Mein Leben - Marcel Reich-Ranicki

Mein Leben - Marcel Reich-Ranicki
Filmdaten
Originaltitel: Mein LebenMarcel Reich-Ranicki
Produktionsland: Deutschland
Erscheinungsjahr: 2009
Länge: 90 Minuten
Originalsprache: Deutsch
Stab
Regie: Dror Zahavi
Drehbuch: Michael Gutmann
Produktion: Katharina Trebitsch
Musik: Annette Focks
Kamera: Gero Steffen
Schnitt: Fritz Busse
Besetzung

Mein LebenMarcel Reich-Ranicki ist ein deutscher Fernsehfilm aus dem Jahr 2009. Der Film entstand nach der Autobiografie des Literaturkritikers Marcel Reich-Ranicki.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

1949. Marceli Ranicki ist Generalkonsul der Volksrepublik Polen in London. Er wird von der Geheimdienstzentrale nach Warschau beordert. Dort wird er inhaftiert und von dem Offizier Kawalerowicz verhört. Es wird ihm eine Beteiligung an einer trotzkistischen Verschwörung vorgeworfen. Ranicki vermutet dagegen eine stalinistische Säuberung, die sich zunächst gegen jüdische Mitarbeiter richtet. Im Laufe des Verhörs erzählt Marcel seine Lebensgeschichte, die in Rückblenden das Verhör unterbrechen.

1929 kommt der neunjährige Marceli zu der Familie seines Onkel Jacobs nach Berlin, um dort eine bessere Ausbildung zu erhalten als in seiner Geburtsstadt Włocławek. Marceli spricht zunächst nur mit polnischem Akzent und wird in der Schule gehänselt. Als seine Mutter Helene ebenfalls nach Berlin kommt, findet er bei ihr seelische Unterstützung. Sie spricht ihm Mut zu, sich anzustrengen, er solle immer der Beste sein. Aus Marceli wird Marcel und wenige Jahre später nach der Machtergreifung Adolf Hitlers ist er der beste Deutschschüler der Klasse und hat gute Noten in allen wichtigen Fächern. Doch der bürokratisch verordnete Antisemitismus der Nazis zeigt auch im liberalen Fichte-Gymnasium in Berlin erste Folgen für den Schüler Marcel. Jüdische Schüler werden von allen Schulveranstaltungen und Sportfesten ausgeschlossen. Nur das Theater, vor allem das Theater am Gendarmenmarkt, die Oper und die Literatur bringen dem jungen Mann Freude. Er hat den Wunsch, Kritiker zu werden, während seine Jugendfreundin Angelika Schauspielerin werden möchte. 1938 wird Marcel im Zuge einer ethnischen Säuberung („Polenaktion“) aus Deutschland ausgewiesen, er darf nichts außer einem Buch und einem Koffer mitnehmen und muss auf eigene Kosten nach Polen zurückkehren. In Warschau hält sein älterer Bruder Alexander als Zahnarzt die Familie über Wasser.

Nach dem Überfall der Deutschen auf Polen 1939 und der Besetzung Polens erfährt die Familie erste Repressalien und Demütigungen durch die antisemitischen Besatzer (Schläge, Beleidigungen und Putzen). Schließlich muss die Familie ins Warschauer Ghetto umsiedeln. Vater Reich wiegelt ab, es seien bestimmt nicht alle Deutschen Barbaren, man wäre ja schon im 1. Weltkrieg kameradschaftlich miteinander umgegangen. Marcel arbeitet für die Ghettoverwaltung als Übersetzer. Tosia und ihre Familie sind Nachbarn der Reichs. Als Tosias Vater sich erhängt, bittet Helene Reich ihren Sohn, sich um das junge Mädchen Tosia zu kümmern. Marcel und Tosia verlieben sich ineinander und bleiben fortan zusammen. Als die Deportationen aus dem Ghetto beginnen, heiratet Marcel Tosia zu ihrer Sicherheit. Wegen der Erschiessungen, die nur zu hören sind, kürzen sie die Zeremonie auf das Nötigste ab. In den nächsten Wochen werden beide Familien aus dem Ghetto nach Treblinka deportiert. Mit der Hundepeitsche selektiert wortlos ein SS-Offizier die Überlebenden des Ghettos nach dem Alter. Als schliesslich auch Marcel und Tosia Reich deportiert werden sollen, fliehen sie aus dem Ghetto. Sie entkommen dem MG-Feuer eines deutschen Soldaten und warten bis zum Abend auf den besten Zeitpunkt, an dem sie bei den jüdischen Hilfswachtposten gegen Bezahlung nach draußen entkommen können. In einem Vorort von Warschau werden sie von dem arbeitslosen Schriftsetzer Bolek Gawin und seiner Frau Genia aufgenommen. Dort überleben sie mit dem illegalen Herstellen von Zigaretten und Marcel Reich erzählt ihnen während der Arbeit Romane und Theaterstücke nach. Schließlich werden sie von der Rote Armee befreit.

