später als ein entscheidender Fehler der Deutschen herausstellen. Frankreich musste jedoch kapitulieren, nachdem der Aufbau einer neuen Verteidigungslinie scheiterte: Die dem Land verbliebenen Kräfte waren insgesamt zu schwach.

Zerstörter Panzerturm nach der Eroberung durch die Wehrmacht im Mai 1940

Angegriffene Befestigungen hielten dem Bombenabwurf durch Stukas, dem direkten Beschuss mit 8,8-cm-Flak und dem Einsatz von Hohlladungen meist nicht lange stand. Häufig mussten die Besatzungen in Infanteriewerken ohne Geschütze hilflos zusehen, wie die Deutschen ihre Geschütze heranzogen und außer Reichweite französischer Maschinengewehre mit dem direkten Beschuss begannen. Der Widerstand dauerte häufig nicht länger als 48 Stunden, da dann alle MGs und Panzerabwehrkanonen (Paks) zerstört waren und die Lüftung ausfiel. Insbesondere die Lüftungen stellten sich als Schwachpunkt heraus, da sie häufig ausfielen. So kam etwa die 107 Mann starke Besatzung des Infanteriewerks von La Ferté im Abschnitt Montmédy trotz Gasmasken durch angestaute giftige Explosionsgase um. Beide Bunker verfügten über keine Geschütze und konnten daher schnell von den Angreifern außer Gefecht gesetzt werden. Die Franzosen waren dann in tiefere Bereiche des Infanteriewerks geflohen und dort erstickt.

US-amerikanische Truppen erreichen die Maginot-Linie (1944)

Auf vielen Werken der Maginot-Linie wehte auch nach dem Zeitpunkt der Kapitulation noch die französische Flagge – seitens der Wehrmacht wurde kein Versuch unternommen, sie einzunehmen. Die deutschen Truppen begnügten sich damit, die einzelnen Bunker und Werke voneinander abzuschneiden, die Besatzungen in ihren Anlagen einzuschließen und damit effektiv zu neutralisieren. Wahrscheinlich hätten Teile der Linie noch monatelang aushalten können, was jedoch angesichts der Besetzung Frankreichs sinnlos gewesen wäre. Einige der Kommandanten verschiedener Werke, darunter der des Four à Chaux, weigerten sich dennoch – getreu ihrem überholten und dann erkennbar sinnlos gewordenem Motto: „Und sie kommen nicht durch!“ – der Kapitulation Folge zu leisten und die Forts an die Wehrmacht zu übergeben. In einem Tagesbefehl vom 1. Juli 1940 würdigte der Oberbefehlshaber Frankreichs, General Maxime Weygand, die 22.000 verbliebenen und somit gebundenen Verteidiger der nunmehr bedeutungslos gewordenen Maginot-Linie.

Die Maginot-Linie heute

Viele Werke (frz.: ouvrage) der Maginot-Linie kann man heute besuchen – einige sind oder werden restauriert und beinhalten kleinere Ausstellungen. Darunter:

Ein Gegenstück zur Maginot-Linie erbaute Deutschland Ende der 1930er-Jahre in Form des Westwalls. Ebenfalls nach dem Vorbild der Maginot-Linie entstand von 1935 bis 1939 der Tschechoslowakische Wall.

Organisation

Das Werk Four à Chaux, Aufseher des Dorfes Lembach im Elsass

Obwohl der Name „Maginot-Linie“ auf einen schmalen Bereich aus Befestigungen hinweist, war das Bunkersystem de facto bis zu 25 km tief gestaffelt. Es bestand aus einem auf das Gelände angepassten System aus Bunkern, Festungen und anderen militärischen Einrichtungen wie Grenzposten, Kommunikationszentralen, Infanterieunterkünften, Barrikaden, Depots, Beobachtungspunkten, Artillerie-, Panzerabwehr- und Maschinengewehrbefestigungen. Diese Anlagen machten das System insgesamt zu einem schwerbewaffneten, aber starren Verteidigungssystem mit eingeschränkter Reichweite und Handlungsspielräumen.

