Militärakademie Modena

Militärakademie Modena
Wappen der Accademia Militare in Modena

Die Militärakademie in Modena (ital.: Accademia Militare di Modena) ist eine militärische Einrichtung, an der angehende Offiziere des italienischen Heeres und der Carabinieri ausgebildet werden. Die Ausbildung wird in der Regel an Offizierfachschulen in Turin (Heer) und Rom (Carabinieri) fortgesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

In Turin gründete der Herzog von Savoyen am 1. Januar 1678 die Reale Accademia di Savoja. Dort wurden zunächst nur Jugendliche des europäischen Adels aufgenommen und ab 1756 ausschließlich zu Offizieren ausgebildet. Es handelte sich damals nicht um eine Hochschule, sondern um eine Kadettenanstalt, deren allgemeinbildende Inhalte denen von Gymnasien entsprachen. 1815 öffnete man die Akademie auch für alle anderen Stände.

Zur militärischen Fachausbildung der Offiziere wurden im Königreich Piemont-Sardinien nach und nach besondere Ausbildungseinrichtungen der verschiedenen Waffengattungen geschaffen. 1739 entstand in Turin unter dem Festungsbaumeister Ignazio Giuseppe Bertola Roveda eine Artillerie- und Festungsbauschule, 1823 in Venaria Reale eine Kavallerieschule, die 1849 nach Pinerolo verlegt wurde, 1850 in Turin die Infanterieschule (als Offizierfachschule ab 1862 in Ivrea, dann in Parma), 1862 die Sanitätsschule in Florenz.

Im Herzogtum Modena wurde 1757 eine Militärakademie und Festungsbauschule gegründet, die auch unter Napoleon als Genietruppen- und Artillerieschule fortbestand. Nach der Restauration wurde sie dann in Modena wiederum Militärakademie. Im Zug der Einigung Italiens unter der Führung des Hauses Savoyen wurde die Akademie 1859 von der piemontesischen, dann italienischen Armee als weitere Offiziersfachschule der Infanterie übernommen. In den Jahren danach übernahm Modena die Ausbildung der Offiziersanwärter der Infanterie und der Kavallerie (ab 1937 auch der Carabinieri), während die Militärakademie in Turin für die Anwärter der Artillerie und der Pioniere zuständig wurde. Erst 1923 wurde dem mit einer offiziellen Umbenennung Rechunung getragen: in Modena mit der Militärakademie der Infanterie und Kavallerie, in Turin mit der Militärakademie der Artillerie und der Pioniere. Sie führten die Traditionen der Akademien von 1757 und 1678 fort. Daneben bestanden die Offizierfachschulen (scuole d’applicazione) in Parma (Infanterie), Pinerolo (Kavallerie) und Turin (Artillerie und Pioniere) weiter. Sie übernahmen den zweiten, praxisorietierten Teil der Offiziersausbildung. Für Reserve- und Zeitoffiziere entstanden insbesondere unter dem Faschismus separate Schulen.

Im Herbst 1943 wurden die Akademien in Modena und Turin geschlossen. Das ab 1675 errichtete Gebäude der Militärakademie in Turin wurde durch alliierte Luftangriffe völlig vernichtet.

1944 entstand im apulischen Lecce wieder eine Militärakademie, die 1947 in den herzöglichen Palast in Modena einzog. Die Militärakademie in Modena übernahm in den Jahren danach den ersten, gemeinsamen Teil der Offiziersausbildung, der nunmehr Hochschulniveau hatte. Der zweite Teil wurde wiederum an den Offizierfachschulen der Truppengattungen durchgeführt. 1951 wurden diese Fachschulen für Offiziere (scuole d’applicazione d’arma) in Turin konzentriert und der zweite Teil der Offiziersausbildung unter dem traditionsreichen Namen Scuola di Applicazione 1976 dort zusammengefasst. Die Scuola di Applicazione wurde in dem ab 1736 erbauten Palazzo dell’Arsenale untergebracht. Neben der Offiziersschule in Turin sind auch Lehrgänge an den Truppenschulen (Artillerie, Pioniere, Infanterie, Heeresflieger usw.) vorgesehen, welche jedoch von allen Dienstgraden besucht werden.

Ausbildung in Modena

Uniform der Offiziersanwärter in Modena

An der Militärakademie in Modena werden die Offiziersanwärter des italienischen Heeres und der Carabinieri in der Regel zwei Jahre lang in Zusammenarbeit mit der Universität Modena und Reggio Emilia ausgebildet. Der so genannte Bologna-Prozess mit seinem 3+2 Modell hat in den letzten Jahren im Bereich der Offiziersausbildung zu einigen Verschiebungen geführt. Das klassische italienische Hochschulstudium mit seinem zweijährigen Grundstudium und dem dreijährigen Hauptstudium konnte seinerzeit gut mit der jeweils zweijährigen militärischen Ausbildung in Modena und Turin verknüpft werden, wobei im fünften Jahr mehr Zeit für den Studienabschluss blieb. Die Umkehrung dieses Modells (3+2 statt 2+3) hat dazu geführt, dass in der Regel ein Studiengang in Modena begonnen und in Turin bzw. Rom abgeschlossen wird. Da sich die beteiligten Universitäten jedoch organisatorisch darauf eingerichtet und einen so genannten interuniversitären Bachelor-Studiengang geschaffen haben, konnte dieses Problem gut gelöst werden.

