Meliton Kantaria

Meliton Kantaria

Meliton Kantaria (georgisch მელიტონ ქანთარია; russisch Мелитон Варламович Кантария/Meliton Warlamowitsch Kantarija; * 5. Oktober 1920 in Dschwari, Georgien; † 27. Dezember 1993 in Moskau, Russland) war ein georgischer Sowjet-Soldat. Laut einer sowjetischen Geschichtsfälschung hisste der Sergeant (сержант, dt. Feldwebel) im April 1945 die sowjetische Siegesfahne auf dem Berliner Reichstagsgebäude.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jugend und Militärkarriere

Er wurde als Sohn eines Bauern im Kaukasus geboren und arbeitete auf einer Kolchose. 1940 trat er in die Rote Armee ein. Im Zweiten Weltkrieg diente er als Aufklärer im 176. Regiment der 150. Schützendivision in der 3. Stoßarmee der 1. Weißrussischen Front, zuletzt im Rang eines Feldwebels. 1941 wurde er bei Straßenkämpfen in Smolensk schwer verwundet.

Darsteller einer Geschichtsfälschung

Die angebliche Fahnenhissung auf einer DDR-Briefmarke.

Nach Darstellung der sowjetischen Geschichtsschreibung erhielt er am Abend des 30. April 1945 gemeinsam mit dem Feldwebel Michail Jegorow den Auftrag, eine von neun aus Moskau eingeflogenen Siegesfahnen auf dem eroberten Berliner Reichstagsgebäude zu hissen. Kantaria und Jegorow sollen das Dach direkt über dem Eingangsportal erklommen haben. Die Soldaten hätten die Fahne zunächst in ein Einschußloch im Bauch eines bronzenen Pferdes gesteckt. Als sie wieder auf halbem Wege nach unten waren, habe der Kommandeur verlangt, das Banner höher zu befestigen, weil es nur von einer Seite des Gebäudes aus sichtbar sei. So seien Kantaria und Jegorow auf die Spitze der zerborstenen Kuppel geklettert und hätten die Fahne dort befestigt.

Tatsächlich handelt es sich dabei um eine Geschichtsfälschung: Der russische Soldat Michail Petrowitsch Minin hisste die Fahne in der Nacht des 30. April auf dem eroberten Reichstag. Aus propagandistischen Gründen wurden jedoch einen Tag später ein anderer Russe und ein Georgier ausgesucht, die diese Rolle spielen sollten. Die falsche Darstellung wurde 1995 anlässlich des 50. Jahrestages der Reichstagseroberung von der russischen Regierung korrigiert, Minin für seine Rolle geehrt.

Politische Karriere

1946 wurde Kantaria demobilisiert, kehrte nach Dschwari zurück und arbeitete wieder in der heimatlichen Kolchose. 1947 wurde er Mitglied der KPdSU. Später zog er in die Hauptstadt Abchasiens, Sochumi, wo er Direktor eines staatlichen Ladens und Abgeordneter des Obersten Sowjets der Abchasischen ASSR wurde. Zu Beginn der 1990er Jahre lebte er im abchasischen Otschamtschiri.

Im September 1993 wurde er im abchasischen Bürgerkrieg wegen seiner georgischen Abstammung von separatistischen Freischärlern aus Abchasien vertrieben. Der Bürgermeister von Sankt Petersburg Anatoli Sobtschak gewährte ihm politisches Asyl in Russland. Drei Monate später starb er im Moskauer Kreml-Krankenhaus. Präsident Boris Jelzin kondolierte der Familie, doch die abchasische Regierung verweigerte ihr die Bestattung Kantarias in Otschamtschiri. Er wurde deshalb in seinem Geburtsort beigesetzt.

Auszeichnungen

1946 wurde Kantaria mit dem Titel Held der Sowjetunion ausgezeichnet, erhielt den Leninorden, den Rotbannerorden und den Orden des Großen Vaterländischen Krieges erster Klasse. Er war Ehrenbürger von Smolensk und Sochumi.

Er war verheiratet und hatte zwei Söhne, Reso und Zaur.

Literatur

  • Steffi Chotiwari-Jünger: Georgier in Berlin. Die Ausländerbeauftragte des Senats, Berlin 1999
  • Stepan Andreevich Neustroev: Put' k Rejchstagu. Voennoe Izd. Ministerstva obrony Sojuza SSR, Moskva 1961

Weblinks


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