- Jura (Gebirge)
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Die Gebirgs- bzw. Höhenzugsbezeichnung Jura wird heutzutage vor allem für den nordwestlich des Alpenkammes bzw. des schweizerischen Mittellandes liegenden Französischen Jura und den Schweizer Jura verwendet. Diese bilden eine geologisch-tektonische Einheit und werden als Jura im engeren bzw. eigentlichen Sinne bezeichnet, mit dem sich dieser Artikel ausschliesslich befasst.
Inhaltsverzeichnis
Bedeutungsfeld Jura-Höhenzüge
Vor allem im 19. Jahrhundert wurde seitens der Geologie auch für die Schwäbische Alb und die Fränkische Alb, bzw. für Teile dieser Gebirge die Bezeichnung Jura verwendet und geprägt, heute geschieht dies auf Deutsch nur noch sehr selten – diese Bezeichnungen haben sich dort nicht durchgesetzt. In einer Grauzone liegen nach wie vor die Jurazüge im hoch- und niederalemannischen Mundartgebiet nördlich des Hochrheins (Klettgaujura, Randen, Baarjura), wobei vor allem Baarjura («Baaralb») und Randen des Öfteren als Teil der Schwäbischen Alb betrachtet werden. Das ist insofern inkorrekt, als die Südwestgrenze des Schwäbischen bei Tuttlingen und Spaichingen verläuft, und der Randen grösstenteils auf Schweizer Staatsgebiet liegt. Korrekt ist diese Einbeziehung aber hinsichtlich der Tatsache, dass Baarjura, Randen und Klettgaujura mit dem Jura der Schwäbischen Alb ebenfalls eine geologisch-tektonische Einheit bilden: Sie zählen allesamt zu einem einheitlichen Gebiet leicht schräggestellter und ungefalteter Juraschichten, die durch Erosion Schichtstufen ausbildeten. Diese Gebiete finden jedoch wiederum ihre Fortsetzung südlich des Hochrheins in Gebieten, die zum Schweizer Jura gezählt werden und dort – im Gegensatz zum Faltenjura – Tafeljura genannt werden. Während die Jurazüge mit ungefalteten Schichten jedoch auf die Aufwölbung des Gebietes zwischen Paris und Böhmerwald zurückgehen (siehe Südwestdeutsches Schichtstufenland), steht der Faltenjura in direktem Zusammenhang mit der Bildung (Faltung) der Alpen, er kann sogar als kleiner Ausläufer der Alpen angesehen werden.[1]
Der Gegensatz zwischen Schweizer Jura und Schwäbischer Alb im weiteren Sinne rührt von politischen Territorien her und hat keine geologische Grundlage – der sich dieser Gegenüberstellung annähernde, signifikante Gegensatz ist derjenige zwischen Faltenjura und Tafeljura. Der Tafeljura ist Teil des Südwestdeutschen bzw. Französischen Schichtstufenlandes, welche beide zusammen ein Antiklinal-Schichtstufenland bilden. Der ungefaltete Jura östlich des Oberrheingrabens (Basler und Aargauer Tafeljura, Schwäbische Alb etc.) hat sein notwendiges Gegenüber in den ungefalteten Jurazügen des Französischen Schichtstufenlandes westlich des Oberrheingrabens. Auch dieses Gebiet reicht bis an den Faltenjura des Französischen und Schweizer Jura heran. In der Schweiz liegt die Ajoie bereits im Gebiet des ungefalteten Juras (in der Schweiz auch hier Tafeljura genannt). Der Tafeljura des Aargau, des Randen, der Schwäbischen Alb usw. hängt also viel enger mit dem Tafeljura von Ajoie, Burgundischer Pforte und Nordfranzösischem Schichtstufenland zusammen als mit dem Faltenjura des Schweizer und Französischen Juras.
Das hier behandelte Juragebirge (Französischer und Schweizer Jura) besteht überwiegend aus Faltenjura, kleinere Gebiete des Tafeljuras (vor allem in der Schweiz) im Nordosten (Gebiete am Hochrhein) und im Nordwesten (Ajoie, Burgundische Pforte) werden aber hier, wie auch sonst üblich, mitbetrachtet.
