Mathematik im Alten Ägypten

Mathematik im Alten Ägypten

Mathematik im Alten Ägypten bezieht sich auf die Geschichte und Anwendung der täglichen Berechnungsformeln.

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Die früheren Annahmen, dass sich die altägyptische Mathematik erst sehr spät entwickelte, sind heute nicht mehr haltbar. Die häufig gebrauchte Begründung: Da es keine frühzeitlichen Aufzeichnungen gibt, wird die Entwicklung erst sehr spät begonnen haben wird in der Gegenwart fast gegensätzlich formuliert: Erstaunlich, dass die Ägypter ohne Aufzeichnungsmöglichkeiten dennoch komplizierte mathematische Berechnungen durchführen konnten.

Ohne mathematische Kenntnisse wäre der Pyramidenbau ab ca. 2650 v. Chr. nicht möglich gewesen. Die exakt berechneten Pyramiden sind ein deutliches Anzeichen für die weitreichenden mathematischen Kenntnisse im Alten Ägypten. Ägyptische Zahlen beruhten, wie römische Zahlen, auf einem Additionssystem, das für die Null kein eigenes Zeichen kannte. Neben Addition und Subtraktion waren auch Stammbrüche und das Lösen von Gleichungen mit einer Variablen bekannt. Multiplikation und Division waren für dieses Zahlensystem jedoch ungeeignet.

Gefundene Zahlen in Tempeln und auf Steindenkmälern geben wenig Einblick in die vorgenommenen Rechenarten. Gründe liegen in der umständlichen und mühsamen Schreibung von mathematischen Gleichungen auf nicht geeignetem Untergrund. Mit Einführung der Papyri erweitern sich die Befunde für mathematische Nachweise.

Geometrie

Durch die alljährlich sich wiederholende Nilschwemme und die dadurch verursachte Verwischung der Feldbegrenzungen durch den abgelagerten Nilschlamm waren die alten Ägypter zur Vermeidung endloser Bodeneigentums- und Bodennutzungsstreitigkeiten darauf angewiesen, planimetrische Berechnungen der Flächeninhalte von Dreiecken, Rechtecken und Trapezen zu entwickeln. Sesostris I. entwarf das Modell des Nilometers.

Hinsichtlich der Erbauung von Grabpyramiden entwickelten sie im Laufe der Zeit die Berechnung der Grundfläche, des Mantels, des Volumens eines quadratischen Pyramidenstumpfs durch V = (a2 + ab + b2)(h / 3), und anderer Pyramidenkenngrößen einschließlich (16/9)² als Näherung der Kreiszahl π (pi) sowie einige pythagoreische Tripel. Die Kreiszahl (16/9)² wurde nur bei der Berechnung der Kreisfläche angewendet. Den Umfang berechnete man mit 3 E(llen) 1 H(andbreite). Zum Durchmesser 1 E gehört der Umfang 3E 1H.[1]

Quellenlage

Die wichtigsten erhaltenen Quellen, die uns Auskunft über die mathematischen Fähigkeiten der Ägypter geben, sind der Papyrus Rhind, der Papyrus Moskau.

Siehe auch

Literatur

  • B. L. van der Waerden: Erwachende Wissenschaft. Ägyptische, babylonische und griechische Mathematik. Birkhäuser, Basel 1966
  • Helmuth Gericke: Mathematik in Antike, Orient und Abendland. 9. Auflage. Marixverlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3-925037-64-0
  • Armin Wirsching: Die Pyramiden von Giza - Mathematik in Stein gebaut. 2. Auflage. Books on Demand, Norderstedt 2009, ISBN 978-3-8370-2355-8
  • Sybille Krämer: Symbolische Maschinen. Die Idee der Formalisierung in geschichtlichem Abriß. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1988, ISBN 3-534-03207-1
  • Kurt Vogel: Vorgriechische Mathematik, 1: Vorgeschichte und Ägypten. Ferdinand Schönigh, Paderborn 1958
  • Johannes Lehmann: So rechneten Ägypter und Babylonier. 4000 Jahre Mathematik in Aufgaben., Urania-Verlag, Leipzig, Jena, Berlin 1994 ISBN 3-332-00522-7

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Weil 1H = 1/7 E = 0,143 E ist, entspricht der Relation 1 ↔ π ägyptisch 1 ↔ 3,143. Beispiel Cheops-Pyramide: Basisumfang 4 × 230,36 = 921,44 m, Höhe 146,6 m → 921,44 / 293,2 = 3,143. Siehe hierzu Armin Wirsching, S. 15 ff.(Literaturangaben) .

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