Ausnahmen gelten für Offiziersanwärter des Ingenieurkorps, die drei Jahre in Modena studieren und dann in Turin nach zwei weiteren Jahren ihren Master machen, sowie für angehende Veterinäre, Apotheker und Chemiker, die ihr fünfjähriges Studium ganz in Modena absolvieren. Angehende Humanmediziner studieren sechs Jahre in Modena. Letztere wurden bis 2000 an der inzwischen aufgelösten Sanitätsakademie der Streitkräfte in Florenz ausgebildet.

Im ersten Jahr erfolgt unter anderem die militärische Ausbildung zum Gruppenführer, das zweite Jahr beinhaltet einen Jagdkampflehrgang im modenesischen Apennin.

Die Militärakademie von Modena hat ihren Sitz im herzöglichen Palast der Stadt. Daneben gibt es in der Stadt noch weitere Ausbildungseinrichtungen der Akademie.

An der Militärakademie in Modena findet alljährlich ein altes Zeremoniell statt, das die Bezeichnung Mak P 100 trägt. Damit werden die letzten 100 Tage der Offiziersausbildung in Modena eingeläutet. Das Zeremoniell stammt von der alten piemontesischen Militärakademie in Turin. 1840 soll dort der Kadett Emanuele Balbo Bertone di Sambuy im piemontesischem Dialekt ausgerufen haben: “Mac pi tre ani!” – „Nur noch drei Jahre!“. Bald wurde es Gewohnheit, die restliche Ausbildungszeit auf diese Weise zu verkünden. Schließlich wurde der Brauch unter Bezugnahme auf die letzten 100 Tage zur Institution.

Weitere Ausbildung

Wappen der Scuola di Applicazione in Turin

Nach Abschluss der zweijährigen Ausbildung in Modena gehen die neuen Offiziere der Carabinieri an die Offiziersschule der Carabinieri in Rom. Dort absolvieren sie das dritte Jahr des in Modena begonnenen Bachelor-Studiums, dem sich ein zweijähriges Master-Studium in Rechtswissenschaften anschließt. Die Leutnante des Heeres gehen an die Offiziersfachschule des Heeres (Scuola di Applicazione) in Turin. Dort erhalten sie eine Fachausbildung im Bereich ihrer jeweiligen Truppengattung, die durch den Besuch von Truppenschulen und Praktika ergänzt wird. Daneben ist auch hier das in Modena begonnene Studium abzuschließen und danach ein Master zu erwerben. In Zusammenarbeit mit der Universität Turin sind spezielle Master-Studiengänge mit Schwerpunkten in den Bereichen Politikwissenschaft, Infrastruktur, Logistik, Informationstechnik und Wirtschaft eingerichtet worden, die auch Zivilisten offen stehen.

Die Scuola di Applicazione ist zugleich das Istituto di Studi Militari dell'Esercito („Heeresinstitut für Militärstudien“) und bietet als solches zahlreiche Fortbildungskurse an. Hier werden auch Offiziersanwärter besonderer Fachbereiche ausgebildet, die direkt von zivilen Universitäten kommen. Darüber hinaus übernimmt das Institut auch den Stabsoffizierlehrgang und Teile der Generalstabsausbildung, die früher an der Führungsakademie des Heeres (Scuola di Guerra; heute: Centro per la Simulazione e la Validazione dell'Esercito) in Civitavecchia durchgeführt wurden. In Civitavecchia verbleibt das neue, nach deutschem Vorbild geschaffene Gefechtssimulationszentrum.

Generalstabsoffiziere können unter Umständen noch die Führungsakademie der Streitkräfte (Centro Alti Studi per la Difesa - CASD) in Rom besuchen.

Bei der Offiziersschule in Turin ist auch das Ausbildungskommando des Heeres angesiedelt. Diesem untersteht die Scuola di Applicazione in Turin, die Militärakademie in Modena, die Unteroffiziersschule in Viterbo, die Ausbildungsbrigade für Mannschaften in Capua, die Kadettenanstalten (Militärgymnasien des Heeres) in Mailand (Teuliè) und Neapel (Nunziatella) sowie die Fremdsprachenschule des Heeres in Perugia. Die Truppenschulen der einzelnen Waffengattungen sind in den operativen Bereich integriert.

Siehe auch

Weblinks


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