Name
Ursprünglich stammt das Wort «Jura» aus dem Keltischen. Die Kelten nannten das Gebirge Jor, die Römer Juris, was soviel wie «Wald» oder «Waldland» bedeutet. Dies geschah vielleicht in Anlehnung an die ausgedehnten Wälder an den Hängen des Juras.
Die Namensgebung für die deutschen Jura-Landschaften leitet sich vom französisch-schweizerischen Jura ab, allerdings über den geologischen Umweg der Gesteinsbenennung. Zunächst wurde von Alexander von Humboldt um 1795 der Begriff «Juragestein» eingeführt für das im namensgebenden französisch-schweizerischen Jura anstehende Kalkgestein. Anschliessend wurde dieser Begriff von Alexandre Brongniart (1829) zur Benennung der zugehörigen geologischen Gesteinsformation «Jura» übernommen. Erst später wurden die Schwäbische Alb und Fränkische Alb wegen ihres geologischen Aufbaus ebenfalls als Jura-Gebirge bezeichnet.[2]
Lage und Topografie
Die Einteilung in den französischen und den Schweizer Jura basiert auf der Grenzziehung zwischen den beiden Ländern, sie beruht nicht auf unterschiedlichen Landschaftsformen. Grob kann man den Jura im Osten und Südosten durch das Schweizer Mittelland, im Norden durch den Hochrhein und die Oberrheinische Tiefebene, im Nordwesten durch die Burgundische Pforte, im Westen durch die Rhône-Saône-Senke, im Süden durch die Isère und die Chartreuse eingrenzen.
Der Jura ist ein geologisch junges Faltengebirge mit einer Längenausdehnung von etwa 300 km. Es beschreibt einen grossen halbmondförmigen, nach Südosten offenen Bogen (Arc Jurassien). Die südlichste Jurafalte ist die Chaîne du Ratz, die bei Voreppe in Frankreich an der Isère beginnt und sich nach Nordnordosten parallel zum voralpinen Gebirge der Chartreuse zieht. Sie ist zwar deutlich niedriger als die Berge der Chartreuse, aber nur durch ein schmales Tal von diesen getrennt. Die zweite Jurafalte, die Montagne de l’Epine, beginnt beim Ort Les Echelles und zweigt bei Chambéry (Savoyen) von den Alpen in nördlicher Richtung ab. Je weiter man nun nach Norden kommt, desto mehr Ketten gesellen sich dazu und bilden ein ganzes Gebirgssystem. Westlich von Genf erreicht der Jura bereits eine Breite von 40 km. Hier vollzieht sich die allmähliche Richtungsänderung der Ketten nach Nordosten. Auf der Linie Besançon–Yverdon-les-Bains beträgt die grösste Breite des Gebirges rund 70 km. Bei Biel/Bienne ändern die Ketten ihre Richtung immer mehr nach Osten, das Gebirgssystem wird rasch schmaler und die Zahl der nebeneinander liegenden Ketten nimmt ab. Die östlichste Jurakette, die Lägernkette, verläuft schliesslich in exakter West-Ost-Richtung und endet bei Dielsdorf im Kanton Zürich, indem die gebirgsbildenden Schichten unter die Molasse des Schweizer Mittellandes abtauchen.
Betrachtet man einen Querschnitt durch das Gebirge, so erreicht der Jura seine grössten Höhen meist in der südöstlichsten, direkt an das Mittelland grenzenden Kette. Von da an stuft sich das Gebirge in Richtung Nordwesten allmählich ab. Vom Schweizer Mittelland aus gesehen, erscheint der Jura daher als hoher, kaum gegliederter Kamm. Höchster Punkt ist der Crêt de la Neige (1'720 m ü. M.), dann folgen Reculet (1'718 m ü. M.) und Colomby de Gex (1'689 m ü. M.), alle in Frankreich im Gebiet nordwestlich von Genf gelegen. Im schweizerischen Teil des Juras sind die Erhebungen Mont Tendre (1'679 m ü. M.), La Dôle (1'677 m ü. M.), Chasseron (1'607 m ü. M.) und Chasseral (1'607 m ü. M.) erwähnenswert. Zahlreiche weitere Kämme weisen Höhen zwischen 1000 und 1500 m auf. Nur der östlichste Teil des Juras ist niedriger als 1000 m.