Von der Grenze bis ins Hinterland bestand das System aus:

Grenzposten

Diese einheitlichen Blockhäuser aus Beton waren meist als normale Wohnhäuser getarnt und wenige Meter von der Grenze entfernt errichtet worden. Sie waren mit Truppen belegt, um Überraschungsangriffe bereits zu Beginn zu verlangsamen. Dazu waren bereits Barrikaden und Sprengstoffladungen gegen Panzer vorbereitet.

Außenposten und Unterstützungslinie

Etwa fünf Kilometer hinter der Grenze war eine Reihe von Panzerabwehrbunkern errichtet worden, um Panzerangriffe verzögern zu können. Diese Verzögerung sollte erreichen, dass die dahinterliegenden Hauptverteidigungstellungen rechtzeitig bemannt werden konnten. Diese Stellungen sicherten auch die Hauptverbindungsstraßen innerhalb der Verteidigungsstellungen und zur Grenze.

Festungsabschnitt (frz. Secteur Fortifié)

In mittelstarkem Ausbau bestand ein solcher Abschnitt vor allem aus etwa 1 km voneinander entfernt gelegenen Kasematten wie etwa an der Rheinfront. Den schweren Ausbau findet man beispielsweise bei Thionville, wo eine fortlaufende Linie von Artillerie- und Infanteriewerken mit dazwischenliegenden Kasematten die Hauptkampflinie bildeten.

Sperrabschnitt (frz. Secteur Défensif)

Solche Abschnitte stützen sich meist auf schwer überschreitbare Hindernisse wie Anstauungen (Saarabschnitt) oder waldreiches und bergiges Gelände (Ardennen) und wurden daher zusätzlich nur schwach mit Kleinkampfanlagen und Blockhäusern befestigt.

Festungstruppen

Das operative Nachkriegsdenken Frankreichs wurde von Marschall Henri Philippe Pétain geprägt, dem Generalinspekteur der französischen Armee und späteren Oberhaupt der mit den deutschen Besatzern zusammenarbeitenden französischen Vichy-Regierung. Angesichts der schrecklichen Verluste, die Frankreich bei seinen Offensivoperationen im Ersten Weltkrieg erlitten hatte und gestützt auf persönliche Abwehrerfolge („Held von Verdun“) räumte er der reinen Verteidigung die höchste Priorität ein. Dementsprechend war die französische Armee vor allem defensiv aufgestellt. Die meisten Einheiten waren direkt in oder knapp hinter der Maginot-Linie aufgestellt, so dass relativ wenig Offensivkräfte zur Verfügung standen. Hauptkampfkräfte der zwölf Festungsdivisionen waren die:

RAP (frz. Régiment d'artillerie de Position) Festungsartillerie-Regimenter
RIF (frz. Régiment d'infanterie de Forteresse) Festungsinfanterie-Regimenter

Befestigungsanlagen

Typen

Munitionseingang zu einem Artilleriewerk

Artilleriewerk (frz. Gros Ouvrage)
Innerhalb der Maginot-Linie stellten diese Werke die größten Befestigungsanlagen dar. Immer findet sich hier die große räumliche Trennung zwischen Kampfblocks und Eingangsanlagen, um abseits vom Gefecht neue Mannschaften und Munition nachführen zu können. Zwischen 250 und 1100 Mann waren darin untergebracht und konnten dank eigener Stromversorgung, großen Vorräten an Lebensmitteln, Trinkwasser, Kraftstoff und Munition für längere Zeit völlig selbstständig den Feuerkampf führen. Bestehend aus zwischen 4 bis 17 Kampfblöcken verfügten diese Anlagen je nach ihrem Auftrag über eine bestimmte Anzahl von 7,5-cm-Kanonen, 13,5-cm-Haubitzen und 8,1-cm-Granatwerfern.