Die Lebensgeschichte Marceli Ranickis berührt den Verhörer Kawalerowicz so sehr, dass er sich für seine Freilassung einsetzt. Ranicki wird aus der Kommunistischen Partei entlassen, erhält jedoch Arbeit als Lektor in einem Verlag. Dort beginnt er sich als Kritiker für die deutsche Literatur einzusetzen. Er organisiert einen Besuch Heinrich Bölls in Warschau und trifft bei einem Gastspiel des Berliner Ensembles seine Jugendfreundin Angelika Hurwicz wieder. Beide konnten sich ihren Jugendtraum erfüllen. 1958 geht Marcel gegen den Willen seiner Frau Tosia in die Bundesrepublik Deutschland. Als er in Frankfurt am Main aus dem Zug steigt, sieht er bei seinen ersten Schritten im Westen Menschen auf der Straße, die ihn an ehemalige Schergen aus dem Warschauer Ghetto erinnern. Der Film endet mit seinem Erscheinen vor dem Redaktionsgebäude der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Vier Wochen später erscheint die erste Literaturkritik von Marcel Reich-Ranicki in deutscher Sprache.

Hintergrund

Das Verhör vom polnischen Geheimdienst hat es tatsächlich so nicht gegeben. Drehbuchautor Michael Gutmann erfand dieses Verhör, um ein dramaturgisches Gerüst für den Film zu bekommen. Die weitere Erzählung des Films entspricht der Autobiografie von Marcel Reich-Ranicki. Der Film wurde im Sommer 2008 in Breslau, Legnica und Köln gedreht. Uraufgeführt wurde der Film am 18. März 2009 in Köln. Die Fernseherstaustrahlung fand am 10. April 2009 auf ARTE statt. Der Film erreichte dabei eine Quote von 3,2 Prozent und damit das Vier- bis Fünffache des üblichen Zuschaueranteils des Senders.[1] Mein Leben ist eine Gemeinschaftsproduktion des WDR und ARTE. Im ARD-Abendprogramm sahen 3,77 Millionen Fernsehzuschauer die Ausstrahlung.[2] Regisseur Zahavi protestierte zunächst gegen diesen Sendetermin, da er damit gegen ein Fußballspiel in der UEFA Champions League im ZDF konkurrieren musste.[3]

Rezeption

Marcel Reich-Ranicki zollte dem Film große Anerkennung, er seifabelhaftgeworden.[4]Er hat mich fabelhaft gemacht. Dieser Film ist das, was ich erträumt, aber nicht zu hoffen gewagt habe.“[5] Tatsächlich befürchtete er insgeheim ein Scheitern der Verfilmung seiner Erinnerungen. Die größte Überraschung sei für ihn jedoch gewesen, „als am Anfang die Schüttler erscheint und sagt: ‚Ich bin Teofila Ranicki, die Frau des polnischen Konsuls.‘ Damit hatte ich nicht gerechnet. Also, diese Hauptrollen waren glänzend besetzt“. Die schauspielerische Leistung von Katharina Schüttler und Matthias Schweighöfer bezeichnete Reich-Ranicki ebenfalls alsfabelhaft“. Am meisten berührt habe ihn die Szene, in der Bolek die Tür öffnet und ein russischer Soldat davor steht, der laut fragte:Keine Deutschen hier?“ Reich-Ranicki:Wo wir unentwegt fürchten mussten, jemand würde fragen: ‚Keine Juden hier?‘, wo diese Frage noch vor einer Stunde für uns den Tod bedeutet hätte, da wurden jetzt Deutsche gesucht.“ Er habe vor der Uraufführung nur die erste Fassung des Drehbuchs gekannt:Ich wollte nicht, dass das ein von mir autorisierter Film ist, sondern ein Film über mich.“[6]

Auf Grundlage der Autobiografie des "Literaturpapstes" Reich-Ranicki schildert der Film exemplarisch ein jüdisches Schicksal während des Dritten Reiches und erzählt eine bewegende Überlebensgeschichte aus der Zeit des Holocaust.“

Lexikon des internationalen Films

Sonstiges

Die Schlussszene, in der Reich-Ranicki in das Gebäude der Frankfurter Allgemeinen Zeitung geht, wurde in Köln vor dem ehemaligen Hauptgebäude des Gerling-Konzerns (heute: HDI-Gerling) gedreht.

Filme

Weblinks

Rezensionen

Einzelnachweise

  1. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 12. April 2009, S. 19
  2. Alexander Krei: Reich-Ranicki beschert ARD solide Quoten, quotenmeter.de, 16. April 2009
  3. Filmbiografie muss sich gegen Champions-League-Viertelfinale behaupten, Hamburger Abendblatt, 14. Januar 2009
  4. Nach Premiere: Marcel Reich-Ranicki sprachlos, dpa / Hamburger Abendblatt, 9. April 2009
  5. Frank Schirrmacher: Die Quellen seiner Leidenschaft, FAZ, 6. April 2009
  6. Mathias Döpfner: Von Liebe und Tod, Interview mit Marcel Reich-Ranicki. In: Die Welt, 11. April 2009, Beilage Die literarische Welt, S. 1, S. 3

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