In der Schweiz macht der Jura etwa 10 Prozent (4200 km²) der Landesfläche aus. Anteil am Gebirgssystem haben die Kantone Waadt, Neuenburg, Jura, Bern, Solothurn, Basel-Landschaft, Aargau und Zürich. Ferner hat der Kanton Schaffhausen mit dem Randen Anteil am Tafeljura nördlich des Hochrheins.
Geologie
Sedimente
Das Juragebirge ist namensgebend für das geologische Zeitalter Jura, das von rund 200 bis 145 Millionen Jahren BP andauerte. Bereits im vorangehenden Zeitalter der Trias und dann während der ganzen Jurazeit befand sich südlich des kristallinen Sockels der Vogesen und des Schwarzwaldes, beides wesentlich ältere Gebirge als der Jura und die Alpen, ein tropisches Flachmeer, bekannt unter dem Namen Tethys oder Urmittelmeer. In den seichten, von Zeit zu Zeit trockenfallenden Buchten am Nordrand des Meeres verdunstete viel Wasser und schuf bedeutende Steinsalzlager (heute genutzt bei Schweizerhalle und Rheinfelden) und Gipslager (im Aargauer Jura).
In dem bis 200 m tiefen Flachmeer wurden im Lauf der Zeit mächtige Sedimentschichten abgelagert. Zwei Drittel davon waren Kalkstein, der Rest bestand aus zahlreichen darin eingeschalteten Mergel- und Tonschichten. Es gibt in der Jurazeit drei stratigrafische Einheiten (Serien), deren harte, verwitterungsbeständige Gesteinsschichten landschaftsbildend sind:
- Malm: oberste, jüngste Schicht, vor 161 bis 145 Millionen Jahren abgelagert, auf Grund der hellen Kalksteine auch weisser Jura genannt.
- Dogger: mittlere Schicht, vor 175 bis 161 Millionen Jahren abgelagert, auch brauner Jura genannt wegen des teilweise darin vorkommenden Brauneisens.
- Lias: unterste, älteste Schicht, vor 200 bis 175 Millionen Jahren abgelagert, wegen der darin enthaltenen dunklen Tonminerale auch schwarzer Jura genannt.
Am Ende der Jurazeit kam es zu einer Regression des Meeres, das sich allmählich nach Südwesten zurückzog. Relativ geringmächtige Meeresablagerungen aus der nachfolgenden Kreidezeit gibt es deshalb nur im Jura westlich von Biel.
Jede dieser Gesteinsschichten enthält zahlreiche Fossilien, manche sind dabei nur für bestimmte Schichten charakteristisch, so genannte Leitfossilien. Im Jura wurden auch viele Reste von Dinosaurierskeletten gefunden. An einigen Orten kamen sogar versteinerte Fussabdrücke von Dinosauriern zum Vorschein.