Beobachtungsbunker Boust

Beobachtungsbunker (frz. Observatoire)
Als die eigentlichen Augen der Maginot-Linie waren diese auf erhöhter Position erbauten Bunker mit etwa 3,5 m dicken Betondecken versehen, um auch stärkstem Artilleriebeschuss standzuhalten. Neben entsprechender Fernsprech- und zum Teil auch Funkausstattung waren Beobachtungsglocken zum Leiten des Artilleriefeuers vorhanden.

Blockhaus bei Auenheim

Blockhaus (frz. Blockhaus)
Als Blockhaus wurde bei der Maginot-Linie ein einstöckiger Betonbunker mit geringer Wandstärke bezeichnet, in denen höchstens ein Bereitschaftsraum neben den Kampfräumen vorhanden war. Die Waffen wirkten flankierend zum Schutz der Nachbarwerke. Die mit maximal 16 Mann belegten Bunker verfügten nur über Handlüfter zum Gasschutz und Petroleumleuchten.

Großunterstand Zeiterholz

Großunterstand (frz. Abri)
Bis zu 250 Mann konnten in diesen betonierten Kasernen untergebracht werden. Sie gehörten zu den Intervalltruppen, die als bewegliche Einheiten zwischen den eigentlichen Festungswerken operieren sollten. In diesen Großbunkern, die es in einer oberirdischen (frz. abri de surface) und unterirdischen Variante (frz. abris-cavernes) gab, waren Ruhe- und Bereitschaftsräume, Gasschutzfilteranlage, Stromaggregat, Küche und Frischwassertank vorhanden.

Infanteriewerk Bois du Four

Infanteriewerk (frz. Petit Ouvrage)
In die Infanteriewerke der Maginot-Linie waren als Artilleriewaffen nur ganz vereinzelt 8,1-cm-Granatwerfer eingebaut worden. Alle besaßen hingegen mindestens eine MG oder 2,5-cm-Pak/MG-Turm. Insgesamt waren diese nur mit zwischen 35 und 230 Mann belegten Anlagen wesentlich schwächer bewaffnet als die Artilleriewerke. Manche von ihnen waren für einen späteren Ausbau ausgelegt, zu dem es wegen finanziellen Schwierigkeiten jedoch nicht mehr kam. Auch diese Werke waren mit Ruheräumen, Küche, eigener Stromversorgung usw. ausgestattet.

Kasematte Quatre Vents

Kasematte (frz. Casemate)
Eine Kasematte stellte innerhalb der Maginot-Linie eine selbstständige, meist zweistöckige Kampfanlage dar. Für die bis zu 50 Mann Besatzung waren Ruhe- und Bereitschaftsräume, Gasschutzfilteranlage, Stromaggregat, Küche und Frischwassertank vorhanden. Die Waffen wirkten flankierend zum Schutz der Nachbarwerke.

Kleinkampfanlage bei Cattenom

Kleinkampfanlage (frz. Abri de tir)
Die verschiedenen Typen der Kleinkampfanlagen in der Maginot-Linie bestanden alle nur aus dem eigentlichen Kampfraum für MG oder Pak. Ruhe- oder Bereitschaftsräume für die Mannschaften waren nicht vorgesehen. Stromanschluss oder Gasschutz fehlten ebenso.

Bezeichnungen der Kampfblöcke

Bei den großen Befestigungsanlagen der Maginot-Linie, den Artilleriewerken (frz. Gros Ouvrage), unterschied man früher meist nur nach Kampfblöcken (frz. blocs de combat) und den Eingangsblöcken (frz. entrees). Die einen stellen das Herzstück der Festung dar, aus denen der Feuerkampf geführt wurde, die anderen sind weit davon abgesetzt zur Nachführung von Mannschaften und Munition gedacht. In neueren Veröffentlichungen werden dagegen die Kampfblöcke weiter unterteilt:

Bunkerdecke schließt bodengleich ab

Artilleriebunker
Dieser Block verfügt nur über Turmgeschütze (7,5; 8,1 oder 13,5 cm), und die Bunkerdecke schließt mit der Oberfläche ab – alle weiteren Teile der Anlage (Bereitschaftsräume, Munitionsvorrat usw.) sind unterirdisch angeordnet.