Entstehung des Gebirges (Jurafaltung)
Die Jurafaltung hängt eng mit der letzten Phase der Alpenbildung zusammen. Da auch die jüngsten vorhandenen Sedimente des Miozäns verfaltet sind, muss die Faltung im späten Miozän und im Pliozän stattgefunden haben, das heisst in der Zeit vor etwa 10 bis 2 Millionen Jahren. Durch den Schub im Zusammenhang mit der Verschiebung des afrikanischen Kontinents nach Norden, der mit der Alpenbildung einherging, wurden auch die nordwestlich der mit Molasseablagerungen aufgefüllten Geosynklinale des Schweizer Mittellandes, das bis in das französische Mittelgebirge und das nördliche Alpenvorland reicht, wieder an die Oberfläche vordringenden älteren Gesteinsschichten der Jurazeit aufgeworfen und verfaltet. Das kristalline Grundgebirge erfuhr keine Faltung. Die Abscherungsfläche, also die Gleitschicht zwischen den unverfalteten und den verfalteten Gesteinsschichten, bildeten die Steinsalz- und Anhydritschichten aus der Triaszeit. Der Gesamtwert des Zusammenschubs variiert zwischen 2 und etwa 35 Kilometern (im Querschnitt im Bereich nördlich von Genf, Mont Tendre, Risoux und angrenzende Ketten).[3][4]
Landschaftsformen
Aufgrund der Art und der Erosion der Verfaltung unterscheidet man zwei tektonische Haupteinheiten, die sich auch im Landschaftsbild abzeichnen, den Faltenjura und den Tafeljura.
Der Hauptteil des Gebirges wird vom Faltenjura eingenommen. Dieser untergliedert sich noch weiter in Kettenjura und Plateaujura. Der Kettenjura besteht aus lang gestreckten stark gefalteten Höhenzügen mit Erhebungen bis über 1600 m ü. M., vorwiegend im Südostteil des Gebirges. Daran schliessen sich im Nordwesten wasserarme Hochflächen mit Plateaujura an (grösstenteils in Frankreich gelegen, in der Schweiz vor allem die Freiberge).
Ganz im Nordosten (am Hochrhein) und Nordwesten (Ajoie) findet man ungefalteten Tafeljura, der tektonisch gesehen Teil des Südwestdeutschen bzw. Französischen Schichtstufenlandes ist.
Charakteristisch für den Jura und einzigartig in Europa ist die vor allem im südwestlichen Jura nahezu ungestörte Abfolge von Faltenscheiteln (Antiklinalen), welche die Hügelzüge bilden, und Faltenmulden (Synklinalen), welche meist als lang gezogene Täler ausgebildet sind. Die oberste Gesteinsschicht der Antiklinalen besteht vorwiegend aus hartem Kalkstein, während sich in den Tälern fluviatile Sedimente aus Erosionsmaterial ansammeln. Wird die harte Deckschicht einer Antiklinalen durch Erosion aufgebrochen, können auch Antiklinaltäler, sogenannte Combes entstehen, die oftmals beidseitig von steilen Felswänden der übrig gebliebenen Kalkrippen begleitet werden. Gleichermassen kann die Deckschicht an der Seite einer Antiklinalen wegerodiert werden. Sobald die harte Kalkschicht durchbrochen ist, schreitet die Erosion im darunter liegenden weichen Ton und Mergel deutlich schneller voran. Dadurch bilden sich imposante Ausräumungskessel; bekannte Beispiele dafür sind der Creux du Van im Neuenburger Jura und der Cirque de Baume im französischen Jura. An Orten, wo zwei Ketten stark auseinanderweichen, befinden sich grössere Becken, beispielsweise das Val de Ruz, das Delsberger Becken und das Laufener Becken.
Gewässernetz
Der Jura hat ein wesentlich weniger dichtes und weniger verzweigtes Gewässernetz als andere Mittelgebirge. Dies ist dadurch zu erklären, dass das Regenwasser nicht überall oberirdisch abfliesst, sondern direkt im porösen Kalkuntergrund versickert. Es gibt im Jura viele Trockentäler, die in früheren, niederschlagsreichen Klimaperioden geformt wurden, heute jedoch nie oder nur nach sehr starken Niederschlagsereignissen Wasser führen.
Das Flusssystem des Juragebirges ist antezedent. Das bedeutet, dass die grösseren Fliessgewässer bereits vor der Auffaltung des Gebirges bestanden haben. Als nun die Faltung einsetzte, behielten die Flüsse ihre Laufrichtung bei und erodierten mit ihrer Wasserkraft die Gesteinsschichten genau so schnell, wie deren Auffaltung voranschritt. Deshalb bildeten sich im Jura zahlreiche enge, tiefe Schluchten (frz. Cluses, dt. Klusen), welche die gefalteten Gebirgskämme durchbrechen, eine weitere charakteristische Landschaftsform des Gebirges. An den Felswänden dieser Klusen sind meist sämtliche Gesteinsschichten einer Falte aufgeschlossen. Bekannte Klusen sind diejenigen der Birs südlich und nördlich von Moutier, die Gorges du Pichoux der Sorne, die Klus von Balsthal, die Klusen der Schüss nördlich von Biel (u. a. Taubenlochschlucht) sowie der Défilé de l’Ecluse der Rhône südwestlich von Genf.
Längstes Fliessgewässer im Jura ist der Doubs, der sich canyonartig in den Plateaujura eingegraben hat. Weitere wichtige Flüsse sind der Ain, die Loue, die Orbe, die Areuse, die Schüss und die Birs. Natürliche Seen liegen fast ausschliesslich in Hochtälern im südwestlichen Teil des Juras, darunter der Lac de Joux zusammen mit dem Lac Brenet, der Lac des Taillères, der Lac de Saint-Point und der Lac de Chalain. Mehrere Speicherseen befinden sich an den Flussläufen von Doubs und Ain.
Sowohl in Flüssen als auch in Seen (z. B. Lac de Joux) versickert mancherorts Wasser im Kalkuntergrund und tritt erst kilometerweit entfernt an einem tieferen Ort in Quellen mit starker Schüttung wieder ans Tageslicht. Diese Quellen befinden sich meist am Fuss einer hohen, senkrechten Felswand (Vauclusetyp), beispielsweise Source de la Loue und Source du Lison südlich von Besançon, aber auch Source de l’Orbe und Source de l’Areuse.
Klima und Vegetation
Das Klima auf den Jurahöhen ist mitunter rau, feucht und kalt. Die Hauptniederschlagsmenge fällt in den Sommermonaten in Form von Gewittern, regional jedoch sehr unterschiedlich verteilt. Diese werden teilweise vom stürmischen Joran-Wind begleitet. Aber auch im Winter gibt es des Öfteren länger anhaltende Niederschlagsereignisse. Die vollkommen abgeschlossenen Hochtäler auf über 1'000 m ü. M. in den Schweizer Kantonen Neuenburg, Waadt und den angrenzenden französischen Departements Doubs und Jura sind bekannt für sehr niedrige Temperaturen im Winter, weil sich hier in Strahlungsnächten die Kaltluft ansammeln kann (Entstehung sogenannter Kaltluftseen). So wurden die tiefsten je gemessenen Temperaturen in der Schweiz (am 12. Januar 1987 mit −41,8 °C an der offiziellen MeteoSchweiz-Messstation in La Brévine) und in Frankreich (am 17. Januar 1985 mit −41,0 °C in Mouthe) jeweils im Jura registriert.
Der Jura besitzt grosse Waldflächen. Typische Baumarten und am weitesten verbreitet sind Nadelhölzer wie Fichten, Kiefern und Tannen; es gibt aber auch ausgedehnte Buchen- und Eichenwälder. Diese Waldlandschaft ist durchsetzt mit offenen Weiden, auf denen weit verstreut riesige einzelne Fichten stehen. Im Frühling sind viele dieser Weiden mit Osterglocken übersät, speziell zwischen Grande Sagneule (Neuenburger Jura in Nordosten vom Col de La Tourne) und Plagne BE (oberhalb Biel). Die Baumgrenze liegt klimatisch bedingt auf etwa 1400 bis 1500 m ü. M., im französischen Jura auf 1600 m ü. M. Darüber befinden sich ausgedehnte, relativ karge Bergweiden. Im äussersten Südwesten des Juras und im Bereich des Flusses Ain bemerkt man bereits den Einfluss des mediterranen Klimas auf die Vegetation. Vegetationsgeschichtlich gesehen bemerkenswert ist das erst späte Vordringen der Fichte vom Westjura her Richtung Osten. Erst stärkere Rodungen seit dem 18. Jahrhundert verschafften dem gegenüber Weisstanne und Buche stärker lichtbedürftigen Baum auch im Ostjura eine Existenzgrundlage. Dafür verschwanden die früher weit verbreiteten Eichenwälder aufgrund forstwirtschaftlicher Bedürfnisse der Industrialisierung weitgehend.[5]
In den Becken und Tälern wird Ackerbau und intensive Weidewirtschaft betrieben. Die stark geneigten Hänge des Jurasüdfusses eignen sich zusammen mit der ausgleichenden Wirkung der Jurarandseen auf das Lokalklima hervorragend für Weinbau.