3 × 7,5-cm-Kasemattengeschütze

Artilleriekasematte
Bei einem solchen Block befindet sich der Kampfraum vollständig über der Erde. Seine Artilleriewaffen (7,5; 8,1 oder 13,5 cm) wirken nur flankierend zum Schutz der Nachbarwerke. Da sie so dem direkten Beschuss entzogen sind, ragen sie ständig aus der Betonscharte heraus. Oftmals sind hier drei 7,5-cm-Kanonen nebeneinander angeordnet.

Panzerglocke auf einem Infanteriebunker

Infanteriebunker
Diese Blocks verfügt nur über Panzerglocken. Die Bunkerdecke schließt mit der Oberfläche ab – alle weiteren Teile der Anlage (Bereitschaftsräume, Munitionsvorrat usw.) sind unterirdisch angeordnet. Solche Bunker waren nur mit leichten Maschinengewehren bewaffnet.

Kasematte für Pak und MG

Infanteriekasematte
Ein solcher Block war mit Panzerabwehrkanonen und schweren Zwillingsmaschinengewehren, die flankierend zum Schutz der Nachbarwerke wirkten, ausgestattet. In einigen waren zusätzlich MG- oder 2,5-cm-Pak/MG-Turm eingebaut. Auf diesen Kasematten befanden sich mehrere Panzerglocken mit Maschinengewehren.

Bewaffnung und Optik

Turm- und Kasemattengeschütze Manoeuvre tourelle.gif
  Aus- und Einfahren des Turms
Übersicht der Turm- und Kasemattengeschütze
Bezeichnung Waffentyp Reichweite[1] Turmgewicht Kadenz Beispiele
7,5-cm-Turm oder -Kasematte Kanone 9,5–12 km 189–265 t 13 S/min Metrich B8 75.jpg Billig B5 75.jpg
Turm Kasematte
8,1-cm-Turm oder -Kasematte Granatwerfer 3,5 km 125 t 15 S/min Coume Sud B3 81.jpg LigneMaginot81CasInt.jpg
Kasematte Außen Kasematte Innen
13,5-cm-Turm oder -Kasematte Haubitze 5,6 km 163 t 6 S/min Anzeling B5 135.jpg
MG-Turm MAC-31 3 km 96 t 450 S/min Po-oberheide-2004-05-21.jpg
2,5-cm-Pak/MG-Turm 2,5-cm-Pak und MAC-31 3 km / 450 m 135 t 20 / 450 S/min AMTurret.JPG
3,7/4,7-cm-Pak Panzerabwehrkanone 3 km   15 S/min Schoenenbourg 1 4.jpg
4,7-cm-Pak / 1 × ZMG Die Pak war an einer Laufschiene an der Decke befestigt und konnte zurückgezogen werden, anschließend wurde das Zwillings-MG in die Scharte eingeklappt. Marckolsheim-Sud ZMG.jpg

Glocken oder Kuppeln

Die Stahlpanzerung wies eine Stärke von 20 bis 30 cm auf, das Gewicht lag zwischen 11 und 35 t.