Bevölkerung
Dicht besiedelt ist der Jura vor allem an seinen Rändern. Am Jurasüdfuss liegen zahlreiche Städte: Genf, Yverdon-les-Bains, Neuenburg, Biel, Solothurn, Olten und Aarau. Am Juranordfuss befinden sich Basel, Montbéliard sowie Besançon und am Westrand des Gebirges Lons-le-Saunier und Bourg-en-Bresse.
Innerhalb des Juras weisen nur die tieferen Täler eine verhältnismässig hohe Bevölkerungsdichte auf, die Hochtäler und Hochebenen im französischen Jura sind nicht zuletzt wegen des rauen Klimas und der Abgeschiedenheit äusserst gering besiedelt. Eine Ausnahme bilden dabei La Chaux-de-Fonds, die grösste Stadt im Jura, und Le Locle in einem Hochtal des Neuenburger Juras. Weitere Städte im Jura mit mehr als 10'000 Einwohnern sind Liestal, Delémont, Pontarlier, Champagnole, Saint-Claude und Oyonnax.
Der grösste Teil der Bewohner des Juras ist französischsprachig. Nur im östlichen Teil wird deutsch gesprochen. In der Schweiz zieht die Sprachgrenze vom Bielersee aus zuerst nach Nordosten, dann nach Nordwesten zur Grenze zum Elsass. Das französische Sprachgebiet schiebt sich dabei mit den Becken von Moutier und Delémont keilförmig in deutschsprachiges Gebiet. Dieser Abschnitt der germanisch-romanischen Sprachgrenze hat sich seit dem Mittelalter nur wenig verändert. Die deutschsprachigen Grenzorte in der Schweiz sind von Süd nach Nord: Schafis, Ligerz, Twann, Tüscherz-Alfermée, Vingelz (Gemeinde Biel/Bienne), Magglingen, Leubringen (die beiden letzten Gemeinden sind wie Biel/Bienne zweisprachig), Bözingen, Pieterlen, Lengnau, Grenchen, Bettlach, Selzach, Lommiswil, Gänsbrunnen, Welschenrohr, Seehof, Envelier, Schelten, Beinwil, Erschwil, Grindel, Bärschwil, Riedes-Dessus (Oberriederwald, Gemeinde Soyhières), Niederriederwald, Liesberg, Kleinlützel, Roggenburg, Ederswiler, Löwenburg und – historisch gesehen – auch der ehemalige, mit Frankreich geteilte Klosterort Lützel. Moderne mehrheitlich deutschsprachige Exklaven sind u. a. Mont-Tramelan und Rebévelier.
Wirtschaft
Ursprünglich dominierte im Jura die Landwirtschaft. Daneben gab es Handwerk, Handel, Gastgewerbe und zu einem geringeren Anteil auch Fischerei. Erstmals in die bestehenden Wirtschaftsstrukturen eingegriffen wurde im 18. Jahrhundert durch das Aufkommen der Spitzenklöppelei. Dadurch erhielten viele Bauern und deren Angehörige einen willkommenen Verdienst durch Heimarbeit.
Eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung in einzelnen Gegenden des Juras (Val de Travers) hatte auch die Absinth-Produktion.
Später im 18. Jahrhundert setzte in den Tälern die Industrialisierung ein, vorerst mit der Textil-, danach mit der Uhrenindustrie. Im 19. Jahrhundert erlebte die Uhrenindustrie einen starken Aufschwung. Sie war hauptsächlich im Neuenburger und im Berner Jura angesiedelt. Die Zentren der Uhrmacherei (Biel, La Chaux-de-Fonds, Le Locle, Saint-Imier, Sainte-Croix) hatten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ihre Blütezeit. Beim massiven Einbruch der Uhrenindustrie in den Jahren von 1975 bis 1985 ging in diesem Sektor die Zahl der Beschäftigten um etwa die Hälfte zurück. Die Folge davon war ein starker Bevölkerungsverlust, einige Orte hatten einen Rückgang der Einwohnerzahl um 30 Prozent zu verzeichnen.
Anstelle der Uhrenindustrie haben sich in neuerer Zeit die Metall- und Maschinenindustrie etabliert. Grosse Bedeutung haben auch Betriebe, die auf dem Gebiet der Mechanik, Mikrotechnik und Elektronik spezialisiert sind. Beschäftigte im ersten Sektor betreiben vor allem Milchwirtschaft und Viehzucht oder sind in der Forstwirtschaft tätig. Die Abwanderung aus den ländlichen, abgelegenen Gebieten stellt aber heute noch ein Problem in weiten Teilen des Juras dar.
An vielen Stellen des Juragebirges wurden Steinbrüche zur Gewinnung von Bau- und Dekorationssteinen angelegt. Einige von ihnen gehen noch auf gallo-römische Aktivitäten zurück, wie das geschützte Flächendenkmal La Raisse bei Concise belegt. Zahlreiche erhaltene Zeugnisse dieser Art werden im Römischen Museum (Musée Romain) von Avenches aufbewahrt. Weitere bedeutende Abbaustellen finden sich bei Neuenburg und im Bereich Vue des Alpes. Diese Jura-Kalksteine prägen in auffallender Weise die Architektur, Plastik und Profanbauten der Region und einige sind sogar darüber hinaus angewandt worden. Von überregionaler Verbreitung sind beispielsweise die als «Marmor» vorwiegend zu dekorativen Zwecken verarbeiteten Kalksteine Jaune Lamartine und Brocatelle de Chassal aus der historisch bedeutsamen Marbrerie des Nicolas Gauthier von Molinges im französischen Teil des Juragebirges.
Verkehr
Grössere Verkehrsachsen verlaufen im Jura hauptsächlich durch die Längstäler und die Klusen. Das Gebirge wird von vier Autobahnen durchquert, wobei jeweils viele Kunstbauten (Tunnels und Brücken) erstellt werden mussten. In der Schweiz verbindet die Autobahn A3 (Schweiz) Basel mit Zürich durch den Bözbergtunnel, die A2 (Schweiz) verläuft von Basel durch den Belchentunnel in Richtung Bern/Luzern. In Frankreich stellt die A40 die Verbindung zwischen Lyon und Genf, die A41 diejenige zwischen Lyon und Chambéry her. Durch den Berner Jura und den Kanton Jura wird zwischen Biel und Boncourt die Transjurane (A16) gebaut, die aber nur teilweise Autobahnstandard erhält. Zwischen diesen Hauptachsen verlaufen weitere Strassen von überregionaler Bedeutung, welche den Jura mit einem Passübergang überqueren (Col de la Faucille, Col de la Givrine, Col de Jougne, Vue des Alpes (auch mit Strassentunnel), Unterer Hauenstein).
Das Eisenbahnnetz ist im Schweizer Jura infolge der Industrialisierung in den Tälern relativ dicht. Bedeutende juraquerende Bahnlinien gehen von Basel aus in Richtung Zürich (Bözberglinie), Olten (Hauensteinlinie) und Biel (Jurabahn), von Neuenburg via Pontarlier und Frasne nach Dijon, von Lausanne via Vallorbe nach Frasne sowie von Genf nach Lyon.
An den bereits im Mittelalter wichtigen Strassen durch den Jura wurden an strategisch interessanten Orten (meistens im Bereich der Klusen) mächtige Burgen zur Kontrolle des Passüberganges oder des Klusdurchgangs errichtet. Besonders viele Burgruinen findet man im Birstal sowie am Oberen und Unteren Hauenstein. Im 17. und 18. Jahrhundert erlangte das Château de Joux südlich von Pontarlier grosse strategische Bedeutung.