Übersicht der Panzerglocken
Bezeichnung französisch Bemerkung Beispiele
AM-Glocke Arme mixte In diese Glocke war eine sogenannte Kombinationswaffe mit 2,5-cm-Panzerabwehrkanone (Pak) und einem Maschinengewehr eingebaut. Cloche am.jpg
GFM-Glocke Guetteur fusil mitrailleur In die Scharten dieser Glocke konnten wahlweise eine Optik zum Beobachten, ein leichtes Maschinengewehr (MAC-24/29 oder ein leichter 5-cm-Granatwerfer eingesetzt werden. Hackenberg B9.jpg
JM-Glocke Jumelage mitrailleuse In diese Glocke war ein schweres Zwillingsmaschinengewehr (MAC-31) fest eingebaut. Cloche jm.jpg
LG-Glocke Lance-grenade Diese Glocke waren für die 5-cm- und 6-cm-Granatwerfer vorgesehen, doch wurden diese Waffen nicht mehr rechtzeitig ausgeliefert. Cloche lg.jpg
VDP-Glocke Vision directe et periscopique Aus dieser Glocke konnte direkt aus einem schmalen Sehschlitz mit entsprechender Optik oder mit einem ausfahrbaren Periskop beobachtet werden. Laudrefang B5.jpg

Legenden

Der rasche Zusammenbruch des Jahres 1940 beschädigte den Ruf der zuvor hoch eingeschätzten französischen Streitkräfte nachhaltig. Spott, Geringschätzung und Unterstellungen waren die Folge, auch von Seiten der anglo-amerikanischen Verbündeten. So hält sich bis heute die Legende, beim Bau der Maginot-Linie seien Geschützforts wegen Fehlplanungen

  • falsch herum, also mit Schussrichtung ins französische Hinterland, oder
  • mit begrenztem Richtbereich, so dass die deutschen Truppen, die die Linie nach Umgehung von hinten angingen, nicht beschossen werden konnten,

oder

  • mit rückseitig offenen Eingangsbereichen gebaut worden

Zuletzt wurde dies in dem Buch „Dude, Where's My Country?“ (Volle Deckung, Mr. Bush) von Michael Moore verbreitet.

Hierzu ist festzustellen, dass die Maginot-Linie, damals auf dem höchsten Stand der technischen Möglichkeiten, aber nicht der klassischen Fortifikationskunst, natürlich auch ins Hinterland ausgerichtete Forts hatte, um andere Werke decken zu können. Dass die Linie falsch herum gebaut worden wäre oder ihre Geschütze nur unzureichend hätten rotieren können, ist falsch – dennoch konnte die Linie als ganzer gedachter Funktionsträger letztlich fast nichts zur Verteidigung Frankreichs beitragen, was unter anderem jene Legenden weiterhin existieren lässt.

Literatur

  • Klaus-Jürgen Bremm: Die Maginot-Linie 1930–1940. In: Militär & Geschichte. 46, 2009, ZDB-ID 2088896-X, S. 20–25.
  • Jean-Yves Mary: La Ligne Maginot. Ce qu'elle était, ce qu'il en reste. Réédition. Sercap, Paris 1985, ISBN 2-7321-0220-2.
  • Oberkommando des Heeres, Abteilung Auswertung Fremder Landesbefestigungen (Hrsg.): Denkschrift über die französische Landesbefestigung. (Nur für den Dienstgebrauch). Berlin 1942.
  • Philippe Truttmann: La muraille de France ou la ligne Maginot. Nouvelle Édition, revue et corrigée. G. Klopp, Thionville 1988.
  • Libor Vitez: On ne passe pas! Und sie kommen nicht durch! Ruhm und Fall der Maginot-Linie. 1942 (Reprint: Förderkreis für Deutsche Geschichte, Emmelshausen 2005, ISBN 3-936946-16-7)
  • Jean-Bernard Wahl: Damals und heute – Die Maginotlinie. Nordfrankreich – Lothringen – Elsass. Geschichte und Reiseführer. Mittler, Hamburg u. a. 2000, ISBN 3-8132-0685-8.

Einzelnachweise

  1. Zahlenangaben nach Truttmann, S. 587, 595–596.

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Weblinks

 Commons: Maginot Line – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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