Tourismus
Der Jura eignet sich als Feriengebiet für Freunde des Wanderns und Skiwanderns. Für beide Aktivitäten gibt es Routen, auf denen man das ganze Gebirge durchqueren kann: den Jurahöhenweg zum Wandern und die Grande Traversée du Jura zum Langlaufen. Ausserdem gibt es zahlreiche lokale und regionale Wanderwege und Loipen. Ein «Geheimtipp» ist der Jura auch für das Radwandern, da die Hochebenen flach sind. Auf die Höhen kommt man mit dem Fahrrad entweder per Zug oder durch eines der langsam ansteigenden Täler. Bei Kletterern sind die zahlreichen senkrechten Felswände beliebt.
Von der höchsten Jurakette bietet sich an Tagen mit schönem und klarem Wetter ein traumhaftes Panorama über das je nach Lage 30 bis 70 km breite Mittelland hinweg auf die gesamte Alpenkette. Für Landschaftsfreunde gibt es zahlreiche bekannte und weniger bekannte Natursehenswürdigkeiten wie Höhlen, Quellen, Kessel und Schluchten: Grottes de l’Orbe, Grottes de Réclère, Source de la Loue, Source Bleue, Creux du Van, Cirque de Baume etc. Besonders malerisch ist der im Kanton Jura gelegene Teil des Juras, der Freiberge (frz.: Franches Montagnes) genannt wird. Dieser Teil des Juras wird durch weite Weiden und grosse, freistehende Fichten geprägt und ist bekannt für seine Pferde.
Aufgrund der eher verkehrsarmen, weitläufigen und oft schön geschwungenen Strassen ist der Jura auch unter Motorradfahrern ein beliebtes Ausflugsgebiet.
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. auch Martin Burkhard: Strukturgeologie und Tektonik im Bereich AlpTransit, pdf-Version
- ↑ Einführung in die Erd- und Landschaftsgeschichte, Georg Wagner, Verlag der Hohenlohe'schen Buchhandlung F. Rau, Öhringen, 1950.
- ↑ Arnfried Becker: Der Faltenjura: geologischer Rahmen, Bau und Entwicklung seit dem Miozän
- ↑ H. Laubscher: Ein neues Konzept für das Verhalten der eozänen Tafeljuragräben bei der spätmiozänen Jurafaltung: Der Therwil-Witterswil-Dittingen-Grabenzug (bei Basel/Schweiz) als Muster der Grabenverfaltung Naturforschende Gesellschaft in Basel, Band 8 (2004), S. 167–180
- ↑ Siehe bei Abschnitt Geschichte unter Herbetswil
Literatur
- Philipp Bachmann: Jurawandern: vom Wasserschloss bei Brugg zur Rhoneklus bei Genf. Rotpunktverlag, Zürich 2001, ISBN 3-85869-219-0
- Arnold Fuchs; Edmund van Hoorick: Der Jura. Silva-Verlag, Zürich 1986.
- Hans Ikenberg: Französischer Jura: das Land am Doubs. Oase Verlag, Badenweiler 1999, ISBN 3-88922-069-X
- Karl Karsch: Der Schweizer Jura und seine Fossilien. Kosmos, Stuttgart 1981, ISBN 3-440-05003-3
- Max Mittler: Jura: das Gebirge und seine Bewohner. Orell Füssli, Zürich 1987, ISBN 3-280-01626-6
- Jacques Siegfried: Der Schweizerische Jura. Seine Gesteine, seine Bergketten, Thäler und Gewässer, Klima und Vegetation. In: Die Schweiz: geologisch, geographisch und physikalisch geschildert. Orell-Füssli, 1851 (Webrepro, books.google, pdf 8,9 MB).
- Margit Wagner: Jura: zwischen Rhein und Rhone. Prestel, München 1987, ISBN 3-7913-0832-7
Siehe auch
Weblinks
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